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Sterbende Figuren

Begonnen von Manja_Bindig, 01. Januar 1970, 01:00:00

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Sin

Ich wollte mal einen Prota sterben lassen, um die beiden anderen zusammen zu bekommen. Am anfang mochte ich ihn nicht sonderlich, deshalb dachte ich noch, es wäre eine gute Idee.
Inzwischen ist er mir so ans Herz gewachsen, dass ich es einfach nicht mehr übers Herz bringe. Also habe ich mir eine andere Lösung ausgedacht. Vorerst wird er 'nur' sein Gedächtnis verlieren. Die beiden anderen werden trotzdem zusammenkommen, nur eben auf einem anderen Weg.

Bei nicht so wichtigen Charas stört es mich meist weniger, wenn einer stirbt. Bei einem Prota allerdings trauere ich dann schon. Bisher ist es mir noch erspart geblieben, einen von ihnen sterben zu lassen. Bei meiner neuen Planung sieht es allerdins so aus, als würde es doch einen treffen...  :'(

Mal sehen, wie sich die ganze Geschichte weiterentwickeln wird....

Wuo Long

Hmm,

nennt mich kaltblütig, aber ich baue in der Regel keine so innige emotionale Bindung zu irgendeinen meiner Charaktere auf, als das es mir zu schade wäre, sie über die Klinge springen zu lassen. Vorrausgesetzt es tut dem Plot gut. Überhaupt bin ich ein sehr plotverliebter Mensch. Für einen (in meinen Augen) guten Plot würde ich glaube ich alles tun, was erlaubt oder auch nicht erlaubt wäre.

Aus dieser Argumentation heraus erschließt sich aber, dass ich Protagonisten sehr selten sterben lasse, weil ich meistens nicht so viele von ihnen in einer Geschichte habe. Zwei, wenn es mal hochkommt. Bringe ich sie um...aus wessen Sicht soll ich dann weitererzählen?

Bringe ich sie am Ende um, dann ist die Handlung meist schon erzählt. Da kann ich sie auch am Leben lassen, damit der potentielle Leser mich nicht zu sehr hasst. Und klischeehafte Heldenopferungen, um ein dramatisches Ende zu erzielen, kann ich auf den Tod nicht ausstehen.

Es gibt eine Situation, wo ich den Tod einer Figur als sinnvoll betrachte: Und das ist die Wirkung ihres Sterbens auf die Hinterbliebenen. Wie gehen Menschen mit dem Tod einer anderen Person um, die eine wichtige Rolle in ihrem Leben gespielt hat? Wie gehen sie mit dem Wissen um ihre eigene Sterblichkeit um? So etwas zu erzählen bringt nicht nur den Plot voran, es ist je nach Umsetzung auch ein gutes Mittel um Charakterentwicklung anzukurbeln. 

Das wäre mein Senf zu dem Thema...

Joscha

Zitat von: Wuo Long am 16. Dezember 2009, 19:44:32
nennt mich kaltblütig, aber ich baue in der Regel keine so innige emotionale Bindung zu irgendeinen meiner Charaktere auf, als das es mir zu schade wäre, sie über die Klinge springen zu lassen.

So geht es mir meistens auch. Normalerweise habe ich keine sehr innige Bindung zu meinen Charakteren, was aber nicht heißt, dass ich mich nicht in sie hineinversetzen könnte. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass meine Verbindungen zu den Charakteren wächst, je länger ich an ihnen schreibe. Ich habe lange Zeit kaum Werke mit mehr als zwanzig, dreißig Seiten zustande gebracht, weil ich sie ganz einfach aufgrund einer neuen Idee aufgegeben habe. Das hat sich - zumindest bei meinem NaNo-Roman - verändert, über den ich jetzt schon 90.000 Worte verloren habe - und plötzlich erscheint mir die Vorstellung grausam, meinen mir ans Herz gewachsenen Protagonisten sterben zu lassen. Wobei letztendlich nur sein Tod die Entstehung eines wirklichen Endes herbeiführen kann.

Den dramatischen Heldentot am Ende der Geschichte halte ich normalerweise auch für überflüssig. À la: Held besiegt Bösewicht und kommt dabei um oder opfert sich, um die Welt zu retten, wobei es im letzteren Fall durchaus auf die Ausgestaltung ankommt. Aber das hängt davon ab, was man als dramatischen Heldentot betrachtet und was als eine konsequente Weiterführung des im Laufe des Plots herbeigeführten Konfliktes. Wenn sich zwei Parteien bis aufs Blut bekriegen und am Ende überleben alle und keiner nimmt schaden, dann ist das schlicht und ergreifend unrealistisch.

Anamalya

Zitat von: Wuo Long am 16. Dezember 2009, 19:44:32

Es gibt eine Situation, wo ich den Tod einer Figur als sinnvoll betrachte: Und das ist die Wirkung ihres Sterbens auf die Hinterbliebenen. Wie gehen Menschen mit dem Tod einer anderen Person um, die eine wichtige Rolle in ihrem Leben gespielt hat? Wie gehen sie mit dem Wissen um ihre eigene Sterblichkeit um? So etwas zu erzählen bringt nicht nur den Plot voran, es ist je nach Umsetzung auch ein gutes Mittel um Charakterentwicklung anzukurbeln. 

Da kann ich dir nur zustimmen. Zu Beginn meines Romans stirbt die Mutter meines Protas, der zu dem Zeitpunkt erst 9 Jahre alt ist. Dieses Ereignis wird sein ganzes Leben bestimmen, weil sein Vater daraufhin zum Alkoholiker wird, der ihn dann schlägt, er ist auf sich allein gestellt, entwickelt eine Verachtung gegenüber seinen Mitmenschen etc. Ihr Tod löst also eine ganze Kette von Ereignissen aus.

Bei meinem Buch habe ich schon eine Bindung zu den Charakteren, ich glaube ich wäre wirklich in sehr bedrückter Stimmung, wenn ich einen von ihnen umbringen würde, zumindest bei meinen Lieblingspersonen. Allerdings weiß ich ja, wer überlebt, und in meinen Plot passen allzu viele Todesfälle allein inhaltlich nicht.
Ich schreibe allerdings gerade eine Horrorkurzgeschichte, die meine Protagonistin nicht überleben wird. Dadurch dass ich das jetzt schon weiß, versuche ich auch lieber überhaupt nicht, sie sonderlich lieb zu gewinnen. Und das ganze ist ja eine Kurzgeschichte, also nicht zu lang, da habe ich nicht so viel Zeit, eine Bindung aufzubauen...

LG
Anamalya

Jara

Ich liebe meine Charaktere. Ich fiebere und lache und weine und kämpe und . . . mit ihnen!
Tragischerweise nicht nur mit den Protas, sondern - ich hab da ein Faible scheint mir - besonders mit den lieben, bösen Antagonisten.
Dementsprechend bin ich immer traurig, wenn jemand stirbt egal von welcher Seite :seufz:.
Aber gerade weil es mich so mitnimmt, glaube ich, das ganz gut darstellen zu können. Gut heißt für mich in dem Fall emotional, nur das wiederrum ist ja nicht jedermanns Sache ;).
Aber es ist toll, wenn ich mir so eine richtig schöne Sterbeszene im Nachhinein durchlesen kann und selbst davon begeistert bin. Das war bei meinem Erstling so. Mein Anta hat sich schlussendlich selbst das Leben genommen aus Reue. Da haben sogar meine zwei Protas getrauert, weil es so schaurig schön war. Ähm ja :wums:, ich hör schon auf mit dem selbstverliebten Geschwafel.
Auf jeden Fall kann ich meine Figuren nicht kurz - und schmerzlos sterben lassen. Sie müssen ja nicht wie bei Schillers Kabale& Liebe oder wie bei drittklassigen Bühnenaufführungen ewig vor sich hinsterben. Aber etwas Herzschmerz, Leid und Emotion muss schon dabei sein.

KiwiKatze

Ich lasse selten Charaktere wirklich sterben, aber wenn es denn einmal sein muss, leide ich unglaublich mit.
Das ist mir sogar bei zwei Nebencharakteren (einem Pärchen) passiert, die ich nur erschaffen habe, damit erst einer von beiden stirbt und der andere daraufhin einen der Hauptcharaktere darum bittet, ihn zu töten (er bzw. im Roman war es eine Sie, konnte sich wegen ihrer dämonischen Herkunft nicht selbst umbringen). Dieser Konflikt war für die Handlung wichtig und ich dachte auch nicht, dass mich das irgendwie mitnehmen würde.
Als es dann allerdings soweit war, dass der erste Teil des Paares nun gleich sterben sollte, wurde mir bereits ziemlich mulmig zumute. Als er dann tatsächlich starb ging es mir noch einigermaßen gut, doch als seine Gefährtin zu ihm lief und es darum ging, ihre Verzweiflung darzustellen, hatte ich Tränen in den Augen und konnte die Szene nur noch mit einem dicken Kloß im Hals zu Ende schreiben. Den Rest des Tages verbrachte ich dann damit durch die Wohnung zu geistern und mich immer wieder selbst zu beschimpfen, dass ich ein schlechter Mensch sei und wie ich den beiden das nur antun konnte  ::)
Im Endeffekt gehört diese Szene allerdings zu den Besten, die ich jemals zustande gebracht habe und ich glaube, einige meiner Charaktere sollten sich in Zukunft lieber vor mir in Acht nehmen  ;D

Kati

ZitatTragischerweise nicht nur mit den Protas, sondern - ich hab da ein Faible scheint mir - besonders mit den lieben, bösen Antagonisten.

Das kommt mir sehr bekannt vor. Meine armen Antas.  :'( Ich hasse es, wenn sie sterben, deshalb suche ich immer einen Weg drum herum.

LG,

Kati

Bisou

Ja, irgendwie fällt es mir mit meinen Antagonisten auch sehr schwer. Das kann zum einen den grund haben, dass der Antagonist ja stets dem  Protagonisten entgegenarbeitet und man im Prinzip immer im Zwiespalt steht. Meine Antas sind zum Beispiel auch besser ausgearbeitet als meine Protagonisten  :innocent:
Aber bei mir sterben nicht alle Antagonisten, die, um die sich alles dreht und die schlussendlich dann doch die Protagonistin ist, stirbt nicht...bei sowas liebe ich offene Enden.  ;)

Lucien

Ich habe es geschafft, meine Anta zu hassen, weil sie schrecklich böse zu meinem Lieblingsnebenchara ist. Leider passt ein großer Showdown mit ihr nicht in das Konzept der Story, aber wenn ich es mir recht überlege, hat sie den auch nicht verdient. Pah! Sie stirbt so, wie sie gelebt hat: Hinterhältig und ganz, ganz ... alleine!! *diabolisches Lachen*

Ich finde diese Art des Sterbens übrigens besonders tragisch, egal, ob ich Figuren mag oer nicht. Alleine Sterben, ohne jemandem sein Herz erleichtern zu können ...  :d'oh:

Gwendelyn

ZitatIch habe es geschafft, meine Anta zu hassen, weil sie schrecklich böse zu meinem Lieblingsnebenchara ist.

Mhh... Das habe ich bisher noch nicht geschafft. Ich nehme mir am Anfang jeder Geschichte vor meinen Antagonisten nicht zu mögen, aber kaum habe ein bisschen über ihn (oder sie) geschrieben, bricht mir schon der Gedanke das Herz, dass er/sie am Ende den Weg alles Irdischen geht. Ich frage mich was ein Psychologe zu meiner Bösewichtephilie sagen würde...  ;)

Bei Charakteren, die ich nicht besonders gerne mag, hängt es eigentlich größtenteils von meiner aktuellen Laune ab, ob mich eine Todesszene mitnimmt oder nicht. Es ist schon vorgekommen, dass ich einen ganzen Tag mein Notebook angestarrt habe, weil ich nicht in der Lage war zwei meiner Nebencharaktere zu töten, obwohl ihr Tod für den Verlauf der Handlung unendbehrlich war. Tja... Und am nächsten Tag habe ich mich ziemlich über einen Komilitonen geärgert, mein Zug hatte verdammt viel Verspätung und noch ein paar äußert unangenehme Dinge, die alle dazu geführt haben, dass ich abends völlig genervt war. Als ich mich dann an den Computer gesetzt habe, war meine Blockade vergessen und die beiden betreffenden Charas (und noch ein paar andere) sind auf ziemlich spektakuläre Art und Weise aus dem Leben geschieden. Naja.. was soll ich sagen? Es war ein RICHTIG mieser Tag...

Bei Charakteren, die ich mag, sieht es schon wieder ganz anders aus. Bei ihnen fällt es mir immer unheimlich schwer sie sterben zu lassen und tue es nur wenn es absolut notwendig ist. Wenn es sich wirklich nicht vermeiden lässt, brauche ich immer ewig bis ich den Text geschrieben habe und bin danach furchtbar depremiert.

Ich glaube jeder Psychiater würde an mir seine Freude haben... und sich eine goldene Nase verdienen.  ::)

Moa-Bella

Ich stehe jetzt wieder davor zu entscheiden, ob zwei Figuren im Laufe der Geschichte sterben sollen. Mit der einen weiß ich im Laufe der Geschichte einfach nichts mehr anzufangen, aber ich mag sie zu sehr um sie wegzulassen und mit der anderen weiß ich auch nichts anderes anzufangen als sie im Showdown dramatisch das Zeitliche segnen zu lassen, alles andere ist nicht dramatisch genung oder zu kitschig oder zu moralisch. Er arbeitet die ganze Zeit gegen meine drei Protagonisten, auch wenn er das nicht ganz freiwillig tut und wenn er am Ende doch überlebt, was mache ich dann mit ihm? Ich werde mir das nochmal ganz genau überlegen und wie das ganze dann passiert, aber ich will beide nicht sterben lassen, ein schönes Buch will ich aber auch schreiben. Schönes Dilemma :(

Lucien

Zitat von: Gwendelyn am 20. Dezember 2009, 21:06:05
Ich nehme mir am Anfang jeder Geschichte vor meinen Antagonisten nicht zu mögen, aber kaum habe ein bisschen über ihn (oder sie) geschrieben, bricht mir schon der Gedanke das Herz, dass er/sie am Ende den Weg alles Irdischen geht.
Ich verrate dir (und allen anderen) mein todsicheres Anta-Hass-Geheimnis:
Denk an eine Person, die du auf den Tod nicht ausstehen kannst und erschaffe nach diesem Ebenbild deinen Anta.  :darth:
Bei mir hat das SO GUT funktioniert, dass ich das auch nur einmal gemacht habe. 
Bei meinen anderen Bösewichten werde ich auch mehr oder weniger Schwach.

Ich hatte mir schon eine coole Sterbeszene für meinen aktuellen Anta zurecht gelegt (ist nämlich ein Greis):
Sein vermeintlich ach so loyaler Gefolgsmann betrügt ihn, wopraufhin Anta sich so aufregt, dass er einfach ein Herzklabastern bekommt und tot umfällt.  ;D
Leider muss sein Gefolgsmann schon zu Beginn der Story von ihm gehen, was diese Sterbeszene leider hinfällig macht.  :(
Dabei hätte ich sooo gerne meine (potenzielle) Leserschaft ein wenig geärgert.  ::)

Arrisull

Da kann ich Jenny nur beipflichten mit ihrer Methode. Die wende ich nämlich auch an. Konsequent bis zum Ende durchziehen und bloß keine Gefühlsregungen aufkommen lassen. Das haben die alle nicht verdient !  ;)

Vali

Ach, mit Antas umbringen habe ich keine Probleme. Mein Hauptanta mag vielleicht eine mitleiderregende Hintergrundgeschichte haben, aber seine Art Probleme zu lösen ist einfach verachtenswert, dass ich es nicht so schade finde, wenn er von meinem Prota über den Jordan geschickt wird. Ob die Leser das genauso sehen oder mir das sehr übel nehmen, werden wir ja sehen :snicker: Bei seinem Fall habe ich jedenfalls keinen Skrupel.

Gwendelyn

ZitatDenk an eine Person, die du auf den Tod nicht ausstehen kannst und erschaffe nach diesem Ebenbild deinen Anta.

Wow!  :pompom:
Auf die Idee bin ich ehrlich gesagt gar nicht gekommen. Ich habe es auch gleich mal versucht, da mir in meinem aktuellen Projekt noch ein richtig mieser Antagonist (oder besser gesagt der Charakter zu meinem Anta) gefehlt hat. Und es hat funktioniert! Ich kann ihn absolut nicht ausstehen! Ich freue mich jetzt schon auf das Finale. Hehe...

Die Idee mit dem Herzanfall ist übrigens spitze!  :jau: Ich hab versucht es mir bildlich vorzustellen und habe Tränen gelacht! Schade, dass es nicht in die Geschichte passt.