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Sterbende Figuren

Begonnen von Manja_Bindig, 01. Januar 1970, 01:00:00

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Lavendel

Klar reagieren unterschiedliche Menschen anders. Wie das mit Schemata so ist, haben sie ihre Grenzen. Und nicht alle Leute, die sich mit diesem Thema befassen, sind von dieser Einteilung überzeugt.
Diese Phasen sind ja auch nur ein Ansatz. Es gibt jede Menge Material dazu, wenn man mal 'Trauerphasen' bei google eingibt. Das könnte immerhin Anregungen geben.

Coppelia

Ich hab tatsächlich mal gegoogelt ... Mann, mich macht schon das Googeln ganz traurig.  :'(
Jedenfalls wird es sicher schwer, in einer actionreichen Fantasygeschichte angemessen mit Trauerarbeit umzugehen. Ich denke gerade, dass ich da bei meinem momentanen Buchprojekt wohl ziemlich schlampig bin. Selbst wenn die Ehefrau ihren Mann nicht geliebt hat, würde sie sicher mehr um ihn trauern, als sie es bei mir tut ... von dem Schock ganz zu schweigen, den die Ermordnung einer ganzen Regierung verusacht ... *seufz* Wenn man sämtliche Regierungsmitglieder persönlich kennt.
Ich muss wohl etwas mehr Trauer oder zumindest Emotionen einbauen, auch wenn meine Hauptfigur ein rechter Zyniker ist. Sogar ihn sollte das berühren! Und seine Umgebung natürlich erst recht! Jedenfalls weiß ich jetzt auch, dass ich die Geliebte einer Nebenfigur NICHT sterben lasse, sonst würde ich den armen Mann auch noch die ganze Zeit trauern lassen müssen ...

Breanna

Aber ich finde, man muss die Trauer auch nicht allzu breit treten, sonst langweilt man den Leser irgendwann damit und außerdem haben auch Figuren ein Recht auf Privatleben.  ;D

Manja_Bindig

Tja, Breanna... die Schüler meines toten Magiers, die sich zu seinen ehren versammelt haben, sind überrascht, beschämt und geschockt, dass sie nach zwei Tagen schon wieder lachen können...

Lisande

Zitat von: Manja am 28. August 2007, 20:01:36
Tja, Breanna... die Schüler meines toten Magiers, die sich zu seinen ehren versammelt haben, sind überrascht, beschämt und geschockt, dass sie nach zwei Tagen schon wieder lachen können...

Das ist aber sehr natürlich! Und muss noch nicht mal 2 Tage dauern, je nach Situation.

Berjosa

Danke für die Fragen, Rumpelstilzchen. Ich glaube, mit denen komme ich schon weiter.
Besonders die letzte Frage finde ich schwierig. In dieser Welt ist der Tod sehr viel präsenter, als er es bei uns üblicherweise ist. Meine Helden haben alle schon etliche Leute in unterschiedlichen Situationen sterben sehen. Es fällt mir schwer, mich da hineinzuversetzen.

Irgendwie ist es schon so, dass in Romanen die meisten Leute keine Zeit haben, auf den Tod nahe stehender Menschen zu reagieren, weil gerade so viele Dinge passieren, um die sie sich kümmern müssen. Nun gut, ich schreibe einen Krimi, es geht also darum, herauszufinden, wer den Toten umgebracht hat. Das bewahrt mich in diesem Fall vor einem anderen Lieblingsfehler, nämlich davor, dass auch ich als Autorin den Toten im allgemeinen Betrieb einfach vergesse. Davor, dass auch dann, wenn die Welt gerettet ist, niemand trauert, wenigstens an ihn denkt, für ein ehrliches Begräbnis sorgt o.ä.

Übrigens bin ich schon der Meinung, dass im Verlauf des Endkampfs zwischen Gut und Böse unter Umständen viele Leute ums Leben kommen können, je nach dem, wie groß die Schlacht angelegt ist. So, wie in einer Tavernenszene eben Leute auftauchen, die Bier trinken, grölen, evtl. eine Schlägerei anfangen, damit die Szenerie stimmt. Welche Bedeutung sie für den Rest der Geschichte haben, ist eine Frage der Dramaturgie.
Extra zum Zweck des Umgebracht-werdens eingeführte Schnellsterber erfreuen sich ja nicht gerade allgemeiner Beliebtheit. Hauptfiguren ersten Ranges, andererseits, haben meiner Meinung nach einen sorgsam inszenierten Heldentod verdient. Ein paar Stufen dazwischen muss es meines Erachtens auch noch geben.

Grey

Wenn  man denn einen Endkampf zwischen Gut und Böse und eine dazugehörige Schlacht überhaupt hat ...

Manja_Bindig

@Lisande: Natürlich ist das natürlich. Aber trotzdem hast du in dem Moment ein schlechtes Gewissen: "er ist noch nicht mal verbrannt und wir tun schon so, als ob nie was gewesen wäre." Das gehört genauso dazu.
Args, ich werd schon wieder traurig, wenn ich nur an diese 5 Kapitel denke.

Lisande

@Manja: ich meinte auch nicht nur, dass es sehr natürlich ist, wieder lachen zu können, sondern auch den Schock darüber. War etwas zu kurz formuliert.  :)

Manja_Bindig

Ah! *Glühbirne über dem Kopf anknips*
(Aber tatsächlich - es ist natürlich in der trauerzeit zu lachen - schon allein, wenn man Anekdoten erzählt, die mit der verstorbenen Person zusammenhängen - nur sag das mal einem, der grad in der Phase ist, der wird dich nur anstarren.)

Lisande

Eine vernünftige Totenwache läuft ja auch so ab, dass Geschichten aus dem Leben des Toten erzählt werden, und dabei gelacht und geheult wird, je nachdem, was gerade erzählt wird.
Das finde ich eigentlich eine sehr gute Art der Trauerarbeit, weil dadurch derjenige wirklich so in Erinnerung gerufen wird, wie er war, und wie verschiedene Personen ihn erlebt haben.

Immortal

Ich lass in meinem aktuellen Roman den Vater meines Protas sterben kurz nachdem sich mein Prota auf ins Abenteuer gestürzt hat  ;D

So bleibt mir erst einmal die lästige Trauer weg und später, vielleicht im zweiten oder dritten Band der Trilogie darf dann die Trauer ein bisschen ausbrechen und während er heult blende ich einfach zu einem anderen Prota um. Ich bin nämlich ein klassischer Vielsichten-Schreiber.

Wenn ich dann wieder zu dem Trauernden komme schreibe ich etwas in der Art:
Lange hatte er geweint. Doch sein Herz blutete auch noch, auch als seine Tränen versiegten.
Oder was in der Art und dann kann er schon wieder halbwegs normal handeln ;)
Zahme Vögel träumen von der Freiheit, wilde fliegen.

Mercury

Schwierig... wen es nur NEbencharas sind, hab ich kein Problem, aber einen wichtigen Protago ? Ne - nie - never - oder wenn dann abermit Rückfahrtschein ;) Sprich in meinem aktuellen Werk ist auch der Tod eines Hauptcharas geplant, doch ein anderer Hauptchara macht sich dann schnurstracks auf Richtung Unterwelt um die Sache "auszudiskutieren".

Manja_Bindig

Orpheus-like? ;)

Tja... Rinyl und Vyren sterben zwischenzeitlich auch mal - weia, hab ich schlucken müssen, als ich damals die Szene geschrieben hab... ich weiß jetzt schon, dass es ganz schlimm wird, wenn ich DAS überarbeite.
Allerdings war es noch erträglich, weil die beiden erstmal im Jenseits... oder besser gesagt, in der götterwelt - rumgewuselt sind, ehe sie beschlossen haben, zurückzumüssen.

An dieser Stelle hatte mein Evil Overlord(ich nenn ihn mal so, die korrekte Bezeichnung ist zu lang) eine Lektion fürs Leben gelernt:
Auch, wenn deine Feinde tot sind und du ein perverses Vergnügen bei Leichenschändung empfindest - du solltest die Leichen der Feinde niemals in konsevierenden Kristall einschließen und dir an die Wand hängen. Nach ca. 200 Jahren könnte es sein, dass sie wiederkommen. :)
Da es so geplant war und ich mir auch vorher lang und breit überlegt hatte, wie ich das möglichst logisch mache, ging es...
... ich musste bei der Sterbeszene der beiden wenigstens nicht heulen.

...
bei meinen Twins lag die Sache schon anders. Ich war wohl... 2 Wochen nicht wirklich ansprechbar. (das waren die beiden, wo meine Mutter mcih Heulend am Kücnetisch vorgefunden hatte...)

zitatus

Wow, ich bin überrascht! Zehn Seiten zum Thema Sterben und Sterbenlassen. Welch emotionale Bindung ihr alle zu Euren Charakteren habt.
Da ich mich dem Genre der Kurzgeschichte verschrieben habe, ist meine Bindung zu meinen Protagonisten schon vom Format her nicht so eng. Außerdem bin ich in der Beziehung auch schon fast ein Massenmörder. :snicker:
Was soll's. Wenn ich so richtig in Fahrt bin und mich tief in eine Story eingefühlt habe, dann tut's mir manchmal auch leid um den mit Schreibfeder hingerichteten.