• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Handlungsstränge

Begonnen von Pamina, 27. März 2011, 13:59:11

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Dämmerungshexe

Also mit sieben POV wird es in einem Roman wirklich sehr eng, da stimme ich Churke zu. Jeder macht ja eine gewisse Entwicklung durch, es sei denn, du willst dich nur auf ein paar von ihnen konzentrieren oder ein paar davon miteinander kombinieren.

Ich gehe bei meinen Handlungssträngen meist chronologisch vor. Wenn sich Handlungen zeitlich überschneiden, schaue ich, wie sie dramaturgisch besser zusammenpassen - welche Infos sollten zuerst kommen, sind sie sich inhaltlich oder funktional ähnlich (also: habe ich zuviele gleichartige Szenen - Dialoge, Action, Atmosphäre - auf einem Haufen?).

Ein festes Schema habe ich dafür nicht, aber ich habe mir in meiner Kapitelübersicht farblich markiert wer wann dran ist - wenn das optisch ausgewogen wirkt, passt es für mich. Das sieht in etwas so aus: Übersicht
,,So basically the rule for writing a fantasy novel is: if it would look totally sweet airbrushed on the side of a van, it'll make a good fantasy novel." Questionable Content - J. Jacques

Elona

Sieben POV halte ich auch für sehr gewagt. Das sind sieben Geschichten, die erst einmal parallel laufen und an die sich der Leser nach jedem Wechsel noch dran erinnern muss. Mit allen sonstigen Charakteren, Informationen und Hintergründen. Das kann natürlich funktionieren, muss aber nicht.

Vor dem Hintergrund würde ich auch dringend von Rückblenden absehen. Die müssten dann noch zusätzlich zu o.g. vom Leser verarbeitet werden. 

Ansonsten kann ich nur wenig zu "planen" sagen, da ich eher zu den Bauchschreibern gehöre. Klar plotte ich dann irgendwann auch, aber da halte ich mich an kein Schema. 

Nur so eine Idee, aber auch gewagt, jeden POV nach einander erzählen und beim Letzten laufen alle zusammen. A, B (hier taucht eventuell schon B auf), C (gegen Ende eventuell schon A,B) ... Dann hat der Leser zusätzlich ein Wiedererkennen der vorherigen POV oder man kann auch den folgenden POV so einführen/"ankündigen". Das wäre dann vermutlich auch eher das, was du mit Crossover Punkten gemeint hattest oder?
Wenn ich es mir recht überlege, eine solche Geschichte würde ich tatsächlich auch im Vorfeld planen und mich dann eher wie Churke strikt an meine Einteilung usw. halten. Ansonsten sehe ich dabei die Gefahr, dass man sich zu sehr verzettelt. 

Soly

#17
Im Grunde kann ich Churke und Dämmerungshexe [Edit: Elona hat es inzwischen auch schon gesagt] auch nur zustimmen - sieben sind schon einige, vor allem, wenn sie alle gleichwertig stehen sollen. Möglich ist es aber schon, wenn die nötige Vorausplanung da ist.
Ich fände es da am Wichtigsten, dass die Charaktere sich sehr grob voneinander unterscheiden lassen. Das kann ihr Aussehen sein, ihr Glaube, irgendein Gadget, ein Tick, eine bestimmte Formulierung, die nur zu einem einzigen gehört. Vielleicht war das sogar beabsichtigt, aber bei den von Churke erwähnten Glorreichen 7 (im Remake vom letzten Jahr) hatte auch jeder einzelne ein ganz deutliches Alleinstellungsmerkmal; Schwarzer, riesiger Hüne, Krimineller, Scharfschütze mit PTBS, Messerkämpfer, Kartenspieler, Indianer. Noch deutlicher ist das bei Gruppen wie den Avengers.
Man kann auch mit Formatierungen und Typografien arbeiten, oder mit Erzählperspektiven - auf jeden Fall muss der Leser in den ersten Zeilen des neuen Kapitels wissen, wer gerade POV ist und an welcher Stelle er ihn/sie zuletzt verlassen hat. Dann ist meiner Meinung nach auch ein 700-Seiten-Pamphlet mit sieben gleichberechtigten Protas machbar.

Noch einfacher wird es, wenn jeder Strang einem ähnlichen Aufbau folgt - Ereignis->Ausloten der Folgen->Infos zum Ereignis->Story of Initiation mit weiteren Infos->Showdown. Dann hat man als Leser auch bei jedem Einzelnen eine Vorstellung, wo er/sie gerade steht. Kann man auch mit leichter Zeitverschiebung erzählen, so dass einige POVs eher am Ort des Showdowns sind als andere, dann fällt die schematische Arbeit nicht so sehr auf.
Da böten sich auch gewisse Leitmotive an, die alle sieben Strängen innewohnen (ein Symbol als Anhänger/Armband/Ring/Brosche; ein bestimmtes Setting, das alle jeweils durchlaufen in ihrer Reise; etc.), so wie auch der Tesserakt eine Rolle in der Vorgeschichte (fast) jeden Avengers spielt.


Christopher Nolan würde wahrscheinlich im Showdown einsteigen und im Zuge vieler Rückblenden, die über derartige Leitmotive verbunden sind, die Geschichte der POVs erzählen... Wäre auch eine Möglichkeit, wenn es gut geplottet und erzählt ist, aber ist bestimmt anstrengend. :hmmm:
Veränderungen stehen vor der Tür. Lassen Sie sie zu.

Churke

Zitat von: Solmorn am 30. August 2017, 10:07:15
Noch einfacher wird es, wenn jeder Strang einem ähnlichen Aufbau folgt - Ereignis->Ausloten der Folgen->Infos zum Ereignis->Story of Initiation mit weiteren Infos->Showdown.

Ich würde den Aufbau auf jeden Fall variieren. Klar scheint ein symmetrsicher Aufbau zunächst logisch und symmetrisch. Jedoch ist ein Plot an sich bereits charakterbildend. Mit gegensätzlichen Plots bekommen die Figuren eine erweiterte Chance, sich bis zum Zusammentreffen eigenständig zu entwickeln.
Das ist halt die Frage: Erzählt man die Geschichte der glorreichen Sieben oder die Geschichten der sieben Glorreichen?  ;)

Zit

Hm, ich denke auch, dass sieben Figuren händelbar sind, wenn man sie als eine Figur betrachtet. Um bei den Avengers zu bleiben: Da macht ja nicht jeder die 7 Punkte durch, manche Figuren verändern sich nur marginal (Bruce und Romanoff im zweiten Film) oder tauchen kaum auf (Hawkeye im ersten Film). Der Main Plot wird letztlich von allen getragen. Beim Wolkenatlas war das, denke ich, auch so, dass sich die Plotpunkte auf alle Figuren verteilten.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Soly

Zitat von: Zitkalasa am 30. August 2017, 12:56:30
Hm, ich denke auch, dass sieben Figuren händelbar sind, wenn man sie als eine Figur betrachtet. Um bei den Avengers zu bleiben: Da macht ja nicht jeder die 7 Punkte durch, manche Figuren verändern sich nur marginal (Bruce und Romanoff im zweiten Film) oder tauchen kaum auf (Hawkeye im ersten Film).

Wobei außer den beiden S.H.I.E.L.D.-Agenten ja jeder Avenger schon mindestens einen eigenen Film hatte, in dem jeder so ziemlich exakt dieselbe Entwicklung durchgemacht hat. Und trotzdem sind sie in der Gruppe völlig verschiedene Charaktere.
Insofern fände ich es auch unbedenklich, zumindest ähnliche Handlungsabläufe für die sieben zu haben, oder auch Variationen desselben Handlungsgerüstes, @Churke. So wie ich das verstanden habe, hat Tanja zuerst die sieben Glorreichen - so wie das MCU zuerst Tony Stark, Steve Rogers, Bruce Banner und Thor hatte - die später im Finale zu den Glorreichen Sieben zusammenfinden - so wie das MCU jetzt die Avengers hat.
Und wenn die sieben allesamt durch dasselbe Ereignis überhaupt erst in die Story geworfen werden; ist es dann nicht sogar wahrscheinlich, dass sie zumindest ähnliche Entwicklungen durchmachen, zumal sie am Ende ja auch wieder am selben Punkt rauskommen sollen?
Veränderungen stehen vor der Tür. Lassen Sie sie zu.

Trippelschritt

Zitat von: Pamina am 27. März 2011, 13:59:11
Hallo ihr lieben,

Meine Frage bezieht sich auf Handlungsstränge im Allgemeinen, was wird als Handlungsstrang bezeichnet, was als Haupt- und was als Nebenstrang?
Wie viele Handlungsstränge sollte ein Roman mindestens haben, ab wann wird es unübersichtlich?
Müssen die einzelnen Handlungsstränge etwas miteinander zu tun haben, müssen sie aufeinander aufbauen, müssen sie am Ende alle zusammen führen?
Sollten alle Handlungsstränge am Ende "aufgelöst" werden oder kann man die ersten nach und nach bereits am Anfang bzw in der Mitte auflösen? Müssen überhaupt alle aufgelöst werden?

Wie seht ihr das, bzw wie handhabt ihr das? Habt ihr vielleicht einige Tipps? Mich überfordert das Ganze ein bisschen :p

Liebe Grüße :)


Hallo Pamina,

viel ist nicht dazu zu sagen. Der Hauptstrang ist die Handlung des Protagonisten, die Nebenstränge beziehen sich auf die Entwicklung der Nebenfiguren oder die Entwicklung um eine Idee/Gegenstand etc.
Eine Geschichte sollte mindestens einen Strang haben, es sei denn, es ist experimentelle Literatur oder Dadaismus oder eine Kunstform. Viele Romane, die in der Ich-Perspektive geschrieben werden haben nur einen Strang.
Wie viele maximal? So viele Du möchtest, so lange der Leser ihnen noch folgen kann. Dicke Bücher vertragen mehr als dünne Bücher. George Martin hat es aber leider übertrieben. So dicke Bücher gab es dann nicht mehr, die seine Stränge aufnehmen konnten (sagte die Buchbinderei).

Alle anderen Fragen, wie Du mit Deinen Strängen umgehst, hängt von Deiner Geschichte ab. Alles ist möglich, wenn es funktioniert.

Viel Glück
Trippelschritt

canis lupus niger

#22
In meinem letzten Roman hatte ich vier kapitelweise wechselnde Perspektivträger. Die Handlungsstränge habe ich einzeln zu schreiben begonnen und geplottet (Mach ich tatsächlich in der Reihenfolge  ;D) und erst, nachdem ich etwa ein Drittel der Rohfassung fertig hatte, ineinander gehäkelt. Der Grund dafür war der, dass ich mir anfangs noch nicht genau über die Reihenfolge der Kapitel und damit über die Chronologie der Erzählung im Klaren war.

Das Buch hat keine 400 Seiten, aber vielleicht liegt das daran, dass zwei der Perspektivträger miteinander verheiratet sind und sie natürlich Manches gemeinsam erleben, bzw. der Leser mit den Augen des einen sieht, was dem anderen Charakter passiert. So gesehen passt das mit den 100 Seiten bei mir auch ungefähr.  ;)

Zit

@Solomorn

Hm, ich denke nicht, dass es exakt diesselbe Entwicklung ist, weil sonst hätte man am Ende sieben Mal denselben Charakter. Jede Figur wird vermutlich mit gleichen/ ähnlichem Problemen konfrontiert (was an den 7 Punkten und anderen Dingen liegen kann), entwickelt sich auch in eine ähnliche Richtung, ist aber letztlich ihr eigener Charakter. Dass sie die Entwicklung in ihren eigenen Filmen durchmachen, ist durchaus ein Punkt. :hmmm: (Romanoff hatte bisher noch keinen Film, oder?) Aber wenn man jetzt nur einen Roman schreiben will; da würden volle 7 Punkte für jede Figur und danach nochmals die Haupthandlung doch zu viel werden, denke ich. Hm, entweder man verlegt die Entwicklungen außerhalb der Handlung (was dumm für den Leser ist; und noch ganz dumm für den Autor, wenn er dann mit 8 Bänden dasteht ;D), oder die Figuren entwickeln sich einfach nicht. Muss ja auch nicht jede Figur machen. (Verändern können sie sich ja trotzdem.) Je nach Sujet ist das dann von untergeordneter Rolle.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Tanja

Herzlichen Dank, das hilft mir sehr weiter!

Unterscheiden kann man die Protagonisten auf jeden Fall eindeutig - sie sind unterschiedlich alt, unterschiedlicher Herkunft und jeder beherrscht (ohne es anfangs zu wissen) eine Elementarmagie.

Meine Idee erinnert mich am Ehesten an "Die 4400" (falls jemand die Fernsehserie kennt). Da wäre eure Idee, möglichst früh Handlungsstränge zusammenzuführen bzw. sich auf einzelne zu konzentrieren schon sehr gut.

Zur Zeit weiß ich noch nicht, wie ich es angehen soll - es liegen hier schon etliche Notizen herum und sobald ich mein aktuelles Projekt will ich anfangen - mir juckt es in den Fingern, einfach loszuschreiben, weil ich die Idee so greifbar vor Augen habe, dass ich es beinahe als Film vor mir sehen kann.
Ich weiß aber auch, dass dabei die große Gefahr besteht, dass ich mich "festschreibe", wenn ich dann irgendwann bei Protagonist drei merke, dass es irgendwie nicht so zusammenkommt, wie ich mir das vorgestellt habe.
Anfang und Ende stehen in meinem Kopf klar fest, einige Hauptwendepunkte der Charaktere auch. Zum Teil habe ich das aufgeschrieben, aber auch nur zum Teil.
Ich neige dazu, ganze Geschichten im Kopf zu entwickeln, bevor ich mir Notizen mache. Ich warte auf den "Aha"-Moment, wenn sich die ganze Handlung wie ein Puzzle vor meinen Augen zusammensetzt.
Klingt das jetzt total verrückt?

Viele Grüße
Tanja

Churke

Zitat von: Tanja am 30. August 2017, 20:04:07
Ich warte auf den "Aha"-Moment, wenn sich die ganze Handlung wie ein Puzzle vor meinen Augen zusammensetzt.
Klingt das jetzt total verrückt?

Nein.
In Fachkreisen nennt man das "Inpsiration".  ;)

Soly

#26
Zitat von: Churke am 30. August 2017, 21:09:10
Zitat von: Tanja am 30. August 2017, 20:04:07
Ich warte auf den "Aha"-Moment, wenn sich die ganze Handlung wie ein Puzzle vor meinen Augen zusammensetzt.
Klingt das jetzt total verrückt?

Nein.
In Fachkreisen nennt man das "Inpsiration".  ;)

Unter Laien und Außenstehenden kennt man das Phänomen auch als Inspiration, auch wenn das terminologisch woanders herzukommen scheint ;) ;)

Edit: Sorry, den konnte ich mir einfach nicht verkneifen... ;D
Veränderungen stehen vor der Tür. Lassen Sie sie zu.

Belle_Carys

Ich gebe hier mal noch meinen Senf dazu, sage aber vorweg, dass der Vorschlag sich daraus ergibt, wie ich arbeite und was ich als Leserin von einem Buch mit komplexer Struktur erwarten würde.

Sieben Handlungsträger sind sehr viel, vor allem wenn sie eventuell noch symbolisch aufgeladen sind (das ist jetzt nur meine Vermutung weil du Elementmagie erwähnst) und wenn der Clue der Geschichte vor allem darin liegt, dass sich erst nach und nach enthüllt, wie diese sieben Leute miteinander und der Haupthandlung in Verbindung stehen. Struktur ergibt sich meiner Erfahrung nach aber nicht magisch aus dem Herunterschreiben, sondern muss geplant werden, weil dieses Vorhaben sehr viele Stolpersteine in sich birgt. Ein paar Fragen die sich mir beim Angehen eines solchen Vorhabens sofort stellen würden sind:


  • Der Verlauf der Haupthandlung - was is passiert/ was ändert das/ welches Ereignis führt überhaupt dazu, diese 7 Schicksale miteinander zu verstricken? Dazu auch: was ist das THEMA der Geschichte? Geht es um die Macht der Elemente? Geht es um Freundschaft? Komplexe Struktur ist super, aber neben den 7 Figuren und der hoffentlich wahnsinnig spannenden Struktur ist es immer sinnvoll, irgendwas zu haben, was das Ding im inneren zusammen hält.
  • Die einzelnen Geschichten der Figuren - wer sind sie, was tun sie, wie genau sieht ihre Verwicklung in das Geschehen aus? Für 7 Figuren gute Motivationen, Hintergrundgeschichten und vor allem für den Leser KLAR unterscheidbare Repräsentationen auszuarbeiten ist kein Pappenstil (denn verschiedene Herkunft und Alter sind zwar wunderbare Unterscheidungsmerkmale, aber als Leser muss ich die 7 nicht nur an Hand des Namens auseinanderhalten können, sondern alle 7 müssen, vor allem wenn sie wichtig sind, für mich klar erkennbar sein sobald ich in ihrer Perspektive/ ihrem Handlungsstrang lande. Damit habe ich persönlich bei G.R.R. Martin ein großes Problem: ich habe einfach nicht den blassesten Schimmer, wer all diese Leute in den späteren Büchern sind. Ich kann sie noch vage nach Setting unterscheiden, weiß aber nicht mehr genau, wer das jetzt gerade wieder ist. Woraus sich ein Problem ergibt, dass Gift für jeden Autoren ist - sie sind mir egal.
  • Leserinteresse - warum sollte der Leser sich auch nach der fünften eingeführten Figur noch für sie interessieren? Ergibt sich aus der vorausgegangenen Frage. Leser wollen sich emotional an Figuren hängen, deren Entwicklung mitmachen und mehr und mehr über sie erfahren. Je mehr Hauptfiguren du hast, desto schwerer wird das. Irgendjemand muss der oder die erste sein, die der Leser kennen lernt. Figur A taucht auf. Super, coole Figur, ich als Leserin will mehr davon. Du wechselst aber nach, keine Ahnung, 20 Seiten, zu Person B. Die ich noch nicht kenne, weil es ein separater Handlungsstrang ist. Als Leserin lerne ich diese Figur also neu kennen, fange wieder von vorne an, Infos zu sammeln und emotionale Bindung aufzubauen. Zack, kommt die nächste Figur. Und das sind erst 3 von 7.
    Worauf ich damit hinaus will: du wirst dir lange und sehr gründlich überlegen müssen, wie du dem Leser all diese Figuren vorsetzt und wie du deine Struktur und die Prämissen deines Hauptthemas/ der zu Grunde liegenden Gesamthandlung so stark und so interessant machst, dass der Leser dir verzeiht, dass er ständig neue Leute kennen lernt und nur bedingt an der Seite derer bleiben darf, die er im Idealfall schon ins Herz geschlossen hat. Deshalb würde ich mich meinen Vorrednern hier anschließen und sagen ... keine (dauerhaften) 7 POVS's sondern frühes Zusammenführen von einigen zu Gruppen, in denen dann entweder eine Einzelperson die Perspektive übernimmt, oder du schreibst von Anfang an auktorial, was aber ein harter Brocken und für viele Leser ungewohnt ist, weil es heute kaum noch benutzt wird, und wenn, dann häufig unfreiwillig oder schlecht. Hat aber den Vorteil dass man in Köpfen hüpfen und Eindrücke von verschiedenen Figuren geben kann (ich glaube, Frank Herbert macht das in Dune? Hat aber natürlich auch den Nachteil, dass man, wenn man nicht mit limitiertem Figurenwissen arbeitet, Dinge schlechter verstecken kann. Denn der Erzähler weiß ja alles... ) Ich würde auch davon absehen, alle gleich zu gewichten, ihnen also gleich viel Platz im Geschehen einzuräumen, vor allem wenn du personale Perspektiven einnimmst. Auch das haben die anderen schon gesagt, bei 7 Figuren sind dass bei 700 Seiten nur 100 pro Figur und das ist meiner Meinung nach einfach zu wenig, um als Leser hinterher wirklich zufrieden damit zu sein, wieviel Zeit man mit dem/derjenigen verbracht hat.

  • Struktur - wann enthüllst du was, und wie fügt sich das absolut logisch ineinander, ohne dass der Leser hinterher denkt: na das war jetzt aber ganz schön konstruiert, das hätte doch auch einfacher laufen könnnen / schon sehr früh durchschaut, wie die Dinge miteinander zusammenhängen / keine Chance hatte, allein auf die richtige Spur zu kommen. Denn grundsätzlich ist das, was du da hast, ein Mysteryplot - was passiert hier und wie gehören all diese Leute da rein? (Mystery heißt ja nicht nur, eine Leiche die irgendwo rum liegt, löst Ermittlungen aus).


Was ich mit dieser Liste sagen will: ich halte es für sehr angebracht, hier sehr sehr gründlich zu plotten und zu planen. Ich LIEBE Romane die mit ihrer Struktur spielen und die mich dazu treiben, immer weiter zu lesen weil ich endlich wissen will, wie das alles zusammen hängt. Ich werde aber auch wahnsinnig schnell sauer, wenn ich merke, der Autor hat entweder selber keinen Plan oder aber die Zusammenhänge sind eigentlich so transparent, dass das ganze einfach so versteckt wird, dass er/sie mir gar keine Chance gibt, selbst ein wenig mit zu rätseln, weil jeder zielführende Hinweis die ganze Sache sofort aufdecken würde.

Du sagst ja, dass du Anfang und Ende schon hast. Aber deine Struktur, die ja letztendlich das zentrale Element ist, trägt vor allem den Mittelteil. Ich würde daher wirklich empfehlen, den gründlich zu planen, denn ich halte es für unwahrscheinlich, dass sich etwas so komplexes "magisch" plötzlich vor deinem inneren Auge zusammen setzt, ohne das hinterher ein aufmerksamer Leser das komplette Ding zerlegen könnte, weil es lauter Inkonsistenzen aufweist.

Abschließend: das ist KEINE Bewertung deiner Fähigkeiten. Würde ich mir nie anmaßen. Ich durfte nur bereits feststellen, wie schwerwiegend sich strukturelle Spielereien auf den Plot auswirken, wenn man sie behalten will, und habe damit eine grandiose Bruchlandung hingelegt, weil mir zwar klar war, wie ich es haben wollte und wer welche Aufgabe dabei hatte, aber nur sehr unzulässig das WIE und WARUM geplant hatte - handwerklich also recht nachlässig war, weil mich die tolle Idee komplett abgelenkt hat. Dementsprechend sind das hier Erfahrungswerte, die ich gerne weiter gebe, um anderen zu ersparen, erst ein Manuskript zu schreiben und dann die ungefähr fünffache Zeit zu brauchen, den Plotsalat zu retten.

Lange Rede, kurzer Sinn: Gehen 7 Protagonisten, deren Bedeutung für das Hauptgeschehen erst nach und nach aufgedeckt wird? Auf jeden Fall. Aber: es dürfte verdammt viel harte Arbeit sein, und eine gründliche Planung bedingen. Oder aber ein sehr sehr dezidiertes Nachbearbeiten, wenn das Manuskript erstmal steht (denn das geht natürlich auch. Erstmal alles runter schreiben und dann hinterher alles gerade rücken. Da ich damit aber gerade die Erfahrung mache, dass das dann letztendlich darin ausartet, dass man das ganze Ding nochmal schreibt, nur unter veränderten Bedingungen, würde ich aus schmerzhafter Erfahrung zu Variante eins raten  :rofl: ).

So oder so: Viel Erfolg!

Tanja

ZitatDazu auch: was ist das THEMA der Geschichte?

Es geht darum, dass am Anfang ein Ganzes (Eine Göttin) durch Einwirken der Menschen in sieben Bestandteile zerbricht. Die Menschen bemerken das nicht, es wirkt sich nur insofern auf ihr Leben aus, dass auf einmal die sieben Bruchstücke in Form von sieben Magiern mit unterschiedlichen Talenten an unterschiedlchen Orten auftauchen und das zu verschiedenen reaktionen der menschen führt: Verehrung, Verachtung, Missachtung, Verfolgung, Rassenhass usw. im Bezug auf die Person. Außerdem führt es zu Spannungen zwischen den Ländern, die die einzelnen Magier und ihre Fähigkeiten für sich beanspruchen.

Thema ist es, wie Menschen mit anderen Menschen (den Magieren) umgehen, die besondere Fähigkeiten haben, sprich: Welche Ausirkungen hat es, wenn ein Volk eine "Waffe" in Form eines Magiers in die Hände bekommt, wie behandelt sie den Magier - erehrt sie ihn, zwingt sie ihn, seine Macht gegen andere zu wenden?
Bleibt die Menschlichkeit dabei auf der Strecke oder setzt sie sich letzten Endes durch?
Darf man einen Menschen als Waffe benutzen - wenn man die besten Absichten hat?

Zitatdu wirst dir lange und sehr gründlich überlegen müssen, wie du dem Leser all diese Figuren vorsetzt und wie du deine Struktur und die Prämissen deines Hauptthemas/ der zu Grunde liegenden Gesamthandlung so stark und so interessant machst, dass der Leser dir verzeiht, dass er ständig neue Leute kennen lernt und nur bedingt an der Seite derer bleiben darf, die er im Idealfall schon ins Herz geschlossen hat

Das denke ich auch - vor allem, da der Mittelteil immer mein großer Pferdefuß ist


Zitatich halte es für sehr angebracht, hier sehr sehr gründlich zu plotten und zu planen
Danke! Vor allem für den Mittelteil muss ich das auf jeden Fall machen - im Moment weiß ich nur noch nicht, wie ich es anpacken soll.

ZitatAbschließend: das ist KEINE Bewertung deiner Fähigkeiten. Würde ich mir nie anmaßen. Ich durfte nur bereits feststellen, wie schwerwiegend sich strukturelle Spielereien auf den Plot auswirken, wenn man sie behalten will, und habe damit eine grandiose Bruchlandung hingelegt, weil mir zwar klar war, wie ich es haben wollte und wer welche Aufgabe dabei hatte, aber nur sehr unzulässig das WIE und WARUM geplant hatte - handwerklich also recht nachlässig war, weil mich die tolle Idee komplett abgelenkt hat. Dementsprechend sind das hier Erfahrungswerte, die ich gerne weiter gebe, um anderen zu ersparen, erst ein Manuskript zu schreiben und dann die ungefähr fünffache Zeit zu brauchen, den Plotsalat zu retten.

Ich würde das auch nie als Bewertung verstehen - ich bin dir dankbar für die Offenheit!
Ich kenne das Gefühl, sich komplett festgeschrieben zu haben und dann nie wieder Lust auf eine Überarbeitung zu haben.

Danke auch für eure Inspiration  ;)
So hätte ich das gar nicht gesehen. Wenn ich Menschen, die nicht schreiben manchmal von meinen Ideen und Gedanken erzähle, starren sie mich manchmal an und ich habe das Gefühl, sie können mir nicht mehr folgen und auch nicht genau verstehen, warum ich mir sowas überhaupt ausdenke.
Da bin ich froh, wenn ich hier unter lauter anderen (ganz positiv gemeint!) Verrückten bin  :)

Viele Grüße
Tanja



Zit

#29
 :hmmm: Das sind alles Ansätze bisher, mir klingt das mehr nach High Fantasy/ Social Fantasy als nach Mystery. Im Moment scheinen mir die sieben Magier auch mehr McGuffins zu sein als handlungstragende Figuren. Wenn es dir um die gesellschaftlichen Auswirkungen geht, sind die Magier als Perpsektivträger vielleicht auch eher weniger interessant. Bspw. wollen sie sich selbst kaum als Kriegsmaschinen benutzen, da ist ein machtgieriger König schon interessanter. Oder ein Ritter, der zwischen Ehre und dem (ethischen) Zerfall des Königs steht. Oder eine Nonne, die plötzlich feststellt, dass ihre Gebete an die Göttin nicht erhört werden und sich aufmacht, das Wieso herauszufinden. Was wollen denn die Magier, streben sie wieder zueinander?
Und jetzt das große ABER: Es ist deine Geschichte. Nur Versuch macht kluch. ;)
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt