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Zweifelhafte Botschaften in Jugendbüchern - was geht noch?

Begonnen von Nightingale, 16. Januar 2013, 21:13:12

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Churke

Zitat von: Franziska am 29. September 2013, 14:15:27
Die Täter werden natürlich auch nicht angezeigt sondern einfach vom Elfenfürst umgebracht. Solche übernatürlichen Lösungen von gewissermaßen irdischen Problemen sehe ich etwas kritisch in Jugendbüchern.
Also für mich ist das keine zweifelhafte Botschaft, sondern ein abgedroschenes Versatzstück.

ZitatJugendbücher sollen ja auch zum Nachdenken rausfordern dürfen und nicht nur einfach Lösungen präsentieren. Aber dass mit solchen Problemen mal so umgegangen wird, wie damit umgegangen werden sollte, lese ich irgendwie nie und das finde ich problematisch.
Also dass sie überhaupt mit erhobenem Zeigefinger Lösungen präsentieren sollen, betrachte ich als Indoktrinierungsagenda der schönen neuen Welt. Bedeutet nachdenken nicht gerade, dass man keine fertigen Denkmuster serviert bekommt? Ist nicht das Buch jenes Medium, welches am wenigsten zum Wiederkäuen anregt?

Lemonie

Zum Thema Warrior Cats:
Also ich finde den Konflikt zwischen den Clans am Anfang spannend, aber irgendwann wiederholt sich alles nur und man fragt sich, warum die Katzen nichts daraus lernen. Klar, man denkt immer: "es sind eben Tiere", aber sie sind so menschlicht, dass man sie nicht mehr wirklich als Tiere betrachtet. Ich erinnere mich daran, dass ich zum Beispiel das mit den Beziehungen zwischen den Clans auch immer nervig fand, ich hab mir damals mehrmals gewünscht, irgendjemand würde das mal durchziehen oder dazu stehen...


ZitatWas mir bei der Reihe (und einigen anderen Kinderreihen wie Skulduggery Pleasant) auffällt, ist auch der hohe Anteil an Gewalt. Zumindest Skulduggery Pleasant steht bei uns bei den Kinderbüchern ab zehn und meine Freundin, über 20, hat gesagt, sie fand einige Stellen sehr eklig, besonders für Kinder. Mehr noch als diese System-Sache, finde ich diese Gewaltverherrlichung und die Kriegsthematik problematisch.

Dazu muss ich jetzt aber mal kurz sagen, dass "Kinderbuch ab 10" schlichtweg vom Buchhändler falsch eingeschätzt ist. Ich bin mir ziemlich, ziemlich sicher, dass Skulduggery eher für ältere Jugendliche gedacht ist, auch vom Autor... (in unserer Buchhandlung ist es bei "ab 14"!)
Die Gewalt wird da auch irgendwann thematisiert (vor allem durch "gewaltkritische" Charaktere, zum Beispiel Kenspeckel und dadurch, dass die Protagonistin merkt, wie sie sich verändert und die negativen Seiten von Skulduggery kennenlernt). Aber das passiert halt im Verlauf der Reihe (also im ersten Band noch nicht wirklich).

Ich finde es eher problematisch, wenn Gewalt (meistens in Fantasyform) als Lösung für "normale" Probleme genommen wird, wenn also zum Beispiel die Schulmobber vom Fantasy - LI fertiggemacht werden oder sowas.
Kennt jemand den Film "so finster die Nacht" (oder so)? Ist glaube ich aus Schweden. Er war von der Handlung und dem Konzept ziemlich interessant, aber Spoiler: als am Ende das Vampirmädchen die Mobber ihres Menschenfreundes brutal umbringt - und die Jungs sind alle nicht älter als 12 oder so - war ich schon ziemlich... überrascht.
Das war aber kein Kinderfilm, es ging nur um Kinder, eigentlich war es eher einer dieser schrägeren, skurrileren, düstereren Filme.


ZitatAlso dass sie überhaupt mit erhobenem Zeigefinger Lösungen präsentieren sollen, betrachte ich als Indoktrinierungsagenda der schönen neuen Welt. Bedeutet nachdenken nicht gerade, dass man keine fertigen Denkmuster serviert bekommt? Ist nicht das Buch jenes Medium, welches am wenigsten zum Wiederkäuen anregt?

Ähm... ich glaube nicht, dass sie das damit meinte (fertige, "richtige" Denkmuster servieren), ich glaube es ging eher darum, dass die meisten Jugendbücher solche Themen vollkommen klischeehaft und realitätsfern behandeln, was eben nicht sein muss. Wenn man nur für den Effekt oder die Dramatik sowas reinnehmen muss, sollte man es lieber draußen lassen und den Plot überarbeiten.

Coppelia

#92
Ich sehe es nicht als eine Problemlösung an, jemanden zu töten. (Und ich hoffe, das wird mir jetzt nicht so ausgelegt, dass ich die Verbrechen verharmlose, die die Täter begangen haben). Wenn das auch noch vom Staat, in dem von Franziska genannten Fall, vom König, "legal" vollzogen wird, scheint es mir umso problematischer zu sein.

Ich denke mir, solche Dinge kommen in Filmen/Büchern schnell so zustande, dass die Emotionen des Lesers gegen die Täter angestachelt werden. Man wünscht der fiktiven Figur Böses und "freut" sich, wenn sie ihre "gerechte Strafe" bekommt. Und das kann bei einigen besonders abscheulichen Verbrechen ihrer Meinung nach dann wohl nur der Tod sein. (Ich bin überhaupt erstaunt, wie leicht in Romanen manchmal - nicht nur Jugendromanen - Figuren sterben müssen, einfach nur, weil sie irgendwelche deutlich geringeren Fehler begangen haben.)
Wenn ich manchmal Kommentare auf Tagesschau.de lese, dann sind viele Menschen schnell damit bei der Hand, anderen den Tod zu wünschen. Vielleicht erfüllt das Buch so die Wünsche der Leser, die in der Realität (hoffentlich) gewöhnlich nicht umgesetzt werden.

Kati

Zitat von: Franziska@Coppi: ich lese das Buch "Gegen die Finsternis" von Melissa Marr.

Das einzige, dass mir an "Gegen die Finsternis" gefallen hat, ist die Tatsache, dass Leslie am Ende die Freiheit wählt und den Dunklen König und alles hinter sich lässt. Aber der ganze Rest, der ja schon von Franziska gut angesprochen wurde, ist unter aller Kanone. Dazu kommt, dass wieder einmal das alte "Liebe heilt alle Wunden"-Banner geschwenkt wird. Leslie, mehrfach missbraucht und dazu mit einer eh sehr tragischen Geschichte, wird auch am Dunklen Hof weiterhin benutzt. Die Story baut darauf auf, dass Leslies Geist mit dem des dunklen Königs verbunden wird und dieser Umstand, sowie die "Beziehung" zu diesem dunklen König, der sie auch nur benutzt, heilt die Wunden, die die Vergewaltigungen hinterlassen haben. Das finde ich in einem Jugendbuch total daneben.

Es zeigt, wie rücksichtslos und oberflächlich die Autorin mit dem Thema umgeht. Mir will nicht in den Kopf, dass man überhaupt ein Buch schreibt, in dem ein missbrauchtes Mädchen durch noch mehr seelischen und sexuellen Missbrauch zu sich zurück findet. Wie gesagt, am Ende entscheidet sie sich für die Freiheit und lässt das alles hinter sich, aber es lässt einen sehr bitteren Nachgeschmack. Ich fand das sehr schade, weil Leslie eigentlich endlich mal eine tolle Figur ist, die sich eigentlich nicht alles gefallen lässt und ihren eigenen Kopf hat.

Zitat von: CoppeliaIch sehe es nicht als eine Problemlösung an, jemanden zu töten. (Und ich hoffe, das wird mir jetzt nicht so ausgelegt, dass ich die Verbrechen verharmlose, die die Täter begangen haben). Wenn das auch noch vom Staat, in dem von Franziska genannten Fall, vom König, "legal" vollzogen wird, scheint es mir umso problematischer zu sein.

An sich finde ich, dass töten und sterben in Jugendbüchern sehr merkwürdig behandelt werden. Da wird mit zweierlei Maß gemessen. Wenn der Oberbösewicht getötet wird, ist das in der Fantasy ja schon fast normal und meist bringt es einem als Leser auch etwas Genugtuung. Aber wie einfach es jugendlichen Figuren gemacht wird, den Bösewicht zu töten, finde ich merkwürdig. Keinerlei Gewissensbisse, was nicht in allen Fällen nachvollziehbar ist.

Was ich aber noch viel schlimmer finde, ist das Töten von eigentlich unschuldigen Figuren. Ich habe so viele Bücher gelesen, in denen die Helden alle Wachen umlegen um zum Antagonisten zu gelangen. Dass diese Wachen ja auch lebendig sind und da vielleicht nur stehen, weil sie dafür bezahlt werden, ist egal. Aber, wenn jemand aus den eigenen Reihen getötet wird, ist das Geschrei groß, obwohl er von der "Schuld" her sicherlich nicht unschuldiger war, als die getöteten Wachen. Oder teilweise die geopfterten Menschen im Dorf, wenn man nur durch ein großes Feuer entkommen kann oder so. Dass das genauso unschuldige Menschen sind, wie die Hauptfiguren selbst, wird sehr selten thematisiert und Gewissensbisse gibt es auch nie.

Wirklich negativ aufgefallen ist mir das in "Rubinrot" von Kerstin Gier. Da gibt es eine Szene, in der die Heldin einen recht gesichtslosen Schergen des Bösewichts mit einem Degen durchbohrt, um ihren Freund zu retten. Sie lamentiert vielleicht einen Absatz darüber, dass sie einen Mann getötet hat, aber im weiteren Verlauf der Reihe wird das nicht mehr wichtig. Es macht nichts mit ihr, es verändert sie nicht. Natürlich, es passiert aus "Selbstverteidigung", aber es muss doch etwas mit einem kurz vorher noch recht normalen Mädchen anstellen, einen Mann mit einem Degen aufzuspießen. Und genau das ist in vielen Jugendbüchern so, dass einfach lustig getötet wird, wie es gerade passt. Ist ja egal, sind ja nur die "Bösen". Zwischen einem einfachen Schergen, der ins große Ganze keinen Einblick hat und nur seine Arbeit macht und dem bösen Oberbösewicht wird nicht unterschieden und töten erscheint so leicht, dass es nicht einmal Spuren hinterlässt.

Franziska

Kati: ich sehe das genauso wie du mit dem Missbrauch und so hatte ich es auch gemeint. Die Betonung liegt darauf, dass wir hier über Jugendbücher reden und Jugendliche erst ab einem gewissen Alter in der Lage sind über bestimmte Themen so zu reflektieren, dass sie die Botschaften in den Büchern nicht einfach so übernehmen. Ich fand es auch als Kind schon immer grausam, wenn die eben rumstehenden Wachen einfach mal abgemurkst wurden. Andererseits habe ich als Kind auch gerne Western gesehen, wo ja auch gerne lustig gemordet wird. Ein bisschen differenzieren kann man auch als Kind schon, dass es nicht die Realität ist. Welches Kind spielt nicht mal Gangster etc. Aber warum muss das in Jugendbüchern immer so brutal dargestellt werden, ich habe das Gefühl, je brutaler desto besser und vor allem das was Kati anspricht: Der Prota bringt mal eben ein paar Leute um, und es macht überhaupt nichts mit ihm. Ich mag solche Bücher, wo das Gegenteil der Fall ist und es ergibt doch auch viel interessantere Figuren, finde ich. Über das Thema handelt eigentlich mein erster Roman, den ich mit fünfzehn begonnen habe. Also mich haben damals solche Darstellungen schon angeregt, darüber nachzudenken, aber so ist es ja nicht gedacht. Man hat das Gefühl, es soll einfach brutal sein ohne dass es irgendwas mit der Psyche der Figuren macht, weil das wäre dann ja wieder zu düster. ::)

Churke

Zitat von: Franziska am 30. September 2013, 15:46:24
Kati: ich sehe das genauso wie du mit dem Missbrauch und so hatte ich es auch gemeint. Die Betonung liegt darauf, dass wir hier über Jugendbücher reden und Jugendliche erst ab einem gewissen Alter in der Lage sind über bestimmte Themen so zu reflektieren, dass sie die Botschaften in den Büchern nicht einfach so übernehmen.

Ich habe die Deutschen Heldensagen als Kind gelesen. Da wird ja ziemlich geschnetzelt, aber wirklich in Erinnerung geblieben ist mir nur, dass Hildebrand Krimhild den Kopf abschlägt, und zwar ohne rechtfertigenden Grund. Ich glaube, es war aus Zorn darüber, dass wegen ihr so viele Helden gefallen sind.
Na und? Die Geschichte ist doch völlig irreal.

Mondfräulein

Zitat von: Churke am 30. September 2013, 16:36:42
Ich habe die Deutschen Heldensagen als Kind gelesen. Da wird ja ziemlich geschnetzelt, aber wirklich in Erinnerung geblieben ist mir nur, dass Hildebrand Krimhild den Kopf abschlägt, und zwar ohne rechtfertigenden Grund. Ich glaube, es war aus Zorn darüber, dass wegen ihr so viele Helden gefallen sind.
Na und? Die Geschichte ist doch völlig irreal.

Aber es ging hier doch um Jugendbücher.

Grey

Dass man etwas als Kind gelesen hat, heißt lange nicht, dass es auch für Kinder gedacht ist.

Kati

Richtig. Es geht um moderne Jugendbücher, wie Franziska in dem zitierten Teil auch ziemlich deutlich gesagt hat. Dass das Nibelungenlied sehr blutig ist, steht außer Frage, aber es ist ein mittelhochdeutsches Heldenepos und kein modernes Jugendbuch und das kann man nun nicht auf eine Stufe stellen.  ;)

Franziska: Dass es nicht die Realität ist, dürfte Kindern wie Jugendlichen natürlich klar sein. Kinder und Jugendliche sind nicht blöd, die verstehen natürlich auch, dass etwas nicht echt ist, dass es schlimm ist oder ungerecht. Aber sie nehmen es doch noch einmal anders wahr, denke ich. Nicht ohne Grund zeigt man 10-jährigen keine Horrorfilme. Es geht ja nicht darum, dass sie denken, das gezeigte ist echt, dass es nicht echt ist, wissen sie genau. Es geht eher darum, wie Gruseliges oder Schlimmes wahrgenommen wird und deshalb ist es wichtig in Jugendbüchern eben nicht alles einfach oberflächlich zu schildern, sondern vielleicht auch Denkanstöße zu geben, indem die Figuren nicht einfach alles hinnehmen und beim Töten keine Gefühlsregung zeigen.

Dabei geht es auch nicht um fertige Denkmuster, wie Churke weiter oben angesprochen hat, und auch nicht um erhobene Zeigefinger oder so was. Es geht einfach darum verschiedene Ansätze zu bieten und sich darüber bewusst zu sein, dass man als als Autor, wie du ja auch schon gesagt hast, eine gewisse Verantwortung hat, wenn man kritische Dinge für Kinder und Jugendliche schreibt. Jeder Autor, der sich mit solchen Themen in Jugendbüchern sinnvoll und differenziert auseinandersetzt, hat meinen größten Respekt.  :pompom: So wie Melissa Marr es gemacht hat, einfach alles oberflächlich anzureißen und dann auf fadenscheinige Weise aufzulösen, geht es eben nicht, meiner Meinung nach.

Alana

ZitatWas ich aber noch viel schlimmer finde, ist das Töten von eigentlich unschuldigen Figuren.

Das geht mir auch immer so. Besonders krass fand ich das auch bei Star Trek Into Darkness. Kein Jugendbuch, aber die Diskrepanz war erschüttternd. Um ein paar Leben zu retten, wurde ein ganzer Stadteil mit ich weiß nicht wie vielen Leuten dem Erdboden gleich gemacht. Und darüber wurde natürlich mit keinem Ton gesprochen. Ich glaube, diese merkwürdige Art des Missverhältnisses ist ein Zeichen unserer Zeit, eines, das dringend beseitigt gehört.
Alhambrana

Luna

#100
Zitat von: Kati am 30. September 2013, 15:20:59
Was ich aber noch viel schlimmer finde, ist das Töten von eigentlich unschuldigen Figuren. Ich habe so viele Bücher gelesen, in denen die Helden alle Wachen umlegen um zum Antagonisten zu gelangen. Dass diese Wachen ja auch lebendig sind und da vielleicht nur stehen, weil sie dafür bezahlt werden, ist egal.
Hi hi, Mike Myers hat sich in Austin Powers - Goldständer dieses Themas mal angenommen ;D.

Ich habe als Kind Märchenmond von Hohlbein gelesen. Da hat ein kleiner Junge auch den ersten Krieger des Ober Evil Evils im Schwertkampf besiegt. So weit ich weiß, hat der Bub das auch nur kurz abgetan. Hat mich nicht sonderlich gestört. Mich hat vielmehr gestört, dass so ein Bub, keine Ahnung vom Schwertkampf, mal mir nichts Dir nichts so einen ausgebildeten Krieger platt macht. Ich glaube, der Böse ist ihm aus Versehen ins Schwert gerannt ::).
Ich denke, in erster Linie sollen doch Bücher auch unterhalten und für Kurzweile sorgen. Wenn ich da als Kind zu viele Botschaften drin gehabt hätte, nach denen ich sowieso nie gesucht habe, die Heldin groß und breit lamentiert hätte, wie furchtbar das doch ist, dass sie jemanden getötet hat etc., wäre das ein Grund gewesen, das wegzulegen. In den wenigsten (Action)Filmen, die doch auch Jugendliche ansprechen, ist es so, dass der Held nicht großartig drüber nachdenkt, wenn er gerade jemanden getötet hat als Beispiel.
Realismus ist gut, gerade bei Fantasy Büchern/Filme, zu viel Realismus ist tödlich.

Alana

#101
Luna, ich hab früher ähnlich gedacht, einfach weil ich schon immer alles durcheinander gelesen habe. Für mich gab es nie wirkliche eine Altersunterteilung. Ich hab alles querbeet gelesen. Mittlerweile denke ich aber schon, dass man als Autor, wenn man für Jugendliche schreibt, eine gewisse Verantwortung hat. Natürlich darf man nicht sermonieren, aber dann muss man die Szene halt so schreiben, dass von alleine transportiert wird, dass das, was da geschehen ist, an sich durchaus problematisch ist. Nach wie vor bin ich nicht der Ansicht, dass in Jugendbüchern alles politisch korrekt sein muss, aber es gibt schon ein paar Dinge, die man sehr sensibel behandeln muss. Man muss sich ja auch die Frage stellen, welche Richtung man als Autor einschlagen will.
Außerdem habe ich die Erfahrung gemacht, dass Jugendliche vor allem eines schätzen: Ehrlichkeit. Realismus halte ich deswegen für eine ziemlich gute Methode, um bei jugendlichen Lesern anzukommen. Solange noch genug Eskapismus-Potential bleibt. ;D
Alhambrana

Mondfräulein

Ich muss dabei an eine Szene aus dem dritten Eragon-Band denken. Ich habe es nicht mehr so genau in Erinnerung, aber Roran, Eragons Bruder und eindeutig Sympathieträger, sieht sich und seine Männer einer feindlichen Armee gegenüber. Sie metzteln die Männer quasi nieder. Vor allem Roran. Mit einem Hammer. Am Ende stehen sie wortwörtlich auf einem Berg von Leichen.
In einer anderen Szene tötet Eragon durch Magie mal eben so einen Magier und die Soldaten, die er beschützt hat. Obwohl erwähnt wird, dass das alles hauptsächlich arme Bauern sind, die gezwungen werden, für den bösen König in die Schlacht zu ziehen, wird meiner Erinnerung nach nie reflektiert damit umgegangen, dass so viele arme Menschen einfach abgeschlachtet werden. Das fand ich mehr als bedenklich. Es ist Fantasy, okay, aber es ist doch nicht sonderlich... sinnvoll, wenn man Jugendliche mit einem solchen Ausmaß an Gewalt konfrontiert und das nicht reflektiert, oder?

Luna

#103
Ja, aber genau wie wir uns jetzt darüber Gedanken machen, was problematisch ist und was nicht, machen sich doch Jugendliche auch so ihre Gedanken und führen kontroverse Diskussionen, dass es vielleicht nicht so toll ist, dass die Bauern, die für den bösen König in die Schlacht gezogen sind, alle drauf gehen. Die brauchen doch nicht ständig mit der Nase auf was gestoßen werden. Ich denke da gerade an eine Szene aus Clerks - Die Ladenhüter. Da unterhalten sich zwei in einer Videothek lang und breit über Star Wars, ob es OK war, dass bei der Zerstörung des in Bau befindlichen zweiten Todessterns so viele Bauarbeiter ums Leben kamen. Gut, das waren keine Jugendlichen, sondern junge Männer. Ich möchte aber auch nicht den Jugendlichen die Fähigkeit abstreiten, selbst reflektieren zu können, ohne dass es ihnen ein Autor sagt. 

Mondfräulein

Ich fürchte, oft tun es eben nicht alle. Vielleicht erkennen sie schon, dass das Abschlachten falsch ist (hoffentlich), aber Jugendliche sind unglaublich beeinflussbar. Gerade wenn es dann daran geht, dass Konflikte durch Rache gelöst werden. Und dann kommt man auch wieder zu "ungesunden" Beziehungen. Ich glaube, dass es wichtig ist, sich immerhin darüber Gedanken zu machen, was man den Jugendlichen hier vorlebt. Meiner Meinung sollte man nicht eine Seite als richtig darstellen, sondern gerade dazu anregen, beide Seiten zu durchdenken, egal um was es geht. Einfach nur eine Seite zu zeigen und darauf zu hoffen, dass die Jugendlichen schon darauf kommen, dass das nicht richtig ist, funktioniert nur in Satire.