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Qualität im (Fantasy-)Roman

Begonnen von Feuertraum, 15. Januar 2008, 10:21:48

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Drachenkind

Was ist in euren Augen und Erfahrungen gute Fantasy-Literatur?
Ich habe letzte Woche eine begründete (sic!) Verlagsabsage bekommen. Unterm Strich sagten die: wir haben soviel fantasy von unseren Stammautoren, wir wollen niemanden Neues. Und wenn ich durch die Buchhandlungen gehe ,sehe ich tatsächlich im Jugendbereich fast aussschließlich Fantasy und Phantastik.

Nun kann ja nicht alles, was Elfen, Trolle und Einhörner aufbietet, gute Fantasy sein. Ist es das, was sich verkauft? Schreibt Hohlbein gute Fantasy?

Wenn ich trotz der entmutigenden Buchhandlungs- und Verlagsserfahrungen weiter Fantasy sschreiben will (oder wenn ihr es wollt), wie sollte sie sein, um gut zu sein?
Möglichst elaborierte fantastische Welten à la Altmeister Tolkien mit eigener Sprache und Mythologie?
Möglichst viele fabelhafte Wesen?
Möglichst irgendeine Anbindung an eine real existierende Mythologie?
Möglichst spannend?
Möglichst idyllisch?

Was sind eure Kriterien für gute Fantasy?

Lord Bane

Zuerst möchte ich feststellen, dass die Begriffe "gut" und "schlecht" rein subjektiv sind. Was für den einen der größte Knaller seit dem Urknall ist, ist für den anderen einfach nur bedrucktes Klopapier.

Kriterien für "gute" Fantasy sind für mich dieselben Kriterien wie bei jeder anderen Form der Unterhaltungsliteratur, ob Krimi, Thriller oder sonstwas:

Ich möchte in erster Linie gut unterhalten werden. Ich will nicht belehrt oder von irgendetwas überzeugt werden, solche Bücher werfe ich weg.

Gut unterhalten fühle ich mich bei einer spannenden, intelligenten Handlung, die ihre Figuren und auch den Leser ernst nimmt und ihn nicht für dumm verkauft, wie es leider in vielen Büchern geschieht.

Ich will Humor, Menschenkenntnis und Action. Mit Action meine ich nicht seitenlange Schwertkämpfe, sondern dass etwas passieren muss. Nichts ist für mich schlimmer als ein Buch, das hundert Seiten lang auf der Stelle tritt und sich in endlosen Monologen verirrt.

Ach ja, Selbstfindungsstorys und Psychoquatsch sind mir auch ein Dorn im Auge.

Von diesem Standpunkt aus ist es mir relativ gleichgültig, ob in einem Buch Drachen, Einhörner oder andere Viecher vorkommen, solange es die oben genannten Kriterien erfüllt. Auch ist es mir egal, aus welchen Quellen der Autor schöpft, wenn er sein Handwerk versteht.

Die genannten Kriterien gelten bei mir selbstverständlich für das Lesen und das Schreiben  8).


Viele Grüße,
Lord Bane


Ary

 :wache!:
Hi Drachenkind, hi Leute,

da Grey absolut recht hat, mache ich hier mal zu.
Diskutiert bitte in den schon bestehenden Threads über dieses Thema weiter! Danke!

Aryana
/ :wache!:
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Maja

Da wir wirklich innerhalb eines Monats keine drei Threads zum gleichen Thema brauchen, habe ich die hier einfach mal gebündelt.
Wenn da jetzt Diskussionen durcheinandergehen - selbst schuld. Bitte schaut nach, bevor ihr ein neues Thema eröffnet, ob es wirklich neu ist. Und diese drei Threads stammen *alle* aus 2008, "nicht gefunden haben" ist daher schlecht möglich...
Und nun, gebündelt, zurück zum Thema.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

felis

@ Maja, dein Wunsch ist mir Befehl!  ;)
Da ich saraneth ohnehin noch eine Antwort schuldig geblieben bin (sorry überlesen)  :-[
Zitat von: saraneth am 21. Januar 2008, 17:36:13
Mich würde interessieren, was du beispielsweise als obejektiv ansiehst. Die Rechtschreibung vielleicht? Satzstellung? :)
Wenn ich das so genau wüsste, hätte ich den Fred nicht aufmachen müssen.
Ich denke aber sowas wie ein kleinster gemeinsamer Nennern bildet sich ungeachtet der Geschmacksfragen allmählich raus.
Ab von dem was Maja zu Recht alls allgemeine Qualitätskriterien guter Literatur bezeichnet hat kommt m. E. Fantasyspezifisch dazu
- eine glaubwürdige und hinreichend ausgefüllte Welt
- sofern mit nichtmenschlichen Völkern gearbeitet wird - glaubwürdige nicht menschliche Charaktere (wer braucht schon als Elben kostümierte Menschencharaktere   (was jetzt kein Angriff auf Rollenspieler sein soll ;))  und Vermeidung abgedroschener "Rasseklischees"

@Drachenkind
die Fragen, die Du aufgeworfen hast, halte ich größtenteils für Geschmacksfragen:

Zitat von: Drachenkind am 01. Februar 2008, 09:13:21
Nun kann ja nicht alles, was Elfen, Trolle und Einhörner aufbietet, gute Fantasy sein. Ist es das, was sich verkauft? Schreibt Hohlbein gute Fantasy?
für meinen Geschmack nein, weil er das o. g. "Klischeekriterium" nicht erfüllt, jedenfalls in dem wenigen was ich von H. gelesen habe.

ZitatMöglichst elaborierte fantastische Welten à la Altmeister Tolkien mit eigener Sprache und Mythologie?
Elaborierte Welten  halte ich definitiv für ein Quali-Kriterium. Allerdings halte ich die Erfindung von Sprachen für entbehrlich, für ganz wesentlich dagegen die Erfindung einer Geschichte der Welt (was Tolkien auch gemacht hat).

ZitatMöglichst viele fabelhafte Wesen?
Fabelhafte Wesen sind wie Gewürze. Richtig dosiert machen sie ein Buch zum Geschmackserlebnis, in Überdosis können sies auch versauen.

ZitatMöglichst irgendeine Anbindung an eine real existierende Mythologie?
Halte ich für entbehrlich. Warum der eigenen Kreativität Grenzern setzen?
ZitatMöglichst spannend?
Unbedingt!

ZitatMöglichst idyllisch?
Was verstehst Du in diesem Zusammenhang unter idyllisch?

Zitat
Was sind eure Kriterien für gute Fantasy?
S. den Anfang dieses Freds  ;)
LG
felis

Sehnsucht

Jeder von uns hier liebt doch Fantasy-Romane. Manchmal verliebt man sich sogar in ein Buch, ich muss manchmal sogar weinen, einfac, weil ein Buch zu Ende ist. Dann war das eingutes Buch. Und was ich schreibe, dem gebe ich alles mit, damit es anderen Menschen so wie mir geht, damit es ihnen gut ging.
Ist das dann kein gutes Buch, weil nicht ein großes menschliches Weltproblem gelöst wurde? Habe ich einen schlechten Geschmack? Ich habe mich häufig unter druck setzen lassen, wollte auch weltliterarisches lesen, etwas, das qualitativ hochwertig ist. Und ich fands furchtbar. Trocken. Öde. Langweilig. Es hat mich zur Verzweiflung getrieben. Nur weil man triviale Literatur liest/ schreibt heißt doch das noch lange nicht, dass das keine Qualität hat.
Eure Sehnsucht

Lomax

#67
Eigentlich gut, dass der Thread jetzt wieder nach oben gewandert ist. Denn ich bin Letztens über ein schönes Zitat gestolpert, das ich zu meiner neuen Signatur machen wollte - die ich nun hiermit zugleich als Beitrag zu diesem Thema einbringe :)

Linda

#68
Zitat von: Sehnsucht am 04. April 2008, 16:07:28
Nur weil man triviale Literatur liest/ schreibt heißt doch das noch lange nicht, dass das keine Qualität hat.
Eure Sehnsucht

Hallo Sehnsucht,

(dein Nick macht dich irgendwie schon zu einer literarischen Persönlichkeit  ;)  denn ich denke da immer an die Romantik, deren Leitgefühl die Sehnsucht quasi war)

was du da oben schreibst, widerspricht sich. Trivial bedeutet nun mal einen unleugbaren Gegensatz zu qualitativ hochwertig. Das bedeutet nicht, dass es nicht spaßig oder unterhaltsam sein kann, denn Vereinfachungen und ungebrochene Entwicklungen machen Texte leichter zugänglich, sind aber ein Merkmal der Trivialität.

Ich würde es eher so sehen:  Nur weil jemand ein Genre als trivial verurteilt, heißt das noch nicht, dass es keine Qualitäten aufweist. Denn eine pauschale Verurteilung ist zwangsläufig ein Vorurteil (und was von so etwas zu halten ist, muss ich wohl nicht erläutern. Vor-Urteile sind der Tod jeder Wissenschaft, auch der von der Literatur). Da jemand wie Heidenreich sich im Genre nicht bewegt, kennt sie nicht alle Facetten und vermutlich nichtmals mehr als ein halbes Dutzend Titel. Ich halte nicht viel von Teenie-Liebesromanen und kenne kaum welche. Ich find das einfach langweilig zu lesen. Das bedeutet aber nicht, dass ich das Genre als Ganzes über einen Kamm scheren würde...

Gruß,
Linda

Sehnsucht

Vielen dank für deine Verbesserung, du hast es geschfft, besser zum Ausdruck zu bingen, was ich sagen wollte, das war in der Tat missverständlich ausgedrückt.
ZitatIch halte nicht viel von Teenie-Liebesromanen und kenne kaum welche

Ich hoffe du meintes keinen meiner Kommentare, denn die sind auch nicht mein Fall. Ich redete von der Liebe zum Buch, seiner Welt und Idee. Nicht von einem Liebseroman. Vielleicht bezog sich das aber auch nicht auf mich.

Grey

Zitat von: Sehnsucht am 04. April 2008, 19:45:11
Vielen dank für deine Verbesserung, du hast es geschfft, besser zum Ausdruck zu bingen, was ich sagen wollte.


Daran wirst du dich in diesem Forum gewöhnen müssen. Wenn ich was schreibe, muss meistens irgendjemand (meist Lomax ;) danke nochmal an dieser Stelle) nochmal klar formulieren was ich eigentlich meine ... aber macht ja nichts, ist doch schön wenn jemand versteht was man meint und es dann auch noch klar formulieren kann ;)

Linda

#71
Zitat von: Sehnsucht am 04. April 2008, 19:45:11
Vielen dank für deine Verbesserung, du hast es geschfft, besser zum Ausdruck zu bingen, was ich sagen wollte, das war in der Tat missverständlich ausgedrückt.

danke

- ist wohl eine Berufskrankheit von mir  :D

Zitat
Ich hoffe du meintes keinen meiner Kommentare, denn die sind auch nicht mein Fall. Ich redete von der Liebe zum Buch, seiner Welt und Idee. Nicht von einem Liebseroman. Vielleicht bezog sich das aber auch nicht auf mich.

Genau. Es war nur ein Beispiel für ein Genre, das mich persönlich eher kalt lässt.

Gruß,
Linda

Beate

Ich kann eigentlich jedem Genre etwas abgewinnen, auch wenn ich manche bevorzuge. Allerdings finde ich, dass man Romanqualität erst einmal definieren muss.

Ist Qualität ein superdupermegatollereinzigartiger Schreibstil, egal, wie schlecht die Handlung ist?
Oder ist Qualität ein absolut genial geplottetes Buch, wo einen die Handlung fesselt und der Schreibstil eher zu wünschen übrig lässt?
Aber Qualität könnte doch auch sein, dass die Spannung das entscheidende ist, egal, ob es wirklich eine Handlung gibt oder wie der Stil ist?

Das sind so die drei Hauptbereiche, die mir jetzt einfallen. Qualität ist für mich eine Kombination aus allem. Der Stil sollte so sein, dass er farbig und abwechslungsreich ist, dabei aber nicht zu blumig und ausladend. Wenn ich über 50 Seiten hinweg die Beschreibung eines Flusses zu lesen bekomme, ist das zwar bewundernswert, weil ich nicht so viel drüber erzählen könnte, aber für den Roman gewöhnlich weder relevant noch sonderlich spannend. Da quält man sich dann durch oder lässt es bleiben. Die Handlung, der rote Faden muss erkennbar sein aber nicht schnurstracks. Nichts ist langweiliger als ein Buch, bei dem ich am Anfang schon weiß, was in der Mitte passiert und wies am Schluss ausgeht. Und "das Leben" ist ja selten ein einfacher roter Faden ohne Ecken und Kanten. Das heißt nicht, dass der Autor abschweifen sollte, sondern einfach, dass es Nebenhandlungen, Nebencharaktere oder sogar zwei Handlungsstränge gibt, die zusammenlaufen.
Das dritte ist die Spannung. Ein Buch muss mich fesseln. Egal, wie, aber es muss es schaffen, dass ich es kaum noch aus der Hand legen kann. Da kann es natürlich auch passieren, dass ich es in einem Moment nicht aus der Hand legen kann und würde ich es an einem anderen Tag lesen, wäre es langweilig oder nicht das, was mich in dem Moment anspricht.
Wenn diese drei Dinge zusammentreffen, würde ich sagen, habe ich einen qualitativ hochwertigen Roman in den Fingern.


Was die Buchhandlungen angeht: Wenn ich wirklich in eine gehe und nicht weiß, was ich will, gehe ich meist schnurrstracks zur Fantasy-Abteilung und dann stehe ich vor den Regalen und meine Augen wandern drüber und ich warte drauf, dass etwas ruft "hier bin ich, schau mich an". Die Auslagen streife ich meist zwar mit einem Blick, aber ich bleibe meist an den Regalen hängen.

Coppelia

Wenn das Buch qualitativ gut ist und eine lange Beschreibung eines Flusses enthält, kann man davon ausgehen, dass diese Beschreibung enorm wichtig ist. ;) Dass man einen Text nicht mag, heißt nicht, dass er nicht gut ist. Und dass man ihn für fehlerhaft hält, heißt nicht, dass man mit dieser Einschätzung richtig liegt. Es ist verblüffend, was manche Texte "offenbaren", wenn man sich Zeit für sie nimmt. Allerdings gibt es genügend Genres, in denen Texte, die man überhaupt interpretieren kann, keine große Chance haben. Besonders schön sind aber immer noch diejenigen, bei denen es geht, zumindest für mich.

Noch zur Sprache: Ich bin vollkommen intolerant gegenüber schlampiger Sprache. Wer etwas zu sagen hat, sollte sich auch Mühe geben, das perfekte Wort, den perfekten Satz und die perfekte Wortstellung zu finden. Auch über 1500 Seiten und mehr. Das geht gar nicht? Doch, das geht, das ging früher und geht auch heute noch. Man braucht eben ein wenig Übung und muss selbstkritisch und bereit sein, sich Mühe zu geben. ;) Michael Ende schreibt selbst, wie sehr er sich mit seinen Formulierungen aufgehalten hat, und ich finde, es zahlt sich enorm aus in seinen Büchern, da steht nichts an der falschen Stelle. Eine angemessene Sprache passt zum Inhalt, zur Aussage und schmiegt sich quasi an die Handlung an. Sie muss nicht immer "schnittig" sein, sondern kann sich je nach Flair des Buches unterscheiden. Aber schlechte Sprache zieht den Inhalt eines Buches enorm runter.
Ich bin ja selbst noch immer sehr auf der Suche nach der perfekten Formulierung, wovon die vielen blauen Markierungen in meinen Texten Aufschluss geben. *g*

Silabaron

Ich frage mich auch oft, was gute Qualität bedeutet. Und nach allem, was ich hier gelesen habe, geht es im Grunde immer über Form und Inhalt. Dazu kommen die persönlichen Vorlieben UND die Leseerfahrung des Einzelnen. Ich sehe eher in diesen zwei Punkten das größere Problem, wenn man über Qualität in Literatur spricht, zumindest wenn man über publizierte (Fantasy)-literatur spricht.

Die Leseerfahrung ist wichtig in Bezug auf den Subtext (um Coppelias Gedanken aufzugreifen), den nicht jeder erkennt, wenn er in dem Thema nicht bewandert ist. (Ich glaube, daher kommt es, dass "Nichtkenner" keine Fantasy mögen.) Erst neulich las ich ein Essay von Umberto Eco, in dem er schreibt, wie sehr der Lesegenuß von den Vorkenntnissen des Lesers abhängt (um es einmal ganz einfach und mit meinen Worten zu sagen.) Er unterteilt die Leser in zwei Gruppen, die erste Gruppe liest den Text, wie er ist, die zweite Gruppe erkennt alle Bezüge, die im Text enthalten sind, und kann sich daran erfreuen. Wenn ein Autor recht viel Subtext eingebracht hat, die der naive (O-Ton Eco!) Leser nicht versteht, dann liest sich der Text für diese Leser langweilig(-er).

Ich glaube auch, da Leseerfahrung mit dem Alter des Lesers zu tun hat, ist es recht schwer für junge Autoren an älteren LektorInnen vorbeizukommen, da diese bereits so viele Bücher kennen.

Liebe Grüße,

Dieter.