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Qualität im (Fantasy-)Roman

Begonnen von Feuertraum, 15. Januar 2008, 10:21:48

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Maja

Ich muß sagen, das sind für mich Qualitätsmerkmale, die nichts mit Fantasy oder irgend einem anderen Genre zu tun haben, sondern schlichtweg mit guter Literatur. Ich verlange von jedem Buch, das ich lese, ob es jetzt Krimi ist oder Mystery oder Fantasy, daß es mir inhaltlich etwas neues bietet und nicht nur die endloserste Bearbeitung des immer gleichen Themas ist, und daß die Personen in dieser Geschichte lebendig sind mit ihren eigenen Träumen und Beweggründen, und daß die Sprache mir das Gefühl gibt, ein Werk der Kunst zu genießen, denn wenn es mir nur um die Geschichten ginge, könnte ich sie ja auch wortlos in meinem eigenen Kopf erleben. Ich erwarte also von einem guten Fantasyroman nicht mehr und nicht weniger, als daß er ein guter Roman ist. Punkt. Dann erst kommt das Genre.

Leider bin ich gerade im Fantasybereich schon sehr oft enttäuscht worden, und bei Mystery ist es noch schlimmer - da erwarte ich schon regelrecht, daß ein Buch schrott ist und lasse mich bestenfalls positiv überraschen. Aber grundsätzlich glaube ich nicht, daß es bei Qualität fantasyspezifische Kriterien gibt. Nur, daß die allgemeingültigen Kriterien zu oft vernachlässigt werden.

P.S. @felis
Warum verschieben? Ist doch ein schönes Thema, das du da gefunden hast, und paßt gut hier rein! Nur wenn ich dich um eines bitten darf: Bitte verwechsle nicht den Brindestrich mit dem Gedankenstrich. Der Bindestrich hält ein Kompositum zusammen, das man aus Gründen der Übersichtlichkeit oder neuer Rechtschreibung nicht in einem Wort schreiben will oder darf (siehe auch "Deppen-Bindestrich" bei Google). Der Gedankenstrich wird benutzt, um voneinander unabhängige Satzteile aneinanderzureihen, hierbei kommen Leerzeichen vor und nach den Strich. Wenn du aber den Strich als Bindestrich verwendest, darf er nicht mit Leerzeichen in Berührung kommen, da diese sinnentstellend wirken. Für den Betreff habe ich das schon korrigiert, aus Gründen der Lesbarkeit bitte ich dich aber, deinen Beitrag dahingehend nochmal zu editieren, daß du aus Gedankenstrichen wieder hübsche Bindestriche machst.
Danke!
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Manja_Bindig

Hm, meine Maßstäbe für gute Fantasy sind die, die ich allgemein an gute Literatur habe - verständliche, klare Sprache, unterhaltend, lebendig.

Verständliche, klare Sprache - muss ich nix zu sagen. Auch eine einfache Sprache kann ästhetisch klingen, wenn man weiß wie, und nicht Hauptsatz an Hauptsatz an Hauptsatz an Hauptsatz reiht.

Unterhaltend: Ist der Plot interessant, was bieten mir die Charaktere, laden sie mich dazu ein, mich mit ihnen zu befassen, etc - wenn ich lese, dann nicht nur dem hohen Anspruchs wegen - und wenn ein Buch was zu sagen hat, bin ich der MEinung, dass der Leser sich damit am ehesten beschäftigt, wenn er gut unterhalten wird und nicht alle zwei Seiten einschläft.

Lebendig: Wie plastisch sehe ich es vor mir? Wie rund sind die Charaktere, wie logisch und nachvollziehbar sind sie? Das hängt mit dem Unterhaltungswert zusammen, eine Geschichte, die lebendig und echt rüberkommt, unterhält besser.
Aber mit lebendig meine ich eben auch die psychologische Nachvollziehbarkeit meiner Charas - was sind die Gründe dafür, dass einer austickt?

Das habe ich bei allen Büchern als Anspruch.

Bei Fantasy kommt noch hinzu, dass ich darauf gucke, mit welcher Logik der Weltentwurf, die Gescichte, die Magie, Mythologie, das ganze Drumherum gebaut wurde - ist es in sich logisch und schlüssig und wie agieren die Charaktere innerhalb dieser Welt? Ein guter Fantasyroman hat eine Welt, die so logisch ist, dass wir zwar die Unterschiede zur Realität erkennen - aber nicht im Moment, da wir lesen. :) Aber sobald eine Unlogik auftaucht, bricht dieses Gebilde zusammen und der Roman ist durchgefallen.

felis

@Maja, :-[ Sorry, wie peinlich. Schon korrigiert!
@Grey und Manja,
da geb ich euch vollkommen recht. Eine schlüssige innere Logik der Welt ist schon ein wichtiger Punkt.
Obwohl - selbst Tolkien hat in seiner Magie - Behandlung für mich ne massive Unlogik drin, ohne dass das der Qualität des Herrn der Ringe gravierend schadet...

Wölfin

Schöne Frage, wie ich finde.
Ja, was bedeutet Qualität für mich?
Wie schon von meinen Vorgängern hier im Thread gesagt, sind Persönlichkeiten wichtig. Die Handlung kann ja noch so interessant und spannend sein, wenn man nicht an die Figuren herankommt, sie einfach nur Wörter auf Papier bleiben, kann einfach keine wirkliche Stimmung aufkommen.

Ich brauche nicht in jedem Buch, das ich lese, etwas vollkommen Neues. Es müssen nicht zwangsweise neu ausgedachte Wesen auftauchen, etc. Wichtig ist nur, dass der Stoff so aufgearbeitet wird, dass man nicht unbedingt merkt, dass man ein an und für sich ja schon älteres Thema liest. Spannungen zwischen den Charakteren, neu eingestreute Ideen können aus etwas alten durchaus etwas interessantes machen.

Und die Geschichte muss natürlich logisch sein. Die Helden dürfen sich nicht aus jeder Situation plötzlich eifach so herauszaubern können oder problemlos gegen eine Übermacht antreten dürfen und am besten noch unverletzt das Ganze gewinnen. Da hört es dann doch auf.

Ansonsten bin ich aber relativ offen für alles und "quetsche" es nicht in irgendwelche Qualitätsmerkmale. Wenn mir die Geschichte von Stil und Handlung gefällt, hat sie erreicht, was sie bewirken sollte^^.

Okami

Lord Bane

#34
Für mich ist Qualität im Fantasy-Roman das, was für mich auch Qualität bei einem Roman aus einem anderen Genre ausmacht: Ich möchte gut unterhalten werden.

Das Handwerk guter Unterhaltung wurden hier ja bereits größtenteils genannt, Nachvollziehbarkeit, halbwegs originelles Setting usw...
Ich möchte hier noch das Element der Spannung anführen, das, glaube ich, noch gar nicht genannt wurde.
Für mich kann das Setting noch so gelungen, die Charaktere können noch so überzeugend sein, wenn im Buch nichts passiert, was mich zum mitfiebern animiert, höre ich irgendwann auf zu lesen. 

Ich will auf gut Deutsch Action.  ;)
Das ist sowohl in der Auswahl der Lektüre, als auch bei Filmen so. Bei seitenlangen Landschaftsbeschreibungen schlafe ich ein, bei sogenannten Problemfilmen der monologisierenden Art ebenfalls ( sehe mir das Zeug deswegen auch gar nicht erst an).
Das mag ein bisschen oberflächlich klingen, aber ich bin ein unendlich gelangweilter thirty-something und brauche Kicks  :prost:


Coppelia

#35
Hm, also ordentliche Personencharakterisierung, eine interessante und überzeugende Handlung und korrekte Sprache machen für mich noch keinen Roman mit Qualität aus. Das erwarte ich als Mindestvoraussetzungen für jedes Buch. Ich bekomme es allerdings nicht immer.
Eine sehr gute Sprache reizt mich immer.
Qualität bedeutet für mich eher etwas anderes: Dass der Autor die Gelegenheit nutzt, um auf Themen einzugehen, die Menschen im Allgemeinen betreffen und in dieser Geschichte im Besonderen. Zur Qualität gehört für mich immer die Auseinandersetzung mit diesen allgemeinen menschlichen Erfahrungen, ob es Konflikte sind oder andere Dinge. Und ich erwarte eine angemessene Herangehensweise an diese Themen, z. B. ohne Diskriminierung, Verwendung von Allgemeinheiten und Ähnliches.
Nur, wenn das geschieht, hat ein Roman für mich Rückhalt, Resonanz und den Tiefgang, den er braucht, um mich nicht einzuschläfern. Oberflächliche Geschichten, die nur ihre künstliche Spannungskurve abschnellen lassen, sind nichts für mich. Diese Resonanz ist nicht zu verwechseln mit sogenanntem Anspruch. Ich würde da z. B. Michael Ende als Beispiel anführen, dessen Bücher sich alle um sehr wichtige menschliche Themen drehen und die trotzdem keinen Moment lang zu schwierig oder langweilig sind.

Ich billige übrigens nur wenigen Büchern, die ich lese, Qualität in diesem Sinn zu. ;) Dass ich es so machen kann, habe ich damit auch nicht behauptet. ;D

Warlock

Qualität beginnt für mich da, wo "schlechte Bücher" aufhören.

Damit meine ich, dass die Figuren lebendig seinen müssen. Man muss mit ihnen durch die Hölle gehen und je nach Fantasie des Autors sogar noch weiter.

Die Geschichte muss fesselnd sein und sollte zum Nachdenken anregen. Diese genaue "Schwarz- und Weißmalerei" sollte es nach Möglichkeit gar nicht geben.

Die Grenzen verschwimmen. Es gibt kein Gut und Böse, nur Entscheidungen und Konsequenzen.

felis

Jetzt ist mir selbst noch ein Nachtrag eingefallen:
Ein guter Fantasy - Roman sollte auf jeden Fall meinen "Sense of Wonder" befriedigen.
Eine schön gestaltete exotische Welt, eine besonderes Volk, magische Wesen, was auch immer.
Der erste Fantasyroman, den ich jemals in die Finger kriegte, war "Der Hobbit" (bin halt ein älteres Semester: damals war die Auswahl noch nicht so riesig.)
Diese bunte Welt von Zwergen, Hobbits, Drachen unsd Zauberern hat mich damals unendlich fasziniert... Kann man sich heute kaum noch vorstellen, dass das mal wirklich neu und originell war, was?  ;)
Und ein bischen von dieser Entdeckerfreude möchte ich wieder erleben, wenn ich Fantasy lese...

SemSimkin


Lennard

Ich messe die Qualität eines Romans an seiner Komplexität. Die spannende Handlung ist natürlich auch wichtig, aber für mich nicht alleine entscheidend in der Frage der Qualität. Wenn ein Roman meinem Qualitätsanspruch gerecht wird, zeigt sich dies dadurch, das ich den Roman gerne mehrmals lese. Die Handlung hat dann zwar ihre Spannung in gewisser Weise verloren, denn ich kenne die Geschichte und deren Ausgang ja bereits, aber trotzdem lese ich das Buch immer wieder – weil es ganz einfach fesselnd schön geschrieben ist.

Das Ganze ist natürlich subjektiv. Ich zum Beispiel bin ein Fan von altertümlichem Sprachgebrauch – Für andere mag dies eher störend sein. Andere mögen lieber eine einfache, schnörkellose Erzählweise.
Egal welchen Schreibstil der Autor gewählt hat, wenn er mich damit fesseln kann (damit meine ich nicht nur die Handlung), dann lese ich auch gerne den x-ten Roman über Camelot. Ich würde die Frage nach der Qualität eines Romans somit nicht an der Originalität festmachen.

Wenn ein Roman aber gleichermaßen Liebe und Hass, Harmonie und Konflikte, Diplomatie und Intrigen, Freude und Leid enthält, eingebunden in einem komplexen und in sich schlüssigen Weltenhintergrund, gewürzt mit einem Schuss Mystik oder gar faszinierend fremdartig, dann ist das schon mal sehr gut. Wenn ich dann auch noch zum Nachdenken angeregt werde über eine Thematik, die der Roman aufgreift, ja womöglich sogar angeregt werde, mich näher zu informieren (z.B. wie bei Dan Browns ,,Sakrileg"), tja...dann ist der Roman, unabhängig vom Genre, mehr als nur qualitativ gut, er ist stark bestsellerverdächtig.

SemSimkin

Kann mich den o.g. Dingen grundsätzlich anschließen. Der Kuchenboden in Form von guter Sprache und Stimmiger Handlung ist natürlich in (fast) jedem Genre gleich und sollte nicht anbrennen. Für mich sind dann das was als "Sense of Wonder" bezeichnet wurde, sowie Wendungen, welche radikal subtil forcierte Klischees beseitigen die Schokolade und der Zuckerguss. Also als weitgehendes Negativbeispiel Grandmaster Hohlbein, bei dem ja wirklich jede zweite Wendung über 8 Kapitel angekündigt wird ... 

Dr. Borstel

Die Anzeichen für Qualität lassen sich meiner Meinung nach gar nicht verallgemeinern. Ich finde, Qualität merkt man ganz einfach beim lesen. Es ist vor allem wichtig, die Qualität ständig gleich beizubehalten. Wenn man super Storys schreibt, aber ständig hastig verfasste Lückenfüller-Kapitel dazwischenpackt, dann schreckt das beim Lesen schon ab. Das heißt, die Geschichte sollte fesseln - und nicht nur das, sie darf auch nicht mehr loslassen.
Die Sprache ist natürlich sehr wichtig, wobei ich mich sowohl für altertümliche Ausdurcksweise a la Tolkien als auch für einen moderneren Stil begeistern kann. Das hängt natürlich auch von der Story ab, der Schreibstil sollte schon dazu passen.
In der Story selbst sind das wichtigste für mich immer die Charaktere. Mit einer schlecht gestalteten Hauptfigur macht die tollste und spannenste Fantasiewelt keinen Spaß. Vor allem sollten die einzelnen Charaktere facettenreich sein und nicht alle den gleichen Charakter haben. Wenn man die Figuren dann hat, kann man die Welt um sie herum spinnen. Das funktioniert meiner Meinung nach besser als andersherum.

Lennard

#42
ZitatWenn man die Figuren dann hat, kann man die Welt um sie herum spinnen. Das funktioniert meiner Meinung nach besser als andersherum.

Das kann man ebenso wenig verallgemeinern. Ich mache es andersrum und komme damit deutlich besser klar.  Aber das ist ein anderes Thema... ;)

Rabenlied

Für mich ist die Sprache und die Umschreibung sehr wichtig. Ich lese gerade Tad Williams Otherland und bin fasziniert von den Umschreibungen dort. Dann ist es mir eine herzenssache, dass die Protagonisten nicht platt dargestellt werden, sondern sich in eine lebendige Welt einfügen und sich mit ihr Entwickeln. Der Tot spielt für mich auch keine geringe Rolle. Bücher in denen niemand stirbt (und damit meine ich Protagonisten) sind für mich in den meisten Fällen äußerst langweilig. Aber eigentlich kann ich die Frage nicht zufriedenstellend für mich selbst beantworten. Manchmal verschlinge ich ein Buch und weiß nachher überhaupt nicht was genau mich daran so fasziniert hat. Es war dann einfach insgesammt eine stimmige Einheit.
Ein gewisser Humor sollte auf jeden Fall auch nicht fehlen und ich verabscheue sinnlose Gewalt, nur um Blut und Horror darzustellen, liebe aber ausgeklügelte Psychospielchen.

Lomax

Ich habe jetzt eine Weile darüber nachgedacht, was ich dazu sagen soll. Denn im Prinzip konnte ich mit felis Kriterien am Anfang ganz gut übereinstimmen - habe zugleich aber auch das Gefühl, dass sich doch wieder jeder was eigenes darunter vorstellt, wenn es darum geht, eben diese Kriterien konkret im Text belegt zu finden. Und dann stelle ich selbst auch fest, dass vieles von dem, was hier genannt wurde, für mich zwar auch Qualitätsmerkmale sind - dass die Texte, die ich als "gut" einschätze, die genannten Kriterien aber in sehr unterschiedlichen Formen und Mischungsverhältnissen erfüllen können.
  Die Frage, was für mich Qualität ist, erfordert letztlich also die Antwort darauf, was für gemeinsame Eigenschaften Texte aufweisen, die ich als gut betrachten würde. Und wenn ich näher darüber nachdenke, stelle ich fest, dass diese Antwort nicht in formal abhakbaren Kriterien zu finden ist.

Die gemeinsame Eigenschaft, die alle von mir als "gut" empfundenen Texte haben, ist eigentlich nur eine einzige: Sie sind mir im Gedächtnis geblieben. Ich habe viel gelesen und lese auch noch viel, und ich stelle fest, nach einiger Zeit verschwimmen die Einzelheiten und ich bekomme Probleme, genau zu sagen, was denn nun einen bestimmten Text eigentlich ausgezeichnet hat. Aber als je besser ich einen Text empfunden habe, umso mehr Einzelheiten bleiben mir im Gedächtnis.
  Die formalen Gründe dafür können unterschiedlich sein. Eine besondere Sprache, besondere Fragen, die der Text aufgeworfen hat, interessante Wendungen, Atmosphäre ... Aber eines gehört immer dazu: Die Texte durften nicht glatt konsumierbar und austauschbar sein, sondern sie mussten etwas haben, was hängen bleibt. Wenn der Autor das schafft, empfinde ich es als besondere Textqualität ... wenn nicht, kann ein Text immer noch unterhaltsam, handwerklich solide oder was auch immer sein. Also ganz nett. Aber zu "gut" gehört vor allem mehr als ein solides Abhaken von Regeln oder "Qualitätsmerkmalen".