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Die richtige Zielgruppe...

Begonnen von Mrs.Finster, 15. Oktober 2009, 10:51:07

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Mrs.Finster

Gestern war es wieder soweit. Zweifel über Zweifel  :( am liebsten hätte ich mein Werk einfach weggeschmissen.
Nachdem ich wochenlang hier und da am kitten war, dort verbessert habe und sogar ganze Textpassagen erneuert habe, habe ich folgendes getan:
Mich für einen ganz neuen Anfang entschieden. Das Gesamtbild stimmte vorne und hinten nicht, aber bis ich erst mal dahinter gekommen bin, was es war: Der ganze Stil passt nicht zu mir.

Dieses Thema ist auch interessant in Bezug auf den Arena Wettbewerb. Ich habe versucht ein Buch für Kinder zu schreiben, herausgekommen ist die rosarote Version eines Wendyromans, bei dem sogar die 10 Jährigen den Kopf geschüttelt hätten  :no:

Wie haltet ihr es damit? Hattet ihr schon Probleme damit bzw. wie findet man überhaupt die richtige Zielgruppe? Schreibt man automatisch das, was man gerne liest oder ist es mangelndes Talent sich nicht auch mal auf was anderes umstellen zu können? Fragen über Fragen...

Eins hat mir diese Erfahrung aber gezeigt: Ich werde nie einen Kinderbuch verfassen.  ;)


Edit: Oh, ich sehe gerade: Das Thema ist hier glaube ich ein wenig falsch  ::)
Glück ist, wenn die Katastrophen in meinem Leben endlich mal eine Pause einlegen :-)

Ary

Ich glaub, das past hier schon!

Zum Thema Zielgruppen: ich versuche mich auch gerade an einem Jugendroman, muss aber wohl für Arena die Segel streichen, weil ich einfach noch nicht weit genug bin und gerade keine Zeit habem schon jetzt nano-mäßig zu schreiben. Ein reines Kinderbuch wird meins auch nicht - zumindest nicht für jüngere Kinder. Meine Zielgruppe liegt so um 10-12 Jahre. All meine Erfahrungen mit dem Schreiben für jüngere Kinder sind nach Hibten losgegangen, ich kann das einfach nicht, vielleicht, weil ich nicht viel mit Kindern zu tun habe und nicht weiß, wie viel man als Autorin den Kindern von heute zumuten kannn bezüglich Spannung, eventuell Grusel oder erste Liebe.
Ich versuche bei meinem Jugendroman nicht, krampfhaft meinen Stil "kindgerecht" zu verbiegen. Im Grunde schreibe ich so wie immer, nur etwas flapsiger und humoriger als sonst (passt zu meiner etwas ausgeflippten Protagonistin). Auf sowas wie Satzlänge und Kompexität achte ich erst mal gar nicht, ich schreibe erst einmal die geschichte. Wenn davon was nicht jugendgerecht ist, finde ich das beim Überarbeiten und ändere es dann. :)
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Willow

Hallo Mrs. Finster,

das ist eine interessante Frage. Ich habe festgestellt, daß ich immer das Publikum anspreche, das in meinem Alter oder unwesentlich jünger ist. Wahrscheinlich, weil ich mich in meinen Geschichten weitgehend mit Themen beschäftige, die auch mich gerade oder vor einer Weile betrafen bzw. die Figuren ähnliche Gedanken und auch Erfahrungen und Fragen und Probleme haben lassen, wie ich sie selbst hatte/habe.

Was ich zudem feststellte, ist daß ich Kindergeschichten leichter schreiben kann, wenn ich relativ regelmäßig mit Kindern zusammen bin. Es ist dann, als würde etwas von ihnen auf mich abfärben und mich inspirieren (vielleicht auch den Wunsch wecken, selbst mal wieder Kind zu sein), so daß ich die Welt ein bißchen so sehen kann wie ihre kleinen Köpfchen es vielleicht auch tun. (Allerdings schreibe ich keine Kindergeschichten, nur mal für meinen kleinen Neffen oder andere Verwandte zu Weihnachten und so weiter.) :)

Liebe Grüße,
Willow

Issun

Hallo Mrs. Finster,

Ich persönlich finde es relativ schwer, mich auf eine bestimmte Zielgruppe festzulegen. Wenn ich das tue, kommt es immer wieder zu (unangenehmen) Überraschungen.
Mein aktuelles Projekt ist z.B. eigentlich für Leser von meinem Alter aufwärts gedacht - eher, was den Inhalt anbelangt, beim Stil kann ich das noch schwerer einschätzen. Dann kam allerdings bei Diskussionen im Freundeskreis zum Thema "Charaktere" immer wieder der Kommentar: "Also, 25-jährige Protagonisten sind ja noch OK, aaaber..." Älter dürfen sie angeblich nicht sein - und diese Behauptung stammt aus dem Mund von Leuten, die heute 18 sind.
Heißt das, ich schreibe jetzt für die Zielgruppe 50+ ? ???  ;D Wenn alle so denken, kann ich meine Altersgruppe nämlich als Leserschaft vergessen.

Kati

ZitatDieses Thema ist auch interessant in Bezug auf den Arena Wettbewerb. Ich habe versucht ein Buch für Kinder zu schreiben, herausgekommen ist die rosarote Version eines Wendyromans, bei dem sogar die 10 Jährigen den Kopf geschüttelt hätten 

Bei mir war es anders herum. Als ich ihr den Anfang gegeben habe, meinte meine Betaleserin: "Das kannst du aber keiner 12-jährigen geben."  :( Danach habe ich den Arena-Wettbewerb auch aufgegeben.

Ich glaube schon, dass man eher das schreibt, was man auch gern liest. Das ist beim Schreiben dann ja auch viel interessanter. Mit Talent dürfte das weniger zu tun haben. Wie soll man denn einen Roman für Kinder schreiben, wenn man lange keinen mehr gelesen hat?

LG,

Kati

HeiligeSandale

Hallo.
Ich schreibe meistens für die Zielgruppe "Ich", also nach dem Motto "Wenn du schreibst, was du lesen willst, macht's mehr Spaß." Ich habe aber vor einiger Zeit angefangen, ein Kinderbuch zu schreiben (scheint ja gerade eine regelrechte Welle zu sein mit diesen Kinderbüchern. Btw: Was ist das mit dem Arena-Wettbewerb?) und dabei war mir vor allem wichtig, die Zielgruppe ernst zu nehmen. Vor allem Kinder hassen nichts mehr als auf Kind getrimmte, durchpädagogisierte kindgerechte Kinderbücher für kindische Kinder. Jedenfalls hassen die Kinder, die ich ansprechen möchte (also quasi "ich" vor einigen Jahren  ;) ) nichts mehr. Ich glaube was Kinderbücher angeht sind wir in Deutschland auch einfach kulturell etwas schwierig. Hier sieht man gern wenn alles kindgerecht und pädagogisch ist und in kaum einem anderen Land (vor allem in keiner anderen westlichen Demokratie) hat man so panische Angst vor den Auswirkungen verschiedenster Medien auf Kinder und Jugendliche. Wenn ich in Deutschland sagen würde, dass Star Wars, Transformers, Matrix und co ganz klar Kinderfilme sind würde mir so schnell niemand beipflichten. In den USA (oder zum Beispiel auch in Frankreich) sieht das ganz anders aus.
Wir sind es hier also im Grunde schon gewohnt, Kinder in Watte zu betten, da ist die Gefahr groß, dass es zu viel Watte wird. Eins kann ich euch sagen: Wenn ihr Kinder mächtig unterhalten wollt dann sagt ihr Sachen wie "Bullshit" oder "Arschloch". Die freuen sich tagelang über sowas. Und der Böse hat am Ende einer Geschichte bitteschön entweder die Seiten gewechselt oder ist tot.
Okay, klar, ich rede hier nichts von Kleinkindern sondern ungefähr von Kindern zwischen sieben/acht und zwölf Jahren. Und gewisse geschmackliche Unterschiede zwischen kleinen Mädchen und kleinen Jungs gibt es meistens auch, ich spreche da wohl eher für die kleinen Jungs. Aber an sich erlebe ich das mit Kindern meistens so wie beschrieben (ich betreue ab und an mal Kindergruppen in Ferienzeltlagern. Da wird dann abends auch vorgelesen. Meistens sind die Bücher die wir da vorlesen Mist vom Fließband aber die Stimmung hebt sich immer dann, wenn die Schimpfworte kommen.)
Was alles andere angeht glaube, dass rein zielgruppenorientiert geschriebene Sachen irgendwo den Geist verlieren. Wie soll man etwas gutes schreiben, wenn man schon beim Produzieren ans Vermarkten denkt? Das macht uns doch das Fernsehen mit seiner Werberelevanten Zielgruppe jeden tag auf's Neue vor, in was für Abgründe sich die Qualität dann hinabbegeben kann.

Kati

ZitatIn den USA (oder zum Beispiel auch in Frankreich) sieht das ganz anders aus.

In den USA, wo Mark Twains Huckleberry Finn wegen zweifelhaftem Inhalt aus Schulbüchereien verbannt wurde? Wo tausende von guten Büchern wegen zweifelhaftem Inhalt aus Schulbüchereien verbannt werden? Ich glaube schon, dass die Angst vor den Auswirkungen der Medien auf ihre Kinder haben.   ;D

LG,

Kati

HeiligeSandale

Das Beispiel USA ruft immer Zweifel auf den Plan.  ;) Die sind ja auch streitbar, sicher, und die machen auch viel Terz um diesen Medienquatsch, aber meistens gehts dabei mehr um Sex. Wie es dort konkret um Bücher steht weiß ich leider nicht so genau wie du, ich kenne aber den Umgang mit Filmen (oder auch Videospielen) und der ist schon ein sehr anderer und oft wesentlich liberalerer (nur was Musik angeht ist man dort sehr streng). Auch wenn von Deutschland aus gerade den USA nur all zu gern das Gegenteil vorgworfen wird. (Sicherlich nicht zu Unrecht, der US Amerikanische Jugendschutz hat ja auch mittlerweile schon eine sehr belebte und oft kuriose Geschichte hinter sich. Aber mittlerweile sind selbst die USA Deutschland in vielerlei Hinsicht was den Umgang mit Kindern und Medien umgeht ein Stück voraus.)

Lavendel


Mrs.Finster

Ich finde ein grundlegendes Problem ist auch die Frühentwicklung der Jugendlichen. Nun ja ich bin jetzt 22, auch nicht gerade alt. Aber was ich mit 12 gemacht habe im Gegensatz zu der heutigen Jugend ist schon erstaunlich. Ganz nach dem Motto: "Ich habe noch mit Barbies gespielt..." Und genau so ist das auch mit dem Lesestoff. Was wollen Kinder lesen? Spannung? Gruseliges? Wie weit kann man gehen in Bezug auf Tod, Schmerz und Verlust?

Schön finde ich den Kommentar von Sandale:
"Vor allem Kinder hassen nichts mehr als auf Kind getrimmte, durchpädagogisierte kindgerechte Kinderbücher für kindische Kinder."

Ich denke das trifft den Kopf auf den Nagel. Hat man aber nichts mit Kindern zu tun, wird es schwer ein vor allem autentisches Jugendbuch zu verfassen  :hmmm:
Glück ist, wenn die Katastrophen in meinem Leben endlich mal eine Pause einlegen :-)

HeiligeSandale

ZitatHat man aber nichts mit Kindern zu tun, wird es schwer ein vor allem autentisches Jugendbuch zu verfassen  :hmmm:

Das ist richtig. Man muss die Zielgruppe kennen, das ist, denke ich, Grundvoraussetzung. Aber irgendwie, Kinder waren wir doch alle mal. Im Schauspiel kriegen wir immer gesagt, im Alter hoch spielen ist Kunst, runter ist einfach, weil man da schon alles kennt. Ich denke, das lässt sich ganz gut auf das Schreiben übertragen. Ein inneres Kind haben wir alle, und vor allem in der Fantasy Welt muss sich, glaube ich, niemand aktuellen Zeitumständen anpassen. Orks hatten nie Handys und werden bitteschön auch nie welche haben  ;D

Joscha

Bei mir ist es auch erst drei Jahre her, dass ich zwölf war und ich weiß schon heute nicht mehr, was ein Zwölfjähriger würde lesen wollen. Ich kann nur noch sagen, dass ich damals von Eragon begeistert war - und von der "Bruderschaft vom Heiligen Gral" von Rainer M. Schröder. Und ich habe den Anfang von Eragon 2 gehasst, weil er da im Rücken verwundet war und nicht wirklich gut kämpfen konnte. In Rückbetrachtung würde ich sagen: Heroische Fantasy, ohne zu viel Grusel und mit einem starken Helden, der möglichst viel richtig macht... (Ernüchternde Analyse.)

Ich finde es sehr schwierig, speziell für eine Zielgruppe zu schreiben. Genaue Gedanken darüber habe ich mir auch nicht gemacht, außer, dass mein Hauptcharakter so grausam ist, dass ich ihn keinem Jugendlichen unter vierzehn Jahren zumuten will. Ich schreibe einfach drauflos und da ich nur schreibe, was ich will und was mir in den Sinn kommt, ohne mich auf bestimmte Wettbewerbe o.ä. zu fixieren, habe ich keine bestimmte Zielgruppe.

Ich habe auch noch nie versucht, für eine bestimmte Zielgruppe zu schreiben, aber dank meiner zehnjährigen Schwester bekomme ich immer wieder mal mit, was sie so liest und ich glaube nicht wirklich, dass ich mich gut genug in ein Mädchen ihres Alters hineinversetzen kann um eine solche Story zu schreiben. Vielleicht brauche ich da einfach etwas zeitliche Distanz.

Grüße
Joscha

Judith

Ich finde die Zielgruppe "Jugendliche" (also so etwa ab 12 aufwärts) auch ungemein schwierig einzuschätzen, was vor allem daran liegt, dass ich im Alter von 11/12 Jahren mehr oder weniger übergangslos von Kinderbüchern (Fünf Freunde, Trixie Belden, Ronja Räubertochter, Die rote Zora, ...) zu "Erwachsenenliteratur" umgestiegen bin. Ich hab dann nebenbei auch immer noch Kinderbücher gelesen, aber das waren in erster Linie Romane, die ich auch als Kind im Grundschulalter schon ohne weiteres gelesen hätte.
Jugendbücher waren für mich selbst damals "Die Nebel von Avalon" oder Jules Verne-Romane. Erst später wurde mir klar, dass diese Bücher eigentlich nie unter "Jugendliteratur" eingestuft werden. Ich hab sie wohl einfach dafür gehalten, weil ich sie in dem Alter verschlungen habe.  :hmmm:  ;D

Wie auch immer ... ich kann zielgruppenmäßig ganz gut zwischen Kindern im Grundschulaltern und Erwachsenen (bzw. eventuell auch "All Agers") unterscheiden. Alles dazwischen ist für mich sehr diffus.
Beim NaNo 2007 wollte ich ein Jugendbuch für etwa 12jährige schreiben, aber es fiel mir sehr schwer. Teilweise hab ich das Gefühl, der Roman wäre eher für jüngere, teilweise, er wäre eher für ältere - und meistens denke ich, dass ich damit gar keine Zielgruppe treffe.  ::)

Also, ja, Mrs. Finster, ich habe auch Probleme damit, für eine bestimmte Zielgruppe zu schreiben. Aber vielleicht ist das auch etwas, was man erst lernen muss, also wofür man erst mit der Zeit ein Gefühl entwickelt.
Das meiste beim Schreiben erlernt man durch viel Übung - vielleicht auch das Schreiben für eine bestimmte Zielgruppe/ein bestimmtes Alter.

felis

Zitat von: HeiligeSandale am 15. Oktober 2009, 20:44:33
Orks hatten nie Handys und werden bitteschön auch nie welche haben  ;D
Sorry, aber die Idee ,Orks mit Handys auszustatten, inspiriert mich gerade ungemein. *Muaharrharr*  ;D
Ich hab auch ab 12 schon Erwachsenenbücher gelesen. Gerade Jugendliche Leser neigt man scheinbar  gerne dazu, zu unterfordern. Es gibt unglaublich viele wirklich dämliche Jugendbücher und nur ganz wenig gute.

Maran

Ich kann mich dunkel daran erinnern, daß ich als 12jährige (so pi mal Daumen) in unserer Stadtbücherei nach Shakespeare-Dramen Ausschau hielt. Die Bibliothekarin äußerte ihre Zweifel mehr als deutlich und sie hatte Recht. Zu sehen und zu lesen ist ein himmelsweiter Unterschied.

Andererseits las ich im Grundschulalter schon Marlitt und ich weiß nicht was - aus dem einfachen Grunde, weil sie eben zur Verfügung standen (dank meiner Großeltern). Ich komme mit dem altdeutschen Schriftbild ebenso zurecht wie mit dem jetzigen, weil ich da irgendwie "reingewachsen" bin. (Auch dieser Dank gilt meinen Großeltern. Mein Großvater war Lehrer an einer Dorfschule und besaß die Überreste der Schulbibliothek.)

So "reine" Kinderbücher (abgesehen von Lindgren und Konsorten) habe ich erst viel später mit großem Vergnügen gelesen.