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Handwerk - Bücher übers Schreiben - Schreibratgeber

Begonnen von Mara, 30. November 2008, 23:15:50

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Gilwen

@Marta
ZitatEs geht um die für Autoren tödliche Kombination aus schwachem Selbstbewusstsein und gigantischem Ego, die einen dazu bringt, ein Buch jahrelang zu überarbeiten und nie für fertig zu halten. Und um die Gefahr, alles "richtig" machen zu wollen und darüber den Spaß am Schreiben zu verlieren.
Also allein deine Zusammenfassung hat mich grade richtig geschubst, danke dafür! ;D
Ich werd mich mal durch eure Empfehlungen wühlen, hab mir vorgenommen, mich mal mehr mit der Theorie zu befassen.
,,Ist schon gut", sagte das Feuer. ,,Du musst das sicher erstmal alles sacken lassen."

Christian

Zitat von: Marta am 21. Mai 2020, 20:44:50
Hey, wahrscheinlich hattest du damals schon recht und es ist wirklich nichts für dich. Dann bist du eher Plotter oder eine andere Art Bauchschreiber.
Hmm, ich habe hier Karteikarten, 80 Seiten Outline, Datenbank für Figuren und Orte. Schätze, ich bin nicht wirklich ein Bauchschreiber. :rofl: Ich hab das allerdings tatsächlich mal versucht, in irgendeinem NaNo müsste das gewesen sein, glaube ich. Irgendwie bin ich auch zum Ende gekommen. Geht also schon, aber es war einfach nicht meins und das ist auch okay. Ich hab schon immer so gearbeitet. Selbst in der Schule, wenn es hieß, keine Ahnung, vier Stunden Klausur, habe ich dreieinhalb nur da gehockt und nachgedacht und am Ende alles aufgeschrieben.

ZitatIch komme mir als Bauchschreiberin halt oft vor wie das peinliche Stiefkind der Autorenszene, und deshalb war das Buch für mich so eine Offenbarung. Es ist okay, ich zu sein. Das ist doch was.  ;D
Ich verabscheue es so sehr, wenn plottende Autoren ihre Arbeitsweise als einzig wahren, produktiven Weg darstellen. Einfach weil es Kuhmist ist. Vor allem hasse ich es, wenn es in Schreibratgebern steht und davon gibt es einige. Die beste Arbeitsweise ist die, die für einen selbst funktioniert. Das muss man sich zwar erarbeiten und manchmal dauert es ein wenig, aber man lernt unterwegs eine ganze Menge. Man kann andere Arbeitsweisen ausprobieren, aber man muss nicht. Vor allem stöpselt man sich ja eh seine eigene Arbeitsweise zusammen, wenn man es lang und oft genug macht. Also insofern sticht Smith mit seinem Buch da wirklich hervor.

Manche Schreibratgeber können wirklich "gefährlich" sein. Gerade am Anfang, wenn man empfänglich dafür ist, die Meinung irgendeines Typen als Wahrheit hinzunehmen, nur weil der 'nen Schreibratgeber verfasst hat. Es gibt keine universelle Wahrheit.

Vielleicht fallen mir noch ein paar gute Beispiele ein. Mal sehen.


Trippelschritt

Ich bin ja auch ein Freund von Schreibratgebern und habe manchmal den Eindruck: Man kann gar nicht genug von diesen Büchern gelesen haben. Ja, ja, ich weiß auch, dass es autoren gibt, die gar nichts mit Schreibratgebern anfangen können, aber das muss eben jeder für sich selbst entscheiden.

Und das war es, was ich als Erstes lernen musste. "Verstehe, wie du tickst." "Verstehe deinen eigenen Kreativitätsprozess." Es gibt eine Schreibmethode, die wirklich optimal ist. Welche? Ganz einfach. DEINE!

Ich war einmal ein ganz klar und strukturiert denkender Wissenschaftler. Das bin ich eigentlich immer noch. Nur hilft mir das beim Schreiben von Belletristik wenig. Da bin ich Bauchschreiber. Ich gebe es gern zu, Bauchschreiberei ist ein ziemlicher Mist, weil man immer wieder umschreiben muss. Aber was hilft die Jammerei schon groß. In dem Augenblick, in dem ich einen Plotausgearbeitet habe, bin ich tot und gelangweilt, und der Zauber einer noch nicht entdeckten Story ist verschwundibus. So kann ich Sachbücher und auch Kurzgeschichten schreiben, aber keine Romane. Ende der Diskussion. ISSO

Wahrscheinlich gibt es so viele optimale Schreibmethoden, wie es Schreiber gibt. Manchmal kann man sich was abgucken, manchmal sind die Vorschläge Hühnerkacke, weil der sonst geschätzte Kollege eben nicht Ich ist. Und deshalb stehen in Schreibratgebern auch keine Ehernen Gesetzte, sondern "nur" Erfahrungen. Aber die sollte man so ernst nehmen, dass es sich lohnt sie zu überprüfen.

@ Christian hat das gut geschrieben. In Schreibratgebern stehen keine Wahrheiten. Und wer das anders sieht (das ist möglich), muss er sich eingestehen, dass es dann immer mehrere Wahrheiten gibt. Das ist wie bei den Religionen, die ihre Wahrheiten predigen.

Und noch ein Ratschlag zum Schluss. Es gibt keinen optimalen Punkt, an dem eine Geschichte optimal präsentiert werden kann. Wenn es einigermaßen passt, raus damit. Das klingt jetzt brutal, aber was steckt dahinter.
Ich versuche es einmal mit einem Beispiel. Wer zufällig die LP der Beatles kennt: Der letzte Tag in Hamburg, der kommt aus dem Staunen nicht heraus, was für eine großartige Rock 'n' Roll Band das einmal war. Dieses Niveau haben sie nie wieder erreicht. Da war Kraft drin, Mut, Herz. Das war Rock-Musik vom Feinsten.
Technisch gab es da noch Einiges zu bemängeln. Aber diese Musik ging direkt in den Unterleib (in the guts) ohne einen Umweg zu nehmen.

Später haben sie andere Meisterwerke geschaffen. Aber die Musik ihrer Jugend konnten sie nicht mehr spielen. Zwar noch die Titel, aber das war nur noch ein Abklatsch.

Beim Schreiben ist es ähnlich. Ich kann ein ganzes Leben an meinem Meisterwerk arbeiten, aber mit dem schreiben verändere ich ich auch. Mit dem, was ich dabei lerne, verliere ich Ursprünglichkeit. Jetzt darf man nur nicht den Fehler begehen und glauben, handwerkliche Ignoranz wäre Ursprünglichkeit, sondern sollte möglichst schnell mit dem Handwerk klarkommen. Und da helfen Ratschreiber und Ausprobieren.

Nur Mut
Wäre Schreiben einfach, hieße es Fußball ^^
Trippelschritt

Felix Fabulus

Ich teile die Meinung von @Trippelschritt: Schreibratgeber sind nur so gut, wie du mit ihnen harmonierst. Mir persönlich gefällt deshalb "Story" von Robert McKee sehr gut. Das ist ein Ratgeber für's Drehbuchschreiben. Ich liebe "filmisches" Schreiben. Das passt also.

Zitat von: Trippelschritt am 22. Mai 2020, 10:43:36
In dem Augenblick, in dem ich einen Plotausgearbeitet habe, bin ich tot und gelangweilt, und der Zauber einer noch nicht entdeckten Story ist verschwundibus.

Wohingegen ich mit Bauchschreiber-Ratgebern vermutlich wenig anfangen könnte. Meine Bauchschreibeversuche haben mich umgekehrt nie zufrieden zurückgelassen. Die Projekte sind alle versandet, wie der Humbolt River, der in den Wüsten Nevadas verdunstet und nie das Meer erreicht. Wenn ich meine Welt kenne und 150 Seiten Backstory und Lexikoneinträge darüber verfasst habe, dann fühle ich mich bereit, um mit dem eigentlichen Text loszulegen.
Wortwebereien aus der Geschichtenmühle, gespeist vom Ideensee, der Fantasie und dem Bächlein Irrsinn.

Sonnenblumenfee

Ich hab den Begriff "Schreibratgeber" in dem betreffenden Thread ergänzt, sodass man ihn hoffentlich besser findet.  :)
"Discipline is my freedom" - Gretchen Rubin

Maja

Habe die beiden Threads zusammengeführt. Wenn sowas pasdiert, kein Problem, wir können puzzeln.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Trippelschritt

Novh eine Ergänzung:

@Felix Fabulus
Story von Robert McKee ist ein ganz tolles Buch. Aber für mich persönlich habe ich es nicht unter Ratgeber fürs Schreibhandwerk abgelegt. McKee schreibt über Erzähltechniken, ein Gebiet, das ganz lange nicht beakert wurde.
Außer "Story" braucht man unbedingt noch so etwas wie Sol Steins "Über das Schreiben" oder Spezielleres wie von Orson Scott Card "Character & Viewpoint. Und ...
dann gibt es noch ein paar Bücher zum Stil wie zum Beispiel Roy Peter Clark "Die 50 Werkzeuge des Schreibens".

Es gibt also drei Arten von Schreibratgebern (eigentlich gibt es unendlich viele), die sich mit drei unterschiedlichen Maßstabsebenen eine Geschichte beschäftigten. 1. Komposition der Geschichte, 2. Die wichtigsten Einzelelemente, 3. Der schöne und ausdrucksvolle Satz.

Über den Kreativprozess gibt es auch noch Einiges, aber das lasse ich hier mal weg.

Frohes Schaffen
Trippelschritt


Felix Fabulus

@Trippelschritt: Hehe, die stehen alle drei in meinem Regal. Alle für sich genommen wertvolle Bücher.
Wortwebereien aus der Geschichtenmühle, gespeist vom Ideensee, der Fantasie und dem Bächlein Irrsinn.

Marta

Zitat von: Christian am 22. Mai 2020, 08:41:39
Ich verabscheue es so sehr, wenn plottende Autoren ihre Arbeitsweise als einzig wahren, produktiven Weg darstellen. Einfach weil es Kuhmist ist. Vor allem hasse ich es, wenn es in Schreibratgebern steht und davon gibt es einige. Die beste Arbeitsweise ist die, die für einen selbst funktioniert.

Danke!  ;D Deine Worte haben mir wirklich gut getan.

Oh, und ich lese dank euch gerade die "50 Werkzeuge des Schreibens", gefällt mir super!

Inea

Ach was bin ich glücklich, gerade diesen Thread gefunden zu haben! :vibes:

Ich gehöre auch zu denjenigen, die Schreibratgeber am Laufenden Band lesen können!
In den letzten Tagen habe ich Vier Seiten für ein Halleluja von Hans Peter Roentgen und Schriftsteller werden von Dorothea Brande gelesen. Als nächstes steht Stephen Kings Über das Leben und das Schreiben auf dem Plan.

Viele der von euch oben genannten Bücher stehen ebenfalls bereits in meinem Regal, einige gelesen, einige ungelesen! Aber ich muss gestehen, ihr habt soeben meine Wunschliste gesprengt. :o

Fianna

20 Masterplots von Ronald B. Tobias fand ich sehr hilfreich. Er erläutert die verschiedenen Plots dann genauer mit 3 Phasen. Diese Plots sind nicht gleichzusetzen mit Genre: ich schreibe hauptsächlich Riddle, und zwar auch im Fantasybereich. Bei einem Projekt, das keinerlei Krimi oder Thriller Anteil hat, bin ich erst weitergekommen, als ich die Regeln eines Riddle-Plots drüber gelegt habe.

Natürlich gibt es da einige Überschneidungen in den Plots (die er auch erläutert).

Pintana

Zitat von: Fianna am 11. Januar 2021, 19:26:21
20 Masterplots von Ronald B. Tobias fand ich sehr hilfreich.

Das steht bei mir noch halb gelesen im Regal. Beim letzten Anlauf konnte es mich nicht überzeugen, aber ich werde es wohl nochmal auf den SUB verschieben für eine zweite Chance.

Generell bin ich bei Schreibratgebern mittlerweile ein richtiger Snob. Gibt ja einige, die nur wiederkäuen, was man schon x-mal gelesen oder gehört hat. Deshalb hatte ich ewig praktisch Schreibratgeber-Diät. Aktuell lese ich den H.P. Röntgen über Spannung. Gefällt mir bisher ganz gut, generell fand ich die Ratgeber Röntgen sehr hilfreich.

Fianna

Ich habe - weil Alana es so oft empfohlen hat - "Rock your plot" gekauft (eigentlich sogar alle 3 Bücher, die waren im Print zusammen gefasst).
Das fand ich bisher schon sehr hilfreich, allerdings habe ich auch ein uraltes Projekt auf dem Tisch, das einige Metamophosen hinter sich hatte.


Und danach lese ich ein Buch zur Dialogkonstruktion "Schau mir in die Augen, Kleines", weil ich Dialoge nicht gut beherrsche.

Ich werde berichten  ;D

Tina

Ich habe mir durch diesen Thread Vier Seiten für ein Halleluja von Hans Peter Roentgen besorgt und bin aktuell mitten drin. Bisher bin ich wirklich angetan, auch wenn es zur Folge hat, dass ich mein aktuelles Projekt nochmal hart überarbeiten muss... Aber man sagt ja immer so schön, dass nichts was man bisher geschrieben hat umsonst war, auch wenns in die Tonne kommt. Fühlt sich trotzdem immer wieder komisch an so hart zu kürzen. 

Danach werde ich mir auch mal ein Exemplar zum Thema plotten besorgen. Aktuell verrenne ich mich immer im Verlauf meiner Geschichte und hätte generell gerne mehr Struktur, jedoch ohne zuvor ewig zu planen. Weiß nicht, ob sich das widerspricht.  ;D
@Fianna bzw @Alana könnt ihr "Rock your Plot" auch für Plotting-Neulinge empfehlen?

Araluen

Ich finde "Rock your plot" ist absolut für Neulinge zu empfehlen. Yardly schreibt sehr klar, gut verständlich und aufs Wesentliche konzentriert. Nur Englisch sollte keine Hürde sein ;)