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Für die Tonne geschrieben - Was macht ihr mit dem "Müll"?

Begonnen von Wildfee, 13. Mai 2019, 16:56:31

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Oneira

Unter "Müll" fallen bei mir auch FFs zu Filmen, Büchern etc., die ich einfach nur aus Spaß schreibe, aber definitiv NIE veröffentlichen will. Was sich daraus aber dann für die "echten" Werke richtig gut übernehmen lässt, sind bestimmte Redewendungen oder einfach geschriebene Stimmungen, die sich übertragen lassen. Dafür sind auch Oneshots richtig gut. Wenn ich manchmal in der Stimmung bin, irgendeine ganz besondere Szene zu schreiben, setze ich manchmal sogar für die Charaktere einfach nur so was wie "A" und "B" ein, dann lässt sich dafür jeder Zeit einfügen, wer immer das in meinem Roman gerade erleben soll.
Solches Festhalten von bestimmten, momentanen Ideen und Gefühlen kann ich auf jeden Fall empfehlen! Selbst wenn es sich nicht gleich in irgendein Werk einfügt, ist es einfach lesenswert.
Bücher sind der einzige Ort, an dem man den Charakter eines Menschen mit einem Federstrich ändern kann.

Tanja

Ich würde "Müll" auf jeden Fall aufheben. Ich habe zB einen Roman insgesamt dreimal geschrieben: Die erste Fassung war einfach aus dem Bauch heraus geschrieben und am Ende ein furchtbares Chaos.
Die Grundidee hat mich allerdings nicht losgelassen. Also habe ich Jahre später eine zweite, geplante Version geschrieben auf Basis derselben Grundidee. Doch auch diese Variante war einfach langweilig (abgesehen von der Grundidee, die mir immer noch gefiel).
Also habe ich das Projekt wiederum einige Jahre später erneut aufgegriffen, mit geändertem Plot, aber immer noch mit derselben Grundidee.
Dieses Mal war ich mit dem Ergebnis zufrieden und es hat in sich funktioniert.

So ist es mir inzwischen noch einmal ergangen: Eine Grundidee, die ich in Szenen, Satzfetzen und kurzen Dialogen aufschreibe, die noch nicht reif war für einen "richtigen" Roman stieß irgendwann in meinen Gehirnwindungen auf eine zweite Idee - und BÄHM - auf einmal hatte die Idee, was ihr gefehlt hatte: Die Idee für einen spannenden Plot drumherum.

Deswegen würde ich immer alles aufheben und vielleicht lassen sich aus dem "Müll" irgendwann Charaktere, Szenen oder Ideen wiederverwenden.

Es tut weh, ein Projekt loszulassen, doch ich würde es mehr als "Archiv" bezeichnen als als "Müll", das hilft.

Evanesca Feuerblut

Mir ist noch eine Ergänzung eingefallen: Dadurch, dass ich alles aufhebe, auch Verworfenes und Sachen, die ich resette, habe ich stets den Nachweis über Arbeitsschritte, falls mir mal jemand ein Manuskript plagiiert. Das halte ich zwar für unwahrscheinlich, aber man weiß nie und es ist dann ganz praktisch, Sachen zu zeigen. Inklusive "Tja, da habe ich eine komplette Rasse aus meinem Buch rausgeschmissen, aber hier ist die noch drin!" oder ähnlichen Aussagen.
Es kann also zumindest nicht schaden, ein Archiv irgendwo auf der Festplatte zu haben, selbst wenn man es nie anschaut.

Möchtegernautorin


Ok, unter den Aspekten, die hier schon genannt wurden, habe ich wirklich schon sehr sehr viel ,,für die Tonne" geschrieben. Eigentlich fast alles, was ich so geschrieben habe.
Ich habe noch einen ganzen Schrank von handgeschriebenem Zeug; Ordner mit Manuskripten, vollgeschriebene Notizbücher. Und fragt nicht, was noch alles auf meiner Festplatte so liegt, weil das nehme ich auch immer alles mit. Das einzige, was mir da jemals verlorengegangen ist, sind tatsächlich meine aller ersten Schreibversuche, weil das Schreibprogramm alles im eigenen Format abgespeichert hatte und ich es nie geschafft habe, die Dateien von der Diskette wieder in eine lesbare Form zu bringen.

Aber ich sehe das so: alles, was ich geschrieben habe, ist sozusagen die Basis meines Weltenaufbaus und meiner Überlegungen zu Charakteren, Ereignissen und was weiß ich nicht alles :) Wirklich ,,für die Tonne" halte ich also wirklich nichts davon.
Im Gegenteil: Manchmal schreibe ich sogar Szenen, von denen ich weiß, dass sie letztlich rausgeschmissen werden müssen, weil sie beim Lesen selbst spoilern würden.

Und ja, ich brauche die genau diese Einstellung beim Schreiben, sonst hätte ich mit meiner enormen Erfolgsrate schon längst aufgegeben  :omn:
Her plants and flowers, they're never the same - Blue and silver, it's all her gain
flying dragons, an enchanted would - She decides, she creates
It's her reality
Within Temptation - "World of Make Believe"

Venetia

Also ich teile meinen Muell ein: FF und Texte.
Die FF sind teilweise hochgeladen auf diversen Seiten, aber laengst nicht alle. Ich habe sie nicht mehr im Kopf, um ehrlich zu sein. So gesehen sind sie in einem Muelleimer am anderen Ende im Raum. Ich schreibe keine FF nicht mehr und meine bisherigen, ob nun fertig, angefangen oder abgebrochen, habe ich bisher nicht wieder angefasst. Sie sind unbearbeitet, aber falls ich jemals doch wieder daran arbeiten moechte, greifbar. Ich weiss nicht, was ich in einigen Jahren vielleicht doch nochmal lesen will. Insofern kommt hier nicht die Muellabfuhr vorbei. Daher wird man nur einen kleinen Teil der FF lesen koennen, nicht alles und jede. Ich habe den Rest nicht mehr hochgeladen und veroeffentlicht, weil nicht alle (absolut peinlichen) FF meines sehr klischeehaften Teenie-Ichs der Welt anvertrauen wollte. Gluecklicherweise wusste ich schon frueh mit Pseudonymen anzufangen, auch wenn ich Pizza in meinen Namen enthielt.

Nun, die Texte habe ich ueberall verstreut. Fast alle habe ich wieder hochgeladen und sogar veroeffentlicht, sodass andere Menschen es lesen koennen, sofern sie moechten. Sie werden sogar gelesen, auch wenn klar ist, dass die Texte kein Ende bekommen werden. Allerdings habe ich das groesstenteils fuer meine Familie oder Freunde, die gerne etwas von mir lesen moechten, getan. Auch hier wieder mit Pseudonym, nur ohne die Pizza darin. Leider.  :rofl:
Den Rest von meinen Muell, sei es Notizen oder Anfaenge von Szenen, usw. sind abgespeichert. Das war sehr hilfreich, als ich einmal eine Szene weiter ausarbeiten wollte und sie hiermit mit "Muell" vergleichen wollte.
Ja, mein Müll wird also auch recycelt.  ;)
Zuerst waren ihre Augen Asche, dann wollten sie nicht mehr fliegen. Nach wenigen Tagen verloren sie ihr Feuer, bis sie kurz darauf starben.

Annie

Ich habe den "Müll" früher auch aus Frust gelöscht. Letztens hab ich dann eine Szene geschrieben, in der ich altes Material gut verwenden konnte. Ich war froh, das noch in der Versenkung meiner Emails gefunden zu haben. Daher speichere ich rausgeschnittenes Material immer in einem separaten Dolument. Dann kann ich immer wieder drauf zurückgreifen  :)

Marius

Das ist kein "Müll". Das ist ein Steinbruch.

Rohes Material, das an sich vielleicht nicht lesbar ist oder veröffentlicht werden kann. Aber aus dem vielleicht doch der passende Stein für XY geschlagen werden kann.

Außerdem zeigt es einem seine eigene Fehler in sehr direkter Art und Weise auf - schließlich hat es ja einen Grund, warum man den/die Texte beiseite gelegt hat. Jeder Fehler, den man darin erkennt, schärft den eigenen Blick fürs nächste Projekt. Für mich ist das eigentlich das beste am Steinbruch, auch wenn es ziemlich doof ist, sich das dann anzuschauen (Wer sieht schon gerne eigene Fehler?).

ALso zumindest geht das mir so. Würde alte Sachen nie löschen.

canis lupus niger


Tasha

Zitat von: Marius am 02. Mai 2020, 10:11:21
Das ist kein "Müll". Das ist ein Steinbruch.

Steinbruch ist echt ein gutes Wort dafür und klingt auch so viel weniger deprimierend.
Ich habe auch etliches auf dem PC und von früher noch in Papierform, das ich weder veröffentlichen, noch jemandem zum Lesen geben würde. Aber gelernt habe ich trotzdem etwas beim Schreiben.
We are all in the gutter, but some of us are looking at the stars (Oscar Wilde)

Ivy

"Steinbruch" ist wirklich eine klasse Bezeichnung.

Ich hebe auch so viel wie möglich auf, bei jedem Umzug mit etwas Sorge, dass keine der Kisten mit den Notizbüchern und Ordnern der ausgedruckten Texte Schaden nimmt oder gar verloren geht. Ich war schon angefressen genug, als ich nach einem Umzug heraus fand, dass einige Bücher feucht geworden waren ... zum Glück ließen sie sich trocknen und ich musste sie nicht wegschmeißen.

Nimm dir ein paar Tage Zeit, mach eine Schreibpause von diesem Projekt und schau später, mit genügend Abstand, was du davon wie verändern möchtest oder solltest, was sich weiter verwenden lässt. Bei manchen Geschichten reichen ein paar Tage Pause, bei anderen warte ich länger, wenn ich das Gefühl habe, nicht weiter zu kommen, oder gar einen Teil an die Wand gefahren zu haben.
Irgendwann kommt die Zeit. Man holt den Roman, die Novelle oder die Kurzgeschichte wieder hervor und beginnt zu lesen, und je nachdem einen Teil neu zu platten oder umzuschreiben ...
wie ein paar ander Zirkler hier auch schon geschrieben haben, manchmal hilft es, die Perspektive zu ändern oder das Alter der Protagonisten. Oder manchmal hilft es auch, eine Perspektive hinzu zu fügen oder ...
es gibt viele Möglichkeiten.
Aber wegschmeißen könnte ich nicht. Ich hänge viel zu sehr an meinen Geschichten. (Klar, wenn es zu viel an Daten oder Ausgedrucktem wird, muss man vielleicht mal etwas ausmisten - aber noch habe ich zum Glück genügend Platz).
Umschreiben, zum Teil neu schreiben, etwas verändern, hinzu fügen und .... wie auch bereits von anderen erwähnt - die Outtakes. Später mal zu Kurzgeschichten ausformulieren. Oder auf der Autorenseite oder dem Blog die Leser und Leserinnen damit erfreuen.
Es gibt viele Möglichkeiten.
Aber weggeschmissenes ist weg. Lieber nicht.   
I support we need diverse books !

Sparks

Zitat von: Nebula am 13. Mai 2019, 17:25:54

mittlerweile hebe ich aber alles auf, da ich nie weiß, ob ich das Projekt nach Jahren vielleicht nicht doch noch einmal angehen will. :)


Aufheben würde ich es auf jeden Fall. Selbst wenn ich das Projekt selber nicht neu starte, die Ideen lassen sich auch anderswo verwerten.


Wenn mir etwas missglückt ist, beim Basteln, hebe ich ja auch durchaus auch viele Einzelteile und Module auf, weil ich sie auch für etwas anderes verwenden kann.


Da ich beim Schreiben dazu neige, viele nicht zusammenpassende Sachen in einem Topf zu verwursten, kommt sehr oft der Punkt, wo ich einfach Sachen wieder entfernen muss, weil sie einen Leser überfordern würden, alleine schon von der Sprunghaftigkeit meiner Gedanken.
Für mich persönlich aus meiner eigenen Sicht besteht durchaus ein Zusammenhang, aber der ist meist historisch/autobiografisch bedingt. Das kann doch kein Schwein nachvollziehen. Also streiche ich es hinterher wieder.

Natürlich kann das entfernte für sich selber oder in einem anderen Kontext wieder sinnvoll verwendet werden. Darum hebe ich es auf.

Den "überflüssigen" Kram aber geschrieben zu haben, hilft mir persönlich aber, mich in dem Geschriebenen selber wieder zu finden. So als Leitlinie aus der Vergangenheit heraus. Bin ich fertig, sind diese Leitlinien für mich selber aber nicht mehr so wichtig und für andere nur Stolperstellen. Also entferne ich sie besser wieder.

Das Problem ist eher ein anderes, und ähnelt dem Problem, das ich auch bei der Verwertung von Altmaterial beim Basteln habe: Wie archiviere ich den Kram, so dass ich ihn wiederfinde wenn ich ihn brauche? Immerhin kann ich mit grep und finger bei Texten eine Suche nach redulären Ausdrücken darüberschicken. Bei Schrauben und elektronischen Bauteilen ist das nicht so einfach.
Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Depression

Herbstblatt

Grundsätzlich hebe ich den "Müll" auf, außer es handelt sich um ein paar Sätze, die lösch ich dann einfach weg. Meine ersten Versuche von Geschichten habe ich immer noch, mit Hand geschrieben und mit Bildern versehen, zu einem Heftchen zusammengeklebt. Später habe ich am Computer geschrieben und auch diese Geschichten habe ich heute noch aufgehoben, ich finde sie grässlich, aber sie zeigen schön, wie ich mich verbessert hab. Aus Fehlern und schlechtgemachten Sachen kann man gut lernen, finde ich.

Wenn ich das alles aufbewahre, differenziere ich. Was beim Editieren meiner heutigen Projekte wegfällt, speichere ich in ein eigenes Dokument, vielleicht kann ich es ja wieder verwerten.
Alles andere, also alles was mit meinen ersten Geschichten zu tun hat, die Geschichte selbst, die Charakter-Info, das Worldbuilding drum herum... nun, das ist in einem eigenen Ordner, der "Cringehaufen" heißt. Bei mir ist das definitiv kein Steinbruch. :P

Zitat von: Marius am 02. Mai 2020, 10:11:21
Würde alte Sachen nie löschen.
Ich auch nicht. Warum auch? Nimmt kaum einen Speicher am Computer weg und wenn man nicht will, dass es jemand liest, soll man es mit einem Passwort versehen.  ;D

FeeamPC

#57
Nicht im Thread vertan, sondern zwei gleichzeitig geöffnet, und nicht gemerkt, dass die Kommentare falsch landeten.

Okay, also zum Müll:
Ich habe eine extra Datei für Snippets, und bei jedem Projekt eine Zusatzdatei für alles, was irgendwie doch nicht im Buch landen kann. Hat sich schon mehrfach als sehr nützlich erwiesen. Und dieser "Sondermüll" wird definitiv nicht gelöscht.


Mari

Also ich habe schon negative Erfahrungen damit gemacht, etwas wiederzuverwenden. Ich habe ein Buch komplett neugeschrieben - bis auf den Anfang. Und habe postwendend die Rückmeldung bekommen, der Anfang sei holprig, man komme erst ab dem 2. Kapitel "richtig rein". Anfänge sind natürlich ohnehin ein Kapitel für sich. Aber seitdem überlege ich es mir dreimal, ob ich etwas wiederverwende. Am Ende ist es meist mehr Arbeit, bestehenden Text an Neues anzugleichen, damit am Ende alles aus einem Guss ist, als es von Anfang an neu zu schreiben.

Allerdings werfe ich nichts weg. Ich sehe es weder als Steinbruch noch Müll, sondern als Lehrgeld. Irgendwann, wenn das Buch fertig ist, schaue ich zurück und freue mich, wie weit ich es geschafft habe.

Und da ich gerade mal wieder viel Lehrgeld blechen musste, bin ich froh, auf diesen Thread gestoßen zu sein. Dass es nicht nur mir so geht, gibt echt Aufwind  :flausch: