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Ich bin ein Mann, ergo müssen meine Prots auch männlich sein!

Begonnen von Feuertraum, 09. Juni 2007, 13:10:14

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Coppelia

#60
Biologisch bewiesen ist ja, dass wir alle nicht eindeutig männlich oder weiblich sind, sondern nur einen überwiegenden Teil haben. Aber jede Frau hat auch etwas Mann in sich und umgekehrt. Einige haben halt mehr gleiche Anteile in sich und andere wesentlich mehr von dem einen. Ist einfach so ... und mal ehrlich, wem ist es nicht klar?
Wenn ich der Meinung bin, dass ich mich gut in Männer hineinversetzen kann, wenn ich schreibe, dann kann jeder männliche Leser immer noch schreien "Aaargh, was ist das denn?" Und ich werde mich immer wundern und es nicht beurteilen können. Aber das hält mich nicht davon ab, mir einzubilden, ich könne aus der Sicht von Männern ebenso gut schreiben wie aus der von Frauen. Eigentlich mache ich es sogar lieber. Ich glaube, das liegt daran, dass ich bei Frauen eher mit Klischeebildern zu kämpfen habe als bei Männern und Klischees mag ich nicht. Natürlich stimmt das an sich nicht, aber trotzdem drängt sich mir bei Frauen immer auf, dass sie z. B. kinderlieb, sozial, fürsorglich usw. sind. Sind sie das mal nicht (wie meine Heldin bei Dungeonkriecher), wo würde nicht jemand sagen "So ein Mannsweib!" ?
Die Galotta-Biografie handelt ja quasi nur von einem Mann, und nie hat sich ein Leser darüber beschwert, dass ich eine Frau bin, obwohl sicher die meisten Leser männlich waren. Mag sein, dass es daran lag, dass mein Coautor ein Mann ist - aber ich weiß, dass ich für die Figurencharakterisierung zuständig war. Insofern mache ich mir keine besonderen Gedanken, ob irgendwas nicht stimmt.
Ich habe allerdings (schreibmäßig) eine gewisse Vorliebe für schwache Männer, also für feige Typen mit Komplexen. Über solche Figuren würde ein Mann kaum schreiben, ahne ich.
Und ich gehöre wirklich zu den Frauen, die einen Roman ohne Liebesgeschichte schreiben (können).

Lavendel

Genau, Coppelia!
Ich meine, das Ziel der feministischen Bewegung (werde ich erschlagen, weil ich schon wieder so anfange :hmhm?:?) muss letztendlich nicht nur Gleichberechtigung, sondern auch Gleichheit sein. Das gibt es heutzutage eben nicht. Es darf (bis auf gewisse körperfunktionen vielleicht) einfach keine Rolle mehr spielen, mit welchem Geschlecht man geboren wurde. Und ich finde es nur richtig, wenn Männer mal versuchen sich in 'Frauenrollen' zu versetzen und Frauen versuchen, sich in 'Männerrollen' zu versetzten. Nur so kann man letztendlich die Geschlechterdifferenzen auflösen.

Diese Diskussion allein zeigt, dass immernoch in Gegensätzen gedacht wird, was die Geschlechter angeht. Und solange das so ist, werden Frauen nie zu gleichen Teilen in Führungspositionen oder handwerklichen Berufen vertreten sein. Sie werden nie für die gleiche Arbeit das gleiche Geld erhalten, sie werden ewig vor der Entscheidung stehen: Kind oder Karriere (oder hoffnungslos überfordert, weil das Kind allein als ihre Aufgabe verstanden wird). Und so lange wird man übrigens auch komisch gucken, wenn Männer Kindergärtner oder Arzthelfer werden.
Tschuldigung, aber ich muss das loswerden: Heute trauen sich viele Frauen gar nicht mehr von Feminismus zu reden, sie trauen sich nicht zu sagen, dass sie feministische Ideen befürworten. Wenn man Glück hat, erntet man ein müdes Achselzucken, wenn man Pech hat (und das ist mir passiert!!!) wird einem erzählt, ein 'Alt 68er' zu sein und der Gesellschaft zu schaden, genauso schlimm wie 'Satanisten' und 'Faschisten' - und dass von erwachsenen Menschen!
Manche mögen auch einfach nicht glauben, dass es noch nötig ist, über Feminismus zu reden, weil es uns ach so gut geht. Ich halte das für schlimm schlimm und sogar noch schlimmer.

Dorte

Hm, ich weiß nicht... Geschlechter SIND verschieden. Biologisch, nicht nur durch die Erziehung. Kleine Kinder verhalten sich durchaus geschlechtsspezifisch, ganz gleich, wie gleichberechtigt sie erzogen werden. Ich war als Kleinkind auf Puppen fixiert, der Neffe meiner Freundin fährt nur auf Autos ab. Klar ist das ein Klischee, aber Klischees haben ja auch immer eine Grundlage. Ich finde es grauslich, dass man die Geschlechter gleich machen will - da geht doch die ganze Spannung verloren...
Feminismus ist für mich auch kein schönes Wort, ich finde da "Emanzipation" viel schöner, weil das auch die Männer mit einschließt. Die müssen sich nämlich ganz dringend von etlichen alten Rollenmodellen emanzipieren, da sind die Frauen deutlich weiter. ;)

Aber das führt uns doch eigentlich langsam vom Thema ab, denke ich. Feminismus hat für mich nichts damit zu tun, ob Frauen über Männer schreiben oder Männer über Frauen. Viel eher hätte es damit zu tun, WIE das getan wird, ob sich politische Ansichten in der Behandlung der Figuren niederschlägt, aber darum ging es hier eigentlich nicht.

Lavendel

*OFF TOPIC*
Ja, das führt vom Thema ab, aber kleine Kinder verhalten sich geschlechtsspezifisch, weil sie so sozialisiert werden! Man kann doch nicht annehmen, dass das Vorlieben für Spielzeuge angeboren sind (guck mal Werbung, was wird da vorgemacht? Wer spielt mit Puppen wer mit Autos?)
*OFF TOPIC ende*

Ich will hier jetzt wirklich nicht zu weit abdriften - deshalb: Ich glaube nicht, dass Männer und Frauen so grundsätzlich unterschiedlich sind, dass sie sich in das andere Geschlecht hineinversetzen könnten. (Und ich weiß auch nicht, wie man auf diese Idee kommen kann)

Judith

Auch nochmal off-topic, aber da möchte ich noch einhaken: Meine Neffen haben überhaupt nie was im Fernsehen angeguckt (fangen jetzt allmählich damit an, aber nur Videos, also keine Werbung), haben von meiner Schwester auch mal eine Puppe zu Weihnachten bekommen und spielen mehr mit meinen Nichten als mit gleichaltrigen Jungs. Und trotzdem interessieren sie sich nur für Traktoren, Elektro-Baukästen und ähnliches. Von der Erziehung kommt das aber nicht.

Ich selbst schreibe in erster Linie aus der Perspektive von Frauen, da fühle ich mich einfach sicherer. Bei meinen männlichen Charakteren hab ich immer das Gefühl, dass man ihnen anmerkt, dass eine Frau sie geschrieben hat. Männer sind mir ja auch irgendwie ein Rätsel, insofern ist es kein Wunder, wenn ich mich mit ihnen als Perspektiventräger schwer tue.  :-[
Naja, andere können das durchaus besser. "Das Zauberhaus" von Beagle ist für mich ein gutes Beispiel, wo das Mädchen wirklich auch wie ein 15jähriges Mädchen rüberkommt, obwohl der Autor ein erwachsener Mann ist.

ZitatIch glaube, das liegt daran, dass ich bei Frauen eher mit Klischeebildern zu kämpfen habe als bei Männern und Klischees mag ich nicht. Natürlich stimmt das an sich nicht, aber trotzdem drängt sich mir bei Frauen immer auf, dass sie z. B. kinderlieb, sozial, fürsorglich usw. sind.
Huch, also darauf wäre ich noch nie gekommen. Liegt wohl auch daran, dass ich zwar eindeutig eine Frau, aber absolut nicht kinderlieb bin.  ;D Auf alle Fälle denke ich, dass es noch viele Zwischenstufen zwischen kinderlieben, sozialen und fürsorglichen Frauen auf der einen Seite und "Mannsweibern" auf der anderen Seite gibt.

Coppelia

Selbstverständlich sind Männer und Frauen unterschiedlich, und das hab ich auch nie bestritten. ;) Die entstandenen Klischees haben schon ihren Grund. Aber es ist nun mal so, dass wir alle Anteile des anderen Geschlechts haben - die einen mehr, die anderen halt weniger.
Jeder ist halt speziell. :) Und das ist auch schön.
/ot

Dorte

Zitat von: Lavendel am 22. Juni 2007, 14:32:26
*OFF TOPIC*
Ja, das führt vom Thema ab, aber kleine Kinder verhalten sich geschlechtsspezifisch, weil sie so sozialisiert werden! Man kann doch nicht annehmen, dass das Vorlieben für Spielzeuge angeboren sind (guck mal Werbung, was wird da vorgemacht? Wer spielt mit Puppen wer mit Autos?)
*OFF TOPIC ende*

Quelle bitte. ;) Ich bestreite das. Meine Eltern waren geradezu krampfhaft darum bemüht, einen sensiblen Jungen und ein cooles Technikmädchen zu bekommen. Mein Bruder kriegte Kuscheltiere und Puppen, ich bekam Bauklötze und Autos. Ziemlich schnell spielte ich mit seinen Kuscheltieren und er hatte sich meine Legosteine unter den Nagel gerissen. Meine Mutter ist kein Heimchen am Herd und mein Vater kein stereotyper Mann. Irgendwo muss es ja herkommen - wozu haben wir denn Gene, Hormone und den ganzen Kram? Und wohlgemerkt, ich rede vom Kleinkind- und Vorschulalter, und Werbefernsehen habe ich als Kind erst ab Schulalter geguckt. So war das damals. ;)
Nebenbei bemerkt bin ich gerne eine Frau und wehre mich schon deshalb gegen die Gleichmacherei.

Sorry fürs Off Topic, aber das Thema ist für mich ziemlich empfindlich.

felis

Na und ich bin das Gegenteil - ich hab die Puppen in die Ecke geworfen, mit Lego gespielt und bin Ingenieurin geworden.  ;)
Damit bin ich zwangsläufig eine Wanderin zwischen den Welten - habe beruflich viel mehr mit Männern als mit fFrauen zu tun.
Ob sich das auf mein Schreiben auswirkt, hab ich mir bisher eigentlich noch keine Gedanken gemacht. Ich schreibe jedenfalls genauso munter über männliche wie über weibliche Protas - schon immer. Ehrlich gesagt, wäre ich bisher gar nicht auf den Gedanken gekommen, ich könne das nicht.

Hr. Kürbis

Verdammt, noch mehr OT, ich kann nicht widerstehen! :rofl:

Ich hab als Kind oft mit Puppen gespielt, naja, wir haben auch mal eine Barbie einem zweiköpfigen Drachen geopfert, aber was solls...
Autos und Technik waren ein NO-GO für mich, ebenso wie alle "typischen" Jungs Sachen wie Fußball spielen etc. *würg*

Und was hat es mir eingebracht? Ich bin schwul geworden! DAS nenn ich mal ein Klischee!  :d'oh:

Ach quatsch, nur ein Spaß, ich denke mal so Dinge wie Spielzeug sind nicht maßgeblich beteiligt an der Identitätsentwicklung eines Kindes, mein Stiefschwester zum Beispiel ist ein "echtes" Mädel und arbeitet trotzdem in eine KFZ-Werkstatt... so what?
Außerdem gibt es eine Branche, in der per eigentlicher "Aufgabendefinition" der Geschlechter eigentlich die Frauen das sagen haben müssten, die Männer aber klar in der Mehrheit sind. Als Köche

Lisande

Zitat von: Hr. Kürbis am 22. Juni 2007, 23:01:58
Verdammt, noch mehr OT, ich kann nicht widerstehen! :rofl:

Ich hab als Kind oft mit Puppen gespielt, naja, wir haben auch mal eine Barbie einem zweiköpfigen Drachen geopfert, aber was solls...
Autos und Technik waren ein NO-GO für mich, ebenso wie alle "typischen" Jungs Sachen wie Fußball spielen etc. *würg*

Und was hat es mir eingebracht? Ich bin schwul geworden! DAS nenn ich mal ein Klischee!  :d'oh:

Ach quatsch, nur ein Spaß, ich denke mal so Dinge wie Spielzeug sind nicht maßgeblich beteiligt an der Identitätsentwicklung eines Kindes, mein Stiefschwester zum Beispiel ist ein "echtes" Mädel und arbeitet trotzdem in eine KFZ-Werkstatt... so what?
Außerdem gibt es eine Branche, in der per eigentlicher "Aufgabendefinition" der Geschlechter eigentlich die Frauen das sagen haben müssten, die Männer aber klar in der Mehrheit sind. Als Köche

Die arme Barbie!!!  :rofl:

Ich glaube, mein Vater war entsetzlich enttäuscht, weil ich zwar hin und wieder mit meiner Eisenbahn gespielt habe und auch schon mal den Werkzeugkasten in die Hand genommen habe - letzteres aber nur, um Vorhänge für meine Barbiepuppen anzunageln!  ;D

Insofern bin ich der beste Klischee-Beweis: ich hatte wirklich die freie Auswahl beim Spielzeug und bin trotzdem immer bei den typischen Sachen gelandet. :)

Lavendel

ZitatQuelle bitte. Wink

Verdammt, Dorte, jetzt hast du mich mit meiner eigenen Allzweckwaffe geschlagen  :vibes:

Herr Kürbis, du bist ein Brutalo! (ich habe meinen Barbies höchstens Glatzen geschnitten).

Ähhh, um jetzt auf Topic zurückzukommen  ::)(mein beginnendes Magengeschwür hält diese Diskussion heute sowieso net durch ;)): Woran liegt es, dass manche von uns sich zutrauen, übers andere Geschlecht zu schreiben, andere nicht und wieder andere noch gar nicht drüber nachgedacht haben.
Ich habe übrigens mal den Thread durchgeguckt und (falls ich nichts übersehen habe) die Beiträge in denen steht 'Ich trau mir das nicht zu' oder 'ich denke, das wäre vielleicht unglaubwürdig' kamen alle von Frauen. Irgendwie bezeichnend - oder?

Termoniaelfe

ZitatVerdammt, noch mehr OT, ich kann nicht widerstehen!  :rofl:

:wache!: *Modmodus ein*

Wachsam hebe ich den Zeigefinger in die Runde. Dank Lavendels "zurück zum Topic" bekommt Ihr heute mal nicht die  :pfanne:. Aber Obacht, ich bin immer in der Nähe :darth: ( ;))

:wache!: *Modmodus aus*

Ary

*lol*
Mist, Termi, ich hätte noch so nen schönen OT gehabt... schade.  ;D

@Lavendel: ich schlage mich zwar immer wieder mit dem Vorwurf rum, dass Frauen keien "realistischen" (was immer das heißen mag) Männercharaktere schreiben können, aber ich traue es mir dennoch zu und mache es auch, und wenn mir jemand sagt, dass "meine Jungs" sich nicht wie "echte kerle" verhalten, frage ich zurück, an was sie das denn festmachen. :) Meistens entspinnen sich daraus lustige Diskussionen.

Ich weiß nicht, ob es so "bezeichnend" ist, wenn mehr Frauen sich fragen, ob sie ihre Charaktere realistisch rüberbringen als Männer. Ich denke eher, da arbeitet einfache ine gewisse Sensibilität, die dazu führt, dass die Autorinnen sich fragen, ob sie ihre Protagonisten wirklich gut darstellen.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Grey

Ach... das soll mal einer versuchen, mir vorzuwerfen. Es gibt soooooooooo viele verschiedene Frauen, da muss es ja auch soooooooooooo viele verschiedene Männer geben. Ich bezweifle doch sehr stark, dass Männer alle gleich sind, auch wenn das ja ein geflügeltes Wort ist. ;)

Ich schreibe und schreibe und schreibe einfach, und wenn sonst kein einziger Mann auf der ganzen Welt so ist, mein Prota ist eben so, basta. Ich find es persönlich viel viel wichtiger, dass der Charakter IN SICH stimmig ist und nicht seinem eigenen Wesen zuwider handelt, als ihn in eine Männer- oder Frauenrolle hinein zu drücken.

Oder man muss die Charaktere einfach nur so verkorkst und urig machen, dass das Geschlecht darüber zweitrangig wird (z.B. Jack Sparrow - verhält der sich nu männlich oder weiblich oder wie oder was...? ;D )

Lavendel

Ja, ich finde auch, die Charaktere sollten stimmig sein. Niemand ist gezwungen sich auf irgendwelche Klischees zu verwursten (ich finde sogar, das sollte man nicht). Weibliche Charas müssen ja nicht immer den mütterlich fürsoglichen Touch haben und männliche Charas müssen ja nicht auf Fußball und Autos stehen (oder eben auf Schlachten und Schwerter).

@ Aryana: Ich kann mir nicht vorstellen, dass Männer sich weniger Gedanken um ihre Figuren machen, als Frauen - nicht wenn sie gute Autoren sind. Und wieso sollte Männern diese Sensibilität fehlen?