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Zweifelhafte Botschaften in Jugendbüchern - was geht noch?

Begonnen von Nightingale, 16. Januar 2013, 21:13:12

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Kati

Zitat von: LunaIch möchte aber auch nicht den Jugendlichen die Fähigkeit abstreiten, selbst reflektieren zu können, ohne dass es ihnen ein Autor sagt. 

Das tut hier ja auch keiner. Es wurde mehrmals gesagt, dass es darum geht, Denkanstöße zu geben und Dinge wie Töten nicht völlig unreflektiert oder sogar positiv darzustellen (wie in Eragon). Es geht ja nicht darum, dass der Autor explizit vorgibt, was jemand zu denken hat. Es geht darum, dass er aufpasst, in welchem Licht er manche Dinge darstellt. Ich sage es nochmal: 12-jährige sind nicht dumm, aber sie sind beeinflussbar und sie nehmen vieles anders wahr, als Erwachsene. Das hat nichts im Intelligenz zu tun, sondern einfach mit der Entwicklung, die im Teenageralter eben passiert. Jemand, der mit Töten oder Vergewaltigung noch nichts am Hut hatte, fängt nicht von alleine an, das zu reflektieren, wie auch? Und wenn die Heldin im Buch dann sagt, dass das eigentlich alles okay ist, woher sollen dann die reflektierten Gedanken kommen, wenn man sich vorher mit dem Thema noch nie auseinandergesetzt hat? Darum geht es ja: Erwachsene haben genug gelesen, gesehen, vielleicht sogar erlebt, um das reflektiert angehen zu können, aber Jugendliche von 10-13? Oft nicht. Deshalb diskutieren wir ja über Jugendbücher im Speziellen, nicht über solche Dinge in Erwachenenromantasy, wo es natürlich auch vorkommt.   

Churke

Zitat von: Luna am 30. September 2013, 18:12:35
Ja, aber genau wie wir uns jetzt darüber Gedanken machen, was problematisch ist und was nicht, machen sich doch Jugendliche auch so ihre Gedanken und führen kontroverse Diskussionen, dass es vielleicht nicht so toll ist, dass die Bauern, die für den bösen König in die Schlacht gezogen sind, alle drauf gehen. Die brauchen doch nicht ständig mit der Nase auf was gestoßen werden.

Man sieht ja, wie in Filmen damit umgegangen wird. In der Sonntagnachmittag-Fantasyserie fallen die Gegner ohne Blut um. Wenn der Held mal genäht werden muss, ist das gleich eine ganze Doppelfolge wert und die Schurkendiener kommen als schwarz gekleidete, gesichtslose und etwas fallsüchtige Statisten daher.
Ich weiß nicht, ob man eine bessere Botschaft verkündet, wenn die Statisten jetzt echte Menschen sind, die vom Helden getötet werden, der deshalb in psychologischer Behandlung ist.

Luna

#107
Zitat von: Churke am 30. September 2013, 19:24:20
Ich weiß nicht, ob man eine bessere Botschaft verkündet, wenn die Statisten jetzt echte Menschen sind, die vom Helden getötet werden, der deshalb in psychologischer Behandlung ist.
:jau:
Da kann ich auch ein Problembuch lesen oder einen Problemfilm sehen.

Kati

Und wie wär's, wenn der Held gar nicht tötet?  ;) Er muss nicht Unmengen an Statisten niedermähen, ob das jetzt "echte Menschen" sind oder nur gesichtslose Schergen. Man kann solchen Situationen anders entkommen, besonders, wenn es für Kinder und Jugendliche ist.

Alana

Das sehe ich genauso. Deswegen mochte ich das Ende von Breaking Dwan im Buch auch so. Das war echt mal was anderes.
Alhambrana

HauntingWitch

Auch auf die Gefahr hin, dass ich jetzt einiges erzähle, was hier schon diskutiert wurde, zerre ich den Thread mal hervor. Angeregt von diesem Beitrag von Tigermöhre. Ich möchte doch etwas dazu sagen, ohne den anderen zu zu diskutieren. Ich zitiere der Einfachheit halber:
Zitat von: TigermöhreIch bin vor einiger Zeit auf ein sehr gruseliges Buch gestoßen. Es war ein Romantacy, in dem es den üblichen Hickhack mit dem "Er liebt mich, er liebt mich nicht ..." gab. Am Ende kriegten sich die Beiden und haben geheiratet.
Aber in der Welt war es normal, wenn man heiratet sich telepatisch zu verbinden und der Partner weiß dann alles was man jemals gedacht hat und gerade denkt. :o
Ach, und wenn sie weiter als eine bestimmte Entfernung voneinander getrennt waren, wurden sie beide furchtbar krank und konnten daran sterben.

Was ist denn das für eine Vorstellung von Partnerschaft und Liebe?

Das frage ich mich auch. Dieses Beziehungsbild, das da vermittelt wird, finde ich äusserst bedenklich, ebenso wie die früher in diesem Thread erwähnten Die-Frau-muss-dem-Mr-Right-stupide-hörig-sein-Bücher (wie z.B. Twilight und ähnliches). Frau ist ja schliesslich ohne Mann nichts wert und kann nicht auf sich alleine aufpassen und den Mr. Right gibt es in jedem Fall - für den soll frau dann aber bitteschön auch alles tun und ihm alles erlauben (falls es diese Botschaft auch umgekehrt gibt, ist das natürlich genauso schlecht, ist mir aber bisher noch nie untergekommen). Das hatten wir ja schon.

Mir fällt besonders in letzter Zeit aber auch stark auf, dass sich eine Art neues Gesellschaftsbild zu entwickeln scheint. Oder zumindest wird es in vielen Serien (bemerke ich im Moment mehr als Bücher) so gehandhabt. Frauen werden als schwache, hilflose Objekte der männlichen Begierde dargestellt und scheinen gar kein eigenes Wesen, keine Meinung und keine Facetten mehr zu haben. Vor kurzem habe ich in eine Folge der Serie Pretty Little Liars hinein gezappt, aber nach fünfzehn Minuten wieder umgeschaltet. Da stehen drei superschlanke, supertoll herausgeputzte, hübsche Mädels in der Küche und diskutieren über das Essen. Sagt die erste: "Hm, eine gute Pasta wäre jetzt schön!" Sagt die zweite: "Ja, schon, aber das ist schlecht für die Figur, was haltet ihr denn von asiatisch?" Der Wortlaut ist wahrscheinlich ungenau, so aus der Erinnerung. Aber der Inhalt: Sag mal, hallo? Geht's noch? Ich will gar nicht wissen, wie viele junge Mädchen sich von so etwas beeinflussen lassen und dann sofort das Gefühl haben, sie seien zu dick, wenn sie keine Model-Masse haben.

Es sind auch noch andere Dinge. Es wird auch sehr viel Wert auf Äusserlichkeiten gelegt und es wird wie selbstverständlich ein retuschiertes Bild eines Ideal-Menschen dargestellt, den es so schlicht nicht gibt. Wenn ich den letzten Hollywood-Film suche, in dem ein oben ohne Mann mit Brustbehaarung zu sehen ist, muss ich echt lange überlegen und selbst dann fällt mir keiner ein. So als wäre das der natürliche Ausgangszustand. Also, ich liebe ja die Serie Once Upon A Time, da kommt so etwas vor. Und auch die Schöne, die ein bisschen was auf den Rippen hat (nicht viel, aber sie ist eben auch kein Model-Typ).

Wo sind sie hin, die Bücher und Filme, in denen die Menschen natürlich dargestellt werden und auch noch auf andere Dinge Wert gelegt sind? Was passiert mit unseren Medien, was machen sie mit der Gesellschaft und umgekehrt? Ist es ein natürlicher Wandel des Zeitgeistes, dem ich hinterher hinke oder seht ihr diese totale Verzerrung jeglicher normaler Menschlichkeit in Filmen und Büchern auch? Sorry, ist mal wieder etwas lang geworden.

Miezekatzemaus

Das mit dem "Ich-bin-zu-dick-weil-ich-nicht-aussehe-wie-jemand-aus-einer-Zeitschrift!" kenne ich. Leider wirkt sich das auch ernsthaft auf den Alltag aus - ich kenne (teils nur vom Sehen) eine ganze Menge Mädchen, die dünn wie Streichhölzer sind und trotzdem abnehmen wollen. Und bei jeder zusätzlich eingenommenen Kalorie kreischen, dass sie dadurch aber total dick werden würden.
Gut, bis zu einem gewissen Grad lässt sich das mit dem Wachstum erklären. Man wächst und man nimmt nicht gleichzeitig zu. Trotzdem ist das mit dem "Das darf ich nicht essen, das macht dick!" viel zu extrem ausgeprägt.
Und diese Botschaft wird traurigerweise wirklich so vermittelt.

Sascha

Furchtbarer Blödsinn das, ja.
Grad bei Teenagern sehe ich das auch immer wieder, daß sie so spindeldürre sind.
Ich will jetzt nicht meine Maß(ss)e oder die meiner Frau als Ideal hinstellen, wir sind beide zu moppelig. Nicht wegen des Ideals, sondern wegen der Gesundheit. Aber so gar nix auf den Knochen, daß man die Rippen zählen kann?
Nein, das muß wirklich nicht sein.
Es gibt Frauen (und auch Männer), die kriegen einfach nichts auf die Knochen, klar. So wie es die gibt, die nie schlank sein können. Netterweise gibt es auch für alles Leute, die genau den passenden Geschmack haben. ;)
Beide Extreme sind schlecht für die Gesundheit, aber was interessiert das die, die diese "Trends" aufbringen.

Jetzt aber noch zu anderen zweifelhaften Botschaften:
Ich hab mich vor ein paar Jahren dazu hinreißen lassen, meinem Sohn eine DVD von "Thomas, die Lokomotive" zu kaufen. Und es sofort bereut. Nicht nur, daß das Zeug dämlich gemacht ist, es ist teilweise wirklich bedenklich in seinen Aussagen.
"Helden" der Geschichten sind Lokomotiven und diverse Baufahrzeuge. Natürlich total vermenschlicht, mit Gesicht, Mimik, Gefühlen, allem. Das alleine ist ja schon grottendämlich. Aber viel schlimmer ist: Es gibt für diese Maschinen mit Seele und Persönlichkeit kein größeres Lob als: Du bist wirklich nützlich. Der Spruch bzw. Abwandlungen davon kommen in praktisch jeder Folge vor. :wums:
Hallo?? Man mag mich Träumer und linke Socke nennen, aber ist es wirklich so wichtig, daß ein Wesen mit Seele, Verstand und Gefühlen nützlich ist? Die Maschinen werden wie Menschen dargestellt, also lernen schon die Kinder, das höchste Ideal sei, nützlich zu sein. Na Mahlzeit. Human Resources halt. :nöö:

Da lob ich mir doch Pipi Langstrumpf! ;D

Merlinda

#113
Bedenkliche Botschaften ... Ja da hätte ich auch noch ein Thema zu dem ich was loswerden muss.
Kommt es nur mir so vor oder werden tatsächlich wieder viele Anspielungen auf verschiedene Figurtypen gemacht?
In "Rubinrot" ist mir das sofort aufgefallen. Die perfekte Charlotte, die viel Sport treibt, wenig isst, superdünn ist und bei den Kerlen (auch beim Schwarm der Prota) richtig gut ankommt. Die Protagonistin dagegen ist normalgewichtig und kommt als austauschbares Mädchen aus der Nachbarschaft daher, muss sich von ihrer Tante anhören lassen, besser weniger zu essen, denn ein/ zwei Kilo weniger täten ihr ja gut.
Auch in "City of Bones" ist eine dünne durchtrainierte Schattenjägerin, die auf ihren High-Heels auf Dämonenjagd geht, der absolute Renner bei den Kerlen.
Ein weiteres Beispiel ist "Twilight". Dass die Vampire sowieso perfekt sind liegt ja auf der Hand, aber soweit ich mich erinnern kann,  wird Bella auch als schmal gebaut beschrieben und im Film ist Kirsten Stewart eh nur ein Strich in der Landschaft.
Dann kommt in den Geschichten so oft das Klischee dazu,  dass die pummeligen Nebencharakter mitleidig belächelt oder als Nerds und Verlierer dargestellt werden, die vom superschlanken und obercoolen Protagonisten verteidigt werden.
Sehe nur ich dieses Figurproblem oder ist euch das auch schon aufgefallen?

[edit] Hab grad gesehen dass mein Handy eure vorherigen Posts nicht angezeigt hat.  :seufz:

Churke

Da ist dann aber die Frage, ob es sich um eine Botschaft handelt oder um eine einfache Motivverarbeitung.
Wenn die Mädels sagen "Ich wäre auch gerne so schlank wie Amy Winehouse" (als sie noch lebte...), kann man das als Jugendbuchautor(in) schwer ignorieren. Die Zielgruppe (und nicht nur die) sieht sich nun mal mit Gewichtsproblemen konfrontiert. Das lässt sich nicht beseitigen, indem man oberlehrerhaft dagegen anschreibt.

Zitat von: Merlinda am 23. September 2014, 13:44:08
Die perfekte Charlotte, die viel Sport treibt, wenig isst, superdünn ist und bei den Kerlen (auch beim Schwarm der Prota) richtig gut ankommt. Die Protagonistin dagegen ist normalgewichtig und kommt als austauschbares Mädchen aus der Nachbarschaft daher, muss sich von ihrer Tante anhören lassen, besser weniger zu essen, denn ein/ zwei Kilo weniger täten ihr ja gut.
Die Protagonistin ist ein Mauerblümchen, etwas moppelig, das soziale Umfeld kommt ihr ständig blöd und die superperfekte Charlotte fischt ihr auch noch den LI ab. Wo siehst du da die bedenkliche Botschaft? Für mich klingt das nach einer absoluten Standardsituation, mit der sich wahrscheinlich Millionen identifzieren können. Da wird sich wohl auch jemand was dabei gedacht haben, dass eben NICHT die tolle Lotte die Protagonistin ist, sondern nur als Gegenspielerin auftreten darf.

HauntingWitch

@Sascha: Die Sendung kenne ich, das hat meine Schwester früher gerne geschaut. Ich stimme dir völlig zu. Man muss ja auch auf Teufel komm raus nützlich sein, man muss ja der Gesellschaft dienen... Klar sollten Kinder nicht nur auf der faulen Haut liegen und lernen, dass Arbeit auch wichtig ist. Aber es ist auch nicht das Wichtigste und schon gar nicht, es allen anderen recht zu machen und nicht mehr auf sich selbst zu schauen dabei. In Disneys Rapunzel ist mir das auch aufgefallen: Rapunzel sitzt in diesem Turm, macht brav den Haushalt während Mama weg ist, das natürlich im Handumdrehen. Da könnte ich an die Decke gehen.

@Merlinda: Doch, genau solche Sachen meine ich. Du hast noch ein paar Beispiele mehr genannt und das etwas kompakter ausgedrückt. Es ist, als versuche man, diese Figuren quasi als Norm-Typ festzulegen, dem die Kids möglichst zu entsprechen haben. (Passiert zwar auch bei Filmen für Erwachsene). Ja, es ist mir aufgefallen, ja, es ist genau das, was ich meine.

Das schlimme an diesen Mustern ist, dass sie mit der tatsächlichen Realität nicht viel zu tun haben und doch glauben manche Leute wohl, es müsse so sein. Ganz ehrlich, wie viele Männer kennt ihr, die die Superblondine mit den High Heels als potenzielle Beziehungspartnerin dem Jeans- und T-Shirt-Girl von nebenan bevorzugen? Ich keine. Aber ich hatte, selbst als mittlerweile Erwachsene noch, lange Zeit das Gefühl, das sei so und ich sei für die weniger attraktiv. Bis ich angefangen habe, herum zu fragen und heraus fand, dass das genaue Gegenteil eher der Fall ist. Das muss man allerdings erst einmal merken...

Auch versuchen manche Mädchen (wieder: Bei Jungen weiss ich es nicht, ich sehe nur die Mädchen-Sicht von meiner Schwester) anscheinend, diesen vorgegebenen Typen aus den Filmen und Büchern zu entsprechen und verbiegen sich dafür natürlich völlig. Das ist echt schlimm.

Kati

Merlinda: Nee, das ist durchaus ein Problem, das ich irgendwo hier im Thread auch schon mal angesprochen hatte. Ich finde es wichtig, besonders Mädchen mit allen Figuren als schön darzustellen, nicht nur dünne. Kerstin Gier ist eh so ein Fall. In ihrer anderen Reihe lässt sie die Figuren auch ständig über ein dickes Mädchen herziehen. Ich finde das auch furchtbar. Es gibt ja nicht umsonst die body-positive-Bewegung, die unter anderem dafür eintritt, mehr Menschen mit nicht konventionell als schön empfundenen Körpern als Hauptfiguren einzusetzen, nicht immer nur als Lachnummer. Es sollte einfach klar sein, dass jeder schön sein kann. Egal ob man sehr dünn ist, "normal" oder sehr dick. Nicht jeder, der sehr dünn oder sehr dick ist, ist deshalb krank. Ich hatte glaube ich das Beispiel aus House of Night rangezogen, wo wortwörtlich drin steht, Mädchen mit Essstörungen haben diese nur, weil sie dünn sein wollen. Da muss man ja weitergehen: Wieso wollen sie dünn sein? Weil ihnen erzählt wird, man kann nur schön sein, wenn man dünn ist. Außerdem rühren nicht alle Essstörungen daher, dass jemand unbedingt dünn sein möchte.

Jedenfalls sehe ich das in Jugendbüchern auch sehr oft. Hauptfiguren sind selten dick. Die dicken Leute sind immer Witzfiguren, die zu viel essen und eh von niemandem geliebt werden. Ich habe einige Freundinnen, die sehr darunter gelitten haben, dass sie überall erzählt bekommen, wenn man dick ist, ist man nicht schön und niemand wird sie jemals lieben (davon ab, dass es eh nicht das Wichtigste ist, ob man geliebt wird, aber es ist halt schon kein schönes Gefühl sowas erzählt zu bekommen). Ich selbst habe mir selbst als Jugendliche viele Gedanken darüber gemacht und ich denke, das kommt tatsächlich auch daher, was man in Jugendbüchern so liest - und dann glaubt. Und selbst, wenn eine Hauptfigur mal "dick" ist, ist sie es eigentlich nicht. Ich habe mal ein Buch mit einer sehr tollen Heldin gelesen, die immer darauf hingewiesen hat, dass sie total dick ist und ich dachte, das wäre endlich mal eine tolle Figur, was das betrifft. In Band drei sagte sie dann aber plötzlich, dass sie sich mit viel Mühe in eine "size 10" pressen kann. Die britische Size 10 ist unsere 38. Das Mädchen hatte also 38/40. Und das ist doch wohl wirklich nicht dick? Sowas finde ich auch ganz furchtbar. Jedenfalls hat es mir mit 14 schon suggeriert, dass ich mit meiner 42 dann ja total dick bin. Ich möchte nicht wissen, wie sich das für Mädchen angefühlt haben muss, die wirklich sehr dick sind.

Und auch wirklich dicke Mädchen (und Jungen, klar) sollten in Büchern mal Hauptfigur sein dürfen und nicht immer nur die fetten besten Freunde, die ihre hundertste Diät machen und immer scheitern und ja eh nie jemanden abkriegen. Ich weiß nicht mehr in welchem Buch, aber in einem Jugendbuch hatte die dünne Protagonistin auch eine Freundin, die dann abgenommen hat und deshalb einen Freund bekommen hat. Was für eine Botschaft ist das wieder? Ich denke wirklich, dass viele Probleme, die Jugendliche mit ihren Körpern haben, nicht nur durch Klassenkameraden und so kommen, sondern auch durch Serien und Bücher für Jugendliche. Wenn man in der Schule deshalb geärgert wird, aber dann Bücher und Serien hat, die einem sagen, dass das alles gar nicht stimmt, das könnte schon helfen. Und im Umkehrschluss haben ja auch die Klassenkameraden ihre komischen Ideen irgendwoher. Wahrscheinlich am Ende aus denselben Büchern und Serien.  :d'oh:

Witch: Dazu muss man halt auch sagen, dass die Botschaft "Jungen mögen dich nur, wenn du so und so bist" auch wieder nicht so toll ist, wenn man bedenkt, dass es Jugendlichen genau wie erwachsenen Frauen erstmal egal sein kann, ob andere sie schön finden. Man muss sich doch selbst erstmal in Ordnung finden, wie man ist, sonst macht man sich nur wieder von der Meinung anderer abhängig. Und da ist ja auch das Problem, wenn Heldinnen mit Größe 38 immer wieder erwähnen, sie seien viel zu dick, anstatt sich selbst zu akzeptieren. Gilt natürlich auch für wirklich dicke Heldinnen, aber davon gibt es so wenige. Ich finde es auch wichtig, die Superblondine in High Heels mal auf eine Stufe mit dem Mädchen in Jeans und T-Shirt zu holen und zu sagen: Zwei verschiedene Typen klar, aber das eine ist nicht besser als das andere. Weil ich viele Mädchen kenne, die sich für besser und schlauer halten, weil sie sich nicht schminken und keine hohen Schuhe anziehen. Und auch die sollten denke ich eher lesen, dass man als so ein Mädchen auch eine intelligente, loyale Freundin mit blonden Haaren und viel Wimperntusche haben kann. Das ist eh so ein Ding, das ich in Jugendbüchern hasse: Das "normale" nette Mädchen mit braunen Haaren und in Jeans ist die Heldin und das blonde Mädchen in hohen Schuhen ist die böse Oberzicke und sie hassen sich. Das wurde im Thread auch schon mal angesprochen. Wieder Schubladendenken und obendrauf eben ein Aufwiegeln von Mädchen gegeneinander?


Churke

Dass man mit body-positive-Bewegungen viel erreichen kann, wage ich zu bezweifeln.

Wir müssen unterscheiden zwischen Botschaften und so etwas wie Abbildern der Realität. Es ist nun einmal so, dass es einen Partnermarkt gibt, auf dem ein starker Konkurrenzdruck herrscht, und dass jeder auf diesem Markt einen individuellen Wert besitzt. Darüber kann man sich aufregen, aber empirische Untersuchungen belegen, dass 2 Partner tendentiell in der selben Attraktivitätsliga spielen. (Wobei bei er Attraktivität auch materielle Pfunde einzubeziehen sind)
Und damit schwinden die Chancen, dass sich der weiße Ritter ausgerechnet in Miss Mauerblümchen verliebt, dramatisch.

Zitat von: Kati am 23. September 2014, 14:26:32
Ich weiß nicht mehr in welchem Buch, aber in einem Jugendbuch hatte die dünne Protagonistin auch eine Freundin, die dann abgenommen hat und deshalb einen Freund bekommen hat. Was für eine Botschaft ist das wieder?
Mach mal ne Diät?
Die Einstiegsdroge in Essstörungen.  :wums:

Mondfräulein

#118
Zitat von: Churke am 23. September 2014, 16:09:40
Dass man mit body-positive-Bewegungen viel erreichen kann, wage ich zu bezweifeln.

Ich weiß ja nicht, inwiefern dich das betrifft, aber ich bin sehr dankbar, dass mir nach fünfzehn Jahren, in denen ich mit meinem Körper nie zufrieden war und zwischenzeitlich eigentlich am liebsten magersüchtig gewesen wäre, endlich mal jemand sagt, dass ich auch mit ein wenig Hüfte schön sein kann. Und dass ich mir von oberflächlichen Menschen nicht sagen lassen muss, dass ich ohne Modelfigur nur B-Ware bin und keinen A-Ware-Kerl kriegen werde und das meinen Wert mindert. Genau solche Botschaften wie deine sorgen nämlich dafür, dass junge Mädchen glauben, sie können nur dünn einen Freund bekommen. Einstiegsdroge in die Essstörung.

Ja, body-positive-Bewegungen bringen etwas. Damit sich Menschen auch ohne Modelfigur schön finden können. Damit sich Menschen schön fühlen können, ohne dass ein Partner ihnen das bestätigt. Manche sind nämlich auch ohne ganz zufrieden und richten ihr Leben nicht nur darauf aus.

Kati

Mondfräulein:  :knuddel: Ich verstehe nicht, weshalb Erfahrungen wie deine - und meine - so in Frage gestellt werden. Wieso behaupten, dass die Bewegung nichts bringt, wenn es so viele Frauen und Männer gibt, die davon erzählen, wie sehr ihnen diese positiven Botschaften tatsächlich geholfen haben? Ich habe vor zwei Jahren zum ersten Mal wirklich begriffen, dass ich kein besserer oder schönerer Mensch wäre, wenn ich schlanker wäre und, dass man sich selbst akzeptieren muss, wie man ist, bevor einem die Akzeptanz anderer Menschen irgendetwas bringt. Das habe ich begriffen, weil ich die Erfahrungen anderer Frauen gelesen und gehört habe. Die haben mir auch das Gefühl gegeben, nicht allein zu sein. Wenn man beginnt zu verstehen, dass es eigentlich komisch ist, dass nur eine einzige Sache als schön betrachtet wird und alle anderen nicht, dann ist man auf dem richtigen Weg. Wieso kann nur dieses eine Ideal schön sein? Alles kann schön sein. Niemand ist "B-Ware", jeder hat das Zeug zur "A-Ware". Auch, wenn man vielleicht nicht von Ware in Bezug auf Menschen sprechen sollte.  :-X Aber was ich sagen möchte: Es gibt viele Menschen, denen die positiven Botschaften geholfen haben. Das kann man nicht abstreiten. Ich lasse das einfach mal hier: Things No One Will Tell Fat Girls.