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Schreibausbildung

Begonnen von Darielle, 31. August 2010, 11:25:34

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Aidan

Darielle, es wird immer, egal was du machst, Dinge geben, die dir dabei ganz gewaltig stinken. Und auch beim Schreiben kommt der Punkt, wo es echte Arbeit ist und es schwer ist, sich zu motivieren weiterzumachen. Jede Ausbildung beinhaltet eine Menge Ballast, die kein Mensch später braucht. Aber auf der anderen Seite braucht man manchmal plötzlich mehr, als man je gedacht hat und aus dem, was man vorher einmal als unwichtig abgetan hat, während man sich zwangsläufig damit beschäftigt hat, erwachsen neue Chancen.

Ich habe meine Ausbildung gehasst. Es waren bittere, aber auch sehr lehrreiche 3 Jahre. Aber - ich liebe meinen Beruf und arbeite gerne darin. Nebenher gibt er mir in vielen Dingen die Basis für meine Schreiberei - das Geld fürs Wohnen und Essen, Inspiration, psychologische Tiefe und vieles mehr.

Lerne, etwas durchzuziehen, auch wenn es dir nicht immer schmeckt.
"Wenn du fliegen willst reicht es nicht, die Flügel auszubreiten. Du musst auch die Ketten lösen, die dich am Boden halten!"

,,NEVER loose your song! Play it. Sing it. But never stop it, because someone else is listening."

Darielle

Nein, keine Sorge, ich vertrage die härtere Gesprächsgangart, bzw brauche sie hin und wieder ;) Das ist schon völlig in Ordnung.
Es ist eben so, dass ich gern "Dauer-Roman-Autor" wäre, sprich ein Roman nach dem anderen, ohne das jetzt als Konserven-Literatur verkaufen zu wollen. Denn jeder Roman bekommt ein eigenes Gesicht. Am Ende kommt es ja auch nicht so sehr darauf an, wie man schreibt, wenn man einmal etwas draußen hat, das gut war. Ich lese zB unheimlich gern und immer wieder Sergej Lukianenko. Zuerst dachte ich, seine Wächter-Reihe wäre etwas völlig neues und unnachahmliches. Dann aber hat er die Welten-Reihe geschrieben, die sich von der Tonart, vom Stil und auch vom Plot her sehr an die Wächter-Reihe angelehnt hat. Dennoch sind es unterschiedliche Werke, die beide ihren Preis wert sind.

Sicher, dazu muss man eben so gut sein, dass man eine hohe Summe für den Roman bekommt und damit bis zur VÖ des nächsten Romans auskommen muss. Aber ich will ja auch keine Reichtümer, das lenkt nur vom eigentlichen Sinn meines Lebens ab.
Und ja, dieser Sinn heißt schreiben. Ich will nicht schreiben weil es leicht sein soll. Das ist es nicht. Aber ich finde nur beim Schreiben genau die Welt in die ich gehöre und in der ich alles sein kann, was ich will. Ich bin jede Figur und zugleich betrachte ich jede von außen. Ich bin in jedem Farn, das in meiner Welt wuchert, aber auch in jeder Wolke bzw in jedem Stern, der sich über dem Land erhebt. und nur in dieser meiner Welt sammle ich die Erfahrungen, die ich für mein Leben real einsetze. Wer nicht für seine Träume kämpfen will, hat ausgeträumt.
Ich möchte ja keine studierte Germanistin sein, die alle Gedichtformen und all diese grammatikalischen Ansätze beherrscht. Sondern ich muss und will meinen Geist ausleben. Das ist ein bisschen als hätte ich ein störrisches Pferd unterm Sattel, das unbedingt rennen will. Die Kunst des Reitens besteht aber nicht darin, das Pferd unter sich durch die Landschaft preschen zu lassen, sondern es ästhetisch wirkungsvoll und gesundheitsfördern geistig auszulasten, es durch die Bahn zu tragen. Das versuche ich einerseits mit meinen Gedichten (die in letzter Zeit seltener werden) als auch jugendlich stürmisch mit meinem Roman. Das Schreiben ist meine größte Leidenschaft, die mir trotz aller negativen Kommentare niemand nehmen konnte, es ist ein fest verankerter Teil meines Lebens, schon seit einien Jährchen.

Ja, ich kann mir theoretisch vorstellen, nur vom Schreiben zu leben. Das heißt natürlich, dass man viel vorm PC sitzt und seine Armmuskulatur trainieren muss. Aber es heißt auch, einfach mal still zu sitzen, sich anzusehen was man produziert und zu träumen. Ich gebe es offen zu: Mein größter Feind ist der Stress. Druck, der mir von außen gemacht wird. Einerseits kann der förderlich sein, motivierend zuweilen. Aber andererseits bohrt sich dieser Druck wie ein Pfeil in mein Hirn und sprengt die Synapsen, sodass das Denken und geordnete Handeln schwer fällt. Ich hoffe, du verstehst was ich meine.  :bittebittebitte:

Rigalad

Ich glaube mittlerweile, dass dieser Wesenszug immer typischer für die aktuelle Gesellschaft ist. Erst kommt das "Ich mache gerne" und dann das "Ich muss ja".
Es ist so, dass jeder Träume hat. Und viele arbeiten auch dafür. Man glaubt daran, tut etwas dafür, um zu erreichen, was man sich erträumt hat. Aber Träume sind meistens nicht umsonst Träume - Sie sind ferner und unerreichbarer als die Realität. Nicht unmöglich, das behaupte ich nicht. Aber ein Romanautor zu sein, der davon lebt, was er fabriziert, da müsste man wirklich durchstarten. Ich habe irgendwo mal gelesen, dass in Deutschland knapp 0,3 Prozent der Autoren von ihren Büchern leben (Angabe ohne Gewähr, da ich die Quelle nicht mehr weiß).
Wie hoch ist da die Wahrscheinlichkeit, dass man selbst dazu gehört? Noch dazu in deinem Fall möglichst bald. Eher nicht so hoch, meinst du nicht?

Ich habe allen Respekt vor Träumen. Wirklich. Ich habe auch welche. Aber ich bin auch der Meinung, dass sie nicht auf den Rücken von anderen ausgetragen werden sollen. Du sagtest ja schon, dass du dich mit diversen Ämtern bzgl. Einkommens in Verbindung gesetzt hat. Wie meine Vorredner schon sagten: Ohne Ausbildung schlechter/kein Job, also wird man sich in Zukunft oft mit besagten Ämtern auseinandersetzen.

Glaub mir, ich meine das nicht böse. Ich komme selbst vom Amt und habe schon unzählige Schicksale gesehen. Welche Vorstellungen Menschen vom Leben haben. Eine wollte mal eine Druckermaschine von der Arge bezahlt bekommen, um ihre MS drucken/verkaufen zu können. Aber noch nie im Leben was geschafft. Wer im Leben schon solch eine Unreife zeigt und nicht anerkennt, dass man auch Dinge tun/lernen muss, die man nicht mag, der hat auch nicht die Reife, Bücher zu schreiben.

Ich hab meine Lehre auch gehasst. Aber man wird dadurch stärker und versteckt sich nicht hinter dem PC daheim.
That's life.

Grey

Zitat von: Darielle am 31. August 2010, 14:38:45
Sicher, dazu muss man eben so gut sein, dass man eine hohe Summe für den Roman bekommt und damit bis zur VÖ des nächsten Romans auskommen muss. Aber ich will ja auch keine Reichtümer, das lenkt nur vom eigentlichen Sinn meines Lebens ab.

Tja, gut sein ... das ist auch so ein Ding. Gut zu sein allein reicht leider nicht, nicht mal für ein mäßiges bis durchschnittliches Auskommen als Schreiberling. Du brauchst Geduld und Hartnäckigkeit und Sitzfleisch und auch Glück - viel mehr noch als Talent oder handwerkliches Können. Aber vor allem Geduld, ja, und Kritikfähigkeit, und du musst bereit sein, deine kostbare Schreibwelt anderen zu öffnen und sie von ihnen verändern zu lassen und sie vielleicht auch in gewissem Maße an die Wünsche der Kunden anzupassen. Denn wenn Schreiben zum Beruf wird, dann muss man es auch so sehen: Als Job.
Damit will ich dir nicht deinen Idealismus nehmen. Ich sage nur, es gibt m.E. verschiedene Arten von Autoren: Die, die für sich selbst schreiben, um sich zu verwirklichen, und die, die für ihre Leser schreiben, weil sie einfach gern Geschichten erzählen. Und natürlich alles dazwischen. Es geht jetzt auch nicht darum, wer der bessere Autor ist, das hat damit vermutlich nur am Rande etwas zu tun. Aber ich behaupte jetzt mal, dass die, die einfach gern erzählen und sich nicht so sehr selbst in ihre Geschichte hineinschreiben, es als Berufsautoren leichter haben. Du sagst es ja selbst:

Zitat von: Darielle am 31. August 2010, 14:38:45
Ich gebe es offen zu: Mein größter Feind ist der Stress. Druck, der mir von außen gemacht wird. Einerseits kann der förderlich sein, motivierend zuweilen. Aber andererseits bohrt sich dieser Druck wie ein Pfeil in mein Hirn und sprengt die Synapsen, sodass das Denken und geordnete Handeln schwer fällt.

Ganz ehrlich: Vom Schreiben leben zu wollen, ist Stress. Man hat Abgabetermine, dazwischen die ständige nervenaufreibende Warterei auf die Rückmeldungen der Lektorate, die Ungewissheit ob ein Buch nun verlegt wird, egal wie gut es ist, weil es vielleicht trotzdem nicht auf den Markt passt zur Zeit. Dazu kommt das Schreiben selbst, das Hadern mit den Geschichten, die Selbstzweifel vielleicht, die Änderungswünsche, von denen man nicht weiß ob man sie umsetzen kann oder will, ohne dass das Buch sich plötzlich fremd anfühlt. Und du wirst ändern müssen. Wie viel, weiß man vorher nie. Aber es wird passieren, dass du dich fragen musst, ob du diese Änderungen an deiner geliebten Welt annehmen kannst. Ob du vielleicht sogar eine Idee schreiben kannst, die eigentlich gar nicht deine ist. Das kann auch ganz toll sein, und zum Glück ist die Arbeit mit Lektoren ja nicht nur destruktiv. ;) Aber oft fühlt es sich eben so an, und man sollte wissen, ob man das überhaupt kann, ehe man sich darauf einschießt, unbedingt hauptberuflich Bücher schreiben zu wollen.

Meine 5 Ct zum Thema. ;)

Lomax

Ich denke mal, hier werden zwei Dinge in einen Topf geworfen, die man erst mal trennen sollte:
(1) Schreiben lernen
(2) Lebensunterhalt

Zu ersterem gibt es jede Menge Angebote. Aber die sind, soweit es schriftstellerisches Schreiben betrifft, allesamt keine regulären Ausbildungen, für die man Unterstützung bekäme oder gar eine Ausbildungsvergütung. (Schriftstellerisches) Schreiben trägt in der Lernphase nichts zum Lebensunterhalt bei.
  Ein paar Ausnahmen gibt es, wie beispielsweise das Literaturinstitut Leipzig. Trägt zwar auch erst mal nichts zum Lebensunterhalt bei, ist aber wenigstens ein "regulärer Studiengang" und bringt die üblichen Fördermöglichkeiten mit sich, die es für ein Studium gibt ... aber um in solche Nischen reinzukommen, braucht man vorher das Abitur; abseits eines Hochschulstudiums gibt's dann gar keine Ausnahmen.
  Was es gibt, sind andere, reguläre Berufe, die mal mehr, mal weniger aufs Schreiben vorbereiten. Ich würde etwas in der Richtung empfehlen, weil man dann zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen kann: Etwas übers und für das Schreiben lernen und zugleich durch eine richtige Ausbildung was für den Lebensunterhalt tun. Da kann man sich umschauen - aber auf jeden Fall wird man dann eine Ausbildungsphase haben, bei der man viele andere Dinge machen muss, die nichts mit schriftstellerischem Schreiben zu tun haben. Da muss man durch.
  Und vor allem, wie gesagt: Eine reine schriftstellerische Schreibausbildung, bei der zugleich auch der Lebensunterhalt abgesichert ist, gibt es ohnehin nicht; in der Zeit müsste man also ohnehin irgendwas anderes machen, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen.

(2) Schreiben als Lebensunterhalt

Was allen Wegen des Schreibenlernens gemein ist, den wenigen "geraden" Wegen wie den Umwegen, ist die Tatsache, dass es in keinem Fall eine Garantie gibt, das am Ende Romanschreiben als Beruf dabei herauskommt. Klar, das gibt es auch bei anderen Berufen nicht, aber bei der Schriftstellerei ist es halt noch extremer. Das heißt, wenn man also seine "Ausbildung" in dem Metier, wie gerade oder auf Umwegen auch immer, erworben hat, dann beginnt ein komplett neuer Lebensabschnitt, bei dem man sich an das "Schreiben als Lebensunterhalt" erst heranarbeiten muss.
  Also, nicht wie bei anderen Berufen, erst die Ausbildung, und dann, wenn man Glück hat, ein Job, in dem man sich hocharbeiten kann, sondern, wenn man Glück hat, irgendwann mal die einmalige Gelegenheit, irgendwas zu schreiben, für das man vielleicht ein wenig Geld bekommt; und woraus im Laufe der Jahre vielleicht eine regelmäßige Einkommensquelle werden kann.
  Das "ein Roman nach dem anderen Schreiben" klappt nicht von Anfang an als Lebensunterhalt, weil man in aller Regel erst mal nicht "einen Roman nach dem anderen" kriegen wird. Sprich: Auf die "Ausbildungsphase zum Schriftsteller" folgt dann noch eine "Etablierungsphase", die man sich anderweitig finanzieren muss.
  Wer also Romanschriftsteller werden will, kommt also nicht drumherum, erst mal ein paar Jahre lang was ganz anderes zu machen, bevor er zum Lebenunterhalt Romane schreiben kann. Wenn er Glück hat. Wenn er sehr viel Glück hat, und "straight" ist und das richtige schreibt, dann kann man diese Phase auf ein paar wenige Jahre reduzieren. Wahrscheinlich ist das nicht. Nicht umsonst gilt ein Schriftsteller in den 30ern noch als "jung" ;). Wenn man Pech hat, kommt man aus der Phase auch sein Leben lang nicht raus. Planbar ist das nicht.

Auch die wenigen Ausnahmen, wo ein Autor gleich von der Schule weg vom schreiben leben kann, sind nicht planbar. Dazu kann man nicht mal was dazu tun, weil solche Fälle nichts mit Ausbildung, sondern eigentlich nur mit Förderung zu tun haben - und das hilft dir nicht weiter, weil du ja einen Weg suchst, auf dem du deine Chancen aktiv erhöhen kannst.

Und all diese regulären Wege sind vor allem erst mal lang - also würde ich sagen, schreibe und nutze alle Gelegenheiten, die sich bieten, fürs Schreiben etwas zu lernen oder einen Schritt weiter beim Verkaufen von Romanen zu kommen. Aber denke dabei erst mal nicht daran, vom Schreiben zu leben, weil das wird Jahre dauern; versuche, in diese Jahre einen anderen Lebensunterhalt reinzupacken. Kann nicht schaden, wenn der dir Spaß macht und deinen Neigungen entspricht. Aber versteife dich nicht darauf, beides sofort in ein Paket zusammenzupacken; irgendwas anderes wirst du in der Zwischenzeit machen müssen, um Geld zu verdienen.

Was den Stress betrifft: Ich würde mal sagen, dass ich jetzt seit ca. zwei Jahren als "Berufsautor" lebe - das ist in etwa der Zeitraum, wo die Romanhonorare zumindest den größten Teil meiner Einkünfte abdecken. Und Stress und Druck ist seitdem eher größer als in all den Jahren zuvor - ein anderer Stress als vor zehn Jahren im journalistischen Alltag, aber doch so, dass ich Anfang des Jahres ziemlich zermürbt war.
  Also, selbst wenn man vom Romanschreiben leben kann, ist das kein Schutzwall vor Stress und Druck von außen. Ganz im Gegenteil, Abgabetermine, fehlende Planungssicherheit, das notwendige Jonglieren mit vielen Projekten gleichzeitig; Dinge, die man schon abgegeben und abgeschlossen hat, und die dann zu den ungünstigsten Zeitpunkten überraschend doch für weitere Arbeitsschritte wieder ins Haus kommen - es gibt kaum einen Job, bei dem man weniger abschalten kann. Bei meinem letzten Urlaub saß ich regelmäßig mit dem Laptop bis zwei Uhr nachts auf dem Bett, weil ich dringend was fertig bekommen musste; so wie es aussieht, habe ich im nächsten Jahr schon wieder die nicht verschiebbare "heiße Phase" eines Projekts genau zu meiner geplanten Urlaubszeit ... Ich weiß schon gar nicht mehr, wann ich das letzte Mal erfolgreich einen Urlaub planen konnte und meine Ruhe hatte.
  Ist in gewisser Hinsicht okay für mich; ich weiß eh nichts mit mir anzufangen, wenn ich nicht gerade an irgendwas schreibe und nehme das überhaupt erst als Arbeit wahr, wenn es ein gewisses Level übersteigt. Aber eine stressfreie Tätigkeit ohne Anforderungen von außen sieht anders aus, und dass das Schriftstellerdasein oft eben nicht so aussieht, dass man in Ruhe für sich vor dem Rechner sitzt und seine Geschichten träumt und schreibt, das sollte auch erwähnt werden - wenn es der Hauptgrund sein sollte, warum du jetzt gerne diese berufliche Richtung einschlagen willst  ;)

Hanna

Hi Darielle!

Ich kann so sehr nachempfinden, wie du dich gerade fühlst. Für mich war auch immer klar, dass ich nur zum Schreiben tauge und nichts Anderes für mich in Frage kommt.

Als ich in deinem Alter war, habe ich eine Ausbildung abgebrochen und anschließend zehn Jahre lang gejobbt - im besten Job der ganzen Welt! Es hätte ewig so weitergehen können. Ich habe wahnsinnig gerne als einzige Angestellte in meinem Lager rumgewuselt und Pakete gepackt. Ich war immer arm, aber mein Job machte mir Spaß und nach vier Stunden war ich wieder draußen und konnte schreiben.

Leider war ich in diesen zehn Jahren nicht zielstrebig genug, um mehr zu tun als zu schreiben. Denn zu dem Beruf des Schriftstellers gehört weit mehr als nur schreiben. Du musst dein Buch auch an den Mann bringen und das ist manchmal der viel schwerere Teil.

Hätte ich mich in den zehn Jahren mal um eine Agentur bemüht und so zielstrebig geschrieben, wie die letzten eineinhalb Jahre, sähe mein Leben heute anders aus.

Und so ist es gekommen: nach zehn Jahren war die nette kleine Firma pleite und ich entlassen und dann stand ich da - 30 Jahre alt, vierjähriger Sohn, nichts gelernt.

Jetzt mache ich eine Ausbildung zur Bürokauffrau und bin damit auch alles andere als glücklich. Trotzdem ziehe ich es durch. Zum einen, weil ich das Geld brauche. Zum anderen, weil ich mir gedacht habe, dass mir kaufmännisches Wissen auch bei der Selbstständigkeit helfen wird. Und das Leben als Schriftsteller ist ein Leben als Selbstständiger. Was da an Bürokratie auf dich zukommt, ist nicht zu unterschätzen!

Zum zweiten Thema: ich habe Kinder- und Jugendbuch beim ILS studiert. Das war ziemlich teuer. Über 80 Euro im Monat und wirklich gebracht hat es mir nichts, abgesehen davon, dass es mich über Umwege zum Tintenzirkel geführt hat und mir zwei ganz liebe Freundinnen beschwert hat, die ich nicht mehr missen möchte ... und mit dem Zirkel noch einige mehr.

Letztlich musst du selbst entscheiden, welchen Weg du einschlägst. Aber den Job, bei dem alles passt und alles Spaß macht, gibt es sowieso nicht.

Viel Erfolg bei der Suche,
lg Hanna
#notdeadyet

Rika

Andere mit mehr praktischer Erfahrung was das Schreiben und veröffentlich werden betrifft haben schon genug weise Worte in die Richtung geantwortet. (Anmerkung: ich wählte da bewußt "veröffentlicht werden" statt "veröffentlichen", weil halt ein gut Teil davon völlig außerhalb des eigenen Einflusses liegt. Man kann nur darauf hinarbeiten, aber es gibt kein "Rezept" dafür, daß man abarbeiten kann.)

Ich möchte auch noch mal auf den Punkt Erfahrung kommen. Erfahrung sagt mir (auch 42), aus meinem eigenen Lebensweg, sowie auch aus vielen anderen Lebenswegen von Freunden und Bekannten), daß es immer auch Anteile gibt, die unnötig erscheinen, einem blöd vorkommen, einem schwer fallen, für die man nicht talentiert ist, die langweilen abstoßen oder nerven. Die Erfahrung, mit soetwas umzugehen ist viel wert. Das kann manchmal heißen, etwas abzubrechen, aber abbrechen ist auch oft der einfachste Weg. Oder der einfachst erscheinende. Zu lernen, sich mit etwas durchzubeißen, etwas zu tun obwohl es doof/langweilig/usw ist, und die positiven Veränderungen die man in sich selbst vornehmen kann, um damit besser umzugehen, ist jedoch viel Wert. Oftmals ist lediglich eine andere Perspektive auf das ungeliebte Etwas nötig, um es anders aufnehmen und anders damit umgehen zu können, sodaß es einen nicht runterzieht.
Die Fähigkeit, Dinge aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten, den Aspekt an etwas zu finden, mit dem man sich anfreunden kann, oder den man respektiert und akzeptiert, das ist viel Wert, auch für's Roman schreiben. Schließlich sucht man da doch auch immer wieder andere Perspektiven.
Dinge verstehen lernen, egal ob man sie selber machen/anweden will, oft oder selten, ist auch nie hinderlich. Beim Schreiben kommt ja auch oft etwas vor, was man so direkt auch noch nicht genauso erlebt hat.
Und letztlich das Durchhaltevermögen, das man dabei entwickelt. Das ist Gold wert, für all die Momente wo das Leben einem in die Quere kommt, für all die Momente, wo einem temporär mal die Worte ausgehen, die Schribblockade kommt usw.

Am Beispiel von Geschäftsbriefen, z.B. - ja, spannend, interessant usw sind die nicht. Es ist auch erstmal für jemande, dem formelle Sprache nicht liegt (geht mir auch so ;)), weder angenehm, noch leicht so was zu schreiben. Aber es kann erlernt werden. Es kann geübt werden, und es ist mit etwas Übung gar nicht so schwierig, dann einen guten Geschäftsbrief zu schreiben/übersetzen, auch wenn es anfänglich schwerer fällt, als z.B. einen persöhnlichen Brief. Es ist nicht offensichtlich, wie oder wieso die "Geschäftsbriefe schreiben können" einem beim Romane schreiben hilft, aber glaub mir, auch das hilft.
Indirekt hilft es beim Romane schreiben, und direkt hilft es später bei der Kommunikation mit Agenten oder Verlagen, wenn es um Veträge geht etc. Denn da muß der Autor auch genug Bürkaufmännisches/Sekretärinnen-/Buchhaltungswissen haben, wie jeder andere Selbständige auch. Es sei denn, man kann es sich leisten, dafüf jemand anderen zu bezahlen.

Und schlußendlich - es ist oft sehr erstaunlich wie sich später im Leben das bißchen Wissen, was man irgendwo am Rande "mitgelernt hat, weil es halt dazugehörte und ich mußte", auf ganz unerwartete Art als nützlich erweist.

Grundlegende Kenntnisse lassen sich vielfältig anwenden. Z.B. kann man Sekretariats- oder Verwaltungsfähigkeiten in jeder Branche anwenden. Das selber ist vielleicht nicht in sich selbst Interessant, ich fände Geschäftsbriefe auch langweilig und doof. Wenn ich mir allerdings vorstelle, die z.B. für ein Wolf-Sanctuary zu schreiben, dann macht die Materie für mich das Interesse aus.

Und letztlich: Klo putzen ist halt doof. Muß aber sein, es putzt sich nicht von selber. ;)

Steffi

Liebe Danielle,

ich arbeite zurzeit in einem Beruf, der mir nicht besonders liegt, und der weder mit meinem Studium noch mit irgendetwas zu tun hat, was ich je machen wollte. Aber weißt du was? Der Arbeitsplatz eröffnet mir mehr zufällig die Möglichkeit, ganz viel Recherche für einen meiner Romane zu betreiben. Die Möglichkeit hätte ich ganz klar nicht, wenn ich nur Autorin wäre. Das solltest du immer in Betracht ziehen :)
Sic parvis magna

Moni

#23
Zitat von: Darielle am 31. August 2010, 12:11:47
Mit dieser Ausbildung wollte ich unbedingt in einen Verlag, ursprünglich ja als Buchhandelskauffrau oder wie das hieß. Diesen Beruf gibt es meines Wissens nach gar nicht mehr, sondern nur noch Mediengestalter.

Ich weiß jetzt nicht, woher du diese Info hast, aber selbstverständlich gibt es den Beruf noch. Ich bin selber gelernte Sortimentsbuchhändlerin, im Verlag ist das  herstellende Buchhändlerin. Informier dich zur Not darüber doch mal beim Börsenverein des deutschen Buchhandels, bzw. auf der Webseite des Börsenblattes. Soweit ich weiß, wird unterschieden zwischen Hersteller (das ist dann vermutlich der Mediengestalter) und dem Kaufmännischen Verlagsbuchhändler, der zb eher die Vertriebsschiene betreut. Da ich im Sortiment und nicht im Verlag gelernt habe, kann ich das jetzt aber nicht 100% sicher sagen.

@Hanna: du hast beim ILS studiert? Mein Freund macht da auch gerade ein Fernstudium (neben der Arbeit) und ich hatte auch schon mal damit einem Studiengang da geliebäugelt. Hat es inhaltlich weniger gebracht, oder meinst du in beruflicher Hinsicht? Kannst auch per PN antworten, wenn das hier zu sehr ausufert.  ;)
Deutsch ist die Sprache von Goethe, von Schiller...
und im weitesten Sinne auch von Dieter Bohlen[/i]
Stefan Quoos, WDR2-Moderator

»Gegenüber der Fähigkeit, die Arbeit eines einzigen Tages sinnvoll zu ordnen,
ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.«[/i]
Johann Wol

Drachenfeder

Hallo Danielle,

Ich habe meine Ausbildung nicht gehasst, habe sie aber auch nicht geliebt. Ich wollte etwas kreatives machen. Von der Schriftstellerei bin ich schnell abgekommen, da ich nach der Schule nicht ewig ohne Geld und auch natürlich auf eigenen Beinen stehen wollte. Ich hatte zur dieser Zeit schon viele Texte verfasst, aber eine feste Zukunft war ja dadurch nicht abzusehen. Meine Träume führten mich weiter zur Fotografie (auch ein großes Hobby). Doch auch das wahr werden zu lassen war mehr als schwierig. Damals war die einzige Ausbildungsstätte für Fotografen in der Stadt Kiel. So, nun ist es für 15jährige Mädels nicht gerade einfach sich für ein Leben fernab der Familie und Freunde in einem Internat zu entscheiden. Also ist der nächste Traum geplatzt. Tja, so landete ich in der Verwaltung, im Öffentlichen Dienst bei der Stadt Frankfurt am Main, wo ich auch noch heute tätig bin. Meine Kreativität musste ich weiterhin in meiner Freizeit ausleben, was auch ein guter Ausgleich zur Paragraphenarbeit ist.

Ich muss jedoch zugeben, dass ich mittlerweile froh bin diesen Schritt gegangen zu sein. Ich war durch das frühe Arbeiten (mit 16 Ausbildung begonnen) sehr schnell selbstständig und auf eigenen Beinen. Meine erste eigene Wohnung hatte ich mit 20, war auch nur durch den festen Job und das regelmäßige Geld möglich.
Im letzte Jahr habe ich mich sogar für eine Weiterbildung (Nebenberuflich) in meinem Berufsbereich entschieden.
Das kürzt die Zeit für das größte und tollste aller Hobbys natürlich sehr. Was auch sehr traurig ist und mir fehlt. Aber es werden auch wieder andere Zeiten kommen und wer weiß, vielleicht wird der Traum von der nicht nur hobbymäßigen Schreiberei irgendwann zum erfolgreichen Nebenberuf?

Großes Gelaber... was ich damit sagen wollte: Ich finde weltliche Berufe (auch wenn meine Träume anders sind) nicht schlecht. Sie bringen einem viel fürs Leben. Meiner Meinung nach unerlässlich. Man braucht ein festes Standbein, auch für den Fall: Nein mit dem Schreiben wird's leider nichts.



Churke

Ich glaube, dass das Schreiben an sich nur die handwerkliche Seite von etwas viel Größerem ist. Denn was auch immer man schreibt, muss man mit Inhalten füllen, und diese Inhalte ergeben sich mehr oder weniger aus der Biographie und den Erfahrungen des Autors. Und da, denke ich, ist der Elfenbeinturm keine gute Location.

Wäre ich gelernter Schriftsteller, würde ich niemals so schreiben wie ich es tue. Ich hätte niemals diesen Wissens- und Erfahrungshorizont und wahrscheinlich würde mir auch die Präzision im Urteil fehlen.

Darielle

Holla,

erstmal auch hier wieder besten Dank für eure Antworten!
Nun, sicher braucht man gewisse Erfahrungen, wenn man weltliche Dinge schreiben will. Da ich aber pure Fantasie aus mir heraussprudeln lasse, die wirklich null mit dem normalen Leben gemein hat, kann mir keine Erfahrung im RL helfen. Alles was ich schreibe ist bewusst so gewählt, dass es nicht von einem RL-Vorgang oder einer physikalischen Regel oder sonstwas abgekupfert ist. Man sagt immer, Kunst ist es erst dann, wenn es die Realität besonders gut nachahmt. Genau den Gegenpart dazu möchte ich erschaffen, weil ich in dieser Welt voller Regeln einfach viel zu sehr eingesperrt bin - wie viele andere auch.

Ja, man muss sich manchmal irgendwo durchkämpfen. Es ist ja nicht so, dass ich das nicht schon oft genug getan hätte, am Ende sogar mit Stolz/ Freude über das erlebte. Sicher muss man bestimmte Dinge als Erfahrung einfach mitnehmen. Aber für mich hat das mit dem schreiben nichts zu tun. Wenn ich einen realen Roman schreiben will, dann recherchiere ich. Wenn nicht, dann brauche ich nur meinen Kopf, ein paar Hände zum Tippen/ Stift halten und ein Medium auf das meine Gedanken transportiert werden sollen. Gut, vielleicht etwas Musik, aber da hört's dann auch auf.

Wenn ich mir eure Kommentare so anschaue, sagen sie eigentlich größtenteils das gleiche aus. Das führt mich also dazu, dass ich kaum eine andere Chance habe, als "irgendetwas" zu tun. An dieser Stelle fällt mir grade ein Zitat von Hesse ("Glasperlenspiel") ein:

ZitatLach mich nur aus, aber diese Abgefallenen haben trotzdem etwas Imponierendes, so wie der abtrünnige Erzengel Luzifer etwas Großes hat. Sie haben vielleicht das falsche getan, viel mehr, sie haben ganz ohne Zweifel das falsche getan, aber immerhin:
Sie haben etwas getan, haben etwas vollzogen, sie haben einen Sprung gewagt, es gehörte Mut dazu.
Wir andern, wir haben Fleiß und Geduld gehabt, und Vernunft, aber getan haben wir nichts, gesprungen sind wir nicht.

Um daraus eine Konsequenz zu ziehen: Ich werde springen. Wo auch immer mich der Flug hinträgt, das werden wir sehen. Ich geh heute aufs Arbeitsamt und mach nen Termin für die Berufsberatung. Wieder ist es so, dass ich nicht weiß was genau ich eigentlich machen soll. Ich wollte Pferdewirt werden - das war mein Lebenstraum. Aber man findet kaum Ausbildungsstellen und damit hört das schon auf. Aber vielleicht gibts im Tierbereich eine andere Möglichkeit, das werde ich alles erfragen.
Gestern stand ich am Abgrund. Heute bin ich Teufel sei dank schon einen Schritt weiter. :vibes:

Lucien

Das ist ja super! Möge Luzifer dich auf deinem Weg behüten und schützend seine Flügel über dich breiten ... äh ... ja.  ;D
Ich drück dir ganz fest die Däumchen, dass du was Hübsches findest.

Thaliope

Zitat von: Darielle am 01. September 2010, 13:19:45

Nun, sicher braucht man gewisse Erfahrungen, wenn man weltliche Dinge schreiben will. Da ich aber pure Fantasie aus mir heraussprudeln lasse, die wirklich null mit dem normalen Leben gemein hat, kann mir keine Erfahrung im RL helfen.

Hm, das sehe ich ein bisschen anders ...
Wie fremdartig und fantastisch auch die Umgebung gestaltet sein mag, in der deine Geschichten spielen, und wie wundersam auch die Figuren sind, die deine Geschichten erzählen ... letztendlich ist das alles bedingt durch die echte Welt, weil sie Grundlage für unsere Vorstellungen ist. Und die Figuren und ihre Konflikte sind eigentlich das, wofür man die Lebenserfahrung braucht.
Das meiste fachliche Wissen könnte man sicher mit mehr oder weniger Aufwand recherchieren, aber die Erfahrungen im zwischenmenschlichen Bereich mit den unterschiedlichsten Charakteren etc. sind meiner Ansicht nach das, was den Figuren in Geschichten Plastizität und Glaubwürdigkeit verleihen kann und vor dem Verharren in Klischees bewahrt.

Und auf der anderen Seite muss es Verknüpfungspunkte zwischen der Fantasie und der echten Welt geben, damit der Leser einen Anknüpfungspunkt für seine eigenen Vorstellungen findet und die Geschichten nachvollziehen kann.

Aber Berufsberatung klingt ja erstmal nach einem sehr guten Schritt. Ich hoffe für dich, dass du einen guten Platz im Tierbereich bekommst, wenn dir das liegt. Und lass dich nicht davon entmutigen, wenn jemand sagt, da gebe es wenig Ausbildungsplätze. Das gilt so ziemlich für jeden Bereich ...

Liebe Grüße und alles Gute
Thali

Aidan

Thali:   :jau:

Darielle, es will dir keiner hier die Freiheit nehmen. Du sollst und kannst fliegen, wenn dir das gegeben ist.

Springen, aufbrechen, seinen Weg gehen erfordert Mut, aber nicht den Teufel. Es geht nicht darum, nicht die Träume zu leben, sondern wie man sich die Basis, den Hort, schafft, damit die Träume nicht Alpträume werden. Wer fliegt braucht einen Landeplatz, wenn er eine Pause braucht.

Entschuldige, aber niemals ist der Teufel ein guter Ratgeber. Denn er zielt auf dein Verderben, nicht auf dein Gelingen. Der andere Weg mag schwieriger erscheinen, weniger spektakulär, aber er führt weiter und nicht in den Abgrund, sondern in die Höhen.

Ein Haus ohne gutes Fundament wird zusammenbrechen.
"Wenn du fliegen willst reicht es nicht, die Flügel auszubreiten. Du musst auch die Ketten lösen, die dich am Boden halten!"

,,NEVER loose your song! Play it. Sing it. But never stop it, because someone else is listening."