• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Die richtige Zielgruppe...

Begonnen von Mrs.Finster, 15. Oktober 2009, 10:51:07

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 2 Gäste betrachten dieses Thema.

Kisara


Lomax

Zitat von: Debbie am 16. Mai 2012, 15:45:15Das merkt man dem Buchmarkt aber auch an, finde ich. Die Buchhandlungen sind voll von Büchern, die ihren Autoren nicht sehr am Herzen gelegen haben können...
Du merkst es nicht, glaub es mir. Ich habe schon bei einigen Büchern hinter den Kulissen mitbekommen, wie sie entstanden sind, und was die Autoren darüber sagen, wenn es ganz intern zugeht. Und da waren einige Bücher dabei, die von den Lesern als bloßer "Abklatsch" oder "Aufspringen auf eine Welle" gedeutet wurden, obwohl ich mitbekommnen habe, dass es für die Autoren echte Herzensprojekte waren (und von einigen davon hätte ich das sonst, ehrlich gesagt, selbst nicht geglaubt  :-X). Und umgekehrt kenne ich einige Sachen, die de Facto als Auftragsarbeiten entstanden sind, über die man den Autor selbst nur hat schimpfen hören - und wo man dann schon schmunzeln muss, wenn dann Leser in Rezensionen schreiben, dass man "die Begeisterung des Autors für die Geschichte spüren kann".

Die Vorstellung, dass man merkt, was der Autor beim Schreiben empfunden hat, halte ich inzwischen für eine Illusion - in erster Linie merkt man, wie gut der Autor schreiben kann oder wie gut er das trifft, was einen selbst begeistert. Vor allem sollte man nie vergessen, dass vermutlich 99% der "99% abgelehnten, unverlangten Manuskripteinsendungen" auch von sehr begeisterten Autoren geschrieben wurden - was die Vorstellung, dass vor allem die Begeisterung des Autors in der Buchqualität zu spüren ist, schon sehr absurdum führt.  :snicker:
  Und man sollte genauso wenig unterschätzen, was Autoren alles echt am Herzen liegen kann. ;)

Ansonsten muss jeder Autor natürlich für sich selbst sehen, wo seine Grenzen liegen, und wie weit er seine Zeit mit einem Buch verbringen will, durch das er sich nur durchquälen muss. Ich denke, da hat jeder Autor seine eigenen Grenzen - sowohl dessen, was er als "Kern" des Werkes ansieht, wo Veränderungen ihm wehtun; wie auch in Bezug darauf, wie weit er trotz Schmerzen noch weitermacht. Wer da flexibler ist, hat's vermutlich leichter - aber warum sollte man Regeln aufstellen, wie weit "man" gehen sollte oder muss?

Debbie

#62
Zitat von: Lomax am 16. Mai 2012, 16:49:13
Und umgekehrt kenne ich einige Sachen, die de Facto als Auftragsarbeiten entstanden sind, über die man den Autor selbst nur hat schimpfen hören - und wo man dann schon schmunzeln muss, wenn dann Leser in Rezensionen schreiben, dass man "die Begeisterung des Autors für die Geschichte spüren kann".


Oh, dafür darfst du gerne Beispiele nennen  :pompom:  In so einem Fall, lasse ich mich gerne eines Besseren belehren! Den Satz liest man in objektiven Rezensionen leider viel zu selten...

ZitatVor allem sollte man nie vergessen, dass vermutlich 99% der "99% abgelehnten, unverlangten Manuskripteinsendungen" auch von sehr begeisterten Autoren geschrieben wurden - was die Vorstellung, dass vor allem die Begeisterung des Autors in der Buchqualität zu spüren ist, schon sehr absurdum führt. 

Um Früchte zu tragen, muss Begeisterung schon mit harter Arbeit Hand in Hand gehen. Begeisterung alleine reicht leider nicht - aber harte Arbeit ohne Begeisterung führt zu der Kategorie Bücher, die ich unten beschrieben habe  :wart:
Von den 99% der 99%, haben 99% wahrscheinlich ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Der Irrglaube, man müsste nur eine grandiose Idee in Worte fassen, das Ganze eintüten und an einen renommierten Verlag schicken, hält sich hartnäckig  :wums: (Dank unserer sehr fähigen Mods und ihrer Vorauswahl werden wir hier ja von diesen Vollpfosten verschont, in anderen Foren sieht das teilweise ganz anders aus...)
Ich würde sogar wagen zu behaupten, dass die Wenigsten dieser 99% überhaupt gewillt wären, sich mit dem Handwerk, den Strukturen, dem professionellen Aufbau und der (teilweise monatelangen) Überarbeitung auseinanderzusetzen - selbst wenn sie denn wüssten, was außer dem "eigentlichen" Schreiben noch alles dazu gehört.

Je mehr ich darüber nachdenke (den Satz hatte ich glaube ich vor ein paar Posts schon einmal - das Nachdenken hält also immer noch an) desto mehr komme ich zu der Überzeugung, dass die Zielgruppenorientierung nur ein weiteres Übel der modernen Verlagswelt ist. Es mag beim Vertrieb hilfreich sein, und zur Auswahl des Lesestoffs für den 08/15 Leser von der Straße, aber hilft es den Autoren? Muss ein Autor eine Zielgruppe ins Auge fassen, während des Schreibens?
Wenn J.K. Rowling die HP Bücher auf "echtes" Kinderniveau entschärft hätte - keine Toten unter den liebgewonnenen Charakteren, keine Folter, etc. hätte es den Begriff der All-Age-Fantasy überhaupt gegeben? Wäre das Buch für Erwachsene überhaupt interessant gewesen? Sollte man sich von sowas einschränken lassen?

Ehrlich gesagt, ich denke nicht. Und ja, jeder Autor muss (oder kann, wenn er möchte  ;) ) seine Grenzen selbst finden und setzen. Nur wenn man wirklich von einer Idee besessen ist, sollte man sich von solchen Dingen wie fehlender Zielgruppenorientierung nicht ausbremsen lassen. Ich für meinen Teil, wünschte wirklich, es würde weniger Bücher und dafür mehr herausragende geben. Aber in unserer Wegwerfgesellschaft spielt das offensichtlich eine untergeordnete Rolle... Schade!

Zit

Ich habe noch nie eine objektive Rezension gelesen. Gerade Rezis sind doch furchtbar subjektiv. Das ist nicht so wie bei Techniktests, wo man mit eindeutigen Zahlwerten hantieren kann.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Debbie

Ich meinte "objektiv" im Sinne von nicht gekauft oder mit dem Autor verwandt/bekannt  ;)

Alana

#65
@Debbie: Ich würde nie etwas schreiben, das mir keinen Spaß macht oder das mich nicht begeistert. Dennoch gibt es eben Projekte, die mir mehr am Herz liegen als andere und darin sehe ich nichts Falsches. Genausowenig, wie ich darin etwas Falsches sehe, ein Buch oder eine Geschichte zu verändern, wenn das Endprodukt mir immer noch gefällt und ich mich damit identifizieren kann.

ZitatNur wenn man wirklich von einer Idee besessen ist, sollte man sich von solchen Dingen wie fehlender Zielgruppenorientierung nicht ausbremsen lassen.

Dem stimme ich zu.

Aber ich finde auch, dass die Bereitschaft zur Veränderung sehr wichtig ist. Natürlich nicht um jeden Preis, auf keinen Fall um jeden Preis. Aber selbst, wenn man "nur" an Qualität interessiert ist, und nicht an Verkaufseignung, um zum Beispiel ein herausragendes Buch zu schreiben, dann reichen meiner Meinung nach Begeisterung und harte Arbeit allein trotzdem nicht aus. Dafür ist auch wichtig, dass man bereit ist, Dinge zu ändern, die vielleicht nicht stimmig sind oder sich während des Schreibprozesses verändert haben. Wie weit man dabei gehen will, muss dann jeder für sich entscheiden.

Alhambrana

Debbie

Zitat von: Alana am 18. Mai 2012, 00:22:25
.Aber selbst, wenn man "nur" an Qualität interessiert ist, und nicht an Verkaufseignung, um zum Beispiel ein herausragendes Buch zu schreiben, dann reichen meiner Meinung nach Begeisterung und harte Arbeit allein trotzdem nicht aus. Dafür ist auch wichtig, dass man bereit ist, Dinge zu ändern, die vielleicht nicht stimmig sind oder sich während des Schreibprozesses verändert haben. Wie weit man dabei gehen will, muss dann jeder für sich entscheiden.

Klar, Dinge die sich während des Schreibprozesses verändern oder nicht stimmig sind, muss man ja ändern. Tut man das nicht, wirkt sich das ja unmittelbar auf die Qualität aus. Wie schon erwähnt, finde ich Hinweise auf solche Ungereimtheiten sehr hilfreich, bzw. wäre "unentbehrlich" vielleicht das treffendere Wort  ;)
Aber das hat ja nichts damit zu tun, dass man dann Änderungen an der Geschichte vornimmt, nur damit sie besser irgendeiner Kategorie (in dem Fall einer Zielgruppe) zuzuordnen ist. Dann ergeben sich Änderungen ja nicht mehr aus einer Notwenidkeit heraus und zur Qulitätsverbesserung, sondern einfach nur zu Vermarktungszwecken.

Allerdings finde ich schon, dass man sich als Autor immer erst (oder eher immer wieder, bis das Manuskript beendet ist) fragen sollte, ob die Geschichte vielleicht von einem anderen PoV oder mehreren PoV Charakteren profitieren könnte, ob das Thema vielleicht v. a. für eine bestimmte Altersgruppe interessant sein könnte, etc..

Ich habe halt jetzt das Pech (oder das Glück), dass mein Thema für Männer, Frauen, Alte und Junge gleichermaßen interessant ist - dementsprechend suche ich meinen Prota (und PoV) nach den Bedürfnissen der Geschichte, ihrer Geschehnisse, Zusammenhänge und dem Weltaufbau aus. Wie gesagt, ist der Stoff, so wie er in meinem Kopf existiert, absolut nicht kindertauglich und sicher auch nichts für Jugendliche unter 14/15 - teils zu brutal/grausam, teils zu emotional komplex. Natürlich könnte ich das gleiche Thema anders verarbeiten, aber dann wäre es eben nicht mehr meine Geschichte, sondern nur das Zweitbeste was ich zu bieten hätte.

Ergo: Nach reiflicher Überlegung, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass Zielgruppenorientierung nicht mein Ding ist und mir nur im Weg stehen würde. Was wiederum nicht bedeutet, dass ich nicht durchaus "leser- und genreorientiert" schreibe  :)

Alana

#67
Dazu muss man sich auch die Frage stellen, ob man glaubt, dass jede Geschichte nur eine perfekte Form annehmen kann. Ich persönlich glaube das nicht und deswegen, wie schon gesagt, nur so lange ich es gut finde und mich damit identifizieren kann, würde ich auch was verändern.
Ich glaube nicht, dass man sein Manuskript dafür immer verstümmeln muss, oder dass solche Veränderungen immer nur negativ zu sehen sind. Das ist vielleicht der Knackpunkt. Es wird immer als negativ betrachtet, dass man sein Buch nach den Vorschlägen anderer verändert und ich glaube eben nicht, dass es das sein muss.

Dazu fällt mir ein: Es gibt Projekte, da wird ein und dieselbe Geschichte für drei verschiedene Ziegruppen erzählt. Kinder, Jugendliche und Erwachsene. So kann die ganze Familie über die Geschichte reden. Ich finde das sehr spannend. Denkbar wäre ja auch, genau die gleiche Geschichte für Männer oder für Frauen zu erzählen, oder einmal als Thriller und einmal als Liebesroman.  ;D

Ansonsten sehe ich das schon ähnlich wie du. Ich überlege mir zwar vorher, wo das Buch ungefähr eingeordnet werden kann, und natürlich nimmt das Einfluss auf Plot etc., das bedeutet aber nicht, dass ich mich sklavisch daran halte.
Alhambrana