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Das Klischee der starken Frau

Begonnen von Lord Zahnstocher, 13. September 2009, 05:21:47

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Dämmerungshexe

Das Problem das ich mit meinen starken Frauen immer habe, ist dass sie es sich nie erlauben können Gefühle zu zeigen, da sie damit ihr eigenes Image untergraben würden. Dieses andauernde Verstecken und Vorspielen kann zu einer Belastung werden. Das wäre ein Konflikt der eine interessante Grundlage für eine Geschichte geben würde.

Im Gegenzug mag ich es aber auch von Zeit zu Zeit tatsächlich eine "schwache" Frau zu beschreiben. Damit meine ich kein verwöhntes Prinzesschen, denn deren Aufgabe in einer Geschichte sollte es sein sich zu einer selbstständigen Persönlichkeit zu entwickeln. Aber eine Frau, die tatsächlich in der Lage und gewillt ist zu ihren Gefühlen zu stehen und auch eine körperliche Schwäche zuzugeben. So eine Figur ist natürlich auch eine Herausforderung an ihre Umwelt, wie diese mit dieser "Schwäche" umgehen.
,,So basically the rule for writing a fantasy novel is: if it would look totally sweet airbrushed on the side of a van, it'll make a good fantasy novel." Questionable Content - J. Jacques

Julia

#46
Zitat von: Dämmerungshexe am 30. September 2009, 18:56:09
Das Problem das ich mit meinen starken Frauen immer habe, ist dass sie es sich nie erlauben können Gefühle zu zeigen, da sie damit ihr eigenes Image untergraben würden.

Warum nicht? Ich selbst neige auch dazu, sehr emotional zu sein - trotzdem würde mich niemand als "Weibchen" bezeichen ...  :snicker:

Und mein Image war mir immer schon sch...nurzegal  ;D

[Edit: ... und wenn jemand sagt, dass er etwas physisch oder psychisch nicht schafft, finde ich das nicht schwach, sondern ehrlich ;)]

Drachenfeder

Ich würde mich selbst als starke Frau bezeichnen die ziemlich emotional ist. Ich zeige meine Gefühle, da hab ich auch kein Thema mit, schwach bin ich trotzdem nicht ;)
Auch in meinen Geschichten spielen starke Frauen eine Rolle... die naja manchmal echt zickig und sensibel sind... ach ja und mich manchmal nerven. Trotz allem sind sie alles andere als schwach.



Churke

Mein (Ex-)Chef ist von der Mutter seines Kindes zusammen geschlagen (Krankenhaus) und wegen Vergewaltigung angezeigt worden.
Aber sie liebt ihn - vor allem liebt(e) sie es, ihn zu kommandieren. 

Weiß nicht, ob die Dame jetzt stark oder eher stark gestört ist.  ::)

Julia

@ Churke: Ich würde sagen, dass hängt davon ab, was tatsächlich vorgefallen ist.

Dämmerungshexe

Was ich meinte war, dass das Klischee der starken Frau meist das einer Frau ist, die sich in einer Männerwelt durchsetzen kann, sprich mit Männern mithalten kann. Im Fantasy-Genre bedeutet das eben meist: kämpfen und töten kann wie ein Mann. Und Männer sind in den meisten Fällen nunmal Wesen die wenig Emotionen zeigen, und wenn sie es tun, werden sie "weibisch" genannt und nicht für voll genommen. Und ich spreche hier nicht von Emotionen wie Wut und Eifersucht, sondern tatsächlich von Trauer, Angst, Tränen.

Dass das Klischee einer "starken Frau" in der realen Welt natürlich anders beschrieben ist und auch emotionale Äußerungen beinhaltet, ist klar. Aber es geht nunmal um Fantasy, die doch meist in einem eher mittelalterlichem Setting spielt, in dem (rein aus dem historischem Kontext heraus) Frauen nicht viel zu sagen haben und ihre Rolle, eben ihr Klischee, erfüllen sollten.
,,So basically the rule for writing a fantasy novel is: if it would look totally sweet airbrushed on the side of a van, it'll make a good fantasy novel." Questionable Content - J. Jacques

Lavendel

Ich weiß grade nicht mehr wo, aber ich glaube vor langer, langer Zeit hatten wir schon mal eine Diskussion, in der es Frauen im Mittelalter ging (zumindest am Rande). Vielleicht weiß das noch jemand? Vielleicht vertue ich mich auch ...
Jedenfalls ist das Bild, das wir im allgemeinen von Frauen im Mittelalter haben stark von dem Frauenbild überlagert, dass sich im Bürgertum des 19. Jahrhinderts entwickelt hat. Frauen konnten durchaus eigenes Geld verdienen und auch frei darüber verfügen (die Bäuerin wohl eher nicht, dafür aber berüfstätige Frauen, die in einer Stadt lebten - nur als ein Beispiel, das man sicherlich noch weiter differenzieren müsste). Man muss wohl auch das Mittelalter selbst da noch unterteilen, denn zwischen 500 und 1500 liegen immerhin 1000 Jahre ;).

Vielleicht hat da ja schon mal jemand Recherche betrieben und möchte einen Thread im Rechercheboard aufmachen. Ich denke, das Theman könnte für viele von Interesse sein.

Joscha

Zitat von: Lavendel am 11. Oktober 2009, 21:01:00
Ich weiß grade nicht mehr wo, aber ich glaube vor langer, langer Zeit hatten wir schon mal eine Diskussion, in der es Frauen im Mittelalter ging (zumindest am Rande). Vielleicht weiß das noch jemand? Vielleicht vertue ich mich auch ...

Meinst du vielleicht den Thread, in dem wir über die ganzen historischen Romane mit dem "-in" im Titel diskutiert haben?

Ich kann mich zu dem Thema kaum äußern, ich habe mir ehrlich gesagt noch nie große Gedanken gemacht, ob ich Frauen als "starke" oder "schwache" Frauen darstellen soll. Liegt vielleicht daran, dass ich von Kindesbeinen an emanzipiert erzogen wurde (alle Frauen in meinem familiären Umfeld sind berufstätig, ich kenne niemanden, der noch dem alten "Hausfrau"-Klischee nachhängt). Ich habe prinzipiell eigentlich nichts gegen Frauen, die im Sinne männlicher Verhaltensweisen "stark" sind in Büchern, aber ich kann mich auch nicht daran erinnern, eines gelesen zu haben, in dem sie es sind. (Außer vielleicht Eragon - aber Arya zählt nicht, die ist schließlich eine Elfe.)

In meinen eigenen Büchern habe ich nicht allzu viele weibliche Charaktere, aber diejenigen, die wichtig sind, sind weder rettungsbedürftig noch Amazonen. In meinem aktuellen Projekt habe ich eine Frau als wichtige Figur, die sehr eigenständig ist, allerdings keine Kriegerin und viel mehr im Hintergrund die Fäden zieht, um den psychopathischen Protagonisten wieder in sein normales Leben zurückzubringen und ihn davon abzuhalten, weiter Menschen zu töten. Sie ist insofern also "stark", aber nicht nach den Maßstäben, die man an männliche Heroen legen würde.

Kati

ZitatMan muss wohl auch das Mittelalter selbst da noch unterteilen, denn zwischen 500 und 1500 liegen immerhin 1000 Jahre .

:-\ Tausend Jahre...irgendwie ist das recht heftig... (Off-Topic, ich weiß, aber das beschäftigt mich gerade irgendwie.)

Mir ist es eigentlich egal, ob eine Frau stark oder schwach ist...sie muss realistisch sein.
(Die Männer natürlich auch.  ;D)
LG,

Kati

Steffi

Zitat von: Lavendel am 11. Oktober 2009, 21:01:00
Jedenfalls ist das Bild, das wir im allgemeinen von Frauen im Mittelalter haben stark von dem Frauenbild überlagert, dass sich im Bürgertum des 19. Jahrhinderts entwickelt hat. Frauen konnten durchaus eigenes Geld verdienen und auch frei darüber verfügen (die Bäuerin wohl eher nicht, dafür aber berüfstätige Frauen, die in einer Stadt lebten - nur als ein Beispiel, das man sicherlich noch weiter differenzieren müsste). Man muss wohl auch das Mittelalter selbst da noch unterteilen, denn zwischen 500 und 1500 liegen immerhin 1000 Jahre ;).


Bei den Angelsachsen (zumindest in England) durften Frauen Besitz haben, erben und auch entscheiden, wem sie etwas vererbten, und sich selber vor Gericht vertreten. Hat sich dann 1066 geändert ;)
Sic parvis magna

Romy

#55
Zitat von: LindaIch mag ausbalancierte Figuren beiderlei Geschlechts. An dem, was andere schreiben oder verfilmen oder programmieren kann ich nichts ändern, an dem, was ich selbst tue, schon. Ein Grund mehr, kreativ zu werden, statt zu lamentieren.

Darum bemühe ich mich ebenfalls stets.  :jau: Klischees kann man am besten brechen, indem man es selbst anders macht ;)
Und Figuren sollten sich ohnehin immer entwickeln, ob nun Männer oder Frauen ist dabei völlig unerheblich. Hab ich am Anfang einen schwachen und naiven Prota, wird er/sie im Laufe der Handlung stärker, zumindest charakterlich.
Hab ich am Anfang einen charakterlich ,,starken" Prota, werde ich mich bemühen ihn/sie zu brechen, bzw. ihn/sie zum umdenken zu bringen und ,,menschlicher" zu machen.
,,Menschlicher" habe ich deshalb in Anführungszeichen gesetzt, weil in der Realität doch keine Person nur schwach oder nur stark ist. ;)

Davon abgesehen gibt es ja Frauenfiguren, die ,,hauptberuflich" Mutter und Hausfrau sind und die trotzdem in der Familie den Ton angeben oder im Hintergrund die Fäden ziehen. Ohne jetzt ein Beispiel vorbringen zu können, behaupte ich mal, dass es diese Art von Figuren auch schon recht lange gibt und das es sie auch in der Realität gibt. ;) Und solche Frauenfiguren würde ich doch durchaus als stark bezeichnen, auch wenn sie nicht schwertsschwingend oder mordend durch die Gegend laufen.

Nebenbei bemerkt betrachte ich Charakterstärke für eine Romanfigur als wichtiger, als besondere Fähigkeiten, sei es nun besondere Geschicklichkeit mit dem Schwert, allgemein besondere physische Stärke, Magie, große Weisheit oder-was-auch-immer.

Zitat von: Julia am 30. September 2009, 19:24:24
[Edit: ... und wenn jemand sagt, dass er etwas physisch oder psychisch nicht schafft, finde ich das nicht schwach, sondern ehrlich ;)]

Dem kann ich nur zustimmen  :jau:
Schwächen zuzugeben, zeugt m.E. von Selbstbewusstsein und Selbstbewusstsein bedeutet Charakterstärke, so einfach ist das ;)

Churke

Zitat von: Romilly am 22. Oktober 2009, 02:31:24
Und solche Frauenfiguren würde ich doch durchaus als stark bezeichnen, auch wenn sie nicht schwertsschwingend oder mordend durch die Gegend laufen.

Da stimme ich völlig zu. Und doch: Die Figuren eines Romans sind Phatasieprodukte und als solche Spiegel ihrer eigenen Zeit. Vielleicht haben sich solche Frauenfiguren unserer modernen Gesellschaft so weit entfremdet, dass die Leser(innen) mit ihnen nicht mehr viel anfangen können.
Man hat es ja hier mit Verhaltensmustern und Familienstrukturen zu tun, die es in unserer Gesellschaft nicht mehr gibt, und die bei uns auch nicht als erstrebenswert empfunden werden.
Klischees sind dazu da, um durch Auflagen bedient zu werden. That's business. Meine These ist ja, dass der Buchmarkt genau so ist, wie er sein muss, um optimale Rendite abzuwerfen....  :dollars:

Moa-Bella

Gegen einen schwachen Frauencharakter ist ja erstmal nichts zu sagen, die gibt es ja auch in der realen Welt. Man muss nur sehen, ob man diesen Charakter zum Musterbeispiel aller Frauen macht. Wenn ich jetzt z.B. eine resulute Wirtin einbaue ist der Emanzipation immerhin schonmal entgegengekommen. Sind allerdings alle Frauen schwach, schüchtern, charakterlos und ängstlich, fände ich das auch wiederum nicht so toll. Vor einer mittelalterlichen Kulisse ist das schwierig umzusetzen.