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Sterbende Figuren

Begonnen von Manja_Bindig, 01. Januar 1970, 01:00:00

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Lucien

 @ Arrisull: Jaa, immer weg damit! Es macht ja eigentlich auch nicht viel Sinn, mit Gefühl über eine (gefühlslose?) Person zu schreiben.  :hmmm:

@ Gwendelyn: ;D Freut mich, dass es bei dir auch so gut funktioniert! Und das mit dem Herzanfall spare ich mir vielleicht noch für den Schluss auf oder so, ich weiß nämlich noch nicht, wie er letztendlich aus dem Leben scheiden wird. Und so lächerlich wäre es ja eigentlich auch gar nicht, schließlich sterben im realen Leben ja auch nicht alle Bösewichte auf spektakuläre Art und Weise.
Andererseits könnte er ja noch ne Weile zuckend und röchelnd am Boden liegen und ... *räusper*  :psssst:

Joscha

Das finde ich aber eine interessante Frage: Inwiefern sollte man bei sterbenden Figuren auf Realitätsnähe und wie weit auf Dramatik setzen? Die Realität ist natürlich: Es sterben jeden Tag Menschen, häufig durch Unfälle, Krankheiten oder ganz einfach das Alter, auch die meisten Bösewichte.

Nun ist das natürlich kein praktikabler Weg für eine Geschichte. Wer will ein Buch lesen, in dem der Antagonist in der Mitte der Handlung unerwartet den Herztod stirbt? Oder wo der Protagonist urplötzlich Fieber bekommt und dahinscheidet? Vor einigen Jahren hatte ich, angeregt durch einen Freund, der sich über die mangelnde Realitätsnähe der meisten Bücher beschwert hat, eine Phase, in der ich unbedingt alles realistisch haben wollte. Das Ergebnis war, dass einer meiner Protagonisten mitten in der Handlung zufällig von einer Klippe fiel und starb.

Kein sehr dramatisches Ende und vor allem keines, dass der Leser lesen will. In der Hinsicht muss man sich, finde ich, arrangieren. Einerseits muss man sich an den unterbewussten Erwartungshaltungen eines Lesers orientieren und somit am Urgestein der Sterbeszenen, dem dramatischen Tod, andererseits sollte es auch nicht allzu konstruiert wirken. Ein berühmtes Beispiel sind da die letzten Worte. Wann hat man das letzte Mal ein (Fantasy-)Buch gelesen, in dem der Held oder Gegenheld nicht nach einem spektakulären Schwertstoß oder einem schleichenden Gift noch Zeit für einige tiefgründige, prophetische letzte Worte gehabt hätte? Schon bei Karl May stirbt Ribanna mit "dem Namen meines Bruders auf den Lippen". Von Winnetou selbst einmal ganz zu schweigen.

Mittlerweile bin ich aus der Phase heraus, in der ich revolutionär die Literatur umwälzen wollte und endlich mehr Realismus und Lebensnähe hineinbringen. An einem Herzanfall lasse ich keine halbwegs wichtige Figur sterben, zumindest nicht im Verlauf der Handlung, denn Literatur ist ja gerade dazu da, ein wenig Ordnung und Struktur und vor allem: Sinn! in unser chaotisches, scheinbar zufälliges Leben zu bringen und da haben plot-irrelevante Todesfälle nun Mal nichts verloren. ;)

Grüße
Joscha


Kati

ZitatDas Ergebnis war, dass einer meiner Protagonisten mitten in der Handlung zufällig von einer Klippe fiel und starb.

Das finde ich gar nicht so schlecht, wenn es einer der Protagonisten war. Es kommt überraschend und, wenn es gut geschrieben ist, gerät der Leser sicherlich schon aus der Fassung. Finde ich eigentlich gut.
Ich mache sowas nicht gerne, aber bloß aus dem Grund, dass meine armen Charas nicht sterben sollen. Nur, wenn es absolut notwendig ist.
Die letzten Worte finde ich meist sehr übertrieben. Ich sage nur "Faust", wo Valentin noch drei Seiten gedichteten Monolog runterrattern kann, bevor er dann doch stirbt.  ;D Meine Charas haben selten noch letzte Worte übrig, bloß der Anta in meinem allerersten Roman. Aber die sind mir schon so lieb geworden, die mag ich nicht wegkürzen. (Denkt an ihren Lieblingsanta  :'() Das bisschen Würde lasse ich ihm jetzt.

LG,

Kati

Lucien

 :rofl: Das mit der Klippe finde ich gut!
Man sollte es mit der Realtitätsnähe wirklich nicht übertreiben, aber deshalb darf ein natürlicher Tod wichtiter Figuren auch nicht gleich zum Tabu werden, finde ich.
Aber das mit dem Herzanfall wird wohl so oder so nichts, ich habe eben in den Notizen seinen ganz persönlichen "Jungbrunnen" gefunden. Sein Herz wird also nicht so schnell aufgeben.
Aber vielleicht schreibe ich ja doch noch zum Spaß die Szene und packe sie als "Bonus" hinten dran.  ;D
Als Kontrast zum Herzanfall: Mein jüngster Prota hat mir heute verraten, dass er mit ansehen musste, wie sein bester Freund zu Tode gefoltert wird und er soll sich dran erinnern, d.h. ich werde die Szene schreiben müssen. *Hände reib*

Kati

ZitatAls Kontrast zum Herzanfall: Mein jüngster Prota hat mir heute verraten, dass er mit ansehen musste, wie sein bester Freund zu Tode gefoltert wird und er soll sich dran erinnern, d.h. ich werde die Szene schreiben müssen. *Hände reib*

Bei sowas weine ich immer fast.  :-\ Der Freund meiner Prota hat ihr gerade den Selbstmord seines Bruders geschildert. Ich war sooo nah dran... :'(
Was haltet ihr eigentlich davon, wenn Charaktere grundlos von Autoren getötet werden? Und, das Gegenteil, wenn in einem Buch, in dem es durchaus angebracht wäre, überhaupt niemand stirbt?

LG,

Kati

Lucien

Ich bin auch nah am Wasser gebaut, wenn gute Freunde sterben. Ich habe mal einen an einem üblen Virus sterben lassen, im Beisein seines Sohnes und seiner engsten Freunde. Ich muste es überarbeiten und habe dreimal abgebrochen, weil ich heulen musste.  :psssst:

Wenn jemand grundlos stirbt oder an angebrachter Stelle niemand stirbt, finde ich das doof. Natürlich bin ich da auch manchmal etwas voreingenommen (wenn ihr mich fragt, in Harry Potter ist der Tod von Sirius und Lupin VÖLLIG überflüssig), aber alles in allem akzeptiere ich es, wenn die Handlung es plausibel macht.
Aber so unsinnige (nicht vorhandene) Todesfälle finde ich blöd, vor allem, wenn sie nicht die geringsten Folgen mit sich bringen.

Romy

#201
Zitat von: Kati am 23. Dezember 2009, 21:08:07
Was haltet ihr eigentlich davon, wenn Charaktere grundlos von Autoren getötet werden?
Wenn es sich um eine wichtige Figur handelt, dann finde ich das wirklich seeehr blöd, das geht soweit, dass mein Kopf das ignoriert und ich das dann (nachdem ich das Buch ausgelesen habe und wenn ich eine Weile später wieder dran denke), völlig vergesse. Bei den beiden Beispielen von Jenny aus HP ging/geht es mir z.B. auch so.
Andererseits, wenn ein Autor einen Grund sucht, eine Figur zu töten, findet er auch einen. Und es ist ja auch unrealistisch, wenn in einem Krieg oder Kampf niemand stirbt. Vermutlich waren das auch die Beweggründe von JK Rowling, die beiden um die Ecke zu bringen  :'( 

Zitat von: KatiUnd, das Gegenteil, wenn in einem Buch, in dem es durchaus angebracht wäre, überhaupt niemand stirbt?
Das finde ich vor allem ziemlich unrealistisch und wenn es zu auffällig wird, kann ich so eine Geschichte irgendwann nicht mehr ernst nehmen. Wie gesagt, wenn da ein Krieg oder eine gefährliche Queste stattfindet, und alle Hauptfiguren überleben es (womöglich noch völlig unverletzt), dann ist das einfach komplett unglaubwürdig. Es ist zwar immer traurig für den Leser, wenn eine geliebte Figur stirbt, aber Opfer müssen auch sein.
Bei mir ist es eigentlich immer so, dass einer meiner Perspektiventräger, oder eine sehr nahestehende Person, am Ende tot ist. That's life  ;)

Moa-Bella

Ich habe mal ein Buch gelesen, in dem die Charaktere auf einmal anfingen, wie die Fliegen wegzusterben. Der eine wurde im Kampf verwundet, am nächsten Tag war er tot, eine opferte sich und einer beging völlig sinnlos Selbstmord. Hat mihc dann doch irgendwie genervt. Wenn sie aber nachdem sie, ich übertreibe, von zwei Dutzend Kugeln durchlöchert wurden immernoch weiterkriechen nervt das genau so. Man muss ein gutes Mittelmaß finden.

Lucien

Na ja, ich habe es sicher schon erwähnt, aber in einem meiner Werke werden am Schluss auch alle Hauptfiguren tot sein.
Das ist allerdings notwendig, schließlich kann ich nicht allen plötzlich eine Art von Unsterblichkeit andichten (einer bekommt eh schon drei Leben geschenkt, aber dann ist wirklich Schlus).
Und nach 600 Jahren ist für jeden mal Schluss.
:-\ Aber mir fällt grad auf, ich habe auch eine Phase im Buch, in der die Leute gehäuft sterben oder auf wundersame Weise überleben.  :psssst:

Nashi

Also ich habe zwei meiner Hauptcharaktere sterben lassen und ich fand es gut. Ich mochte diese beiden Charas wirklich gerne und habe sie deswegen auch gerne sterben lassen -lach-. Beide wurden im Kampf getötet, allerdings geschah das erste mehr im ersten Drittel des Buches und der andere Tod weiter hinten. Ja klar, irgendwie wars auch sehr traurig, ich mochte vor allem die erste Person, die starb, aber die Szene zu schreiben, hat mir total Spaß gemacht. Da konnte ich wenigstens all mein Gefühl reinlegen. Naja gut, so richtig sterben die beiden auch nicht, aber sie verabschieden sich fürs Erste von der Bildfläche ;D.
Schlimmer fand ich es da, eine Person, die ich eigentlich schon länger mit eingeplant hatte und die auch theoretisch fester Bestandteil des Plots war, einfach wegzustreichen, weil dann war es ja so, als hätte die Person nie existiert. Das fand ich weitaus trauriger.

Naja, in meiner neuen Geschichte stirbt auch die Hälfte der Familie der Protagonistin in der Vorgeschichte und zu Anfang des Buches stirbt eine sehr gute Freundin. Aber das war leider notwendig, denn sonst würde meine Protagonistin nicht Selbstmord begehen und in die Hölle gelangen ;D. Ja ich weiß, ich bin fies und diabolisch, aber es macht ja auch übelst Spaß -grins-

Kolibri

Bei mir ist es ja meistens so, dass ich einen Charakter im Kopf habe und daraus eine Geschichte ergibt.. sich sozusagen alles von selber ergänzt. Und desswegen entwickelt sich die Geschichte von anfang an so, dass die Charaktere die ich mag nicht sterben müssen. :'D Sozusagen Selbstschutz... aber gut finde ich es nicht!

Simara

Manchmal sehe ich sie plötzlich vor meinem inneren Auge sterben, und wenn ich es nicht aufschreibe, wir dieses Bild auch nicht mehr verschwinden. Trotzdem drücke ich mich oft davor sie zu töten, einfach, weil es etwas so schrecklich entgültiges hat, selbst wenn man noch weiter über sie schreibt, man weis einfach das sie den Abschluß der Geschichte nicht mehr erleben werden. (Aber dafür gibt es ja Rückblenden... ;D)

Geli

@Simara: Du darfst Dich als Autor nicht vor irgend etwas drücken. Mogeln merkt man dem Text nämlich an. Zweitens, auch wenn es noch so schmerzt: Jeder eigene Text gehört überarbeitet. Es ist völlig normal, eine Todesszene drei-, vier-, fünffach zu schreiben. Erstens gewöhnst Du Dich dabei daran, Figuren umzubringen. Zweitens lernst Du, das sind wirklich nur Pappkameraden. Es gibt definitiv einen Unterschied.
Und zuletzt -  ich warne ganz ausdrücklich vor Rückblenden. Ein einziger Satz in einem Kapitel, der sich auf die Vergangenheit einer Figur bezieht, ist okay, so lange Du aus deren Erzählperspektive schreibst. Ganze Kapitel, die erzählen, was vor dem Roman geschah, machen Dir klar: Du setzt mit der Handlung zu spät ein.

THDuana

#208
Zitat von: Simara am 27. April 2010, 14:23:03Trotzdem drücke ich mich oft davor sie zu töten, einfach, weil es etwas so schrecklich entgültiges hat, selbst wenn man noch weiter über sie schreibt, man weis einfach das sie den Abschluß der Geschichte nicht mehr erleben werden.
Meine Figuren "entscheiden" sich meist selbst für den Tod. Nicht unbedingt im Sinne von Suizid, aber dahingehend, dass ich mir nicht vornehme, sie umzubringen. Wenn es in die Geschichte passt und ihr eine entscheidende / spannende Wendung gibt, muss die Figur sterben, wenn es keinen Einfluss auf die Geschichte hat, kann sie von mir aus überleben. Sinnloses Morden ist sogar auf dem Papier mehr als unangebracht.

Aber ist stimme Geli zu, umso öfter du dich von Figuren trennst, desto leichter fällt es dir. Und jede Geschichte findet ein Ende und damit trennen sich die Wege von Autor und Figur. Ob die Figur in den Sphären der Unwirklichkeit weiterlebt oder nicht, spielt eigentlich keine Rolle. Egal wie viele Fortsetzungen du schreibst, um mehr Zeit mit der Figur zu verbringen, irgendwann ist es vorbei. ;)

Kati

Vor ein paar Tagen musste ich eine Sterbeszene schreiben, die eigentlich gar nicht richtig eine ist. Meine Hilary überlebt nämlich und stirbt später an den Folgen.  :'( Ich habe auch überlegt, ob ich sie überleben lasse, aber irgendwie wäre das nicht richtig. Dann wäre in dem Roman nämlich alles gut gegangen für die Prota und so etwas finde ich nicht gut. Traurig bin ich trotzdem. Sie war wirklich eine der unwichtigsten Nebenfiguren, aber irgendwie...

Rückblenden finde ich persönlich gar nicht so schlimm, wenn es sich bloß um einige Sätze, einen Absatz vielleicht, handelt oder etwas, dass der Prota gar nicht wissen kann, etwas, dass ihm dann erzählt wird. Ich schreibe ja immer aus der Ich-Perspektive, da ist es eigentlich unvermeitlich ein paar Rückblenden einzubauen.  :)