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Creative Writing - oder die Essenz von Frust

Begonnen von Arielen, 01. Januar 1970, 01:00:00

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Arielen

Einige Gedanken  >:(, die sich in der letzten Zeit bei mir angesammelt haben, nachdem ich inflationär Fantasy rezensierte  :P:

1) Ein guter Fantasy-Roman überzeugt durch ein möglichst exotisches Setting und archetypische Charaktere. Am zugkräftigsten ist die Queste nach der Wahrheit oder der Kampf gegen das Urböse.

2) Immer drin vorkommen muss mindestens ein Volk, sonst ist es keine Fantasy:  Orks, Trolle, Zwerge, Elfen. Aber du darfst auch eigene Völker erfinden. Wie wäre es mit den pelzigen und plüschigen Schnuffeln, die vor allem durch ihre großen Triefaugen überzeugen und superlieb und supermagisch sind.

3)Je bunter das Setting  ist, desto mehr kannst du die dünne Handlung mit exotischen Beschreibungen der  Abentrituale der grün-gelb gestreiften Elfenvölker oder der Initiation eines  Zwergenjünglings durch Wettsaufen beschreiben. Aber mache das ja nicht zu exotisch, denn der Leser soll ja nicht zu denken anfangen
Benutze Bilder aus Computerspielen oder von Posterndamit die Leute auch ein bißchen wiedererkennen und ihre Phantasie nicht anstrengen müssen.
Oder beschreibe was das Zeug hält, damit die Leute auch wissen, daß der Stirnfleck der grün-gelben Elfen von Zott genau zwischen den Augen sitzt und nicht auf dem Nasenrücken. Beschreibungen müssen ästetisch oder wenn du schocken willst natürlich besonders widerwärtig sein.

4) Der Held ist unerfahren, naiv, schwach und hilflos. Aber in den Stunden größter Not, wenn er bereits auf dem Zahnfleisch kriecht, erwachen in ihm die von xy verliehenen oder tief angeborenen Kräfte, die ihm helfen das Böse zu besiegen.

5) Zu seinen oder ihren Gefährten sollten gehören: a) der erfahrene Lehrmeister  und  Kämpfer, b) der kalauernde Sidekick und vor allem c)der/die gestylte und coole Love-Interest, der/die dem gängigen Schönheitsideal entspricht.
Weitere Personen sind nach Belieben und Bedarf einzufügen

6) Eine Handlung hat bitteschön aus Action, Kampf, Konflikt zu bestehen, garniert mit ein bißchen romantischer Liebe und nicht zu komplizierten Intrigen. Die Zutaten bitte je nach Zielgruppe mixen und dosieren

7) Tiefergehende Charakterisierung und gewaltfreie Problemlösung überfordert den Leser. Reite lieber auf uralten Klischees herum, wie dem amerikanischen Traum(a) von Freiheit und Gleichheit und Brüderlichkeit. Das zieht und ist einfach zu verstehen.

Merke: Der Leser erwartet bei Fantasy üblicherweise eine triviale Handlung, bei der er nicht zu  denken braucht, und sich auch möglichst wenig vorstellen muss.

Und so weiter... :'(

Die Liste darf nach Belieben ergänzt werden.
Alles liegt im Auge des Betrachters

Steffi

Doofe Frage aber - ich schreibe gerade eine Geschichte, die zwar in einer von mir erdachten mittelalterlichen Welt spielt, in der es aber nur Menschen (keine Orks, Elben, Halblinge, Ewoks, Kobolde...) und nur ein ganz wenig Magie vorkommt, die aber eigentlich keine Rolle spielt.


Ist das trotzdem Fantasy?

Und - interessiert den Leser Fantasy ohne andere kleine Zauberwesen überhaupt?
Sic parvis magna

Schelmin

#2
Ich denke, Zauberwesen sind kein Muß.
Fantasy ist es dann, wenn die mittelalterliche Welt sich von unserer Welt im Mittelalter unterscheidet oder die Geschichte an Orten spielt, die es bei uns definitiv nicht gibt oder gegeben hat. Ansonsten mußt du dir vielleicht anhören, daß es ein historischer Roman ist, der seltsamerweise Magie beinhaltet.
Schelmin

Silvia

Jetzt müßte man nur noch definieren, was das ist: "Der Leser"
...
ich glaube, diverse Leute aus diesem Forum passen in das Schema schon gar nicht mehr rein. Zu hohe Ansprüche  ;)

Steffi

Nein, gegeben hat es die Orte bei uns definitiv nicht und sie unterscheidet sich in ihrer Gesellschaftsordnung schon von der unsrigen. Es ist halt nur komisch zu sagen "Ich schreibe Fantasy aber ohne Drachen, Einhörner, Elfen, Zwerge..."

Das "der Leser" hier schon anspruchsvoller ist kann ich mir denken ;)

Aber oben genannte Punkte sind (wie schon so oft gesagt) der Grund, warum ich eigentlich rechtwenig Fantasy lese. Wenn ich in eine Buchhandlung geh und auf dem Klappentext steht im Prinzip immer dasselbe vergeht mir schon die Lust...
Sic parvis magna

Manja_Bindig

Ganz wichtig:

- im Gefolge muss ein Magier sein.

- dieser Magier könnte die gefährlichen Situationen mit seiner Magie entschärfen, aber er tut es nciht. Warum? Das ist schließlich Aufgabe des Helden, auch wen er dabei fast draufgeht.

 ;)

ach ja und noch so was wie ein Schutzgeist, eine Totenseele von einem Vorfahr, dier hie und da auftaucht, heraufbeschworen wird oder derartiges und wichtige Hints gibt, ohne gleich alles zu sagen, damit der Held noch was rausfindet - mit anderen worten, die reden viel, sagen aber NIX.

Rei

ZitatEs ist halt nur komisch zu sagen "Ich schreibe Fantasy aber ohne Drachen, Einhörner, Elfen, Zwerge..."

Hmm, so könnte man den Großteil der Fantasy zusammenfassen, den ich schreibe. Ich steh nicht so auf Magie, die einen aus allen möglichen und unmöglichen Situationen heraushilft... Auch wenn ich gestehen muß, meine Seelen-Trilogie arbeitet mit Magie. Aber wohl dosiert, damit da niemand zu selbständig wird...  Und die anderen "Zutaten" wie Elfen, Einhörner, etc.... jeder Mensch wird in einem Rutsch zum Elfen oder Zwergen... Aber ich will das nicht. Mein Leser, sofern ich einen habe *lach*, soll sich sofort wohl fühlen. Bei Büchern mit anderen Völkern ist es immer schwerer, sich auf die Geschichte einzulassen, finde ich. Vor allem auf die, die im Anhang noch ein komplettes Wörterbuch mitliefern, um die Ausdrücke der Völker zu erklären... Da vergeht mir dann spätestens die Lust...

Manche rümpfen die Nase, wenn ich ihnen sage, welche Art Fantasy ich schreibe, weil die meisten doch HDR oder ähnliches im Kopf haben, wenn man von Fantasy spricht.

Steffi

ZitatManche rümpfen die Nase, wenn ich ihnen sage, welche Art Fantasy ich schreibe, weil die meisten doch HDR oder ähnliches im Kopf haben, wenn man von Fantasy spricht.

Genau das meinte ich. Mein Problem ist, dass ich eigentlich bloß die Geschichte zweier Charaktere erzählen will, für die ich notgedrungen eine eigene Welt erschaffen musste, weil bei uns die Ordnung nun mal anders war/ist. Aber um diese Geschichte zu erzählen brauche ich weder Elben, Drachen, Magie... mal abgesehen davon, dass ich mich sowieso immer so auf die Charaktere konzentriere, dass das Drumherum relativ einfach gehalten werden muss :)
Sic parvis magna

Silvia

Wißt ihr, was ich mir mal wieder wünsche? Eine Geschichte, in der es nicht zwangsläufig eine an den Haaren herbeigeschriebene Romanze gibt, weil das wohl heute so sein muss. Warum kann zwischen Mann und Frau nicht zur Abwechslung mal KEIN Funke überspringen? Warum kann es nicht mal um 2 (oder mehr) Freunde gehen oder Feinde oder so in der Richtung?
Dass das so oft auf Verpaarung rausläuft ist echt langweilig  ;D Ausnahmen bestätigen die Regel ... ("Im Schatten des Dämons" von Brigitte Melzer ^^)

Steffi

Dann muss ich jetzt gestehen, dass es auch bei mir um Verpaarung geht. Aber ich hoffe, dass es nicht an den Haaren herbei gezogen ist - und 08/15 ist es auch nicht.

Das ist nämlich auch mein Problem. Falls ich jemals den Folgeband schreiben sollte hätte ich gerne als Hauptcharaktere Mann und Frau, ohne dass sich eine Liebesgeschichte entwickelt.  Aber da bin ich mir schon wieder unsicher, weil so was ja heutzutage in jedes Buch (nicht nur Fantasy) reinzugehören scheint.
Sic parvis magna

Silvia

Wahrscheinlich ein Fall von "political correctness" oder "Gleichberechtigung"  ;) wo ein männlicher Hauptchara, da muss auch ein weiblicher sein ... oder so.

Linda

ZitatWahrscheinlich ein Fall von "political correctness" oder "Gleichberechtigung"  ;) wo ein männlicher Hauptchara, da muss auch ein weiblicher sein ... oder so.


Naja, vielleicht. Aber wie du ja bereits sagtest - warum müssen sie zwangsweise verbandelt werden?
Ich finde das vor allem dann doof, wenn es an den Haaren herbeigezogen ist und/oder keine weitere Funktion im Text hat. Wenn es für die Motivation der Figuren wichtig ist, wenn sich etwas für die Handlung ergibt, dann hat eine Beziehung ja ihre Berechtigung. Aber als Selbstzweck?

In meinem neuen Roman sind auch ein Mann und eine Frau gemeinsam unterwegs. Es gibt zwischendrin ein paar peinliche Situationen und den einen oder anderen Gedankengang, leise Gefühle, die sich einfach dadurch entwickeln, dass sie eine ganze Weile gemeinsam unterwegs sind. Aber dabei bleibt es auch. Immerhin ist einer der beiden glücklich verheiratet und der andere trauert in gewisser Weise noch.
Also bleibt es offen und man geht als Freunde auseinander. Finde ich eine ganz gute Möglichkeit, mal damit zu spielen ;-)

Gruß,

Linda

Moni

Also, was die "Verpaarung" ( ;D ) und die "Fantasywelt ohne Elben, Zwerge, Drachen" angeht: ich habe bisher nur andeutungsweise eine Pärchenfindung geplant und in meiner Welt gibt es eigentlich nur Menschen... Also wird es wohl kein Bestseller ...   ;D

Deutsch ist die Sprache von Goethe, von Schiller...
und im weitesten Sinne auch von Dieter Bohlen[/i]
Stefan Quoos, WDR2-Moderator

»Gegenüber der Fähigkeit, die Arbeit eines einzigen Tages sinnvoll zu ordnen,
ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.«[/i]
Johann Wol

Geli

da bin ich ja mal sehr gespannt, wie dereinst, wenn ich damit fertig bin, die Reaktionen auf meinen Fantasy-Roman ausgehen:
- er spielt nur teilweise in einer Anderswelt, und die ist alles andere als ein Idyll
- der andere Teil der Handlung spielt recht real im Umfeld einer Universität
- und natürlich gibt es reichlich Paarunsspiele, nur kein Happy-End. Die Heldin bliebt zum Schluß lieber allein.

Schelmin

Hi!
ich mag eben an der Fantasy gerade die seltsamen Wesen. Deswegen wimmelt es bei mir geradezu davon. Aber das ist ja gerade das Schöne an Fantasy: es gibt so wahnsinnig viele Variationen und Möglichkeiten. Alles kann, muß aber nicht vorkommen.
Schelmin