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Das Klischee der starken Frau

Begonnen von Lord Zahnstocher, 13. September 2009, 05:21:47

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Lord Zahnstocher

Ich vermute mal, dass einige Leute mich hassen werden, nachdem sie das gelsen haben, [:pfanne:] aber ich wollte mal eben darüber reden und Meinungen darüber einholen.
Es dürfte jawohl inzwischen ziemlich jedem aufgefallen sein, dass die Emanzipation immer weiter voranschreitet, was ja auch schön und gut ist. Frauen und Männer nähern sich gesellschaftlich einander an, alteingesessene Frauenklischees scheinen (?) nach und nach zu verblassen. Natürlich wollen sämtliche Medien (fast wie aus heiterem Himmel) ein möglichst emanzipations-bejahendes und auf geschlossenes Bild von sich abgeben. So auch zunehmend das Fernsehen und die Literatur.
Man sieht sie schließlich oft: Frauen, die ähnlich radikal vorgehen wie Männer, Schurken die Fresse polieren und Nerds in Schutz nehmen oder ähnliches. Allerdings scheinen manche Medien dieses Klischee lediglich missbrauchen zu wollen, um als möglichst aufgeschlossen bzw. emanzipations-bejahend zu gelten.
Das Klischee der starken Frau im 20. und 21. Jahrhundert ist so allgegenwärtig, dass es nicht einmal mehr als neuartiges Klischee wahrgenommen wird, sondern sich fest in unser Selbstverständnis von Unterhaltungsmedien eingebrannt hat.
Nun meine Frage: tut eine solch verschwenderische Benutzung der Figur der starken Frau wirklich Not? Muss man wirklich dieses Bild von Frauen in allen möglichen Medien vertreten nur weil es von den Leuten als positiv wahrgenommen wird? Ist es in der heutigen Zeit gar schon ein Verbrechen wenn man ängstliche, schwache oder gar naive Frauen als Charaktere benutzt und wird dies dann von allen Seiten verteufelt werden, weil es rückständig und sexistisch ist?
Ich meine ja nur: warum muss man ein Klischee fortführen nur weil es so allgegenwärtig und so selbstverständlich ist?
Oder habe ich doch im Grunde eine verzerrte Wahrnehmung und nehme das alles anders auf als es dargestellt wird??
Ich vermute mal, dass ich von vielen Forenmitgliedern, von denen ja zwei drittel Frauen sind negative Rückmeldungen bekommen werde, darum sage ich schonmal vorab, dass ich niemandes Gefühle verletzen und die Frauen in keinster Weise herabwürdigen wollte. Falls dies doch der Fall ist entschuldige ich mich im Voraus.
Ich wollte nur, dass sich einige Leute diese Frage durch den Kopf gehen lassen und eventuell ihre Meinung dazu abgeben.

Falls ich den Thread an der falschen Stelle gepostet haben sollte bitte ich die Moderatorinnen, ih zu verschieben.

Danke für die Aufmerksamkeit,
Alex


Angelus Noctis

Hallo Alex!

Keine :pfanne:, sondern ein :jau: von mir!
Ich behaupte, Du als männliches Wesen hast es da noch um einiges schwerer. Ich glaube, einer Frau wird eher verziehen, wenn sie eine Figur entwickelt, die schwach und naiv ist. - Nein, das fällt mir in diesem Moment auf, sie muss nicht einmal wirklich schwach und naiv angelegt sein, dennoch würde sie neben den "Superfrauen" so wirken. Wenn ich allein an die Auslage in einer Buchhandlung in der Stadt denke: Historische Romane in Hülle und Fülle, und die Titel? Alles "-innen", á la "Die KFZ-Schlosserin", "Die Bodybuilderin", "Der erste Herzinfarkt der Managerin", "Die Gewichtheberin und ihr dunkles Geheimnis" ... :gähn:
Ehrlich, ich mag historische Romane, aber so? Nein. Das ist mir dann doch zu viel. "Die Päpstin" habe ich ja noch mit Begeisterung gelesen, auch das Buch letztens über die Schmiedin war ganz hübsch ...
Aber warum, zum Teufel, darf es nicht auch mal wieder ein Held sein, der wirklich ein Held ist? Wo sind die Märchenprinzen geblieben, die vom Beginn der Geschichte bis zum Ende welche sind? Die mutigen Ritter in strahlender Wehr, die ihre Prinzessinnen aus den Fängen grausiger Drachen befreien? (Ganz ehrlich, Ihr lieben Mit-Frauen, wollten wir nicht alle schonmal Prinzessin sein?)
Und weil wir gerade bei Klischees sind: Weshalb muss ich ein Buch mit einem männlichen Prota lesen, der mir von der ersten Seite an unsympathisch ist, weil er rumhurt, säuft und schonmal wegen Körperverletzung im Knast saß?

Was das Schreiben angeht, so bekenne ich mich zu einer Prota, die weder stark ist noch übersinnliche Fähigkeiten besitzt. Ihre Unerfahrenheit bringt sie anfangs auch immer wieder in Situationen, aus denen sie sich von einem Mann retten lässt ... Unter diesem Aspekt ist sie also durchaus eine schwache Frau ...
Na und? Ich bin emanzipiert genug, darüber zu schreiben!

Viele Grüße!

Coppelia

#2
Mich nerven die starken Frauen auf jeden Fall dann, wenn sie hautenge, bauchfreie Lederklamotten tragen und keineswegs Emanzipation darstellen sollen, sondern mehr die Blicke der männlichen Zuschauer auf sich lenken.
Ansonsten ... ich könnte mehr Frauen in den Medien vertragen, die nicht perfekt aussehen und ihren Traummann am Ende auch nicht bekommen, sich aber trotzdem auf sich allein gestellt durch ihr Leben lavieren. Das hätte jedenfalls was Realistisches.

ZitatGanz ehrlich, Ihr lieben Mit-Frauen, wollten wir nicht alle schonmal Prinzessin sein?
Ehrlich gesagt, keine Sekunde meines Lebens. Als ich ein kleines Kind war, hatte ich eine Fantasieheldin, eine gestreifte Tigerkatze, die den ganzen Tag lang anderen aus der Klemme geholfen hat. Was ist an der Rolle reizvoll, sich retten zu lassen? Da bin ich lieber der Retter ...

In Baldur's Gate 1 gab es eine Magierin namens Dynaheir. Dynaheir wurde von Monstern gefangen genommen und saß in deren Quartier fest. Sie wartete darauf, dass ihr Leibwächter kam, um sie zu retten. Wenn er dann endlich kam, hat sie ihn angemeckert, wo er denn so lange geblieben sei. Sie hat nicht versucht, sich aus eigener Kraft zu befreien, weil sie auf ihren Leibwächter gewartet hat. Und wenn die Monstren sie gefressen hätten? Wäre es kein Computerspiel, wäre das sicher passiert. Dynaheir war von der ersten Begegnung an meiner tiefen Verachtung sicher. ;D Sie hat mich so genervt, dass ich sogar ein Lied über ihre Situation gedichtet hab, um zu zeigen, wie absurd, fordernd und verantwortungs-abschiebend ihre Haltung ist ...

("Ich kann es nicht länger ertragen,
das Los, dem er mich überlässt.
Ich sitze, gefangen seit Tagen,
am Ende für immer hier fest.
Er kam mit mir, mich zu beschützen,
doch nun bin ich hier, er ist fort.
Was soll ein Beschützer mir nützen,
ist er nicht im Notfall vor Ort?

Er sagte, er käm als mein Retter,
wann immer Gefahr mich bedroht.
Wo bleibt er, zum Kreuzdonnerwetter?
Er ist doch am Ende nicht tot?
Er kam mit mir, mich zu beschützen,
nun hat er's nicht fertig gebracht.
Was soll ein Beschützer mir nützen,
wenn er seine Arbeit nicht macht?")

Aidan

Ich denke, dass einiges schief läuft. Ich habe nichts gegen starke Frauen - aber ich habe etwas dagegen, wenn eine Frau die männlichen Attribute übernehmen muss, um als stark zu gelten.  Und das mag ich überhaupt nicht.

Mein Problem bei der Emanzipationsbewegung ist, dass nicht die Frau und Weiblichkeit erhoben wird und den gleichen Status bekommt, sondern die Frau auf den angeblichen Sockel der Männlichkeit gehoben werden soll, indem sie sich wie ein Mann verhält. Das ist nicht Gleichberechtigung, weil es die weiblichen Qualitäten noch mehr herabwürdigt und eine Frau, die einfach nur Frau sein will und nicht mitzieht, schief angeschaut wird und verachtet wird.

Etwas drastisch vielleicht ausgedrückt. Ich denke, es gibt bestimmte Wesenszüge, die sind weiblich oder männlich. Egal ob anerzogen oder von Natur aus gegeben, das sind dann wieder andere Diskussionspunkte. Darauf möchte ich jetzt nicht hinaus.

Es gibt so viele Klischees. Das Heimchen am Herd, was keinen Nagel in die Wand schlagen kann und den männlichen Helden braucht, der ihr eine Glühbirne austauscht, die Prinzessin, die gerettet werden muss, die Überfrau, die jeden Mann mit ihrer Muskelkraft aus den Latschen hebt und als männlich geprägte Heldin sich saufend und raufend durch die Story prügelt. Solche Klischees gibt es klar auch für die Männer. Und keines wird irgendwem gerecht.

Ich mag starke Charaktere. Und die sind dann meistens nicht stark im Sinne von Körperkraft, sondern charakterstark.

Ich wollte früher auch nie die Prinzessin sein, die gerettet werden muss, sondern war in den Spielen und Geschichten lieber die kleine Rebellin (manchmal ebenso Prinzessin, aber halt nicht diejenige, die in Ohnmacht fallend den Helden nervt, der sie gerade retten will), die als Junge verkleidet sich aufs Pferd schwingt und ausbricht. Und klar, Heldentaten vollbringt. Allerdings nicht mit raufen und saufen, sondern mit Kopf. Die Prise Romantik durfte aber auch nie fehlen.  ::)
"Wenn du fliegen willst reicht es nicht, die Flügel auszubreiten. Du musst auch die Ketten lösen, die dich am Boden halten!"

,,NEVER loose your song! Play it. Sing it. But never stop it, because someone else is listening."

Smaragd

#4
Gutes Thema, Alex. Ich bin grad am Nachdenken, wie meine Figuren einzuschätzen sind. Ein weiblicher Charakter ist sicher radikal-emanzipiert, sowie du das beschreibst. Auch wenn sie ganz sicher keine hautenge Lederkleidung trägt!
Andere sind das dann wieder gar nicht, auch wenn sie deswegen nicht unbedingt passiv dasitzen und auf Rettung warten würden, wenn ihnen eine Möglichkeit einfallen würde, sich zu befreien. Naive weibliche Charaktere hab ich einige, auch wenn die Naivität im Lauf der Zeit nachlässt, weil sie mehr erleben (lernfähig sind sie).

Naivität und die Unfähigkeit, Männer in den Allerwertesten zu treten, sind Schwächen, die ich für weibliche Charaktere eigentlich ganz gerne nehme, weil sie viel Spielraum für Charakterentwicklung lassen. (Naja, Naivität kommt bei männlichen Protas auch vor... und großartige Kämpfer sind die wenigsten, also gilt das eigentlich auch für männliche Protas.)

Ein Heimchen a la Eva Hermann kann bei mir aber nur in Nebenrollen auftreten, als Prota wäre mir das einfach viel zu langweilig. In Nebenrollen gibt`s solche Charaktere aber schon.

Wie definierst du eigentlich "starke Frau"? Für mich wäre das eher Willensstärke und Entschlossenheit, aber der Beschreibung nach meinst du damit eher Frauen, die immer kampfbereit durch die Gegend laufen.

Bisou

Auch von mir kein  :pfanne: sondern  :jau:.

Ich kann dir in einigen Punkten zustimmen, bei einigen konnte ich allerdings nur den Kopf schütteln.
Ich hasse weibliche Protagonisten, die in hautenger Lederkleidung, die höchstens die Brüste und Hintern verdecken, durch die Gegend spazieren. Das ist 1. unrealistisch, 2. respektlos und 3. ist das mit Sicherheit nur deshalb, weil auch die "männliche Leserschaft etwas geboten bekommen möchte." . Ich meine, welche "richtige" Kriegerin läuft in der Schlacht nur mit einem Hartschalen-BH (in Ausnahmefällen sogar aus Eisen) rum? Keine, richtig. Und damit meine ich genau das, was Winterkind schon gesagt hat: Frauen werden männliche Attribute zugesprochen, die die Frauen im Endeffekt aber nur karrikieren (<- da weiß ich jetzt nicht, ob das Wort richtig ist. :engel:) und sie erniedrigen. Das bedeutet ja nicht zwingend, sie verbal runterzumachen, aber dadurch, dass ihnen männliche Eigenschaften zugedacht werden, die sie einfach offensichtlich veralbern, das halte ich für respektlos und entgegen jeder Emanzipation.

Sicherlich gibt es auch in meiner Geschichte starke Frauen - welche mit starkem Charakter, mit Fähigkeiten, die sie ihr Leben lang ausgebaut haben. Aber niemals halbnackte Kriegerinnen, die sich mit wildem Kampfgeschrei in die Schlacht stürzen. Durch ihren Kopf, ihren Willen und ihr Handeln werden sie zu starken Frauen, nicht durch Muskelkraft.
Denn es ist ja bekannt, dass Männer einfach von Natur aus das stärkere Geschlecht sind, und an solchen Gesetzen gekünstelt zu rütteln halte ich persönlich für absoluten Schwachsinn.
Ich habe auch naive Frauen, Frauen, die von nichts eine Ahnung haben und trotzdem immer mittendrin sein wollen, aber solche Frauen können lernen. Ist eine Frau oder auch ein Mann von Anfang an der starke, unerschütterliche Held ist ja kaum eine Wandlung vollziehbar, die Figur bliebt steif und langweilig.

Deswegen: starke Frauen mit Herz und Hirn  :jau:, aber halbnackte, kaum wandlungsfähige Frauen, nein, darauf kann ich verzichten.

Lavendel

Es ist für mich jetzt recht schwierig, darauf zu antworten, denn, Alex, du hast ja nun pauschal behauptet, dass Frauenfiguren mit 'radikal emanzipiertem' Auftreten inflationär in Film und Literatur auftauchen. Dafür fehlen mir persönlich jetzt konkrete Anhaltspunkte.

Ich bin mir natürlich nicht sicher, weil ich mir nicht sicher bin, auf was für Frauenfiguren genau du nun anspielst, aber die Frau als 'Rambo' ist meistens eher keine weibliche, sondern eine männliche Fantasie. Solche Charaktere kommen weniger von Frauen und die Geschichten, in denen sie auftreten, sind auch eher weniger auf ein weibliches Zielpuplikum ausgerichtet. Diese Figuren sind nicht als Identifikationsfigur für Frauen ausgelegt. Das bedeutet nicht, dass eine Frau sich niemals mit einer Soldatin, einer Kampfsportlerin oder einer um sich schlagenden Spezialagentin identifizieren könnte. Aber angelegt sind diese Figuren so nicht.
Aber Frauen haben Männern schon immer irgendwie Angst gemacht, weil Männer Probleme damit haben, 'die Frau' zu verstehen. Weiblichkeit und weiblicher Körper wurden und werden oft als Mysterium wahrgenommen.
Der Typ weibliche Figur, den ich jetzt im Kopf habe, wenn ich deinen Post lese, ist meist als cool und undurchschaubar konstruiert. Und die geheimnisvolle, unerreichbare Frau ist ein Topos, das man in der Literatur schon sehr lange findet. Ohne mich jetzt genauer mit dem Thema beschäftigt zu haben.

Ich würde Winterkind in dem Punkt Recht geben, dass eine 'Gleichstellung' der Frau nicht darauf hinauslaufen sollte, dass 'die Frau' so wird wie 'der Mann'. 'Der Mann', das ist nämlich das Bild des weißen, bürglerichen Mannes, (der so ziemlich für das gesamte Übel der Welt verantwortlich ist). Nur war 'er' eben für knapp zweihundert Jahre das Maß aller Dinge, in Wissenschaft, Philosophie, Politik usw. 'Er' lief halt durch die Weltgeschichte und haute allen eins auf die Fresse (heute tut er' das oft genug immer noch, weil 'er' sich immer noch für überlegen hält). Das Bild von Männlichkeit, das sich in der Neuzeit herausbildet und in der Moderne dann sozusagen zur 'Vollendung' kommt, ist auch heute noch tief in unserer Gesellschaft verwurzelt.
Eine weibliche Emanzipation muss diesem Konzept dann zuerst irgendwie Paroli bieten, und das funktioniert zunächst mal nicht, wenn man sich auf die 'Tugenden' konzentriert, die man bis dato als 'typisch weiblich' definiert. Emanzipieren sollten sich davon abgesehen langsam auch die Männer (und sie tun es vermehrt), die oft noch in einem Bild von Männlichkeit verhaftet sind, dass ihnen selbst auch nicht gut tut.

Noch einmal zu der Frage, ob es ein Verbrechen ist, eine ängstliche, schwache oder naive Frau darzustellen. Warum sollte es ein Verbrechen sein? Aus deiner Sicht als Autor ist die Frage nur, als was für einen Charakter du sie konzipierst und wer sich mit ihr identifizieren soll - oder wer sich eben nicht mit ihr identifizieren soll - und welche Rolle sie in deinem Plot übernimmt, d.h. ob die Existenz des Charakters innerhalb der Geschichte logisch gerechtfertig ist.

Aber bevor wir jetzt zu lange diskutieren, würde ich mal anregen, dass du Alex, konkrete Beispiele für deinen Verdacht nennst. Sonst redet man grade bei so einem Thema wirklich schnell aneinander vorbei, weil jede/r andere Bilder im Kopf hat.

Mrs.Finster

Ich finde das Problem-sofern es eines ist- gibt es nicht nur bei den Frauen, sondern auch bei den Männern.

Die Rolle beider Geschlechter hat sich so massiv verändert- nicht nur bei der Frau. Männer zeigen Gefühle, weinen und zeigen Herz.

Das Problem dabei ist einfach die massive Übertreibung, die du beschreibst. Das lässt die Sache so bizarr wirken. Aber sind wir damit nicht schon aufgewachsen? Siehe Lara Croft+ Anhang.  Meiner Meinung nach, ist es schlicht weg ein Markt an dem die Unternehmen gut verdienen. Ein Hype um eine bestimmte Figur die gute Absätze verschafft. Irgendwann werden sich die Gemüter wieder beruhigen und das Gleichgewicht wieder einpendeln.

Was man selbst dagegen machen kann? Seine eigenen Figuren nicht davon beeinflussen zu lassen  ;)
Glück ist, wenn die Katastrophen in meinem Leben endlich mal eine Pause einlegen :-)

ChaldZ

Zitat von: Lavendel am 13. September 2009, 11:44:27
Emanzipieren sollten sich davon abgesehen langsam auch die Männer (und sie tun es vermehrt), die oft noch in einem Bild von Männlichkeit verhaftet sind, dass ihnen selbst auch nicht gut tut.

Der klügste Satz, den ich seit Langem gelesen habe.
Ich glaube auch, dass viel Schaden im Einklang mit gerade diesem Bild entstanden sind, das als Ideal galt \ gilt.
Dass Emanzipation eher heißt, dass sich Frauen eher dem Bild der Männlichkeit anpassen (aber da sie Frauen sind, das weibliche Äußere umso mehr unterstreichen), darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht; es scheint aber Wahrheit in dieser Beobachtung zu liegen.

Für mich persönlich ist eine starke Frau nicht eine Frau, die mit allen Mitteln versucht, durch Schminke, Kleidung und Schuhe ihre Weiblichkeit nach außen zu kehren und dem Mann mit Stärke entgegen zu treten, sondern eine Persönlichkeit, die barfuß, ohne Schminke und besondere Kleidung sie selbst ist. Einfach eine Frau eben.
Ich konnte noch nie eine Frau wirklich ernst nehmen, der man ansieht, dass sie in mehreren Stunden Arbeit am Ende eher einer Puppe gleicht denn einem Menschen. Und das schließt auch den Großteil der sogenannten "Schönen" Berühmtheiten ein.

Linda

@Alex

du magst keine Superhelden? Dann lies keine Comics.
Lara Crofts und Co sind nichts anderes als feuchte Männerträume und in erster Linie für ein männliches Publikum geschaffen. Erstnehmen kann ich sowas nicht. Dann schon lieber Ripley als Heldin :-)

Auch die innen-Romane sind netterweise ja mit einem Warnhinweis versehen und können daher gemieden wrden.

Zitat von: Angelus Noctis am 13. September 2009, 07:49:46

Die mutigen Ritter in strahlender Wehr, die ihre Prinzessinnen aus den Fängen grausiger Drachen befreien? (Ganz ehrlich, Ihr lieben Mit-Frauen, wollten wir nicht alle schonmal Prinzessin sein?)

ganz ehrlich nein - und Danke an Coppelia für ihre umfassende Antwort zu diesem Punkt.
Klar, darf auch mal eine Frau Probleme kriegen und befreit werden. Aber warum muss diese Aufgabe unbedingt einem Kerl zufallen?

Ich mag ausbalancierte Figuren beiderlei Geschlechts. An dem, was andere schreiben oder verfilmen oder programmieren kann ich nichts ändern, an dem, was ich selbst tue, schon. Ein Grund mehr, kreativ zu werden, statt zu lamentieren. Und genau das tue ich gleich auch.

Gruß,
Linda

FeeamPC

Der Anteil starker Frauen in der heutigen Literatur ist mit Sicherheit überproportional, gemessen an der Durchschnittsbevölkerung.
Aber das gilt auch für die männlichen Helden- welcher 08/15 Schreibtischtäter entspricht schon einem strahlenden Ritter mit Schwert und kettenhemd?
Insofern stört mich das Auftreten starker Frauen in den Romanen nicht. Es macht (in den meisten Fällen) die Heldin des Buches für mich einfach interessanter.

Die ganze Sache mit der Emanzipation ist dagegen komplizierter.
Emanzipiert ist, wer für gleiche Tätigkeiten unter gleichen Voraussetzungen, Anforderungen und Erwartungen das gleiche emotionelle und finanzielle Ergebnis kriegt.

Muskelstärke fällt da weitgehen heraus, Männer haben nun einmal von der Natur mehr Muskeln abbekommen.
Und Kinderkriegen können Männer, zur Zeit jedenfalls, nicht, das bleibt also Frauendomäne.

Ansonsten? Wir sind alles andere als emanzipiert. Macht der Mann den Haushalt, bewundert man ihn dafür, macht es die Frau, ist es nach wie vor selbstverständlich. Ist der Junge gut in Mathe, finden die Eltern das normal, ist es das Mädchen, verdient das besondere Anerkennung. Eine Frau im Bergbau ist ungefähr so exotisch wie ein Mann als Kindergärtner- beides kommt vor, ist aber nicht die Norm.  Usw,usw.
Und gleiches Geld für gleiche Arbeit gibt es nach wie vor nicht, Frauen verdienen im Schnitt zweistellige Prozente weniger als Männer.
Die Lebensplanung ist im Ungleichgewicht, weil die Frau immer noch den Schwerpunkt der Kindererziehung macht, während der Mann an seiner Karriere bastelt. Dadurch kommen deutlich mehr Männer in der Wirtschaft in die Chefetagen als Frauen.
Niedriglohnarbeit ist in erster Linie Frauensache.
Altersarmut ist in erster Linie ein Frauenproblem.
Alleinstehend Kinder aufzuziehen, ebenfalls.
Und es gibt immer noch genügend Männer, die ein "Nein" einer Frau im sexuellen Bereich höchstens als Aufforderung verstehen, sich mehr ins Zeug zu legen.

Wenn also in unserer Realität die Emanzipation noch nicht verwirklicht ist, wer will es Autorinnen und Autoren verdenken, wenn sie in der Fiktion ein Gegenbild schaffen (meist unbewußt)?

Und wie immer bei solchen Gegenbildern neigen wir, die wir nun mal Menschen sind, dazu, über das Ziel hinauszuschießen.

Lomax

Wenn ich den Vorwurf im Eingangspost lese, kann ich ihn schon nachvollziehen. Ich sehe da in den letzten Jahren (womöglich seit Lara Croft ;)) durchaus einen Trend zu Heldinnen, die einfach unrealistisch hochgepuschte Kriegerinnen sind (und mit "hochgepuscht" mein ich jetzt nicht nur den mehr oder minder gepanzerten BH ...). Ich hab auch durchaus das Gefühl, dass da eine Botschaft vermittelt werden soll, die geschlechtsspezifische Unterschiede verleugnet - von den sexy Äußerlichkeiten, auf die man nicht verzichten will, mal abgesehen. Die werden dann eher überbetont.
  Was mich besonders aufregt, sind die ganzen modernen Frauen in historischen Romanen. Klar gab es im "Mittelalter" nicht unbedingt nur die Klischeeprinzessin aus dem Märchen - aber wenn Protagonistinnen gleich ein paar Jahrhunderte sozialer Erkenntnis aus eigenem Vermögen vorwegnehmen und sie gar nicht mehr als Kind ihrer Zeit erkennbar sind, dann sträuben sich mir die Haare.

Andererseits ... Ich denk da zunächst mal an einen historischen Krimi, den ich übersetzt habe, mit einem (männlichen) Ritter, der gleichfalls die ganze Zeit wie ein Zeitreisender wirkt und in allem viel moderner denkt als seine Zeitgenossen. Auch bei den männlichen Protagonisten hatte man schon immer die Vertreter, die auf ihre Art genauso unrealistische Superhelden waren wie manche überzogene Kriegerin, die heute eben noch hinzugekommen ist.
  Und den Gegenpart gibt es ja immer noch zuhauf: Penetrant schwache, hilfsbedürftige Frauen, die auf den Retter warten und Männer anschmachten. Solche Protagonistinnen findet man übrigens bevorzugt in den ganzen "Romanticals" aller Coleur - in Büchern also, die von Frauen für Frauen geschrieben werden. Es scheint also nicht wirklich so zu sein, dass die "starken Frauen" inzwischen zum unumgänglichen Leitbild geworden sind.

Ich persönlich habe mich da auch nie unter Druck gesetzt gefühlt, jetzt bestimmte Rollenbilder nehmen zu müssen oder andere nicht mehr nehmen zu können. Es sind halt noch ein paar Rollenmodelle hinzugekommen, die man, wie andere Rollenmodelle auch, in Einzelfällen bis zur Schmerzgrenze auf die Spitze getrieben findet. Unterm Strich hat es vermutlich die Bandbreite der Literatur eher gesteigert, als die Möglichkeiten einzuschränken.
  Ich gebe es zu - mitunter denkt man vielleicht schon mal drüber nach, ob man gewisse Dinge "heutzutage" noch bringen darf. Aber alles in allem, wenn ich mir den Buchmarkt so anschaue, ist man als Schreiber wohl doch recht frei in der Entscheidung, wie weit man die Rollenschablonen, die man als Blödsinn empfindet, denn nun mitgehen möchte oder nicht. Warum also sollte man das so dramatisch sehen?
  Ich persönlich will mir lieber Gedanken darüber machen, wie die Figuren in meiner Geschichte sein müssen, damit alles passt - und weniger darüber, welche Art Figuren im allgemeinen förderungswürdig, nervig, politisch korrekt/unkorrekt oder was auch immer sind.

Kati

Zitataber wenn Protagonistinnen gleich ein paar Jahrhunderte sozialer Erkenntnis aus eigenem Vermögen vorwegnehmen und sie gar nicht mehr als Kind ihrer Zeit erkennbar sind, dann sträuben sich mir die Haare.

Dem stimme ich uneingeschränkt zu.  ;D

ZitatIst es in der heutigen Zeit gar schon ein Verbrechen wenn man ängstliche, schwache oder gar naive Frauen als Charaktere benutzt

Nein, mich würde das überhaupt nicht stören. Schließlich gibt es solche Frauen (und Männer) in der Realität, nicht wahr? Wieso sollte es sie nicht auch in Romanen geben?
Wichtig ist, den Anteil an starken und schwachen Figuren in einer Geschichte auszubalancieren. Eine starke Frau, die sich nichts gefallen lässt und ihr Ding durchzieht ist völlig in Ordnung, sollte der Roman allerdings von ihnen wimmeln wird es kritisch. Dasselbe gilt natürlich für schwache Frauen und Männer.

LG,

Kati

Rhiannon

Grundsätzlich habe ich nichts gegen die so genannte "starke Frau" auch dann nicht, wenn sie auch einmal den Männern (oder anderen Frauen) grob gesagt "die Fresse poliert" . Eine meiner Protagonistinnen ist sogar Amazone, aber Lederbikini und toller Körper, meine Güte, ich denke und das ist jetzt nicht gegen Männer im Allgemeinen sondern nur gegen einige Einzelexemplare gerichtet, doch nicht zwischen den Beinen. Lara Croft usw. sind dafür da, dass die Männer etwas zum Gucken haben!
Ich habe keine männlichen Protas, mindestens nicht als Hauptcharas, weil ich damit nicht klar komme, aber nein, ich wollte auch da keine strahlenden Märchenprinzen, meine Amazone hat auch Schwächen, meine anderen Protas haben ebenso ihre Stärken und Schwächen.
Und ich hasse diese Lederbikinidamen die nichts mehr weibliches außer ihrem Körper haben, ebenso wie sämtliche Supermen der Fantasy. Ich möchte über dreidimensionale Figuren lesen, nicht über herumsplatternde Superhelden/-heldinnen die weder Gewissensbisse noch sonstige Probleme mit sich selbst und anderen haben.
Bitteschön Gleichberechtigung ist schön und gut und einem Macho würde ich selbst auch so einiges zu erzählen haben, aber das hat bitteschön seine Grenzen. Eine Frau als Bergarbeiterin, warum nicht, wenn es die Frau aushält, ein Mann als Kindergärtner, warum nicht, wenn der Mann fähig dazu ist, aber Kinder kriegen beispielsweise ist nun einmal Frauendomäne, Arbeiten, die viel Kraft erfordern eher Männersache, weil Männer dabei eben von der Natur bevorzugt wurden.
Aber das heißt nicht, dass ein Mann nicht ebenso gut mit Kindern umgehen kann, oder eine Frau einen Männerberuf ergreifen. Gestern erst war bei uns in der Zeitung ein Artikel über eine Hufschmiedin, der ihr Job wirklich Spaß macht. Aber auch dabei sieht man, dass die so genannte Emanzipation hier zu Lande eines vergisst: Jeder Mensch hat seine Prioritäten und manche Frau bleibt vielleicht tatsächlich lieber daheim und macht den Haushalt, da gibt es doch nichts zum, scheel gucken! Ebenso wenig, wie wenn eine Frau sich entschließt einen Beruf zu ergreifen, bei dem man körperlich schwer arbeiten muss.
Aber dieses Gucken ist halt auch in der Fantasy noch so: Wenn der Held ein strahlender Prinz ist, ist das normal, eine strahlende Heldin ist eher was besonderes, aber da man der Frau so meistens die Weiblichkeit nimmt, weil sie denken und handeln muss, wie ihr männlicher Gegenpart das auch täte,  gleicht man das halt über das Aussehen aus. So entstehen Lara Croft und co.

Solche Frauengestalten mag ich gar nicht. Unter anderem deswegen liebe ich Manda Scotts Boudica-Zyklus. Die Prota dort hat sowohl die frauenspezifischen Probleme als Mutter usw., als auch Probleme, die sich durch ihr Leben als Kriegerin ergeben, aber auch in diesem Problemen bleibt sie weiblich, kollidiert gelegentlich mit den Männern um sie herum, die das nicht so ganz nachvollziehen können, wie denn auch? "Heldin" zu sein, bedeutet nicht gleich im Ledermini herumzulaufen und ansonsten eine Karikatur jeder normalen Frau zu sein, sondern die Situation so zu meistern, wie man es selbst am besten kann!
Aber wenn jeder Mensch ein Held wäre, wären Helden keine Helden. Daher bitte auch 08/15-Menschen und Schwächlinge wie im normalen Leben auch, sonst wärs ja langweilig.

Lucien

Also, ich finde, man sollte da einen Mittelweg gehen, sowohl bei der Anzahl "starker" und "schwacher" Frauen in einer Geschichte, als auch bei dem Grad wie sehr sie nun "stark" oder "schwach" sind.
Mich nerven diese Überfrauen, die hier schon erwähnt wurden. Das ist nicht mehr echt. Genauso nerven mich aber auch die Frauen, die so unselbstständig und hilflos sind, dass man sie ständig retten muss.

Ich überlege grad, wie es in meinem Werken aussieht. Da kann ich auf Anhieb jetzt nur eine Frau aufzählen, die wirklich das ist, was man "schwach" nennen würde. Sie kümmert sich um das Kind, sagt zu allem, was ihr Mann sagt, ja und amen und reißt ängstlich die Augen auf, wenn sie schlechte Nachrichten hört. So ganz verliert sie dieses Image auch nicht, aber sie lernt während der Geschichte, sich mehr von ihrem Mann zu lösen.
Aber da gibt es auch eine Frau, die ihr Leben alleine meistert, kämpfen und jagen kann und selbst dem (halb tyrannischen) Fürsten mühelos die Stirn bieten kann. Aber auch sie hat bisweilen das Bedürfnis, sich an eine starke Schulter zu kuscheln und ihrem Schatz was leckeres zu kochen.

Zitat von: Angelus Noctis am 13. September 2009, 07:49:46
Ganz ehrlich, Ihr lieben Mit-Frauen, wollten wir nicht alle schonmal Prinzessin sein?
Nein, ich nicht. Warum Prinzessin? Meine Mutter hat mir zu Karneval mal ungefragt ein Prinzessinnen-Kostüm gekauft. Fand ich doof, da habe ich das Krönchen weggelassen und kurzerhand ein Kleopatra-Kostüm draus gemacht.  ;D Also wenn schon adlig, dann will ich auch regieren!