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Umgangssprache

Begonnen von Termoniaelfe, 01. Januar 1970, 01:00:00

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Termoniaelfe

Hallo Leute,

ich hab da mal eine Frage. Haltet mich aber bitte nicht für ganz blöde. :-/

Wieso ist es so verpönt, in seinen Texten hier und da die Umgangssprache zu verwenden?

Ich finde, dass dies den Text etwas belebt.

LG
Renate


Linda

#1
Hallo Renate,

eine einfache Frage, aber eine schwierige Antwort. - Ich kürze das mal ab.

In der Gegenwartsliteratur unterliegt der Gebrauch von Szene - oder Umgangssprache gewissen Moden und ist in Maßen akzeptiert. Manche Literaten könnten einpacken, wenn sie nur Schriftdeutsch verwenden dürften. Soweit, so gut.

Der Gebrauch von Umgangssprache  oder flappsigen Ausdrücken ist auch in Schriftwerken möglich, da aber zumeist auf Dialog beschränkt. Da macht es den meisten Sinn zur Charakterisierung, für das Zeitkolorit etc. Es sei denn, der Erzähler ist selbst... siehe "Der Fänger im Roggen"

In der Fantasy würde ich davon eher abraten. Umgangssprache  ist oft sehr stark zeitbedingt und regional unterschiedlich,  Dialekte lassen sich auch schlecht einbinden.
Wenn du eine eigenständige und künstliche Realität schaffen willst, so ist es besser, auf allzu deutliche sprachliche Bezüge zur Gegenwart zu verzichten (und wird auch von den Lesern, soweit ich das sagen kann, erwartet). Modernismen sind in der Fantasy verpönt, wir hatten dieses Thema bereits bei Sie/Ihr.
Natürlich kannst du dir eine eigene Umgangssprache  für deine Welt schaffen Nur die Geduld des Lesers sollte man nicht zu stark strapazieren...
Experimente sollte sich ein Neuling (leider Gottes) verkneifen. Im ärgsten Fall denkt man dann nämlich: der, die kann ja gar kein Hochdeutsch.

Linda

Elena

Hm... ich lese gerade "Die Verschwörung" von David Baldacci. Keine Ahnung, ob es an der Übersetzung liegt (irgendwie konnte ich mir bei manchen Dingen nicht vorstellen, wie das jetzt auf Englisch heißen sollte), aber dort wird sehr viel Umgangssprache im Text verwendet, obwohl es auktoriale Perspektive ist.

Ich würde mal sagen, "es geht", solange man es ganz durchzieht und der gesamte Text in einem ähnlichen Stil geschrieben ist (wobei das auch auf die Nerven gehen kann, wenn jemand da einen zuflapst).
Ansonsten reißt es natürlich raus, wenn der Text in normalem Hochdeutsch geschrieben ist und dann ab und zu mal wieder Umgangssprache auftaucht (abgesehen von Dialogen natürlich).

Liebe Grüße,

Elena

Termoniaelfe

Der Gebrauch von Umgangssprache  oder flappsigen Ausdrücken ist auch in Schriftwerken möglich, da aber zumeist auf Dialog beschränkt. Da macht es den meisten Sinn zur Charakterisierung, für das Zeitkolorit etc. Es sei denn, der Erzähler ist selbst... siehe "Der Fänger im Roggen"

Hallo Linda,

Danke für deine Ausführung. So weiß ich, dass ich doch Recht hatte. Ich hatte nämlich einen Streit mit meiner Freundin, die steif und fest behauptet, dass man sich als Autor jegliche Umgangssprache sparen sollte.  Da meine Kathy aber aus der heutigen Menschenwelt stammt und nun einmal von ihrem Charakter her so spricht, (so etwas wie, cool, oder klar doch o. so) war ich der Meinung, wenn sie sich in einem direkten Dialog befindet, geht Umgangssprache in Ordnung.

Ich danke dir recht herzlich.
LG
Renate

Schelmin

Ich finde, es kommt darauf an, wann, wie und in welchen Zusammenhang. Im Text ist es kritisch, in der wörtlichen Rede ist es in Ordnung. Schließlich sprechen wir nicht alle total geschwollen miteinander. Außerdem kann man damit auch einer Figur Farbe geben, oder einen Hinweis auf den Bildungsstand oder Charakter geben (z.B. ein zerstreuter Gelehrter, der nie einen Satz fertig spricht, oder ein Bauer, der versucht hochgestochen zu sprechen und dabei gänzlich versagt).
Gerade lese ich "Milch, Speed und Alby Starvation" von Martin Millar, und er schreibt darin teilweise in Umgangssprache, bzw. wirft mit Kraftausdrücken um sich. Das ist schon gut so, denn das ganze Buch ist ziemlich abgedreht. Es ist allerdings kein Fantasybuch.
Schelmin



Arielen

Ich denke, Umgangssprache passt gut zu Dialogen und Schilderungen aus der Ich-Perspektive, um einer Figur einen bestimmten Charakter zu geben, aber man sollte auch aufpassen, daß man nicht in Modeworte verfällt, die zu modern sind.

In Beschreibungen, Handlungsschilderungen halte ich Umgangssprache nicht für angebracht. Wozu das führen kann habe ich schon in Romanen erlebt ("Sie schmiß ihren Kopf hin und her" stand in einem Buch, übrigens während eines Liebesaktes...). Fantasy ist für mich eher etwas altertümelnd, daher verwende ich sehr selten Umgangssprache, vor allem wähle ich genau aus, was ich will.
Alles liegt im Auge des Betrachters

nina-a

ZitatFantasy ist für mich eher etwas altertümelnd, daher verwende ich sehr selten Umgangssprache, vor allem wähle ich genau aus, was ich will.
Ha! Ich versuche immer, die Fantasy in unsere Realzeit reinzubringen - von wegen altertümelnd!

Begeistert hat mich übrigens das Buch 'Bartimäus', das teilweise in Ich-Form geschrieben ist, aber sehr witzige Inhalte vorweist. Selbst die Registernummern waren erfrischend lustig, das muss man sich mal vorstellen! Eigentlich lebt es nur durch die Umgangssprache - selbst meine Kinder waren begeistert.

Aber wie immer: Ein Zuviel ist immer zu viel!

Gruß
Veronika

Ary

Hi!

Ich glaube, ich gehöre auch eher zur "Fantasy ist altertümelnd"- Fraktion. Ich bekomme ja schon die Krise, wenn in einem Fantasyroman die Protagonisten einander "siezen" statt "Ihr" und "Euch" zu verwenden. Liegt vielleicht daran, daß ich mir eine Fantasywelt immer leicht mittelalterlich angehaucht vorstelle, da passen dann moderne Begriffe und/oder Anglizismen nicht. "Okay" ist da einfach tabu.
Unfreiwillig komisch wirkt es auch für mich immer, wenn die Charaktere plötzlich irgendwelche Dialekte der heutigen zeit sprechen - berlinernde Barden, plattdeutsche Priester oder schwäbelnde Schwertkämpfer fände ich dann doch etwas arg seltsam.

Liebe Grüße,
Aryana
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Moni

Hallo Renate,

Umgangssprache ungleich Dialekt, ganz wichtig.... aber Aryana hat recht, Dialekte der deutschen Sprache wirken in einem Fantasyroman deplaziert und unfreiwillig komisch.

Was die Umgangssprache angeht: wenn Personen sprechen, die einer niedrigen sozialen Schicht entstammen, ist es durchaus passen, daß sie ein weniger feines Vokabular benutzen. Aber Umgangssprache ist ebenfalls ungleich "Jugendsprache", also Begriffe wie "geil" , "cool", "krass" etc. verbieten sich von selbst, zumindest für Charaktere aus einer Fantasywelt.
Da deine Heldin aus unserer Welt stammt und vermutlich auch aus unserem Jahrhundert (?), passt es natürlich, wenn sie sich der jetzigen Jugendsprache bedient. Aber auch nur in Maßen, sonst wird es für den Leser irgendwann nervig.

Deutsch ist die Sprache von Goethe, von Schiller...
und im weitesten Sinne auch von Dieter Bohlen[/i]
Stefan Quoos, WDR2-Moderator

»Gegenüber der Fähigkeit, die Arbeit eines einzigen Tages sinnvoll zu ordnen,
ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.«[/i]
Johann Wol

Termoniaelfe

ZitatDa deine Heldin aus unserer Welt stammt und vermutlich auch aus unserem Jahrhundert (?), passt es natürlich, wenn sie sich der jetzigen Jugendsprache bedient. Aber auch nur in Maßen, sonst wird es für den Leser irgendwann nervig.

Hallo Shadowdaughter,

Meine Heldin ist ein ganz liebes Mädchen. Nur ein oder zwei Mal rutscht ihr ein "cool" raus. Aber ich musste mir von einer Bekannten schon anhören, dass meine Kathy, für ihre Begriffe zu geschwollen reden würde. Aber das finde ich ganz und gar nicht. Sie weiß sich eben zu benehmen.
Ich habe Euren Rat beherzigt und alles andere an Umgangssprache entfernt.
Vielen Dank nochmal.


LG
Renate

Schelmin

Hi!
Ich habe gerade "Handbuch für Helden" von John Moore gelesen (d.h. das Ende fehlt noch, Lesen im Flugzeug ist doch nicht so toll  ;) ). Das ist ein passendes Buch zum Thema Umgangssprache in der Fantasy. Es zeigt, daß alles möglich ist. Allerdings muß man sagen, daß es eine Hardcore-Parodie ist, hart an der Grenze zur Blödelei, da bringt diese Art der Spache auch gleich andere Möglichkeiten der Weltanschauung und Charakterisierung mit sich. Ernste Bücher kann man so eher nicht gestalten, denke ich, es sei denn man bescheibt einen Charakter, der genau dazu paßt. Trotz allem finde ich, daß John Moore sich an dieser Grenze gut bewegen kann, irgendwie überschreitet er meiner Meinung nach die Grenze zu Geschmacklosigkeit nicht wirklich (wie zum Beispiel beim "Herr der Augenringe", das ist wirklich doof). Ich fand auch "Hauen und Stechen" sehr originell.
Schelmin

Arielen

UNd was ist mit extra erfundener Jugendsprache in einem Fantasy-Kontext?
Alles liegt im Auge des Betrachters

Schelmin

Da kann ich mir nicht so viel darunter vorstellen ohne Beispiel, aber ich denke, grundsätzlich muß es zum Text passen und für den Leser verständlich und nachvollziehbar sein. Vorsicht also, wenn du eine ganz neue Form der Umgangssprache erfinden möchtest.
Vermutlich kann ein Jugendlicher heute sich nichts unter einer "Wuchtbrumme" vorstellen, oder wie es ist, wenn jemand knorke ist. Ein Mensch in den 50ern hätte sicher nicht gewußt, was endkrass ist.

In einer Parodie könnte ich mir aber zum Beispiel genau diese Unverständlichkeit gut vorstellen.
Zum Beispiel:

"Hey Alterchen, laß mal ein paar Silberlinge in meinen Leibgürtel fliegen, sonst schnappt mir die prinzenstarke Konkurrenz in der Taverne die besten Täubchen weg!"
"???"
"Ihr Sohn möchte ein wenig Geld um sich mit mit den jungen Damen zu amüsieren, Sire!"

Arielen

Genau, so dachte ich mir das! Man muß als zeitgemäß pöbeln!
Alles liegt im Auge des Betrachters

Felsenkatze

Anlässlich einer konkreten Beobachtung (Problem will ich es nicht nennen) meines Textes eine Frage:

Wie wichtig empfindet ihr eine passende Ausdrucksweise bei Charakteren?

Was ich meine, ist, wenn ein Charakter aus einer schlechten Gegend kommt, erwartet ihr dann, dass er im geschriebenen Text zumindest andeutungsweise Umgangssprache spricht (also vielleicht nicht so hochsprachliche Wörter verwendet, oder viele Wörter einfach verkürzt oder so was.) Oder stört euch das eher, so etwas zu lesen?
Ich finde solche Konstrukte wie "halt's" oder "tu's" immer etwas schwierig, sie bremsen meiner Meinung nach den Lesefluss, aber andererseits dient so etwas wie die Sprache ja auch als Charakterisierungsmerkmal.
Was also machen? Sparsam und gezielt einsetzen? Einfach weglassen? Nur die verständlichen Ausdrücke übernehmen (ein Beispiel wäre da Jugendsprache, viele der Ausdrücke würde ich als Leser gar nicht verstehen)?