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Triggerwarnungen - wichtig oder überflüssig?

Begonnen von FeeamPC, 15. September 2019, 21:40:08

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Zit

#60
Na, ganz so negativ ist es nun auch nicht. In der aktuellen Federwelt 05/19 ist auch ein Artikel zu Triggerwarnungen enthalten, in dem u.a. auch @Lothen zitiert wird (ihr Roman Sand & Klinge als Beispiel) oder ohneohren zu Wort kommt genauso wie Art Skript Fantastik, die Content Notes/ Triggerwarnungen benutzen. Auch piper ist dabei, wobei die befragte Lektorin zugibt, dass sie das "sehr individuell mit dem Autor – oder der Autorin" ausmachen, und dass sie solche CN auch selbst anregen, wenn sie beim Lektorat merken, dass sensible Themen intensiv aufbereitet werden, es aber letztlich beiM AutorIN liegt, ob es gemacht wird.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Lothen

@Elona : Klar, man kann unmöglich alle potenziellen Trigger oder Inhalte aufzählen, oft sind die ja auch sehr spezifisch und von Außenstehenden nicht als solche zu erkennen. Aber wie Evanesca schrieb, es gibt gewisse Themen, die einfach ein sehr hohes Trigger-Potenzial haben (Suizid wurde genannt, Mobbing, sexuelle Gewalt usw.).

TWs oder CNs werden nie eine 100%-ige Sicherheit für Betroffene darstellen, der Illusion sollte man sich nicht hingeben, aber deswegen ganz drauf zu verzichten, finde ich dann doch übertrieben.

Ich finde den Vergleich mit Allergenen immer gut: Viele Menschen in D haben eine Erdnussallergie oder sind laktoseintolerant, deswegen werden diese Bestandteile auf Lebensmitteln aufgezählt, auch wenn sie nur in Spuren enthalten sein können. Für Personen mit anderen, hochspezifischen Allergien ist es schwieriger, weil diese Bestandteile vielleicht nicht immer gekennzeichnet sind. Trotzdem würde man nicht zu dem Schluss kommen, man sollle Allergenkennzeichnungen ganz weglassen, weil man ja unmöglich vor allem warnen könne. Für Erdnussalleriker*innen sind sie u.U. immer noch überlebenswichtig.

Maria

#62
Ich schätze, das mit den Allergenen hat sich durchgesetzt, weil es eben lebenswichtig ist und auch ungesetzlich wäre, wenn sowas heute fehlt und ein Erdnussallergiker stirbt an der Sauce zu seinen Nudeln.

Bei den Triggerwarnungen gibt es noch keine Gesetze und damit noch kein rechtliches Druckmittel den Contenterzeugern und -verbreitern gegenüber.

Ich glaube, es fängt damit an, dass es eine klare Unterscheidung geben muss zwischen:

Das Element im Buch hat mich an ein negatives Erlebnis erinnert und ich konnte nicht weiterlesen, musste das Buch weglegen und lange nachdenken und ich habe danach schlecht geschlafen und davon geträumt.
und
Nachdem ich dieses Element im Buch gelesen habe, bekam ich Schweißausbrüche, Herzrasen und musste meinen Therapheuten anrufen. Ohne Medikamente hätte ich die nächste Nacht nicht überstanden und allein der Gedanke an das Buch hat mich zum Kotzen gebracht.

Ich stelle mir das zum Beispiel furchtbar vor, von einer Farbe getriggert zu werden, wo doch die ganze Welt bunt ist. Wenn man das nicht ohne Medikamente ertragen kann, ist das einfach nur schrecklich.

Es ist, um bei dem Allergiebeispiel zu bleiben, irgendwie wie der Unterschied zwischen leichter bis mittlerer Unverträglichkeit mit Unwohlfühlen, leichten Verdauungsbeschwerden und einer richtige Allergie mit Schweißausbrüchen, Ausschlag, Dauerdurchfall und Kreislaufproblemem.
Es gibt soweit ich weiß, keine Warnbuchstaben für die Unverträglichkeit von Steinfrüchten, Erdbeeren oder Orangen.




Maria

#63
Sorry, Doppelpost

Mondfräulein

Zitat von: AngelikaD am 09. Oktober 2019, 13:12:04
Das Element im Buch hat mich an ein negatives Erlebnis erinnert und ich konnte nicht weiterlesen, musste das Buch weglegen und lange nachdenken und ich habe danach schlecht geschlafen und davon geträumt.
und
Nachdem ich dieses Element im Buch gelesen habe, bekam ich Schweißausbrüche, Herzrasen und musste meinen Therapheuten anrufen. Ohne Medikamente hätte ich die nächste Nacht nicht überstanden und allein der Gedanke an das Buch hat mich zum Kotzen gebracht.

Was du beschreibst ist eine sehr, sehr extreme Reaktion. Damit definierst du Panikattacken weit strikter als es die ICD-11 tut:

ZitatA discrete episode of intense fear or apprehension accompanied by the rapid and concurrent onset of a number of characteristic symptoms. These symptoms may include, but are not limited to, palpitations or increased heart rate, sweating, trembling, sensations of shortness of breath, feelings of choking, chest pain, nausea or abdominal distress, feelings of dizziness or lightheadedness, chills or hot flushes, tingling or lack of sensation in extremities (i.e., paresthesias), depersonalization or derealization, fear of losing control or going mad, and fear of imminent death. Panic attacks can appear out of the blue or can be triggered by particular situations.

Quelle: https://icd.who.int/browse11/l-m/en#/http://id.who.int/icd/entity/1707067746


Shedzyala

Zitat von: AngelikaD am 09. Oktober 2019, 13:12:04
Es ist, um bei dem Allergiebeispiel zu bleiben, irgendwie wie der Unterschied zwischen leichter bis mittlerer Unverträglichkeit mit Unwohlfühlen, leichten Verdauungsbeschwerden und einer richtige Allergie mit Schweißausbrüchen, Ausschlag, Dauerdurchfall und Kreislaufproblemem.

Das Beispiel finde ich gar nicht mal schlecht, denn ja, die Allergiehinweise wurden zwar für Menschen mit Allergien geschrieben, aber es profitieren auch alle mit Unverträglichkeiten davon, während es dem Rest nicht schadet. Also eine Win-Win-Situation ;)
Wenn sie dich hängen wollen, bitte um ein Glas Wasser. Man weiß nie, was passiert, ehe sie es bringen ...
– Andrzej Sapkowski, Die Dame vom See

Maria

#66
Zitat von: Mondfräulein am 09. Oktober 2019, 14:11:58
ZitatA discrete episode of intense fear or apprehension accompanied by the rapid and concurrent onset of a number of characteristic symptoms. These symptoms may include, but are not limited to, palpitations or increased heart rate, sweating, trembling, sensations of shortness of breath, feelings of choking, chest pain, nausea or abdominal distress, feelings of dizziness or lightheadedness, chills or hot flushes, tingling or lack of sensation in extremities (i.e., paresthesias), depersonalization or derealization, fear of losing control or going mad, and fear of imminent death. Panic attacks can appear out of the blue or can be triggered by particular situations.
Quelle: https://icd.who.int/browse11/l-m/en#/http://id.who.int/icd/entity/1707067746

Du liebes Bisschen, die Aufzählung klingt ja noch härter als meine paar Begriffe allein:  an Hitzewallungen, Zittern, Taubheit ect.. habe ich gar nicht gedacht.
Ich habe mich an die Symptome gehalten, die zwei Menschen in meinem Umfeld bei ihren Panikattacken durchlitten. Und beide sind sowohl in psychologischer wie auch in medizinischer Betreuung, was ich wichtig finde, denn Gesundheit ist das höchste Gut.
Ihnen hat beides soweit geholfen, dass sich ihr Lebensqualität bei sorgfältigem Monitoring und regelmäßiger Medikamenteneinnahme inzwischen deutlich gebessert hat.

Barra

#67
Da an anderer Stelle grad erwähnt, hüpf ich hier mal grad dazu.
Als ich das erste mal mit den CNs Bekanntschaft machte, hielt ich sie für überflüssig. Ähnlich der Anfangsdiskussion hier: 'Gewalt'? Ja sicher, kommt hier in irgendeiner Art Gewalt vor. Wenn ich alles aufliste, spoiler ich doch.

Inzwischen sehe ich das scharf und ganz klar anders.
Ich bin jetzt Mutter und ich kriege sofort Herzrasen wenn es um Gewalt gegen Kinder geht, Verlust von Kindern oder anderen Grausamkeiten in denen Kinder vorkommen.
Sorry but you are not allowed to view spoiler contents.

Das war früher nicht so, aber jetzt weiß ich selbst wie gravierend es sein kann, wenn man unvorbereitet auf so etwas stößt und es nicht schafft es nicht an sich ran zu lassen. Ich hielt mich selbst immer für äußerst 'hart' und 'dickpelzig'. Aber eben nicht mehr überall, auch ich habe Punkte die mich triggern, bei denen ich gern vorgewarnt wäre, um mich drauf einzustellen und bei denen ich mir weiterhin denke: Ah ein Vampirbuch in dem Blut vorkommt? "You don't say."

Conten Notes? Klares Ja, mach ich jetzt immer öfter. Auch wenn es mir offensichtlich erscheint.

Grummel

Zitat von: Barra am 14. März 2021, 12:48:18
Da an anderer Stelle grad erwähnt, hüpf ich hier mal grad dazu.
Als ich das erste mal mit den CNs Bekanntschaft machte, hielt ich sie für überflüssig. Ähnlich der Anfangsdiskussion hier: 'Gewalt'? Ja sicher, kommt hier in irgendeiner Art Gewalt vor. Wenn ich alles aufliste, spoiler ich doch.

Inzwischen sehe ich das scharf und ganz klar anders.
Ich bin jetzt Mutter und ich kriege sofort Herzrasen wenn es um Gewalt gegen Kinder geht, Verlust von Kindern oder anderen Grausamkeiten in denen Kinder vorkommen.
Sorry but you are not allowed to view spoiler contents.

Das war früher nicht so, aber jetzt weiß ich selbst wie gravierend es sein kann, wenn man unvorbereitet auf so etwas stößt und es nicht schafft es nicht an sich ran zu lassen. Ich hielt mich selbst immer für äußerst 'hart' und 'dickpelzig'. Aber eben nicht mehr überall, auch ich habe Punkte die mich triggern, bei denen ich gern vorgewarnt wäre, um mich drauf einzustellen und bei denen ich mir weiterhin denke: Ah ein Vampirbuch in dem Blut vorkommt? "You don't say."

Conten Notes? Klares Ja, mach ich jetzt immer öfter. Auch wenn es mir offensichtlich erscheint.

Bin da vollkommen bei dir. Ich bin da auch sehr rigoros. CN ja bitte, hat noch niemandem geschadet.
"Kaffee?"
"Ja, gerne."
"Wie möchtest du ihn?"
"Schütte ihn mir einfach ins Gesicht!"

Ary

Zitat von: Grummel am 14. März 2021, 14:11:17

Bin da vollkommen bei dir. Ich bin da auch sehr rigoros. CN ja bitte, hat noch niemandem geschadet.

Auf jeden Fall. Wer die CN nicht lesen will, kann es ja lassen, aber für die, die nach sowas schauen, mache ich es inzwischen auch. Zurzeit nur als Liste zu allen Büchern auf meiner Webseite, aber in Zukunft auch direkt in die Bücher.
Ich habe selbst so meine Themen, bei denen ich definitiv raus bin, weil ich weiß, dass sie mich nicht mehr loslassen. Es gibt Zeiten, in denen kann ich damit umgehen, und Zeiten, in denen kann ich das nicht - also, her mit euren Content Notes.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Grummel

Zitat von: Ary am 14. März 2021, 14:32:23
Zitat von: Grummel am 14. März 2021, 14:11:17

Bin da vollkommen bei dir. Ich bin da auch sehr rigoros. CN ja bitte, hat noch niemandem geschadet.

Auf jeden Fall. Wer die CN nicht lesen will, kann es ja lassen, aber für die, die nach sowas schauen, mache ich es inzwischen auch. Zurzeit nur als Liste zu allen Büchern auf meiner Webseite, aber in Zukunft auch direkt in die Bücher.
Ich habe selbst so meine Themen, bei denen ich definitiv raus bin, weil ich weiß, dass sie mich nicht mehr loslassen. Es gibt Zeiten, in denen kann ich damit umgehen, und Zeiten, in denen kann ich das nicht - also, her mit euren Content Notes.

Genau so.  :jau: Es gibt so viele Möglichkeiten. CN mit Hinweis auf eine Website/Datenbank usw.. Nirmsnd eird gezeungrn sie zu lesen.
"Kaffee?"
"Ja, gerne."
"Wie möchtest du ihn?"
"Schütte ihn mir einfach ins Gesicht!"

Zauberfrau

Bin auch ganz klar für CN (ha! Neues Wort  ;D Endlich hab ich nen Namen dafür). Nein, wenn es schon früher CN gegeben hätte, hätte ich bestimmt nicht "Friedhof der Kuscheltiere" oder "Die mit dem Wind reitet" gelesen. Beides Bücher, die ich entsetzt weggelegt habe. Ich hasse brutale Szenen! Und "Die mit dem Wind reitet" mit diesen barbarischen Foltermethoden hat mich lange nicht schlafen lassen.
Ich kenne auch jemanden, bei dem muss man nur das Wort "Spinne" erwähnen, da kommen schon Schweißausbrüche und Zittern. Ja, das ist sehr schwierig. Wo fängt man an, was kann man meiden? ich finde, eine genaue CN-Angabe sehr schwierig. Vielleicht gibt es auch irgendwann so genormte Kürzel, so wie sie schon in den Zutatenlisten der Nahrungsmittel vorkommen?

Liebe Grüße von der
Zauberfrau

Mondfräulein

Die Lösung die ich am besten finde sind CNs am Ende des Buches mit einem Hinweis direkt am Anfang. Auf der Verlagsseite könnte man sie ausklappbar unterm Klappentext bereitstellen. So kann jeder entscheiden, ob er sie lesen will. Was mich ärgert sind Bücher, die die CNs ans Ende stellen, ohne vorne darauf. Das macht finde  ich gar keinen Sinn.

Herbstblatt

Bei Büchern sind mir CNs egal... solange sie mich nicht spoilern. Ich brauche sie nicht, ich lese sehr breit gefächert. Deswegen stört es mich auch nicht, wenn für mich ein Klappentext zu harmlos klingt oder mich ein Cover in die Irre führt.
Bei Filme und Serien ist das für mich wieder ein anderes Thema. Ich würde Gruselfilme schauen, nur meistens sind es Splatterfilme. Diese Vermarktung führt mich nur in die Irre und das stört mich wiederrum. Ich mag keine blutigen Szenen sehen, lesen geht aber in Ordnung. Wenn's nach mir ginge, CN auf Filmen und Serien ja, bei Büchern nein. Kann aber auch die andere Seite verstehen, von daher wäre ein Spoilertag zum Ausklappen eine gute Lösung. CN am Ende verfehlt für mich auch den Sinn...
Bei 13 reasons why fand ich die CN sehr angebracht.
Übrigens fällt mir hierzu diese Seite ein, ich weiß nicht, inwieweit sie bekannt ist: https://www.imdb.com/title/tt1396484/parentalguide
Ich mag sie. Sie hat mir die Entscheidung abgenommen, ob ich mich auf Game of Thrones einlassen kann.  :D

Rajou

Als ich meine Piraten im vergangenen Jahr rausgebracht habe, musste ich mich auch mit dem Thema CN auseinandersetzen. Dass sie eine brauchten, war mir klar, mein Problem war damals, dass sie das Ende spoilern.
Ich konnte es nicht groß irgendwo hinschreiben, weil ich dann auch jedem schon vor dem Beginn des Buches das mögliche Ende verraten hötte.

Aber ich hab einfach ein wenig recherchiert, wo man sie normalerweise hinschreibt, und am Ende haben wir die CN ins Impressum gepackt - nicht größer als den Rest auch, aber eben doch so, dass die Leute, die nach einer CN suchen, sie auch finden können - und auch so, dass sie beim Ebook bei Amazon schon in der Vorschau zu lesen sind (da leider etwas prägnanter, aber Ebooks sind mir da auch nicht so wichtig).
Das war eine Variante, mit der ich leben kann.  :)
Maybe it's not about the happy ending. Maybe it's about the story.