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Für die Tonne geschrieben - Was macht ihr mit dem "Müll"?

Begonnen von Wildfee, 13. Mai 2019, 16:56:31

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Wildfee

Ich bin bei meinem Herzensprojekt an einem Punkt angelangt, bei dem ich mir eingestehen muss, das Ding vor die Wand gefahren zu haben.

Jetzt stehe ich vor der Entscheidung,
a) den Roman komplett in der Versenkung verschwinden zu lassen
b) neu zu schreiben in anderer Perspektive oder mit anderen Perspektivträgern
c) sehr, sehr zeitraubend zu überarbeiten (was einem neu schreiben meiner Einschätzung nach sehr nahe käme)

Nur, was mache ich mit dem "Müll"?
Verwendet ihr in solchen Momenten schon bestehende Szenen und Kapitel für den Neuanfang?
Oder macht ihr einen klaren Schnitt und legt alles beiseite und baut bereits Geschriebenes nicht ein?

Liebe Grüße
Wildfee

Nebula

Ich hab schon sehr viel "Müll" produziert, eigentlich nur "Müll".

Früher hatte ich die Angewohnheit alles in einem Anflug von Selbsthass zu löschen, mittlerweile hebe ich aber alles auf, da ich nie weiß, ob ich das Projekt nach Jahren vielleicht nicht doch noch einmal angehen will. :)

Falls das der Fall ist verwende ich auch bestehende Szenen noch. Manche Szenen schreibe ich auch um oder komplett neu. Manchmal verwerf ich auch alles ganz und fang neu an mit anderen Charakteren oder recycle die Idee/Charaktere teilweise für ein anderes Projekt. :D

Antigone

Zitat von: Wildfee am 13. Mai 2019, 16:56:31
Nur, was mache ich mit dem "Müll"?
Verwendet ihr in solchen Momenten schon bestehende Szenen und Kapitel für den Neuanfang?

Auf jeden fAll aufheben! Man weiß nie, wann man wieder etwas braucht.
Und ja, man kann Bestehendes durchaus - ob ganz oder teilweise - recyclen. Man muss nur aufpassen, nicht an der gleichen Stelle wieder falsch abzubiegen und wieder gegen die Wand fahren.

Angela

Ich lass das erstmal liegen und sehe es mir später erneut an. Manchmal über Jahre. Gerade habe ich ein Projekt fertiggestellt, an dem ich locker fünf Jahre geschrieben habe. Perspektive zweimal geändert und das Alter der Heldin von Kind auf Jugendliche mit Love-Interest hoch. Da habe ich oft genug gedacht, das wird nichts mehr, aber die Probeleser fanden es bisher richtig gut.
Ich habe noch so ein Projekt, da überlege ich noch, ob ich das mit Fantasy schreibe oder nur als Lovestory. Das habe ich auch schon mehrfach umgeschrieben.

Araluen

#4
Bisher habe ich ein Projekt komplett vor die Wand gefahren. Nachdem mich die Erkenntnis traf, habe ich den Totalschaden erst einmal so gut wie möglich versteckt. Mittlerweile plane ich den Neuanfang. Ich plotte neu, bei der Perspektive wird sich einiges ändern, das Setting wird angepasst.
Die alten Szenen behalte ich. Ich werde vermutlich nur wenig davon noch einmal eins zu eins verwenden können, aber man weiß ja nie, was sich retten lässt und manche Formulierungen kriegt man einfach nur einmal perfekt hin.

Wenn man ein Projekt wirklich völlig vor die Wand gefahren hat, würde ich generell zum Neuschreiben raten. Ein Totalschaden hat grundlegende Mängel an der Substanz. Da hilft Verschlimmbessern nur wenig. Man schaue zum BER, auch wenn der Vergleich etwas hinkt  ;D

FeeamPC

Abwarten. Nach frühestens 14 Tagen noch einmal lesen. Dann überlegen, ob eine neue Perspektive möglich ist. Und wenn weiterschreiben, dann würde ich tatsächlich mit einer komplett anderen Perspektive starten, und die eisern durchhalten. Manchmal löst sich dann der Knoten von ganz allein.

Evanesca Feuerblut

Ich hebe alles auf - das gibt am Ende Bonusmaterialien, Outtakes, deletes scenes ohne Ende ;-)

Silvia

Ich sammel auch alles. Erst letztes Jahr habe ich aus meiner großen Kiste einen Anfang gezogen, der sich wunderbar zur Hintergrundstory eines Projekts verarbeiten ließ, an dem ich jetzt sitze. Die Idee zur neuen Version speiste sich auch aus dem alten Ding. Und das ist gute 20 Jahre alt gewesen!  ;)

Coppelia

Auch ich werfe nie nicht etwas weg oder lösche es! Ok, es gab Momente, da habe ich meine Manuskripte zerfetzt. ;D Aber die Dateien hätte ich nie angerührt.
Oft verwende ich Elemente aus "Müll" später neu, wie es hier schon einige anführen. Meist ist ja doch einiges dabei, was einem gefällt.

Ich produziere eine ganze Menge Müll. Sogar, wenn ich überarbeite, streiche ich Text meist nicht, sondern kopiere ihn nur ans Ende des Dokuments (oder bei Scrivener, in den Mülleimer). Da kann er dann verbleiben. Die Arbeitsversion des Dokuments hebe ich auch immer auf. Man weiß ja nie, ob man irgendwas nicht wieder braucht!

Meine Lieblings-Elemente würde ich jederzeit wieder verwenden.

Oft hilft es auch, eine misslungene Version nicht als Müll, sondern als erste Fassung zu verstehen. ;)

Robin

Ich habe soooo viele angebrochene Dateien auf dem Computer, aber Müll habe ich interessanterweise bis jetzt wenig produziert, relativ zum Veröffentlichten gesehen (ist aber beides eher wenig). Das meiste meiner Dateien sind verschiedene Pläne, Entwürfe, alles mögliche. Wirklich Geschriebenes ist recht wenig.
~Work in Progress~

Ananke

Ich bin ein absoluter Datensammler – Speicherplatz ist billig, daher gibt es für mich keinen Grund, irgendetwas Geschriebenes dauerhaft zu löschen. Und alte Versionen von Texten hab ich schon so oft wieder rausgesucht, um einzelne Szenen oder auch nur Sätze dann doch wieder zu verwenden ...

Was ein ganzes an die gefahrenes Manuskript angeht? Ich hatte den Fall schon zwei oder drei Mal, genauer genommen bei jedem meiner früheren Werke, die ich nicht einfach so aufgeben wollte, weil ich aus ihnen "herausgewachsen" bin.
Was ich dabei mache, ist, mir den Text einmal genau durchzulesen (tut weh, ich weiß). Dann wird jede Szene, die mir wirklich gefällt, in eine Extra-Datei kopiert, der Rest kommt erstmal weg. Und dann beginne ich, das ganze Buch neuzuschreiben – die aufgehobenen Szenen dabei immer im interkopf. Und wenn ich dann unterwegs eine davon gebrauchen kann, umso besser. Eine gründliche Überarbeitung ist hier natürlich unerlässlich. Aber was tut man nicht alles, um dann und wann doch noch ein paar Darlings zu retten ...  ;D

Linda

Es gibt keinen geschriebenen Müll - nur Teile, die nicht (mehr) passen. Was für den einen Müll ist, ist für den anderen die Offenbarung.
Sprich, selbst wenn man die Grundidee rettet oder eine Szene aufhebt, hat sich die Lagerung schon gelohnt.
Neu bedeutet nicht immer besser, ich arbeite lieber akribisch am Text (wobei meine Erstfassungen auch schon sehr durchdacht sind). Andere, weiß ich, brauchen tabula rasa, und kreativen Neuanfang, das ist wohl Geschmackssache.

Coppelia

#12
Was ich gestern noch sagen wollte:

Zitatc) sehr, sehr zeitraubend zu überarbeiten (was einem neu schreiben meiner Einschätzung nach sehr nahe käme)

Auch wenn ich manchmal den Eindruck habe, dass zeitraubendes Überarbeiten nicht mehr so richtig üblich ist, ist es meiner Erfahrung nach gar nicht so selten und oft nötig. Überarbeiten ist halt oft nicht nur Glattbügeln von Formulierungen oder wenigen Szenen, sondern extrem aufwendig, gerade wenn Inhalte überarbeitet werden müssen.
Bei mir selbst läuft es gerade auch in Richtung Neu-Schreiben.

Ob es den Aufwand wert ist, weiß ich nicht, aber wenn man nicht wirtschaftlich auf eine sofortige Veröffentlichung angwiesen ist und einem die Geschichte am Herzen liegt, vielleicht doch. Neu-Schreiben kann schneller gehen, muss es aber nicht. Je nachdem, ob der Grundplot bestehen bleibt, wäre es also nur eine umfangreichere Überarbeitung nach meiner Definition.

Arcor

Ich würde auch alles verwahren. Es kann sein, dass du es nicht mehr verwenden kannst, aber manchmal kommt doch der Punkt, wo du Beschreibungen, Szenen, Dialoge woanders einbauen kannst.  :)

Und es kann immer sein, dass du zu einem späteren Zeitpunkt zu der Geschichte zurückkehren möchtest. Dann wäre es absolut schade, wenn du alles einfach weggeschmissen hast und du nicht mehr nachsehen kannst, wie du was beschrieben hast, wie weit du gekommen bist usw.

Ich sitze gerade selbst an einem Projekt, dass ich schon zweimal vor die Wand gefahren habe. Aktueller Stand ist, dass ich den ersten Anfang, den ich für den zweiten Anlauf verworfen hatte, jetzt im dritten zu großen Teilen wiederverwenden kann. Wenn ich ihn nicht mehr hätte, würde ich vor Verzweiflung wohl ein drittes Mal abbrechen.
Not every story is meant to be told.
Some are meant to be kept.


Faye - Finding Paradise

Wildfee

Das bisher Geschriebene löschen kommt für mich auch nicht in Frage.

Ich hänge an diesem Ding, ich sitze mit teilweise sehr langen Unterbrechungen seit mehr als 10 Jahren dran. Was ich alleine in den Weltenbau an Zeit investiert habe, da mag ich gar nicht drüber nachdenken.

Mal sehen, da ich keine Deadline habe und mir keiner im Nacken hängt und brüllt, dass ich das Baby endlich fertigschreiben soll, beerdige ich es vorläufig.
Ist ja nicht so, als ob ich jetzt nichts mehr zu schreiben hätte, da schwirren noch genug Plotdrachen herum  ;)