• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Perspektivenwechsel

Begonnen von Alaun, 14. Juli 2009, 15:56:19

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 2 Gäste betrachten dieses Thema.

Faol

Hm, das mit der explizit auktorialen Erzählstimme würde bei mir nicht passen, weil ich in der Ich-Perspektive schreibe.

Ich könnte allerdings die Geschichte in der Sicht von Prota 1 schreiben und dann in die Sicht von Prota 2 springen und sie auf die Geschichte reagieren lassen.

Ich glaube ich probiere einfach beides mal aus. Ich schreibe die Szene einmal wie gerade beschrieben und eingeleitete mit Gugus Idee und dann nochmal einmal völlig aus dem Perspektiven rausgelöst und schaue, was mir besser gefällt oder was meinen Betas, sollte ich irgendwann welche haben, besser gefällt.

Danke euch allen für die vielen guten Tipps.
Two roads diverged in a wood, and I -
I took the one less traveled by,
And that has made all the difference.
(Robert Frost - The Road Not Taken)

Thaliope

Zitat von: Faol am 26. August 2012, 12:42:04
Hm, das mit der explizit auktorialen Erzählstimme würde bei mir nicht passen, weil ich in der Ich-Perspektive schreibe.


*gg* Nee, hast recht, dann wär das wohl nicht so passend :D

Fianna

#77
Ich würde es auch nicht gut finden, die Geschichte 2 x lesen zu müssen.
Da sie aber von verschiedenen Leuten erzählt wird, würde ich sie dann gar nicht erzählen. Sondern ein paar Sätze und dann wegblenden.

Man kann als Prota ja später reflektieren, ob man sich richtig verhalten hat - im Falle einer krassen Reaktion auf das Gehörte - oder dass man ja seltsamerweise immer noch geschockt, unberührt oder was auch immer ist.. Oder der Ehemann/Freund/Bruder/wer-auch-immer spricht den Prota nach dem Heimkommen an --> die Nachwirkungen der Erzählung (und damit auch die Empfindungen äehrend dieser) sind sichtbar und werden thematisiert.

Der (mehr oder weniger) abweichende Inhalt wird dann irgendwann zwischen den beiden Protas thematisiert.
Dann ist ja auch noch Spannung da, WAS den Prota so verstört/verärgert/wütend macht/seltsam unberührt laesst.

Ich hab grad etwas den Eindruck, Du bist so in Deiner linearen Schiene drin (Prota 1 passiert dies und das zu diesem und jenem Zeitpunkt, Prota 2 passiert das und dies zu jenem und diesem Zeitpunkt) dass Du für andere Darstellungsmöglichkeiten etwas blockiert bist...



EDIT 27.08.2012:
Rechtschreibung, eine kursive Hervorhebung.
Seltsam formulierte Sätze durch den Handy-Internet-Zugang wurden unverändert belassen.

Faol

Naja, die Geschichte muss eine sehr wichtige Information (auch für den Leser) rüber bringen, die die späterer Handlung beider Protas sehr stark beeinflusst. Ich kann sie also nicht einfach weg lassen.
Two roads diverged in a wood, and I -
I took the one less traveled by,
And that has made all the difference.
(Robert Frost - The Road Not Taken)

Rhi

ZitatIch könnte allerdings die Geschichte in der Sicht von Prota 1 schreiben und dann in die Sicht von Prota 2 springen und sie auf die Geschichte reagieren lassen.

So mache ich das momentan auch. Meine Haupt-Prota erzählt aus der ich-Perspektive. Es wird aber immer wieder zu einem anderen Prota gewechselt, nur dann erzähle ich nicht aus seiner Sicht, also nicht ich-Perspektive, sondern (jetzt fehlt mir die Bezeichnung gerade...) einfach Erzählperspektive? Aber dabei werden Abschnitte nicht wiederholt, das finde ich auch langweilig. Es ist eher so, dass die beiden Perspektiven aufeinander aufbauen und sich gegenseitig unterstützen.

So kann ich ganz gut aus ihrer Sicht erzählen, aber auch seine Sicht der Dinge nicht ganz außer acht lassen. Außerdem hilft es mir dabei, einige Geschehnisse besser erklären zu können.

Nurelie

@Rhi du meinst 3. Person als "Erzählsicht", oder?

HauntingWitch

Bei einem neuen Projekt beschäftigt mich gerade Folgendes:

Ich habe drei Perspektivträger, evtl. einen vierten, das wird sich dann herausstellen. Um die Geschichte richtig darzustellen, die Gesamtheit der Dinge genügend aufzuzeigen, brauche ich die ersten drei. Wenn ich einen weglasse, fehlen wesentliche Szenen, die ich nicht durch die anderen erzählen kann, weil die schlicht nicht dabei waren. Also erscheint es mir am passendsten, das alles in der 3. Person zu schildern. Nun stellt sich aber einer dieser drei Protagonisten quer und möchte unbedingt ein Ich-Erzähler sein. Jedes Mal, wenn ich anfange, von ihm zu schreiben, schreibe ich beinahe automatisch in "Ich...", bis mir wieder einfällt, dass das ja so gar nicht geht.

Deshalb meine Frage an euch: Kann ich das machen? Einen Protagonisten in der 1. Person erzählen lassen, während die anderen zwei-drei in der 3. Person erzählt sind? Das ist doch irgendwie komisch oder nicht?

Ich habe vor einigen Wochen selbst ein Buch begonnen, dass ich wieder weggelegt habe, weil mich das so genervt hat. Da wird die Geschichte die ganze Zeit aus derselben Perspektive erzählt, nur abwechslungsweise in der 3. und in der 1. Person. Ich habe überhaupt nicht verstanden, wieso die Autorin nicht gleich alles in einer Erzählform dargestellt hat. Da dachte ich, wenn ein Sinn hinter diesem Wechsel erkennbar wäre, würde es mich nicht stören, das hat ja Anne Rice auch schon gemacht und die liebe ich immer noch. Aber bei meiner Geschichte gibt es diesen Sinn so nicht, der Grund ist einzig und allein der, dass dieser Prota ein Ich-Erzähler sein will. Und wenn ich ihn unterdrücke, wird der Text schlechter.  ::)

Was meint ihr dazu?

Mika

Ich stand bei meinem Monster vor genau dem gleichen Problem. Einige Seiten hier in dem Thread zurück (ab Seite 3 Mitte) hab ich exakt die gleiche Frage gestellt und sehr unterschiedliche Meinungen dazu bekommen. Letztlich habe ich mich aber doch dafür entschieden es durchzuziehen. Sicherlich mutet es anfänglich etwas ungewöhnlich an, aber wenn eine Figur unbedingt als Ich-Erzähler fungieren will und es nur so funktioniert, was spricht dann dagegen?
Klar es ist grenzwertig, aber für mich persönlich hat es letztlich mit der, wenn man so will "doppelten Erzählinstanz" besser funktioniert und es ist auch literarisch betrachtet gar kein so ungewöhnliches Mittel. Wenn der Text also wirklich schlechter wird, wenn du den Ich-Erzähler rausnimmst, dann lass es, ganz einfach. Wenn der Text genauso gut funktionieren würde, wäre er nicht drin, streich ihn.

Wichtig finde ich persönlich, dass man sich selbst beim Schreiben wohlfühlen muss, eine Perspektive muss sich einfach richtig anfühlen sonst geht schrecklich viel verloren. Deswegen entschiedlich mich bei meiner Prota letztlich für das Ich, während alle anderen in einer sehr nahen dritten Person geschrieben waren. So hatte ich bei meiner absoluten Hauptfigur einfach mehr Nähe und die brauchte ich. Brauchst du denn bei dieser einen Figur auch mehr Nähe, oder ist es wichtiger an seinen Gedanken noch besser teilhaben zu können?

der Rabe

Vor einigen Monaten habe ich eine Geschichte geschrieben mit zwei Perspektivträgern. Angefangen habe ich mit zweimal 3. Person. Doch im Laufe der Zeit hatte ich das GEfühl, dass doch eine der beiden Personen die ich-Perspektive haben sollte. Ich habe es ausprobiert, und es machte für mich einen noch runderen Eindruck. Das einzige Problem, das sich für mich daraus ergab, war, dass damit auch der Hauptperspektivträger gewechselt hat, weil es sich seltsam angefühlt hat, den 1. Hauptprota in der dritten Person zu schreiben und zu lesen, und den, der erst an zweiter Position stand, in der ich-Perspektive. Das war dann aber mit einem neuen ersten Kapitel erledigt. :)

Da hat es funktioniert. Wenn es bei dir ähnlihc ist, wieso sollte es nicht gehen?
Bist du erst unten im Tal angekommen, geht es nur noch bergauf. (C) :rabe:

Jara

Ich mache es auch so. Ich habe vier Perspektivträger, wobei einer als Ich-Erzähler fungiert. Syro nimmt damit schon eine gewisse Sonderstellung ein, was für mein Empfinden sehr gut passt, weil er der Einzige der vier ist, der kein Mensch ist.
Aber auch prinzipiell würde ich sagen, wenn es sich gut liest und schriftstellerisch einfach besser wird, weil dein Prota sich wohler fühlt, warum nicht?

Grey

Zitat von: HauntingWitch am 01. September 2012, 16:21:28
Deshalb meine Frage an euch: Kann ich das machen? Einen Protagonisten in der 1. Person erzählen lassen, während die anderen zwei-drei in der 3. Person erzählt sind? Das ist doch irgendwie komisch oder nicht?


Also erstmal: Grundsätzlich würde ich sagen, man kann alles machen. Etwas seinzulassen, weil es nicht die Norm ist, ist kein Grund. Die einzige Frage, die man sich stellen muss ist, ob es der Geschichte gut tut. Ein Wechsel von 1. zu 3. Person kann eine interessante Spannung erzeugen. Hilfreich für den Leser wäre es sicherlich, eine gewisse Regelmäßigkeit oder Kennzeichnung einzubringen, zum Beispiel den Perspektivenwechsel immer mit einem Kapitelwechsel verbinden oder ähnliches.

Alles in allem: Wenn die Erzählstimme in der 1. Person am besten funktioniert, warum nicht? Um das wirklich herauszufinden, hilft nur ausprobieren. ;)

HauntingWitch

@mika: Vielen Dank für den Tipp, dann werde ich mir das auch mal noch durchlesen.

@Jara: Nun ja, ich will ja, dass er eine Sonderstellung hat, denn das ist durchaus der Sinn der Geschichte. Er ist der einzige einer anderen Spezies, die ich nur durch ihn zeigen kann und denen möchte ich etwas Raum geben.

@Grey: So habe ich das noch nicht betrachtet.

Danke euch allen! Ich werde in dem Fall wohl einfach mal beides ausprobieren.

Judith

#87
Ich würde da jetzt auch kein Problem sehen. Mir ist eine solche Mischung auch schon ab und an in Büchern untergekommen und da hat es mich nie gestört. Ich bilde mir ein, dass z.B. Diana Gabaldon das teilweise so gemacht hat (mit Claire als Ich-Erzählerin und andere Perspektiven in der 3. Person).
Also prinzipiell spricht gar nichts dagegen, dass das funktioniert - und wenn einer eine Sonderstellung haben soll, dann ist das ja durchaus auch ein Mittel, um diese noch stärker herauszustreichen.

Nachtrag: Was mir dazu noch eingefallen ist, ist allerdings auch ein Gegenbeispiel, nämlich "Das Flüstern der Stille". In dem Roman gibt es um die 5 verschiedenen Ich-Erzähler und dazu eine Figur, die aus der 3. Person erzählt. Allerdings hat es mich in dem Roman ein wenig gestört und zwar gerade deshalb, weil ich 1. keinen wirklichen Grund dafür gesehen habe und 2. die Erzählstimme dennoch überall gleich ist. Man ist an den Ich-Erzählern nicht näher dran bzw. wird von der einen anderen Perspektive nicht wirklich auf Distanz gehalten. Ich habe mich wirklich die ganze Zeit gefragt, weshalb die Autorin das so gemacht hat.

Ich denke also, dass so ein Wechsel schon eine bestimmte Funktion im Roman haben oder aus den Figuren heraus motiviert sein sollte.

Pestillenzia

Zitat von: HauntingWitch am 01. September 2012, 16:21:28
Deshalb meine Frage an euch: Kann ich das machen? Einen Protagonisten in der 1. Person erzählen lassen, während die anderen zwei-drei in der 3. Person erzählt sind? Das ist doch irgendwie komisch oder nicht?

Ich habe gerade einen Thriller gelesen, der genau so aufgebaut war. Die Hauptfigur erzählte in der ersten Person (noch dazu teilweise in Rückblenden), eine weitere Perspektivträgerin trat in der dritten Person auf - und es funktionierte hervorragend. Man wusste immer haargenau, aus wessen Sicht gerade erzählt wurde.

Falls es jemanden interessiert: das Buch heißt "Die leere Wiege" und ist von Ruth Dugdall.

Rhi

Zitat@Rhi du meinst 3. Person als "Erzählsicht", oder?

Ja genau, danke Nurelie, manchmal stehe ich mir echt selbst im Weg was Wortfindung angeht  :pfanne:


Was man auch noch machen könnte, wäre anhand der Kapitelüberschriften aufzuzeigen, aus welcher Sicht das nächste Kapitel erzählt wird. P.C. Cast macht das bei den House of Night Büchern so. Sie nennt das Kapitel dann einfach so, wie die Person heißt, aus deren Sichtweise erzählt wird. Das finde ich eigentlich auch eine gute Möglichkeit, denn dann weiß man sofort, aus wessen Sicht das Kapitel erzählt wird und von wem es handelt...