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Alles zur Perspektive

Begonnen von Lastalda, 01. Januar 1970, 01:00:00

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Fynja

#360
Klar, ein wenig von der eigenen Erzählstimme fließt sicher immer in die Roman-Erzählstimme, aber wenn man merkt, dass das zu deutlich hervortritt, kann man z.B. mit kleineren Schreibübungen versuchen, dem entgegenzuwirken, in dem man sich etwa für eine Szene explizit vornimmt, Wörter zu verwenden, die nicht im eigenen aktiven Wortschatz vorkommen oder überspitzt sich in jemanden hineinzuversetzen, der ganz anders spricht und betont als man selbst ... Ganz verhindern lässt es sich vielleicht aber kaum.

Ich kenne dieses Problem auch, allerdings ist es bei mir unabhängig davon, ob ich in der ersten oder dritten Person schreibe, und dank solcher Schreibübungen habe ich das "Problem" mittlerweile so reduziert, dass es (hoffentlich) nicht mehr zu auffällig ist. Was mir aber aufgefallen ist, ist dass ich das mit dem "gehässigen Humor" auch kenne. Gerade in der Ich-Perspektive neige ich irgendwie zu einem sarkastischen Unterton, was in der dritten Person fast nie vorkommt.  :hmmm: Ich bin zwar ab und zu selbst auch gern mal ironisch, aber ich denke, mit meinem eigenen Humor hat es trotzdem nur bedingt etwas zu tun und kann mir auch nicht ganz erklären, weshalb das auftritt. Vielleicht, weil ich mich generell wohler damit fühle, in der Ich-Perspektive zu schreiben, und meine Protas mir dann eher ihre Gedanken einpflanzen? ;D Für manche Projekte, vor allem etwa im Young Adult Genre wie bei meinem letzten Nano-Roman, passt das ja ganz gut, bei anderen aber musste ich bei der Überarbeitung viel unpassenden Sarkasmus ausmerzen. Trotzdem erfährt man gerade dadurch, dass die Protas so ein Eigenleben entwickeln, doch oft Dinge von ihnen, die man sonst nicht erfahren hätte, und das macht doch irgendwie den Spaß am Schreiben aus.

HauntingWitch

Zitat von: Wallrabe am 03. Januar 2016, 14:09:34
Fiel mir kürzlich auch erst wieder auf, als ich "Zeit des Sturms" von Andrzej Sapkowski fertig gelesen hatte. Wenn da der Hexer in einem ganz anderen "Ton" und Wortschatz spricht als die Wache im Torhaus. Und der Magier hat dann noch einmal eine ganz andere Zunge. Es kann so viel ausmachen und den Charakter der Figur schon allein dadurch in den verschiedensten Farben zeichnen.

Ja, genau das. Wenn man quasi die "sprechende" Figur (also den aktuellen Perspektivträger) ohne Erwähnung des Namens erkennen kann. Das möchte ich einmal schaffen.  :)

Vic

#362
Ich finde beides kann sehr gut und sehr schlecht sein - halt je nachdem wie es geschrieben ist. ;)
Es ist sicher auch ein bisschen Geschmackssache dabei und meiner Ansicht nach hängt es ganz besonders von dem jeweiligen Chara ab.

Bei Ich-Erzählern kommt es meiner Meinung nach recht gut wenn man einen Erzähler hat der sehr flott und witzig ist und gerne alles kommentiert, das sind teilweise dann sehr unterhaltsame Bücher. Die Bücher von Rob Thurman (Urban Fantasy/Horror) funktionieren nach dem Prinzip, dass sie Cal manchmal seitenlang einfach labern lässt und das klappt ganz prima. (Kann einen natürlich auch total nerven - das ist sicher wieder Geschmackssache.)

Wenn der Hauptchara eher schweigsam und verschlossen ist, stelle ich mir die Ich-Perspektive relativ zäh und unspektakulär vor und würde da eher zur 3. Person wechseln. 

Also so entscheide ich das meistens. Ist mein Prota jemand der zu allem eine Meinung hat und Dinge sehr selten sachlich sehen kann, dann nehme ich gerne die Ich-Perspektive. Ist er eher ein verschlossener, ruhiger Chara, tendiere ich zur 3. Person.

Langsam betrat er den Raum noch während er über das Vorgefallene nachdachte. Wie hatte Riko ihn nur so verraten können?
vs.
Ich konnte einfach nicht glauben, was diese kleine Ratte abgezogen hatte und sobald ich ihn wieder sah, würde ich... verdammt, was war das denn für ein dunkles Kellerloch? Waren wir hier im Mittelalter oder was?

Das werden natürlich zwei sehr verschiedene Bücher. ;)

NaviiasQuest

Uh, interessant!

Also was ich bei meinen Figuren bemerkt habe: Es kommt sehr stark darauf an, wie alt die Figuren sind und welche Probleme sie wälzen.
Bei mir ist die 1. Perspektive prinzipiell immer etwas depressiver (was das wohl aussagt?) und sehr auf die Gedanken fixiert, während es in der 3. Perspektive eher um die Handlung und die Gefühle geht.

Die Perspektive ist auch sehr stark vom Genre und der Zielgruppe abhängig. Manchmal teste ich auch, welche Perspektive sich "richtig" anfühlt - bis ich dann wirklich mit einem neuen Projekt endgültig starte, kann es echt dauern.

Aber das mit den besonders fiesen Charakterzügen kenne ich. Ich denke, das ist normal. Man hat gewisse, sehr klare Vorstellungen von einer Figur, die dann aber doch nicht nur so ist, wie man sie entworfen hat. Stattdessen entwickelt sie ein Eigenleben, verändert sich und entwickelt sich mit der Story und ihrer Umwelt.
Genau das macht es ja so faszinierend :)

LinaFranken

Als gütiger Gott über meine Roman-Welt, lasse ich meinen Protas grundsätzlich immer ihren freien Willen. Es kommen immer ganz spannende Sachen dabei raus. Ich schliesse mich auch Fynja an, dass nicht meine Gedanken in den Prota einfliessen, sondern er mit seinen mein Gehirn flutet  :P Daher schreibe ich in der Ich-Perspektive am liebsten nur dann, wenn der Prota ganz anders ist als ich es bin und es eine echte Herausforderung darstellt, sich mal "seine Haut überzustreifen" und die Welt aus einem anderen Blickwinkel zu sehen.

Das über die Erzählersprache finde ich auch super. Ich hab darüber schon früher mal irgendwo gelesen und versuche es öfter, aber es ist wirklich eine Herausforderung den Autor-Sprachstil so zu variieren. Ich der Erzähler-Perspektive neige ich leider oft dazu das Tempo zu beschleunigen und Dialoge in den Mittelpunkt zu setzten. So dass der nicht mehr viel zu erzählen hat  ::)

Asterya

Die Ich-Perspektive benutze ich eigentlich nur in Kurzgeschichten und da auch eher, wenn mir die Figur unähnlich ist, meistens sogar nur bei männlichen Protas. Das fällt mir komischerweise leichter, als aus Sicht von jemandem zu schreiben, der mir ähnelt. Aber der Ich-Erzähler wird auch bei mir immer recht sarkastisch.
Ich verzweifel gerade am Perspektivenchaos in dem Buch, das ich überarbeite. Die Protagonistin hat öfter Visionen von drei anderen wichtigen Figuren, die sie zunächst nicht kennt. Am Anfang ist es noch ganz leicht, weil sie die anderen aus der Sicht eines außenstehenden Beobachters sieht. Später wird sie immer mehr in die Visionen hineingezogen, kann also auch alle Empfindungen wie Wärme, Kälte, Gerüche usw. wahrnehmen und später auch Gedanken. Zu unterscheiden, wer gerade was denkt, ist so kompliziert. Ich habe es schon sehr vereinfacht, weil da sonst keiner mehr durchfindet.  :wums:
You wake up every morning to fight the same demons that left you so tired the night before. And that, my love, is bravery.

Maubel

#366
Ich habe meinen ersten Nano und das Buch, an dem ich gerade fleißig editiere, auch in der Ich-Perspektive geschrieben. Dabei habe ich sie zum ersten Mal benutzt, weil sie mir früher immer zu komisch klang, aber in der Geschichte passte es. Die beiden Charaktere wechseln sich ab und ich finde zumindest zu einem gewissen Grad ist mir auch eine Erzählersprache gelungen. Zumindest macht mir mein männlicher Prota immer Mordsspaß zu lesen. Der weibliche Char ist zwar auch interessant und noch wichtiger, aber Finns Perspektive ist einfach anders und unterhaltsamer, wo Hannah nachdenklicher und stärker internalisiert ist. Das kann man sicher noch besser machen, aber ich tue mich schon damit schwer Charakteren eine eigene Sprache zu geben. Irgendwie reden sie doch ähnlich, wenn ich es mit anderen Werken vergleiche.

Meinen nächsten NaNo habe ich aus der dritten Person erzählt und das fand ich teilweise schwieriger, da dennoch Gedanken rüber kommen sollten und die Perspektivenwechsel ganz klar getrennt sein müssen. Ich mag es gar nicht, wenn ich ein Text ohne Hinweis von Charakter zu Charakter wechselt. Das muss mindestens durch eine freie Zeile, wenn nicht ein Kapitel abgegrenzt werden in meinen Romanen.

Wie macht ihr das eigentlich mit Gedanken in der Erzählerperspektive. Wenn man einen Allwissendenen Erzähler hat, darf man ja theoretisch in jeden Kopf rein gucken. Aber ich tue mich da schwer von außen nach innen zu schauen und würde eher auf Gedankenspiele verzichten, wobei auch wieder eine Menge verloren geht. Vielleicht ist die Introperspektive, die ich viel zu gerne benutze auch nervig  ::)

Trippelschritt

Im Normalfall gibt es in der allwissenden Erzählerperspektive keine Gedanken, denn dieser Erzähler erzählt ja. Er erzählt über etwas oder jemanden. Er kann auch über die Gedanken von jemandem berichten, aber das ist keine Introperspektive. Sicher es gibt auch mal Ausnahmen wie der erzählende Großvater und so, aber das hast Du bestimmt nicht gemeint.
Die Introperspektive - ich merke jetzt erst, was das für ein merkwürdiges Wort ist - ist eine Perspektive aus der Sicht der Person, um deren gedanken es geht. Sie ist also höchstpersönlich und der Autor/Leser ist so nah an de rFigur wie niemals sonst. Das macht es auch so schwer, diese Sachen zu schreiben.

Liebe Grüße
Trippelschritt

Denamio

Zitat von: Maubel am 08. Februar 2016, 19:28:51
Wie macht ihr das eigentlich mit Gedanken in der Erzählerperspektive. Wenn man einen Allwissendenen Erzähler hat, darf man ja theoretisch in jeden Kopf rein gucken. Aber ich tue mich da schwer von außen nach innen zu schauen und würde eher auf Gedankenspiele verzichten, wobei auch wieder eine Menge verloren geht. Vielleicht ist die Introspektive, die ich viel zu gerne benutze auch nervig  ::)

Persönlich mache ich das nach der "Faustregel" höchstens einen Blickwinkel pro Szene zu haben, was du ja auch schon so erwähnt. Also eine Person erhält die hohe Ehre, das Packpferdchen für die jeweilige Szene zu sein. In den Kopf dieses Charakters lasse ich beim Schreiben dann auch gern reinschauen. Alle anderen sind dann allerdings für mich tabu. Will ich die Hirnwelt von wem anders zeigen, dann geschieht das erst in einer anderen Szene.

Den Blick von außen nach innen finde ich dann aber eigentlich relativ eingängig. Da man quasi ja weiterhin die Perspektive einer bestimmten Person zum Einfühlen anbietet, sehe ich da keinen rechten Unterschied zwischen den Erzählperspektiven. Außer vielleicht zweite Perspektive. Das und Gedanken beschreiben wäre frech, aber interessant. ;D

Den Übergang zwischen einer Beschreibung der Handlung/Umgebung und der Gedankenwelt mache ich dann fließend. Ich konstruier ein kurzes Beispiel dafür, die Gedanken in dem Fall nur zur Demonstration unterstrichen.

ZitatFrustriert wälzte er sich im Sessel vor und zurück, die blöde Sprungfeder quälte sein armes Südpanorama. Die Fernbedienung in der Hand, ging er auf die Pirsch nach der perfekten Hirnauflösung. Das Fernsehprogramm ist auch nicht mehr, was es mal war. Da kommt stundenlang Saharacamp und Schlag-Mich-Michel. Er seufzte und ergab sich seinem Schicksal. Ächzend kämpfte er sich hoch, die Sprungfeder gab ihm ein liebes Abschiedsgeschenk. Der Mist Sessel kommt auch bald auf den Sperrmüll.

Aber das ist wie immer keine Richtlinie. Andere machen das anders und fahren genausogut damit. Ich habe bei vielen gesehen das sie das ähnlich wie im Beispiel machen, aber die Gedanken kursiv schreiben. Wieder andere benutzen direkte Rede. Wieder unterstrichen.

ZitatEr dachte: "Man ist das Programm schlecht, was soll der Mist?". Zappend fand er nur neuen Sondermüll in TV-Kultur. "Ich glaub ich geh steil", warnte ihn sein Verstand.

Zitat von: Trippelschritt am 08. Februar 2016, 20:15:32
Im Normalfall gibt es in der allwissenden Erzählerperspektive keine Gedanken, denn dieser Erzähler erzählt ja.

Du verwirrst mich gerade ein wenig. Gerade das sehe ich in der Literatur sehr häufig. Liegt es an der Begrifflichkeit, dass ich etwas falsch verstehe? Reden wir über andere Dinge? hm.

Maubel

Zitat von: Denamio am 08. Februar 2016, 20:18:42
Persönlich mache ich das nach der "Faustregel" höchstens einen Blickwinkel pro Szene zu haben, was du ja auch schon so erwähnt. Also eine Person erhält die hohe Ehre, das Packpferdchen für die jeweilige Szene zu sein. In den Kopf dieses Charakters lasse ich beim Schreiben dann auch gern reinschauen. Alle anderen sind dann allerdings für mich tabu. Will ich die Hirnwelt von wem anders zeigen, dann geschieht das erst in einer anderen Szene.

Ja, so ähnlich halte ich das auch und es ist mir sogar größtenteils gelungen in meinem letzten Roman. Lediglich bei einer Szene ist mir ein Fehler unterlaufen. Da konnte ich mich noch nicht trennen. Ich mag beide Texte, aber generell werde ich wohl auch bei dieser Faustregel bleiben.

Danke für deine Beispiele. Ganz direkt Gedanken, wie sie in der wörtlichen Rede vorkommen sind zumindest in der Erzählperspektive bei mir relativ selten und wenn dann gestalte ich sie momentan kursiv. Im Ich sind sie häufiger und nicht abgehoben, es sei denn ich wollte etwas anderes vorheben. Bisher sind meine Gedanken eher auch erzählerisch. Also, als würde man erzählen, was in dem Kopf vorgeht, statt konkret einen Gedanken auszusprechen. Zumindest gehe ich damit anscheinend recht sparsam um, obwohl meine Charas sehr gerne reminiszieren.


Zitat von: Trippelschritt am 08. Februar 2016, 20:15:32
Im Normalfall gibt es in der allwissenden Erzählerperspektive keine Gedanken, denn dieser Erzähler erzählt ja.

Ich dachte immer der Allwissende Erzähler weiß tatsächlich alles, inklusive Gedanken, während der 3. Person Erzähler (oder hatte der noch einen ExtraNamen) ihm zwar ähnelt, aber eben nicht weiß, wie es innen aussieht, sondern nur beschreibt/erzählt.

Sprotte

Es gibt grundsätzlich den Ich-Erzähler und jenen, der in der dritten Person berichtet. Und Letzter hat zwei Spielarten: auktorial (alleswissender Erzähler) und personal (klebt einem Perspektivträger auf der Schulter und im Hirn, im Prinzip ein Ich-Erzähler, der in der dritten Person berichtet)

Der Vorteil beim personalen Erzähler liegt - im Vergleich zum Ich-Erzähler - darin, daß autor mehrere davon haben kann. Aber jeder dieser Erzähler ist ganz dicht bei der Figur und kann nicht in fremde Köpfe gucken.

Der auktoriale Erzähler (Märchenonkel z.B.) sieht und weiß alles. Er kann in alle Köpfe gucken, schwebt aber ein bißchen über dem Ganzen. Er kann distanzierter wirken als der personale Erzähler, ihn geht das alles nicht wirklich etwas an, während der personale Erzähler mittendrin ist (wobei auch beim personalen Erzähler der Brennpunkt der Kameralinse etwas weiter entfernt liegen kann).

In einer Szene in verschiedene Köpfe zu gucken, wird auch gerne als Headhopping beschrieben und ist nach meinem aktuellen Kenntnisstand nicht gut. Perspektiven sollten sauber sein. Ein Ich-Erzähler oder ein personaler Erzähler darf darüber nachdenken, was das Gegenüber wohl denkt, meint und fühlt, darf interpretieren, kann aber keine Gedanken lesen. Es sei denn, es ist wirklich ein Gedankenleser.

Elona

Danke für die Erklärung Sprotte. Ich muss ja gestehen, dass das etwas ist, was ich überhaupt nicht durchblicke.

Auf der einen Seite wird gesagt, dass es handwerklich möglich ist, also der auktorialer Erzähler, auf der anderen Seite habe ich es ausprobiert und mir wurde die Rückmeldung gegeben es zu lassen. Es mag aber auch ein Verständnisproblem meinerseits vorliegen. Vielleicht habe ich auch das besagte Headhopping gemacht ... wenn ich aber den auktorialen Erzähler wähle (wann macht der überhaupt Sinn?), dann doch aus genau diesem Grund, ansonsten würde ich doch automatisch wieder bei dem personalen Erzähler landen, oder nicht?  :hmmm:

Also für mich beißt sich:
ZitatDer auktoriale Erzähler (Märchenonkel z.B.) sieht und weiß alles. Er kann in alle Köpfe gucken, schwebt aber ein bißchen über dem Ganzen.
mit dem:
ZitatIn einer Szene in verschiedene Köpfe zu gucken, wird auch gerne als Headhopping beschrieben und ist nach meinem aktuellen Kenntnisstand nicht gut.

Vielleicht kann mich ja jemand erleuchten?




HauntingWitch

@Aurora:
Der Unterschied besteht darin, dass der auktoriale Erzähler eine eigene "Stimme" hat, um bei Sprottes Beispiel zu bleiben, die Stimme des Märchenonkels. Das ganze Buch ist in dieser Stimme verfasst und wenn der auktoriale Erzähler in den Kopf eines Charakters schaut, spricht er dennoch mit der Stimme des Märchenonkels. Also in etwa:
ZitatManfred betrachtete die Wand. Er dachte, dass es unmöglich war, dort hinauf zu gelangen.
Diese Märchenerzähler-Stimme wird für alle anderen Perspektiven beibehalten. Für z.B. eine Stefanie lauten die beiden Sätze dann also genau gleich.

Hingegen wäre die Perspektive von den Charakteren eine 3. Person-Erzählung mit deren "Stimme".
Manfred klingt vielleicht so:
ZitatManfred sah die Wand hinauf. Es war absolut unmöglich, dort hinauf zu gelangen.

Stefanies Perspektive in derselben Situation könnte etwa so aussehen:
ZitatSie sah die Wand vor sich. Da sollte sie hinauf? Unmöglich!

Es ist etwas schwierig, das aus Stand zu beschreiben, aber ich hoffe, man merkt, was ich meine. ;) Die Perspektive eines Charakters beinhaltet immer auch dessen Denk- und Sprechweise, während der auktoriale Erzähler seine eigene, meistens eher sachliche Sprache hat. Das wird offenbar oft verwechselt. Ich übe zurzeit gerade selber damit.  ;D

Trippelschritt

Nur Mut. Die Sache mit der Perspektive gehört mit zu den schwierigeren Dingen beim Schreiben. Außerdem steht diese Problematik nicht unabhängig neben den Fragen von Distanz und Stimme. Und noch schlimmer: In Schreibratgebern findet man nichts Braucbares darüber. Die einzige Ausnahme, die ich kenne, ist der Schreibratgeber von Orson Scott Card. Habe ich den nicht schon einmal erwähnt?

Dass es drei verschiedene Grundperspektiven gibt - Ich, er, Autor - ist noch leicht nachzuvollziehen. Nur nutzt das einem Anfänger in der Praxis wenig, weil personales Er und auch der Autor ein Er benutzt.
Der Autor ist in der Regel derjenige, der erzählt. Und wer meint, dass niemand erzählt, braucht nur die Szenen zu streichen, in denen durch die Augen einer Figur geschaut wird. Da bleibt eine Menge übrig und man stellt fest, dass es mindestens noch eine weitere Er-Perspektive gibt. Das ist die eines Beobachters, die gerne genutzt wird. Man kann sich vorstellen, da läuft jemand mit einer Kamera plus mikro durch die Szene und kommentiert.
Diese Perspektive ist ebenfalls die des Autors, aber in diesem Fall verzichtet der Autor in fremden Köpfen herumzustromen und weiß nicht mehr, als das, was er sieht und hört (uzn riecht und fühlt und ...) Es ist trotzdem der Autor, denn dieser Beobachter entscheidet unabhängig von allen Figuren darüber, was er kommentiert/sieht und hört und kann damit ganz bestimmte Akzente setzen.
Und er kann ganz nah rangehen und aus der Ferne berichten.

Diese Bälle alle in der Luft zu halten, benötigt schon ein wenig handwerkliche Erfahrung. Üben!  ;D

Liebe Grüße
Trippelschritt

Elona

Vielen Dank ihr Beiden.

@Witch Deine Beispiele waren auf alle Fälle nachvollziehbar.  :)

Also ist der Unterschied das Wie erzählt wird. Puh! 

@Trippelschritt Nur Mut ist gut. Immer wenn ich mich wie ein Keks darüber freue wie weit ich gekommen bin, taucht etwas anderes auf. Aber gut, dass wird jetzt OT.
Da ich jetzt beim zweiten Überarbeiten bin, kann ich den Punkt dann auch noch auf meine Liste setzen (ich freu mich ::) ).