• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Ein Held, der hält was er verspricht...?

Begonnen von Zealot, 01. Januar 1970, 01:00:00

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Zealot

Hallo zusammen!
Mal eine allgemeine Frage, welche Art von Charakteren bevorzugt ihr?
Den absoluten Supermann oder doch lieber den Menschen von nebenan?
Die Frage kommt daher, dass ich neulich eine Diskussion mit meiner Freundin ueber die Charaktere bei Dan Brown hatte.
Ich kenne zwar nicht alle Buecher von ihm, aber in denen die ich gelesen/gehoert habe, waren die Protagonisten alle sammt irgendwelche supergenies, die ganz reinzufaellig auch noch fantastisch aussahen.... und das finde ich ziemlich unrealistisch.... ich meine wie oft findet man den Supergenies die auch noch aussehen wie aus nem Modemagazin ausgeschnitten (Mal abgesehen von den Mitgliedern des Tintenzirkel Forums ;) )
Da bevorzuge ich doch lieber den Menschen von nebenan mit all seinen kleinen und grossen Macken/Fehlern.

Dorte

Übertolle Charaktere machen die Geschichte langweilig. Ich schreibe zwar durchaus mal hochintelligente oder magisch begabte Leute, aber die kriegen dafür einen Haufen anderer Probleme aufgehalst, damit der Vorteil wieder fair ausgeglichen wird ;)

Rei

Genau, wenn einer alles kann, ist die Geschichte langweilig. Darum versuche ich auch, so gut es geht, Magie in meinen Geschichten zu vermeiden. Das klingt immer nach einem Hintertürchen, wenn gar nichts mehr geht. Gut, in meiner Seelen-Trilogie gibt es Magie, aber Megha ist noch am Anfang ihrer Ausbildung und außer einem Energietrank und Feuerbällen kann sie nichts zaubern. Naja, außer den Fährmann zu den Heiligen Stätten zu rufen. Mehr ist nicht drin, sie ist auch schnell erschöpft. So wird sie nicht zum Übermenschen und hat auch mit den Nachteilen der Magie zu kämpfen.

Ich denke, das ist wichtig, wie Dorte schon sagte:
ZitatIch schreibe zwar durchaus mal hochintelligente oder magisch begabte Leute, aber die kriegen dafür einen Haufen anderer Probleme aufgehalst, damit der Vorteil wieder fair ausgeglichen wird
So sollte es sein, damit eine gute Mischung entsteht.

Schelmin

Hi!
Einer der alles kann, ist langweilig. Deswegen mag ich James Bond nicht mehr, er ist inzwischen so unglaubwürdig, daß sich keine Schauspielerin mehr finden läßt, die sich dazu hinabläßt, sich als Bondgirl verführen zu lassen. Gähn!

Einer der gar nichts kann, ist vielleicht aber auch langweilig. Es kommt darauf an, daß man ein bißchen mischt, und wie der Charakter am Ende ausgefeilt ist. Auch ein Übermensch hat vielleicht Schwächen, dann wird es wieder interessant. Ein Total-Loser kann aber sympathische Züge haben oder als blindes Huhn mal ein Korn finden. Er kann amüsieren, in dem er von inem Chaos ins nächste stolpert.
Die Umgebung kann den Übermenschen beinflussen. Lustig finde ich als Beispiel die Serie"Malcolm mittendrin", bei der ein hochbegabter Junge in einer Loser-Familie aufwächst.
Der Mensch von nebenan....ja, aber auch er braucht etwas, das ihn interessant macht. Ein malochender Spießer ist sicher kein guter Held. Er braucht auch seinen Konflikt.
Egal wen man sich als Helden wählt, wenn man Spaunnung erzeugen will, braucht er etwas Besonderes, das ihn interessant macht.
Schelmin


Obrac

Japp. Realistische und vor allem sterbliche Charaktere sind wichtig. Die Dunkellefen-Saga von R.A. Salvatore kann ich z.B. kaum mehr lesen, weil die Charaktere einfach unbesiegbar sind.. und wenn doch mal einer stirbt, kommt er irgendwann trotzdem wieder. Stinklangweilig.

Arielen

Ich denke mal, es kommt eine Mischung aus beidem heraus. Meine Charaktere sind sehr menschlich, haben aber auch besondere Talente und Begabungen, die sie ein bißchen anders machen. Das müssen nicht mal Magie oder körperliche sein, es können auch Charakterzüge sein, die sie interessant machen. Wichtig ist mir, ihnen auch Ängste und Schwächen zu geben, die sie trotz ihrer Talente haben

Über Superhelden mag ich nicht mehr viel lesen - gerade hatte ich wie Obrac zwei "Vergessene Reiche" Romane in den Händen, in denen es von zweidimensionalen Überhelden nur so wimmelte. Das war völlig langweilig.
Alles liegt im Auge des Betrachters

Isabel

Ich bin auch eher für "gemischte" Charaktere zu haben - Figuren, die sowohl Stärken als auch Schwächen haben. Gerade habe ich ein Buch zuende gelesen, in dem der Protagonist auch ein absoluter Superheld ohne Fehl und Tadel war, eine Art Vampirversion von James Bond. Laaangweilig! Jeder sollte seine Macken haben, wie auch im richtigen Leben.

Termoniaelfe

Für mich ist es wichtig, dass mein Protagonist innerhalb der Geschichte eine Entwicklung durchmacht. Nicht in dem Sinne, vom hässlichen Entlein zum stolzen Schwan, nein vielmehr die innerliche Entwicklung. Meine Kathy zum Beispiel ist rein äußerlich gesehen, dass unauffällige Mädchen von nebenan. Erst als sie vor der größten Herausforderung ihres noch jungen Lebens steht, wächst sie allmählich an ihren Aufgaben. Im Laufe der Handlung macht sie eine Verwandlung durch, die für sie und die anderen aber erst nach und nach spürbar wird. Und sie lernt, dass man nur gemeinsam große Dinge bewältigen kann. Auch wenn ich Fantasy schreibe und wenn hier und da gezaubert wird, so ist es mir dennoch sehr wichtig rüberzubringen, dass eben nicht alle Konflikte mit Zauberei gelöst werden können. Deshalb habe ich mich auch entschieden, dass Kathy keine der magischen Fähigkeiten von ihrem Vater geerbt hat. Ihre Fähigkeiten sind anderer Natur, mit denen sie aber dennoch ans Ziel gelangt.

LG
Termi

Manja_Bindig

Ich fürchte, ich hab eine Schwäche für psychisch kaputte... mit anderen worten, die haben alle mehr oder weniger einen Traller weg und versuchen, damit zu leben.

Grundsätzlich hab ich EXTREM was gegen Übermenschen... und nein, nciht nur weil Nietzsche(der die Theorie aufgestellt hat) einer der Lieblingsphilosophen Hitlers war - und nein, nciht nur, weils ne gute Story 'putt macht.
Es ist einfach so, dass mich Perfektion deprimiert. Dann seh ich mich, merk, dass ich nicht perfekt bin und bin deprimiert. Und damit ich nicht deprimeirt bin, sind meine Charas nicht perfekt.
Und weil sie nicht perfekt sind, sind sie auch sehr stur, werden lebendig - und meine Story gewinnt. Ginge mit einem Mr. Perfect nicht.

Ganz davon abgesehen: Perfektion ist der natürliche Feind der Evulotion.

Rei

Hmm, also ich versuche immer, die Charaktere so zu machen, wie ich gerne wäre, aber gebe ihnen natürlich genug von meinen Schwächen mit... Es soll ihnen ja nicht zu gut gehen, nicht wahr?

Ich glaube, ich könnte gar keine Geschichte um einen Superhelden schreiben. Was soll dem denn groß passieren?

Dieb springt hinter Superheld aus dem Gebüsch. "Bleib stehen, du Opfer! Ich überfalle dich gerade!"
Superheld dreht sich gelangweilt um und gähnt. "Nicht schon wieder so einer..." Er seufzt, macht einen Schritt auf Dieb zu.
"Bleib, wo du bist, sondt schlitze ich dir den Bauch auf!"
Superheld gähnt erneut, hebt eine Hand, materialisiert einen Plasmastrahl und schleudert ihn auf Dieb. "So, und jetzt kommst du."
"Grmpf", sagt Dieb mit der verbrannten Visage...

Was ist daran bitte spannend? Außer natürlich, Dieb hat einen magischen Dolch... aber auch dagegen hat Superheld was. Und wenn es Anti-magische-Dolche-Unterhosen sind, die er heute morgen zufällig angezogen hat... ;D

Jules

#10
Alle meine Figuren sind irgendwie arm dran und die meisten haben furchtbar unsympatische Züge an sich. Kräftemäßig ist es bei mir auch eher so bestellt, dass sie alle ihre Vorzüge haben, aber auch Nachteile oder dass die angeblichen Vorzüge auch mal Nachteile sind. Auf jeden Fall keine Supermänner, auch wenn die nicht unbedingt langweilig sein müssen. Lese gerade Der letzte seiner Art von Andreas Eschbach und da geht es um einen, der beinahe ein Superman ist und das Buch ist bisher wirklich sehr amüsant und spannend geschrieben, auch wenn hin und wieder ein paar Fragen auftauchen, die aber vermutlich noch beantwortet werden.

Vollkommene Alltags-neben-an-leute mag ich aber auch nicht. Sie sollten immer etwas haben, dass einen fesseln kann und sie sollten auch gewisse Stärken (charakter- und körperlich) haben, die es glaubwürdig machen, dass sie losziehen und meinetwegen einen feindlichen Herrscher samt Orkarmee auslöschen.  

@Manja: Soweit ich informiert bin, hat Nietzsche sich diese 'Bewunderung' nicht ausgesucht und dass er bei Hitler so großen Anklang gefunden hat, liegt daran, dass seine Schwester (Nationalsozialistin), seine Schriften so herausgegeben hat, dass sie zu dessen Ideen passten. Allerdings habe ich seine Werke bisher noch nicht gelesen.

@Rei: Ich würd das lesen. ^.-

Rei

@ Jules: Ich sage mal, wenn die Unterhose wirklich eine Rolle in der Geschichte kriegt, würd ichs auch lesen... Oder schreiben *notier*

Manja_Bindig

@Jules: nun, seine Vorstellung vom Übermenschen gingen sehr mit dem "Arier" konform. Zudem war er, wenn ich seine Biografie richtig deute, ziemlicher Judenhasser. Und er hat die Idee zu einem "Züchtungsprogramm" ähnlich der "Lebensborn" gehabt. GAH!

Aber mal ehrlich, Zealot: ich nehme mal an, dass du dich halbwegs für US-Comics(und deren Verfilmungen) interessierst. Wer ist interessanter, Batman oder Superman?
Batman. Warum? Weil Superman langweilig ist.
Warum ist Superman langweilig? Weil er die Brille im Zivilleben nur zur Tarnung trägt. Weil er perfekt ist. Sowohl charakterlich als auch physisch.
Batman ist interessanter, weil er diese dunkle Seite hat. Er kämpft nicht aus heroischer Absicht, er will Rache und das kratzt den Glanz des Perfekten ab. Er ist ein guter Kampfsportler, aber er weiß, dass er auf moderne Technik angewiesen ist, wo sein Körper versagt. Und er nutzt sie, zeigt damit, dass er weder perfekt ist, noch sich dafür hält. Er ist schlicht und ergreifend menschlicher und echter als Superman. In ihn kann man sich besser hineinversetzen, weil man auch seine schwachen Seiten sieht.
Und genau das wollen wir ja. Perfekte Figuren sind nichts als Figuren, Buchstaben, die auf Papier gedruckt sind. Helden mit Fehlern, dunklen Flecken in der Seele und Psychosen - oder schlicht und ergreifend Schwachstellen im Charakter - und mit physischen Problemen(siehe Harry Potters Brille) sind gerade dadurch lebendig. Man kann sie nicht auf Anhieb in eine Schublade stecken, deswgen liest man weiter. Und beim Lesen lebt man sich in sie hinein.

Schelmin

Hi!
Ich glaube sowas unterliegt auch einem großen Wandel. Diese ganzen Comichelden sind schon sehr alt, und in den 60ern und 70ern war Bond der absolute Knaller. Heute ist das einfach too much, wenn jemand grundsätzlich alles schafft und sich jede Frau automatisch anfängt, auszuziehen, wenn der Held nur den Raum betritt.
Peter Parker in Spiderman war in der Verfilmung sehr sympathisch dargestellt fand ich, auch auch recht zeitgemäß. Ich glaube, man kommt heute nicht mehr darum herum, Charaktere vielschichtiger zu gestalten. Mehr so der Mensch von nebenan, der es aber richtig drauf hat. Oder den Superhelden, den das Schicksal beutelt.
Schelmin

whitedragonmage

Ich denke, dass früher die Superhelden einfach unbesiegbar sein mussten. Heute ist das auf jedenfall anders. Bei mir gibt es keine Hauptfigur, die nich nen Makel hat. Das macht sie dann einfach lebendiger und die Geschichte interessanter. Ausserdem können aus nachteilen auch Vorteile werden!!