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Qualität im (Fantasy-)Roman

Begonnen von Feuertraum, 15. Januar 2008, 10:21:48

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Lomax

Beim Thema "Kinderbücher" spielen sicher mehrere Entwicklungen eine Rolle. Aber die "persönliche Entwicklung" darf man sicher auch nicht vergessen. Man neigt vermutlich dazu, die Zufalls-Leseerlebnisse von heute mit dem zu vergleichen, woran man sich aus seiner eigenen Jugend noch erinnert - und das sind dann natürlich die "Top-Titel". Die habe ich natürlich auch noch im Kopf, und verglichen damit habe ich regelmäßig das Gefühl, dass heute nur noch Schrott geschrieben wird.
  Andererseits habe ich nun auch schon häufiger in Bücher und auch Filme reingeschaut, die ich im selben Alter auch "toll" fand - und war entsetzt, wie schlecht das war. Offensichtlich habe ich damals also gute und schlechte Dinge recht kritiklos nebeneinander konsumiert - und die Erinnerung verleiht dem ganzen dann eine gewisse ehrwürdige Patina, einen Goldschimmer, der nur aus der Ferne Bestand hat.

Allen realen Veränderungen zum Trotz ist es also wohl so, dass es damals wie heute gute und schlechte Titel gab, und dass der Unterschied zwischen beidem von Erwachsenen eher gesehen wird als von Kindern. Vielleicht ist vieles von dem, was wir heute als "Qualitätsunterschied im Jugendbuch" wahrnehmen, tatsächlich gar kein "echter" Qualitätsunterschied, weil es Dinge betrifft, die am angesprochenen Publikum ohnehin weitestgehend vorbeigehen. Vielleicht ist man geneigt, diejenigen Bücher für "qualitätsvoller" zu halten, die zusätzlich auch noch den erwachsenen Leser mit ein paar Schmankerln bedenken.
  Was natürlich auch nichts Schlechtes ist, wenn es nicht in die Art von Literatur ausartet, die die Kinder darüber vergisst. ;D Aber es macht die Wertung zumindest problematisch, weil man selbst heute natürlich eine andere Perspektive hat als als Kind und diese bei der Wertung auch nur schlecht wieder "rausrechnen" kann.

saraneth

ZitatFrüher fand ich es aber gut.

So ändern sich die Bedürfnisse und erweitert sich der persönliche Horizont. Ich habe mir gestern auch meine alten Bücher mal durchgesehen und festgestellt, dass es welche gibt, die ich heute nicht mehr besonders toll finde. ;)

Sehnsucht

Heute ist es mir bei einigen Exemplaren regelrecht peinlich, wenn sie jemand sieht, aber ein holperiger Start in das Leben eines kritischen und anspruchsvollen Lesers ist besser als gar kein Start!

Lord Zahnstocher

*Räusper*
Auch wenn es schon eine lange Weile her ist, dass in diesem Thread etwas gepostet wurde, möchte ich das Thema für kurze Zeit wieder anschneiden, und eine ähnliche Frage stellen, wie die, die hier bereits vorherrscht:

Da das Thema >Verdummung der Gesellschaft< schon zur Sprache gekommen ist, wollte ich fragen ob die einzige Handlung, die von der breiten Leserschaft in einem Fantasyroman gefordert ist, eigentlich ausschließlich die Queste auf Tolkien-Manier ist. Ich weiß nicht ob dies eine dreiste Behauptung ist,(und ich wollte kein TZ-Mitglied in die >breite Leserschaft< mit einschließen, da ich niemanden hier beleidigen will), aber wenn ich mich auf Amazon oder ähnlichen Seiten nach Bestsellern umschaue, stechen mir (wahrscheinlich liegt es an mir) vor allem Fantasybücher ins Auge, die entweder die von Tolkien geprägte Quest(e) als Handlung aufweisen, oder sich mit den von ihm geprägten Völkern beschäftigen.

Die Frage ist klar umrissen, und ich hoffe, dass ich sie in diesem Thread stellen darf, da es wahrscheinlich überflüssig wäre , dafür gleich ein neues Thema anzufangen.

Freue mich auf Antworten,
Alex.

Shay

Hallo Alex
Irgendwie hab ich heute über genau die gleiche Frage nachgedacht. Mir kommt es so vor, als würde sich gerade die Fantasy sehr eng an irgendwelche Klischees halten:
- Questen
- Tolkieneske Völker
- unbedarfte Jungspunde, die die Welt vor dem dunklen Lord retten müssen
- weise Magier
Irgendwie habe ich den Eindruck, daß sich Fantasy, zumindest so, wie sie in der Öffentlichkeit stattfindet, d.h. in halbwegs gut sortierten Buchläden, sich extrem an diese bewährten Schemata hält. Mehr als andere Genres. Ausgerechnet Fantasy! Es gibt kaum ein genre, das einem Autor prinzipiell so viele Freiheiten lassen würde und ausgerechnet hier wird sie kaum genutzt. Wieso?

Churke

Neulich habe ich gewundert, dass ich von Piper kein einziges Buch besitze, obwohl die sich doch in den Buchhandlungen so dick machen.
Ein Blick auf den Klappentext beweist, dass bei denen deutsche Autoren nur die oben genannten Plots stricken dürfen.  :hatschi:

Rechent sich ja vielleicht. Keine Ahnung. Aber rechnen Sie nicht mit mir.  ::)

Sehnsucht

Sollte dies das Einzige sein, das von allen Fans gefordert wird, so werde ich mich auf der Stelle aufhören einen Fantasy-Fan zu nennen.
Entdecke ich so ein Buch, lese ich vom Klappentext meist nicht einmal die Hälfte und stelle es wieder weg. Und ärgere mich. leider kommt das immer häufiger vor. Gestern verbrachte ich eineinhalb Stunden in der Buchhandlung in der festen Absicht mir neuen Lesestoff vorzunehmen, brauchte aber dann auch tatsächlich die gesamte zeit um gannz hinten in der Fantasy-Ecke ein Buch zu finden, dass ich nicht, genervt vom "ausgelutschten" Thema sofort wegstellte.
"Finde die Elfenkrone."
"Besiege den finsteren Herrscher."
Wer kennt das nicht? Aber uns bleibt nur eins statt uns zu beschweren: selber für mehr Innovation sorgen. Und das können wir sicher gut. ;)

Tenryu

Die Leute wollen nichts neues und sie wollen nichts originelles. Was glaubt ihr, warum im Fernsehen seit über 40 Jahren immer die gleichen nach Schema-F gedrehten Seifenopern laufen?
Neues macht den Leuten Angst und originelle Einfälle lassen sie sich dumm vorkommen.
Ein anderer Grund ist der, daß (man nehme es mir nicht übel) Fantasy ein typisches Genre für B-Autoren ist. Es sind vor allem Schreibanfänger und Leute, die in den allerseltensten Fällen den Sprung in die "ernsthafte Literatur" schaffen. Da darf man keine Meisterwerke erwarten. Und die wenigen ambitionierten Autoren, die wirklich das Genre erneuern könnten, bekommen keine Chance auf eine Veröffentlichung, bzw. können sich am Markt nicht durchsetzen.
Und nicht zuletzt ist Fantasy (ebenso wie Krimis) für die Verlage ein Mittel um Geld zu verdienen. Da kann und will man keine kostspieligen Experimente wagen, sondern den Leute das vorsetzen, was sie kennen und mögen. Mit anspruchsvoller Literatur kann man kein Geld verdienen. Und mit Fantasy keinen Deutschen Bücherpreis oder Nobelpreis oder ähnlich renommierte Auszeichnung gewinnen.

Aber wo ist da das Problem? Wenn man ein wirklich gutes Buch lesen will, muß man es halt selber schreiben.  :engel:

Churke

ZitatDie Leute wollen nichts neues und sie wollen nichts originelles. Was glaubt ihr, warum im Fernsehen seit über 40 Jahren immer die gleichen nach Schema-F gedrehten Seifenopern laufen?

Das halte ich für Kaufmannslatein. Die wirklich erfolgreichen Formate sind innovativ und Hollywoods Erfolg beruht nicht zuletzt darauf, eher mal ein Experiment zu wagen als andere Leute. Serien wie "24" setzen Maßstäbe in Bezug auf gut gemachte Unterhaltung.

Mit seichten Aufgüssen kupfert man sich irgendwann in die Krise. Das ist die Denke, wenn unser neuer Fantasyfilm nur 10 % von Herr der Ringe einspielt, dann sind wir saniert. Das Ergebnis sind dann miese Filme, die das Genre in Verruf bringen. Bei Büchern ist das genauso, und wenn das Zeug keiner mehr lesen will, dann wird entweder "restrukturiert" oder ne Lizenz eingekauft. Kann dann doch mal irgendwo jemand einen Überraschungserfolg landen, dann schwärmen sofort wieder die Kupferstecher aus und der Zyklus beginnt von vorne.

ZitatAber wo ist da das Problem? Wenn man ein wirklich gutes Buch lesen will, muß man es halt selber schreiben.

Das Problem ist, dass ich das Buch dann schon kenne.  ::)




Tenryu

#99
Zitat von: Churke am 05. August 2008, 20:50:43
Das Problem ist, dass ich das Buch dann schon kenne.  ::)

Dann planst du zu viel. Ich lasse mich während des Schreibens inspirieren, so daß auch für mich die Geschichte ganz neu und das Ende noch lange unbekannt ist.  ;)

Tintenfalke

Innovationen verlangen Mut und Erfahrung, und zwar von den Verlagen. Das meiste Geld machen deutsche Verlage aber mit ausländischen Lizenzen, und deutsche Newcomer haben es dann schwer, in ein bewährtes Geschäft reinzukommen - insbesondere, wo doch seit Jahren eher historische Roman "in" beim Leser sind.

Mit Lizenzgeschäft ist man auf der sicheren Seite, was Umsatz angeht - Qualität und innovative Geschichten stehen da auf einem ganz anderen Blatt. Jeder kennt Tolkien, spätestens seit Peter Jacksons Filmen, und das Schema seiner Geschichte ist scheinbar so massenkompatibel, dass die Verlage eben keinen Mut haben, innovativere Stories aus dem Genre auf den Markt zu bringen.

Qualität und Innovation sucht man als Fantasy-Fan dann eher in den Nischen, bei BoD oder kleineren Verlagen. Große Publikumserfolge aus deutschen Federn sind aber seit Jahren leider viel zu rar und leider viel zu oft vom Massengeschmack beeinflusst. Aber dann wiederum stellt man sich als Autor die Frage: Schreibe ich, um Geld zu verdienen, oder um meine Ideen zu verwirklichen? Das eine ist nur bedingt mit dem anderen vereinbar.

Aber ich schweife ab  ;)


Junipera

Mein Senf dazu:

Mir fällt das auch immer wieder auf, kaum hat ein Thema richtig Erfolg strömen aus allen Nischen der Literatur Trittbrett Fahrer. Sei es Bei dem Herr der Ringe (wo allerdings erst nach erscheinen der Filme der Boom begann) wo es jetzt Elfen, Ork und Zwergen Romane in Hülle und fülle gibt.
Oder aber außerhalb der Fantasy, PS Ich liebe dich ab klatsche mit himmelblauen Cover und schnulzigen Titeln wie: Von nun an für immer oder So was wie liebe usw. Natürlich nicht von Ahern.
Ein neuer Boom sind jetzt romantische Vampir Geschichten........woher das wohl kommt....?   :hmmm:


Aber es ist halt eine Tatsache das Verlage mit Erfolgen Geld verdienen und wenn ein Thema bei den Kunden ankommt muss es auch bedient werden.

Die Themen in der Literatur sind eigentlich immer dieselben, man muss nur was Interessantes daraus machen können.

Lieben Gruß, hoffe ich bin jetzt keinem zu nahe getreten, wenn tut es mir Leid.

Juni

felis

Zitat von: Tenryu am 05. August 2008, 21:26:28
Dann planst du zu viel. Ich lasse mich während des Schreibens inspirieren, so daß auch für mich die Geschichte ganz neu und das Ende noch lange unbekannt ist.  ;)
Das sehe ich anders. Ich kann überhaupt nur schreiben, wenn ich das Ende kenne. Ich brauche ein Zeil. allerdings habe ich am Anfang nur eine sehr rudimentäre Vorstellung, wie ich da hinkomme.
Und bevor die OR-Keule kommt.  :) Mir stellt sich die Frage ob es nicht deshalb soviele Fantasy-Schreiber gibt, weil der Markt ein bestimmtes Bedürfnis eben nicht befriedigt. Also bei mir war ganz klar das Motiv, mit dem Schreiben von Fantasy zu beginnen, dass es zu wengi davon zu lesen gibt, das mir wirklich gefällt.

Tintenfalke

Zitat von: Junipera am 05. August 2008, 22:09:20

Aber es ist halt eine Tatsache das Verlage mit Erfolgen Geld verdienen und wenn ein Thema bei den Kunden ankommt muss es auch bedient werden.

Die Themen in der Literatur sind eigentlich immer dieselben, man muss nur was Interessantes daraus machen können.

Sehe ich genauso. Es gibt meiner Meinung nach nur eine begrenzte Anzahl von Geschichten - letztendlich sind wir es, die etwas aus dem Potpourri unserer Vorgänger neu entstehen lassen müssen.

Falckensteyn

Zitat von: felis am 05. August 2008, 22:44:59
Das sehe ich anders. Ich kann überhaupt nur schreiben, wenn ich das Ende kenne. Ich brauche ein Zeil. allerdings habe ich am Anfang nur eine sehr rudimentäre Vorstellung, wie ich da hinkomme.
Und bevor die OR-Keule kommt.  :) Mir stellt sich die Frage ob es nicht deshalb soviele Fantasy-Schreiber gibt, weil der Markt ein bestimmtes Bedürfnis eben nicht befriedigt. Also bei mir war ganz klar das Motiv, mit dem Schreiben von Fantasy zu beginnen, dass es zu wengi davon zu lesen gibt, das mir wirklich gefällt.

Das geht mir beim Schreiben genauso. Das Ziel muss klar sein. Aber unterwegs ergeben sich oft noch spontane Einfälle und Änderungen, die ich ursprünglich nicht plante.

Für mich ist Fantasy-Schreiben aber was ganz anderes als das Lesen. Ich lese sehr gerne Fantasy-Bücher. Die Motivation zum Schreiben nimmts mir jedoch nicht, im Gegenteil. Sobald ich mir ein Buch gönne habe ich rasch das Gefühl, dass mir etwas fehlt.