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Diskussion: Junge Autoren - bringen die's?

Begonnen von Coppelia, 10. September 2008, 08:05:56

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Coppelia

#15
Na das sind ja schon mal interessante Antworten. :)

Schiller soll übrigens erst 19 gewesen sein, als er "Die Räuber" geschrieben hat, hab ich so in Erinnerung. Früher fand ich Schiller klasse, aber die Latinistik hat meinen Geschmack für seine Sprache verdorben. Jung gestorben ist er aber auf jeden Fall.

Die antiken Autoren kenne ich ja am besten, daher hab ich noch mal drüber nachgedacht ... offenbar war es in Rom nichts Besonderes, als junger Mensch schon etwas Bedeutendes zu schreiben. Cicero war schon ein Redner-Star, als er in meinem Alter war, und hatte mit 19 ein Lehrbuch über Rhetorik geschrieben (aber ein Prof an unserem Institut hält es für unecht ;)). Ovid behauptet, er wäre schon ein berühmter Dichter gewesen, als er sich gerade das erste Mal rasiert hatte (aber das glaube ich wiederum Mr. Sunshine nicht). Catull jedenfalls ist auch mit Anfang 30 gestorben, der Theaterdichter Terenz - der besonders "erwachsene" Themen behandelt und für seinen guten Stil berühmt ist, allerdings das meiste von griechischen Autoren übernommen hat - Ende 20. Horaz soll seine ersten Gedichte auch irgendwann in den 20ern herausgegeben haben. Vergil, der Lieblingsdichter der Römer, soll auch schon so jung angefangen haben, dass "mein" 26jähriger Epiker total besorgt war, dass er älter sein würde als Vergil, wenn er sein erstes bedeutendes Werk herausbringt. ;D So sagen jedenfalls seine Biographen. Vielleicht hat er auch nur besondere Miesmacher als Interpreten. Bei Horaz labern die Interpreten stattdessen von "jugendlichem Feuer blabla". :)

Was ich mich auch frage: "Mein" Autor ist nun ein besonders scharfer Gesellschaftskritiker. Er geht sehr harsch und feurig dabei zu Werke. Ist man als junger Mensch vielleicht eher geneigt, die Gesellschaft anzugreifen, in der man zu leben gewzungen ist, als dann, wenn man schon lange Gelegenheit hatte, sich an sie zu gewöhnen?

Das alles ändert aber nicht so viel an der Tatsache, dass ich mich im Augenblick irgendwie etwas zu jung fühle. *g* Aber während ich mich sonst gern zu alt fühle , ist das auch mal eine angenehme Abwechslung. :rofl:

Maja

ZitatWas ich mich auch frage: "Mein" Autor ist nun ein besonders scharfer Gesellschaftskritiker. Er geht sehr harsch und feurig dabei zu Werke. Ist man als junger Mensch vielleicht eher geneigt, die Gesellschaft anzugreifen, in der man zu leben gewzungen ist, als dann, wenn man schon lange Gelegenheit hatte, sich an sie zu gewöhnen?

Ich denke, da ist etwas dran: Sturm und Drang ist etwas typisches für junge Leute. Wenn sie älter werden, haben sie sich vielleicht nicht an die Gesellschaft gewöhnt, aber sie realisieren sich selbst als einen Teil der Gesellschaft und erkennen, daß es an ihnen selbst ist, etwas praktisch und von innen zu ändern, statt die Gesellschaft nur pauschal von außen anzugreifen.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Moni

Zitat von: Coppelia am 10. September 2008, 11:38:27
  Die antiken Autoren kenne ich ja am besten, daher hab ich noch mal drüber nachgedacht ... offenbar war es in Rom nichts Besonderes, als junger Mensch schon etwas Bedeutendes zu schreiben. 

In Rom wurde man ja bereits als Kind mit Rhetorikunterricht beglückt, es gehörte zum guten Ton, sich eloquent äußern zu können. Also kann man sagen, die Römer wurden zu Rhetorikern erzogen.
Cicero war aber auch unter Römern sicherlich eine Ausnahmeerscheinung, genau wie die von Churke genannten jungen Genies. Das gleiche könnte man ja auch auf die Musik übertragen und dann hätte man den recht jungen Mozart (dessen Frühwerke auch vor Klischees strotzen) und den gereiften Bach.

Alter muß nicht gleichbedeutend mit Qualität sein, aber es hat in unserer Zeit sicherlich mit erlebter Erfahrung zu tun.
Deutsch ist die Sprache von Goethe, von Schiller...
und im weitesten Sinne auch von Dieter Bohlen[/i]
Stefan Quoos, WDR2-Moderator

»Gegenüber der Fähigkeit, die Arbeit eines einzigen Tages sinnvoll zu ordnen,
ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.«[/i]
Johann Wol

Tintenfalke

Je mehr man schreibt und sich mit dem "Handwerk" beschäftigt, z.B. darüber liest, wird man besser. Die Einsichten in das Schreiben selbst verhelfen neben dem ständigen Training zu qualitativen Unterschieden, das merke ich schon bei mir. Das, was ich früher geschrieben habe, ist geradezu naiv.

Heute kann ich mich viel besser in Menschen hineinversetzen als früher. Das bringt die Lebenserfahrung/das Alter (*hust*röchel*) und die möglichen Techniken, die man sich angelesen und antrainiert hat.

Junge Autoren haben den Vorteil eines "unverstellten Blicks", und viele Themen beziehen sich auf ihr direktes Umfeld. Oder sie werden zu Fanfiction-Schreibern, was ja auch nichts anderes ist als bevorzugtes Umfeld...

Tenryu

Was mir an heutigen (jungen) Autoren negativ auffällt, ist daß viele einfach zu wenig Bildung besitzen. Das mag vielleicht daran liegen, daß es früher eben kein Fernsehen und keine Playstation gegeben hat und die Leute entsprechend mehr Zeit zum Lesen und Studieren hatten. Abgesehen von der Lebenserfahrung macht es eben einen gewaltigen Unterschied, ob einer die Klassiker gelesen hat, sich in der antiken Mythologie auskennt und auf 3000 Jahre Kulturgeschichte zurückgreifen kann, oder ob sein kultureller Horizont nur bis zu Star Wars und Buffy der Vampierjägerin reicht.
Vielleicht fällt dieser Mangel an Bildung und Vorkenntnissen im Bereich Fantasy besonders auf, vielleicht liegt es auch daran, daß sich in diesem Genre besonders viele junge und unbedarfte Autoren tummeln.

Maja

@Tenryu
Ich habe hier schmerzlich schon Autoren jenseits der 40 erlebt, denen jedwede Bildung abging und die ich beim ersten Eindruck für unbedarfte Jugendliche gehalten hätte. Niemand muß sich jetzt angegriffen fühlen, die Betreffenden haben es hier im Forum nicht lange ausgehalten - und das gilt übrigens auch für die Eragon-Kiddies, die wir zwischenzeitlich mal hier hatten.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Arielen

Ich finde es müßig, Autoren früherer Jahrhunderte, ob nun aus dem 18./19. Jh. oder gar der Antike mit uns vergleichen zu wollen. Damals wure von jungen Menschen auch im Elternhaus schon mit 12 Jahren vermutlich mehr Verantwortung abverlangt, als heute viele 22jährige erbringen müssen.

Ich denke, es kommt nicht einmal mehr auf das Alter eines Autors an, sondern auf eine Mischung aus Schreib- und Lebenserfahrung und innerer Reife.
Letztens hatte ich ein Buch einer Vierzehnjährigen, das wesentlich erwachsener geschrieben war als das von  fünf oder zehn Jahre älteren Autoren. Auch im Interview, das ich später mit ihr geführt habe, klang sie sehr reif und für ihr Alter erwachsener als vermutet.

Dann stoße ich auch bei Dreißigjährigen noch auf eine erschreckende Naivität. Bei den Hobbyautoren ist das noch viel deutlicher zu erkennen, weil man ihre Texte relativ ungefiltert zu lesen bekommt, ohne dass etwa die Lektoren noch daran herum gebastelt haben.

Alles liegt im Auge des Betrachters

Manja_Bindig

Hm...
Junge Autoren. Da ich selbst noch ein ziemlicher Grünschnabel bin und noch grüner war, als ich mein erstes Machwerk veröffentlicht hab, denk ich, dass ich mich trauen kann, mitzureden.
1: Schreibtechnisch. Sagt, was ihr wollt, aber egal, ob man mit 6 oder 13 anfängt zu schreiben, es ändert nichts daran, wie man mit 15 schreibt. Ich habe mit 6 angefangen, Geschichten zu schreiben. Wir wissen, wie ich mit 15 geschrieben habe. Inzwischen hab ich ein paar junge Autoren, für die ich als Beta-Leser arbeite und die jetzt auch so in der Drehe 15, 16 sind. Interessanterweise lesen sich einige Sachen von ihnen so, wie ich sie von mir in Erinnerung habe. Danach entwickelt sich der Schreibstil erst so wirklich mit dem Leben. Wie lang man davor schon geschrieben hat, hat Einfluss darauf, wie rasant er es tut(ob man Veränderungen erst nach 3 Jahren merkt oder ob sich das schon nach nem Halben Jahr bemerkbar macht), weil das Sprachgefühl ja schon vorher geschult war. Aber ich bezweifle, dass eine 15jährige eine gute Idee rein schreiberisch genauso flüssig und gut lesbar umsetzt wie eine 20- oder meinetwegen sogar 30jährige. Da macht sich auch Punkt zwei bemerkbar, die
2: Lebenserfahrung. Ich vermute mal dreist, dass mir keiner widerspricht, wenn ich behaupte, eine 15jährige hat noch nicht so viel vom Leben gesehen wie eine 20jährige. Genauso wenig, wie ich meinen Eltern widerspreche, wenn sie meinen, mehr Lebenserfahrung zu haben. Ich widersprech meinen Eltern viel und gern, liegt in der Natur der Sache, aber in dem Punkt geb ich ihnen recht. Und genau diese Lebensefahrung lässt einen Autor anders an den Stoff rangehen. Beispiel: Man schreibt mit 15 eine Geschichte, in der man mehr oder weniger mit allem abrechnet, was einen ankotzt. Jahre später, mit ein wenig abstand und einem klareren Kopf findet man dies wieder. Der Plot ist gut, die Charas interessant, nur die umsetzung findet man selbst scheußlich. also schreibt man noch mal. Der Unterschied ist nicht nur schreitechnisch wie Tag und Nacht.

Ich schreibe jetzt in vielerlei Hinsicht anders, als ich es noch vor einem halben Jahr getan habe. Stil ist wie ein guter Wein oder Käse. Es braucht Zeit, um zu reifen, anders als eben genannte Genussmittel darf man ihn nur nicht lagern, sondern muss damit arbeiten. Genauso die Fähigkeit, Ideen zu entwickeln und umzusetzen.

Ich finde es gerade deshalb immer sehr spannend, junge Autoren zu lesen und dann vom text her aufs Alter zu raten. Ob jemand Talent hat, sich weiterentwickelt oder ob er mehr oder minder auf der Stufe stehen bleibt, auf der er ist(Schreiben ist ja auch eine ziemlich technische Sache, da ist ,,stehen bleiben" sehr relativ), zeichnet sich allerdings erst nach und nach ab.

Gut.
Frage war, ob es junge Autoren bringen.
Ja. Tun wir. Aus jungen Autoren werden irgendwann ältere Autoren. Ohne junge Autoren stirbt die nächste Generation aus. ;) wir haben andere ansichten als ältere Semester, eventuell einen anderen Stil, mit anderen Worten, der Nachwuchs bringt frischen Wind in die Bude.

Ich hätte allerdings noch eine andere Frage anzubringen: Wann ist man eni ,,junger Autor"? wenn man gerade erst seinen Erstling veröffentlicht hat? Wenn man unter 30 ist? Oder wenn man – wichtig für Kinderbuchautoren – weiß, wie man jung bleibt(man möge hier bitte unterscheiden von ,,Kindisch sein"?

Coppelia

#23
Wo Moni das mit dem Rhetorikunterricht - jaja, ich weiß, ich bin einseitig und antikefixiert ;D - anspricht, frage ich mich doch, ob es einen Unterschied macht, welche Literatur man als junger Mensch liest.

Auch Leute wie Schiller hatten nie so etwas wie altersgerecht aufbereitete Literatur und haben sich wohl daher schon eher mit "erwachenen" Themen und womöglich auch schwerwiegenderen Fragen auseinandergesetzt, als es die Kinder heute tun, die gefilterte Jugendliteratur vorgesetzt bekommen. Selbstverständlich ist gute Jugendliteratur außerordentlich wertvoll. Aber sie ist eben doch meist "gefiltert".

Ich hab ja als Kind die Ilias rauf und runter gelesen, und ich denke, es hat mir in Sachen Textverständnis, Formulierung und auch intertextuelles Verständnis für mein Leben etwas gebracht. Es war eine Art sprachliche und inhaltliche Herausforderung, und ich denke schon, dass man als Kind an solchen Herausforderungen wächst und Sprachgefühl, das schon vorhanden ist, besonders gefördert wird. Aber auch heute gibt es ja noch viele junge Leute, die schon "Klassiker" lesen.

Von ca. 16 bis 20 habe ich übrigens ausschließlich geschrieben, um meinen Stil zu verbessern. :hmmm: Ewig dieselbe Szene neu geschrieben. Ich hatte nur Fragmente, nichts Fertiges. Den Stil der Romane, die ich vor 2 Jahren geschrieben habe, empfinde ich heute trotzdem als zu melodramatisch. ::) Und ... ähm ja. Ich verbessere meinen Stil noch immer ständig. Aber inzwischen ist er mir zumindest gut genug, um mal was fertig zu schreiben.

Natürlich sind diese genannten "Genies" alle Ausnahmetalente. Aber wer sagt, dass hier nicht auch welche von uns/euch solche Talente sind? Wer weiß ...
Und andererseits, wer sagt, dass Ausnahmetalente allen "Regeln" enthoben werden müssen? ;)

Und meine Position ist: Ich empfinde es als recht anmaßend, Autoren herunterzumachen, nur weil sie jung sind. >:( Das hat hier niemand getan, aber ich erlebe es eben doch relativ oft. Alter ist so ein "Totschlagargument" von denjenigen, die bereits ältersind. Ich empfinde Reife auch nicht nur als Anhäufung von Lebenserfahrung. Ich denke, sie hängt auch davon ab, wie intensiv man sich über bestimmte Dinge Gedanken gemacht hat und zu welchen Ergebnissen man dabei gekommen ist.

Churke

Zitat von: Coppelia am 10. September 2008, 16:39:20
Wo Moni das mit dem Rhetorikunterricht - jaja, ich weiß, ich bin einseitig und antikefixiert ;D - anspricht, frage ich mich doch, ob es einen Unterschied macht, welche Literatur man als junger Mensch liest.

Natürlich. Man saugt ja das Gelesene in sich auf imitiert es - absichtlich oder unabsichtlich. Wenn jemand miese Bücher von schlechten Autoren liest, dann ist das die Autorenklippschule.

Julia

Zitat von: Coppelia am 10. September 2008, 16:39:20
Alter ist so ein "Totschlagargument" von denjenigen, die bereits ältersind.

... und neidisch ;D, sonst würde sie sich nämlich konstruktiv äußern.


Chuck

Vorhin habe ich ein wenig über Musik philosophiert und da fiel mir auf, dass zwischen meinem Musikgedanken und diesem Thema eine gewisse Schnittmenge besteht.

Folgendes:
Man erlebt es im Bereich der Musik immer wieder, dass Debütalben oder erste Kompositionen von Bands oder Künstlern viel verspielter sind als spätere Werke. Da fallen mir spontan Lordi, Hammerfall, Helloween ein. Oder auch aus einer anderen Richtung: Grönemeyer, Lindenberg oder Maffay. Ausgenommen seien an dieser Stelle vor allem progressive Vertreter, die gekonnt ihren Spieltrieb steigern. Zumindest manche.

Ein weiteres Beispiel wäre auch Tobias Sammet und seine Avantasia Scheiben. Die letzte ist um einiges reifer als die Vorgänger. Arrangements und Instrumentalisierung sind super und perfekt ausgearbeitet. Die Vorgänger bestechen, auch wenn sie musikalisch dem letzten Werk in nichts nachstehen, durch viel mehr Innovation und Ideen.

Es wurde ja bereits erwähnt, aber gerade bei jungen Werken wird immer alles mit rein genommen, was jemals als Idee im Kopf herumschwirrte. Reifungsprozesse laufen nur bedingt ab und die Zutaten bleiben entweder fast noch roh oder sind erheblich stark durchgebraten, aber den Zustand "Medium" wird seltener erreicht. Teilweise entstehen solche Dinge natürlich auch dadurch, dass der Schreiber oder Musiker erst noch seinen Stil finden muss, will oder wird.
Allerdings trennen sich die Wege bei Musik oder Schreibstil noch ein wenig. Musik kann ohnehin live performt werden, auch wenn keine Plattenvertrag dahinter steht. Die entstandene Musik kann entweder sehr einfach sein, kalkuliert oder ein Meisterwerk (und vieles mehr) Für alles gibt es Nischen und feste Plätze. Beim Schreiben ist das ein wenig anders.

Aber in beiden Fällen denke ich liegt es am Gemüt des jeweiligen Schreibers. Man ist beispielsweise jung und hat eine Idee - sofort greift man zu Stift und Papier und schreibt sie nieder. Fertig. In erster Linie besteht auch aus künstlerischer Sicht nicht zwangsläufig die Notwendig eines Prozesses. Aber je mehr man erlebt, desto mehr will man Erlebtes einbeziehen, desto mehr Sinneseindrücke und Gefühle werden beim Schreiben verbunden und automatisch laufen Prozesse relativ länger ab, was das Werk ebenfalls automatisch reifen lässt.

Wenn man als Schreiber aus einer bestimmten Sicht oder Lage schreiben will, die man selbst nicht kennt, dann fällt es im Prinzip nur unter die Kategorie der Recherche. Je weniger man weiß, desto mehr muss halt auch recherchiert werden. Relativ gesehen mag es so sein, dass Recherchen in jeder Altersgruppe gleich lang ablaufen, aber das Ergebnis eben bei mehr Erfahrung authentischer wirkt.

Judith

ZitatUnd meine Position ist: Ich empfinde es als recht anmaßend, Autoren herunterzumachen, nur weil sie jung sind.
Das sicher, aber ich erlebe meistens eher das Gegenteil, nämlich, dass Autoren wie Paolini oder Bujor in den Himmel gelobt werden, nur weil sie jung sind. Einige Bekannte von mir haben auch schon sinngemäß gesagt "Ja, Eragon hat einige Schwächen, aber dafür, dass es ein 16jähriger geschrieben hat ist es doch toll!"
Wenn ich Geld für ein Buch ausgebe, dann ist es mir aber wurscht, wie alt der Autor ist - gut soll das Buch halt sein. Da gibt es von meiner Seite keine mildere Beurteilung, nur weil der Autor noch so jung ist.

felis

Alter gibt zumindest einen Vorteil - viel mehr Übung ;-)
Um mal ein Genrebeispiel zu wählen: MZBs allererster Darkoverroman wurde von ihr selbst als so schlecht empfunden, dass sie 20 Jahre später eine fast doppelt so dicke Neufassung geschrieben hat, in der der Prota wesentlich differnzierter ausgearbeit ist.
Die erste Fassung las sich so so la la. Die späte Fassung gehört zu den stärksten Darkover-Romanen überhaupt.
Ich gehöre ja zu den eher exotischen Fällen von Späteinsteigern ins belletristische/literarische Schreiben. Gegenüber jungen Schreibern mit gleich viel Praxis habe ich dadurch einen erheblichen Vorteil: ich habe - allein aufgrund meines Alters - sehr viel mehr gelesen (und im fachlich-wissenschaftlichen Bereich auch geschrieben). Das schult das Sprachgefühl.
Wo ich allerdings überhaupt keinen Vorteil habe, das sind die "Techniken" des Romanschreibens. die muss ich mir genauso draufschaffen, wie die jungen.  ;)

Beate

Ich denke, man muss da sehr stark unterscheiden - sowohl in der Sicht von uns jungen Autoren aus als auch in der Sicht von außen.

Es gibt natürlich einmal die jungen Autoren, die mit 15, 16 ihr erstes Werk veröffentlichen und anschließend immer weiter schreiben, einen Bestseller nach dem anderen. Zum einen haben die einen sehr guten PR-Berater gehabt und es wurde sicherlich auch viel Trubel um die Bücher gemacht, zum anderen sind sie auf dem Markt jetzt hoch gelobt.
Aber beschäftigt sich ein Reich-Ranicki damit? Würde sich ein solcher Literaturkritiker mit Märchenmond und co beschäftigen?

Und dann gibt es die "alten" Autoren, die mit 40, 50 ich erstes Werk veröffentlichen. Und vorher nicht oder kaum geschrieben haben.
Diese haben jetzt sicherlich eine andere Herangehensweise an das Thema, sie haben einen anderen Blickwinkel - aber schreiben sie automatisch besser, als der 16-jährige? Übung haben sie ja genauso wenig.

Aber da wären auch noch die 40-50-jährigen, die einfach so lange für ihr erstes Werk gebraucht haben. Da denke ich, wenn es nicht sehr oft überarbeitet wurde, dass man die Entwicklung des Stils erkennen kann.


Also ist man nicht automatisch ungeübt, wenn man noch jung ist.
Was aber durchaus der Fall ist, ist, dass junge Autoren in manchen Bereichen nicht so belesen sind. Aber ist es wirklich nötig, einen Faust oder die Räuber gelesen zu haben, um gut zu schreiben? Ist es heute noch zeitgerecht, in Hexametern und mit daktylen zu schreiben? Ich mochte Faust, so ist es nicht, in der Klausur über Faust hatte ich immerhin 14 Punkte (glatte eins) und bin nur haarscharf an den 15 (1+) vorbeigeschrammt. Aber für mein Schreiben hat es mir rein gar nichts gebracht. Denn das ganze Thema ist in einer Sichtweise behandelt, die heute nicht mehr in die Zeit passt. Würde man einen historischen Roman schreiben, der etwa zu Goethes Lebzeiten spielt, dann ist das die richtige Sichtweise. Aber dann informiere ich mich doch eher in historischer Fachliteratur als in einem Werk, das - gerade im 2. Teil - so seltsam abgedreht ist. Faust eins hat wenigstens noch einen roten Faden, der sich in den letzten Szenen von Faust zwei auch wiederfindet. Den Rest dazwischen braucht man nicht.

Ist es heute im Zeitalter des Internets und Wikipedias noch nötig, die griechischen Heldensagen wirklich gelesen zu haben? Oder die Geschichten aus 1001 Nacht? Die habe ich mit 13 oder 14 sogar angefangen, weil ich mich dafür interessiert habe. Wir haben die hier in unserer kleinen Privatbibliothek sogar rumstehen - allerdings in der Erwachsenenausgabe. Ist es wirklich noch kindgerecht, so ein Werk auf die "sollte man mal gelesen haben" Liste zu setzen? Wenn Krähen kommen und detailliert beschrieben wird, wie Gedärme herausgerissen werden? Ich habe nach etwa 100 Seiten aufgehört, weil ich tierische Albträume bekommen habe. Und ich will nicht wissen, ob das jetzt - knapp 10 Jahre später - nicht wieder genauso wäre.

Was ist zum Beispiel mit den klassischen deutschen Märchen? Hänsel und Gretel, Die sieben Geislein mit ihrem Wolf, Rotkäppchen. Kinderliteratur? Ich hab diese Dinge nie gelesen. Und auch nie vorgelesen bekommen. Ich hatte die Märchen um das alte Haus und die grüne Schule. Mit der Oma und ihrer Märchenbrille, dem uralten Hund Bauz, dem ururalten Hahn Krax und der urururalten Katze Maunz (keine Garantie für die Namen der Tiere). Ist es kindgerecht, Märchen vorzulesen, die ein aufschlitzen eines Wolfes beinhalten? Oder bei Hänsel und Gretel, dass die Kinder in den Backofen geschoben werden? Genau genommen haben die Gebrüder Grimm ihre Märchensammlung für Erwachsene herausgegeben. Für Kinder haben die Eltern sie dann hergenommen. Ich bin - ehrlich gesagt - froh, dass meine Eltern mir diese Dinge NICHT als Gute-Nacht-Geschichten vorgelesen haben. Mag sein, dass ich deswegen jetzt etwas empfindlich bin, was Albträume angeht. Aber wir haben die grimmschen Märchen da, genauso wie die Anders-Märchen, aber das Bedürfnis, sie zu lesen, habe ich nicht.
Das einzige, was daran negativ war, ist die Tatsache, dass ich im Deutsch-Leistungskurs probleme hatte, Bezüge zu Märchen zu finden - ich kannte sie ja nicht. Aber die Einstellung meiner Eltern habe ich jedem Lehrer und jedem Schüler gegenüber eisern verteidigt.


Sicherlich haben die deutschen Klassiker und die antiken Werke noch ihre Daseinsberechtigung. Manche Zeilen daraus sind in den Volksmund übergegangen, ohne, dass die meisten noch wissen, WAS sie da eigentlich zitieren. Es gibt hochphilosophische Ansätze, selbst in Faust. (Beispiel: "Werd' ich zum Augenblicke sagen, verweile doch, du bist so schön - dann magst du mich in Fesseln schlagen, dann will ich gern zu Grunde gehn" (Mephisto-Faust, in Faust I) --> "Zum Augenblicke dürft' ich sagen: Verweile doch, du bist so schön!" (Faust in Faust II) --> ist er nun glücklich oder nicht? Himmelfahrt gerechtfertigt?)
Ich denke, die Literaturklassiker der "alten Zeit" sind gute Werke, aber haben keinen Einfluss mehr auf unser Schreiben. Denn sie sind Zeugen einer anderen Denkweise, einer anderen Erziehung und fast schon anderen Kultur.
Was eher heutzutage gelesen werden sollte, sind die Werke großer Deutsch-Künstler, wie etwa Thomas oder Klaus Mann. Auch wenn diese Werke genauso verquer und verrückt sind wie Faus und co, kann man hier doch viel über mögliche Konstruktionen und die Kunst mit dem doch als "unschöne" Sprache verschrienen Deutsch umzugehen lernen.


Für Fantasy-Autoren im Speziellen denke ich außerdem, dass griechische Helden- und Göttersagen durchaus eine Bereicherung darstellen können. Aber da kommt es nicht aufs Alter an. Man kann diese Sagen mit 10 lesen ebenso wie man sie mit 60 noch ungelesen im Schrank stehen haben kann. Da kommt es auf die eigene Überzeugung an, ob man sie für sich persönlich braucht oder ob man sie lesen will. Hilfreich sind sie sicherlich, gerade, was Wesen wie Satyre, Chimären und co angeht. Aber an die Vorgaben aus alter Zeit muss man sich deswegen noch lange nicht halten. Es fällt einem aber sicherlich leichter, Bezüge dazu herzustellen und ein Bild, das man hat, leichter zu beschreiben, wenn man sich auf bekanntes beziehen kann.


Sind junge Autoren schlechter?
Jung und Jung sind zwei paar Stiefel. Es gibt die "körperlich" jungen und die "geistig" jungen. Da hängt viel von der Entwicklung ab. Was haben diese Menschen in ihrem Leben schon durchgemacht? Ist man wohlbehütet ohne Sorgen und Probleme aufgewachsen? Oder wurde man gemobbt, ausgegrenzt, belogen und betrogen?
DAS finde ich, macht - neben der Übung, die jeder natürlich selbst für sich haben muss, - viel mehr aus als das wirkliche, biologische Alter.