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Wie viel Einleitung/Einführung in der Einleitung/Einführung?

Begonnen von SvenNeitsch, 30. September 2015, 21:03:32

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SvenNeitsch

Hallo ihr,

erstmal hoffe ich das ich in der richtigen Rubrik für meine Frage bin, sollte das nicht so sein, verschiebt ihn doch bitte.

Außerdem hoffe ich das ich in der Suche keinen Beitrag übersehen habe der die gleiche Frage beinhaltet.

Wie der Titel es schon sagt plagt mich nun schon länger eine Frage die mir Tante Google nicht so richtig beantworten konnte.

Wie viel Einleitung darf wirklich in der Einleitung stecken?

In der Einleitung meiner momentanen Arbeit geht es darum, die Welt (Den Kontinent) ansatzweise zu erklären und Götter sowie ihre Geschichten zu erwähnen. Alles in allem, denke ich, wird die Einleitung schon so lang wie ein Kapitel an sich.

Darf sie einen solchen Umfang haben? Wenn nicht, wie kann ich das Problem lösen?

Ich danke euch schon mal im Voraus :)

Erdbeere

#1
Hallo Sveni,

Ich bin ehrlich, für mich klingt das, als würdest du gleich zu Beginn einen riesigen Infodump auf deine Leser loslassen. Für uns Autoren fühlt sich das erstmal toll an, gleich am Anfang der Geschichte den gesamten Weltenbau, den wir uns mühsam ausgedacht haben, dem Leser vorzustellen. Aber als Leser bin zumindest ich völlig überfordert damit. Ich will in die Geschichte selbst eintauchen und nicht erst über mehrere Seiten hinweg alles über die Götterwelt und das Magiesystem lernen.

Gäbe es nicht eine Möglichkeit, all das, was du in deiner Einleitung schreiben willst, nach und nach in der Geschichte einzubauen? Quasi in mundgerechten Häppchen, die der Leser auch verdauen kann? Z.B. könntest du eine deiner Figuren am Lagerfeuer eine Götterlegende erzählen lassen - und dann zwei, drei Sätze über die Götterwelt hinzufügen.

PinkPuma

Die Frage, wie viel Einleitung in der Einleitung stecken darf kann man natürlich nicht pauschal beantworten. Aber ich nehme an, du willst auch keinen Prozentsatz hören.  ;)

Ich kann Erdbeere nur zustimmen, dass du auf jeden Fall den sogenannten ,,Infodump" vermeiden solltest. Zum einen wirkt das meist langweilig oder auch belehrend auf die Leser, zum anderen ist es einfach kein schöner Stil, wenn man alle Infos zu Beginn ,,dem Leser vor die Füße knallt".

Wie Erdbeere schon schrieb ist es meist der beste Weg, Infos über Land und Leute nach und nach einfließen zu lassen – und das gewissermaßen durch's Hintertürchen. Einerseits kannst du so vermeiden, die Leser gleich mit zu vielen Infos zu erschlagen. Andererseits habe ich die Erfahrung gemacht, dass man als Leser zu Beginn oft gar nicht so viele Informationen braucht. Ich persönlich mag es auch lieber, wenn sich mir Details erst nach und nach erschließen. Besonderheiten der Landschaft oder des Klimas, Eigenheiten der Bevölkerung, ihre Religion und Kultur... all das sind Dinge, die man wunderbar in den folgenden Kapiteln in den Text verweben kann.

Für dein konkretes ,,Problem" könnte ich mir vorstellen, dass es dir hilft, alle Infos, die du gerne ins erste Kapitel packen würdest, zu sammeln. Eine Liste o.Ä. zu erstellen und dann zu schauen, welche von diesen Infos der Leser direkt zu Anfang benötigt und welche Infos erst später wirklich wichtig sind.
In einem zweiten Schritt könntest du dir zu all den "überflüssigen" Infos überlegen, wie du sie eleganter vermitteln kannst. Wie Erdbeere vorgeschlagen hat durch einen Geschichtenerzähler am Lagerfeuer, durch Dialoge etc.


Zitat von: SveniAlles in allem, denke ich, wird die Einleitung schon so lang wie ein Kapitel an sich.
In der Länge der Einleitung sehe ich eigentlich kein Problem – eben nur im Inhalt. Insofern du den Leser nicht mit Infos bombadierst und das Kapitel dadurch in die Länge ziehst, darf eine Einleitung gerne auch über mehrere Seiten gehen. Die Frage ist nur, ob sie das auch noch tut, wenn du viele der Infos weglässt.

Insgesamt kann ich nur davor warnen, zu viel Hintergrundwissen in die Einleitung zu packen, da die Leser sich sonst schnell wie in einem Lehrbuch fühlen. So nach dem Motto: Jetzt präg dir das alles gut ein, dann darfst du die Geschichte lesen.

pink_paulchen

Ich bin ganz bei Erdbeere.  Je weniger,  desto besser.  Ich hab mir alle Dinge notiert, die ich unbedingt brauche. Und dann habe ich alles in Plotfetzen untergebracht (wie die Lagerfeuergeschichte).  Was sich nicht als Handlung verpacken ließ, flog raus.
Damit hab ich eine sehr dichte Geschichte.  Es geht je nach Genre sicher auch epischer, erzählender - aber den Pfeifenkrautprolog kann sich glaube ich keiner von uns leisten. Als Leser mag ich das auch gern, wenn sich die Welt in kleinen Happen über das ganze Buch verteilt.

Klecks

Weil ich mir gerade bei Anfängen, Einleitungen und den ersten zwei, drei Kapiten immer besonders unsicher bin, plotte ich die ganz besonders detailliert und achte dann darauf, wie viel vom Plot tatsächlich aus der Einleitung besteht, wenn ich fertig geplottet habe. Gegebenenfalls - wenn es also unverhältnismäßig ist - korrigiere ich das dann. Es ist genau dann zu viel Einleitung, wenn der Leser nicht mehr bereit ist, die Einstimmung auf sich wirken zu lassen zugunsten der nachfolgenden Kapitel und der im Klappentext erläuterten Handlung.  :hmmm:

Zu sehen, wann zu viel zu viel ist, fällt mir auch immer schwer; meine Einleitungen verändern sich ohnehin immer und immer wieder, bis sie wirklich feststehen, weil ich da diese große Schwäche habe.  :d'oh:

Trippelschritt

#5
Hallo Sveni,
Erdbeere hat das Wesentliche bereits gesagt. Und ich weiß noch nicht einmal, ob es überhaupt eine Einleitung bei einem Roman gibt. Was es immer gibt, ist ein Anfang. Aber wie der aussieht, hängt doch davon ab, wie Du Deine Geschichte erzählen möchtest. Und das wiederum, was für eine Art Geschichte es ist. Ich befürchte, es gibt da keine Regel außer dem Verbot den Leser zu langweilen.
Es könnte aber auch sein, dass es Dir gar nicht um eine Einführung geht, sondern Du einen Weg suchst, wie Du Informationen, die Du zum Verständnis für nötig hilfst, einbauen kannst. Das meiste erfährt der Leder durch die Art und Weise, wie Deine Personen agieren. Und die Weltenentstehung und Ähnliches kann man zum Teil der Handlung machen. Vielleicht helfen Dir solche Überlegungen.

Liebe Grüße
Trippelschritt

Mogylein

Statt um die "Einleitung" würde ich mir Gedanken zur Lernkurve machen. Je nach Genre kann die unterschiedlich steil sein, aber sie sollte immer klein anfangen und immer größer werden. Das heißt, dass am Anfang wenige Informationen gegeben werden (so viel, dass man versteht und mit den Figuren mitfühlt) und im Laufe der Geschichte immer mehr eingewebt werden, bis man irgendwann alles (relevante) über die Welt weiß. Je jünger das Publikum, desto flacher würde ich die Lernkurve halten. Und prinzipiell ist die Lernkurve auch flacher, je mehr deine Welt unserer ähnelt - und wenn sie ganz verschieden ist (keine Menschen, komplett andere Technologie, andere Gesellschaften), ist sie steiler - aber auch da muss man niedrig anfangen, um den Leser nicht zu verwirren und bei Stange zu halten.
   "Weeks of Writing can save you hours of plotting."
- abgewandeltes Programmiersprichwort

Christopher

Eine solche Einleitung zu schreiben, ist verlockend. Dann kann man sich sooo viele Nebensätze, Erklärende Absätze die die Dynamik raus nehmen, unnatürliches sich-erklären der Charaktere usw. vermeiden ... Aber wie schon gesagt: Das ist knallharter Infodump. Ich hab noch keine Geschichte gesehen, die so begonnen hat, und mich trotzdem fesseln konnte. Tolkiens Silmarillion fängt ähnlich an, da ist die Schöpfungsgeschichte aber als eigene kleine Geschichte erzählt, sodass man ihr durchaus folgen kann, obwohl sie ziemlich viele Informationen enthält. Trotzdem fand ich das nicht besonders gelungen, aber das Silmarillion ist ja eh eine Sache für sich, ich schweife ab.


Ich würde dir empfehlen, dir nicht allzuviele Gedanken darüber zu machen, dass der Leser alles verstehen muss. Wenn du dich selbst damit fesselst, dass alles dem Leser klar sein muss, wirst du ziemlich viele Kompromisse eingehen und suboptimale Dinge schreiben müssen. Lass deine Figuren einfach durch deine Welt laufen, lass es sie erleben, erkläre nichts was sich nicht selbst erklärt und lass den Leser durch das Erleben lernen, was die Dinge bedeuten. Du musst wirklich nicht alles erklären, die meisten Dinge kann der Leser sich durch das Erleben selbst erschließen. Und kann er es nicht, dann liegt das vermutlich daran, dass es für die Geschichte einfach irrelevant ist. Nicht Weltenbau um das Weltenbau willens betreiben.
Be brave, dont tryhard.

Sascha

Da ich die Erfahrung gemacht habe, wie schnell man den Leser durch z.B. andere Zeiteinheiten durcheinanderbringen kann, finde ich, es gibt schon ein paar Dinge, die man manchmal besser vorweg erklären sollte. Aber wirklich nur das absolut nötige Minimum, und das dann wirklich als Information. Beispiel für mein Buch (bzw. eine ganze Reihe):

ZitatZeiteinteilung:
Das Jahr hat 14 Monate á fünf Wochen mit jeweils 5 Tagen. Der fünfte Tag hat bei den meisten Völkern eine Sonderstellug wie bei uns z.B. der Sonntag.
Das gesamte Jahr ist allerdings 352 Tage lang. Zwei Tage zählen weder zu einer Woche noch zu einem Monat, sondern bilden zusammen den Jahreswechsel, als letzter Tag des alten und erster des neuen Jahres.
Ein Tag hat 25 Stunden, die 13. Stunde ist die Mittagsstunde.

Astronomie:
Jahreszeiten entstehen nicht durch eine Neigung der planetaren Rotationsachse gegen die Umlaufbahn, sondern durch eine sehr exzentrische Umlaufbahn, die den Planeten im Sommer etwa doppelt so nahe an seine Sonne heranführt wie im Winter. Dadurch steigt tatsächlich - aus Sicht der Bewohner - die Sonne im Frühjahr herab im Herbst wieder hinauf.
Der Planet hat zwei Monde, einer kreist in einer äquatorialen Umlaufbahn, der anderen in einer polaren Bahn.

Beides hatte ich zwar im Text einfach mit einfließen lassen, man kann drauf kommen, wenn man nachdenkt, aber es verwirrt eben. Und im laufenden Text machen sich nüchterne Erklärungen für etwas, das für sämtliche Figuren ganz normal ist, ja auch nicht so gut. Wer würde bei uns schon drüber nachgrübeln, daß eine Woche 7 Tage hat oder das Jahr 12 Monate?
Leserinnen finden es aber komisch, wenn eine Menschen-Frau alle fünf bis sechs Wochen ihre Regel hat (28-29 Tage = 5 1/2 Wochen) oder die Schwangerschaft gute zehn Monate dauert. Und auch Männer stutzen, wenn die Sonne "herabsteigt" und es immer wärmer wird, weil man automatisch an unseren Winter mit tiefstehender Sonne denkt.

Deshalb plane ich, wenn ich die Reihe mal an an einen Verlag bringe, diese Infos vorweg zu bringen. Spart, glaube ich, so manche gerunzelte Stirn.

Was man m.A.n. durchaus in einen Prolog packen könnte, ist eben so eine Göttersage, wenn sie für den Verlauf bzw. als Grundlage der Geschichte wirklich wichtig ist. Das sollte dann aber natürlich kein Infodump sein.

Fianna

Ich schließe mich den anderen an und finde, es gehört keine Einleitung in einen Roman.

Ich taste mich entweder über ein Thema ran (dann habe ich meist eine Szene mit einem "Statisten", wo die Aktion etwas aussagt und Hintergrund für die ersten Szenen mit den Protagonisten bildet und Handlungsaufhänger bildet), oder ich starte gleich mit dem Protagonisten.

Dabei gibt es ziemlich wenige Informationen, die der Leser zu Anfang braucht: Wer ist das (Name, Alter, Beruf)? Wo ist er und wie fühlt er sich gerade? Darüber führe ich in innere Konflikte ein, die der Held überwinden soll, stelle Probleme des Hintergrundes oder zentrale Probleme vor, oder aber ich zeige eine kompexe Bindung, die für den Helden oder den Plot wichtig ist.

Wie genau die Herrschaftsform und die Währung sind, was wichtigstes Handelsgut ist und wie die Geschichte der letzten 200 Jahre verlaufen ist - weiß ich zu diesem Zeitpunkt schon, bildet auch einen mehr oder weniger wichtigen Teil der Handlung und der Darstellung des Protagonisten - interessiert zu diesem Zeitpunkt aber noch keinen Menschen.

Leser interessieren sich in erster Linie für Personen und erst in zweiter Linie für Handlung oder Welt.
Man kann als anspruchsvoller Leser ein Buch lesen, bei dem man sich irgendwann denkt "Hm, ist ja eigentlich nur ein Abklatsch von xyz" - aber durch die Charaktere wird das auf eine Art und Weise getragen, die spannend ist. Man liest weiter, obwohl man sich (gerade als Autor, der die handwerkliche Ebene eines Buches beim Lesen sieht) schon denken kann, wie es weiter geht. Aber die Handlungsträger sind so sympathisch, lustig, verrückt oder sonstwas, dass man dennoch Spaß am Lesen hat.


Das Wichtigste ist, Deine Handlungsträger einzuführen und die Leser für sie zu gewinnen. Oder zu interessieren (nicht alle Handlungsträger in allen Genres sind sympathische Leute).

Die relevanten Informationen um Deine Welt musst Du nach und nach einstreuen - idealerweise so geschickt, dass der Leser nicht merkt, wieviel Informationen er aufnimmt.

Severin

Hi Sveni,

kann mich meinen Vorrednern auch nur anschließen. Das, was du als "Einleitung" bezeichnest, habe ich mir am Anfang in eine Liste geschrieben. Die groben Eckdaten meiner Welt sind da gesammelt, also alles, das einen so großen Einfluss auf die Welt hat, dass jeder irgendwie davon betroffen sein könnte, z.B. Klima, Völker, historische Ereignisse. Die Liste hat sich bei mir im Verlauf des Schreibens noch verändert, manchmal findet man ja noch neue Dinge über die eigene Kreation heraus oder man muss was ändern. ;) Ins erste Kapitel setze ich lieber etwas, das eher Fragen aufwirft, als sie zu beantworten.
Und dann versuche ich mir im Verlauf meiner Geschichte zu überlegen, wer von meinen Figuren eine Ahnung von bestimmten Dingen haben könnte oder an welchen Orten oder Ereignissen etwas erkennbar werden kann. Z.B. ein Feiertag zu Ehren einer Gottheit oder ein Politiker/Beamter, der Einblick in die politischen Prozesse eines Staates hat. Wenn du so jemanden oder etwas gefunden hast und dein Leser diese Informationen auch haben soll, dann musst du dir "nur noch" überlegen, wann er so etwas erfahren könnte. Vielleicht ist dein Protagonist ein Fan von Volksfesten und freut sich schon Wochen vorher auf den Feiertag und grübelt darüber nach oder deine Protagonistin kommt irgendwie in Kontakt mit jemandem, der von einer politischen Intrige in ihrem Land weiß, sie bisher nicht. Das Schwierige auch für mich ist hin und wieder, deine Informationen nicht wie in einem Sachbuch stringent und komprimiert zu vermitteln (wie du sie im Kopf hast), sondern literarisch auszugestalten, aber darum geht es ja schließlich insgesamt. :)
Ich hoffe, das hilft dir weiter.

Gruß
Severin

Wallrabe

#11
Hm, ich kenne das Phänomen auch, dass man manchmal dazu neigt, zu denken, man müsse etwas erklären. Oder dem Leser für etwas, das man gerade erwähnt hat gleich auch eine ausführliche "Erklärung" liefern. Als müsste man sich direkt irgendwie rechtfertigen.

Ich denke aber auch, wie schon ein paar mal jetzt umrissen wurde, dass auch hier der gute alte Grundsatz gilt: Show, dont tell. Und das auch eben nur für Dinge die relevant sind. Es ist dabei absolut variabel denke ich, wer dabei jetzt im Vordergrund steht. Es hängt massiv von dem ab, was du erzählen willst, wen du erzählen lassen willst und wo du den Schwerpunkt etwa haben willst in dem, was du dem Leser gerade erzählen willst - etc.. Entsprechend findet sich da wohl leider mitnichten eine pauschale Lösung, weil das, was man schreiben kann und will einfach zu verschieden, das mögliche Spektrum grenzenlos ist.

Zumindest mir hilft es da immer sehr, mit das vorzustellen, was der Leser auf dem Blatt liest. Denn das, was er liest und bisher gelesen hat ist letztlich das einzige, das er weiß. Ganz im Gegensatz zu einem selber, der sich bemüht, das ganze Chaos hinter den Kulissen im Auge zu behalten :) Ich stelle mir das bisweilen gerne auch als eine Filmsequenz vor, um zu entdecken, was in der Szene wichtig und relevant ist, die ich gerade mit den Buchstaben forme.

Beispiel:
Wenn ich dem Leser die Szene eines epischen Schlachtfeldes im Sonnenuntergang zeigen will, ihm zeigen will, wie der Blick über tausende Gefallene, tote Menschen und Tiere fliegt,, einzelne Überlebende in glänzender, blutbespritzten Rüstungen und im Wind flatterten Bannern - dann werde ich diese "Kamerafahrt" nicht damit unterbrechen, um dem Leser zu erzählen, dass die Tage hier 26 Stunden haben oder es fünf Jahreszeiten gibt. Oder warum jetzt genau gerade Reich A gegen Reich B kämpft, weil die Priester die Prinzessin für unkeusch halten. Nein, hier will ich dem Leser aus diesem oder jenem Grund zeigen, dass es hier eine dicke Schlacht gegeben hat und sehr viele Tote etc. gab. Über Details füge ich dann hinzu, was ich den Leser etwa sonst noch wissen lassen will. Liegt vielleicht Schnee, weil es eine Rolle spielt, dass es Winter ist oder weil es vllt auch einfach nur cool aussieht und nicht "stört"? Zoome ich von der Kamerafahrt hinein auf eine einzelne Person? Der Protagonist, der überlebt hat? Der Statist, den eine wichtige Figur gerade getötet hat? Der Tote, um den sich vielleicht alles nachher dreht? Wer weiß.
Umgekehrt gebe ich dem Leser natürlich keine Kamerafahrt über ein Schlachtfeld, wenn ich ihm aus Gründen eben just erzählen will, dass es hier anders läuft mit den Jahreszeiten und mit den Priestern und Prinzessinnen.


Ich denke wenn du schaust, was du mit der Szene, die du schreibst ausdrücken willst - oder andersherum, wenn du überlegst, mit was für einer Szene du etwas dem Leser näher bringen willst. Wenn du darüber im Klaren bist, was der Leser WEIß und welches Wissen er BRAUCHT um das zu verstehen, was du ihm erzählen willst - dann bist du vielleicht nicht auf DER, aber sicherlich auf einer sicheren Seite und kannst schauen, ob das, was dabei herauskommt funktioniert. Und du kommst vermutlich gar nicht in die Verlegenheit, dem Leser eine "Einführung" für dies oder jenes geben zu müssen. Andererseits heißt das natürlich nicht, dass das per se eine schlechte Idee ist. Wenn du jetzt etwa einen weisen Mann hast, der aus einem bestimmten Grund in einem Almanach etwas über Astronomie nachliest, das eine gravierende Rolle spielen wird/gespielt hat o.ä., dann ist das 100% legitim und - erfüllt seinen Zweck. Vielleicht denke ich da zu sehr als Rollenspieler, aber solange das, was du schreibst und erzählst der Fiktion deiner Erzählung dient, dann ist das absolut legitim auf den ersten Blick, denke ich.

Dass das leichter gesagt als getan ist und schwieriger zu realisieren ist, als es sich hier so einfach beschreiben lässt, daran besteht kein zweifel... vermutlich eine der zahlreichen Facetten, die, wenn außerordentlich gelungen, ein Stück Geschichte über andere hinausragen lässt.

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Letztlich gibt es darüber hinaus ja auch noch ganz famose Mittel wie Exzerpte aus Schriftstücken, Nachrichten, wahre oder erfundene "Lexikon"-Artikel etc., die man etwa vor dem Kapitel einbaut. Ist sicherlich auch Geschmackssache, aber ich liebe es, wie etwa Andrzej Sapkwoski das in seinen Büchern hinbekommt, mit solchen kurzen Textpassagen in verschiedener Gestalt, die er vor den Kapitelbegin setzt auf subtile Weise oft auf das einzustimmen, was kommen wird, ohne etwa etwas zu spoilern oder einem einen Faktenklotz vorzusetzen. Faktenklötze sind böse : D

canis lupus niger

Eine, wie ich finde, schöne Möglichkeit, Informationen über Deinen Kontinent und seine Kultur(en) zu vermitteln, kann ein Anhang sein.

Statt Deine Leser mit einem epischen Text zu erschlagen, erfreue sie mit einer attraktiven Karte, die in der Regel als Bereicherung empfunden wird. Und ein Anhang über Geschichte oder/und Religion, bzw. die wichtigsten Herrscherhäuser kann durchaus in einer übersichtlichen Tabellenform gestaltet sein. Da kann man sich dann schnell einen Überblick verschaffen, wenn man ihn verloren hat. Man muss ja nicht wie Schorsch Martin ein fünfzigseitiges Handbuch daraus machen.

SvenNeitsch

Hei Ihr,

wow, wie viele angenehme konstruktive Meinungen, echt inspirierend!!

Bei der ganzen Resonanz fällt mir garnicht genug ein was ich nun antworten könnte, beziehungsweise  könne ich niemals auf jede Antwort eingehen.

Insgesamt muss ich euch Recht geben und beim Lesen der Antworten sind mir viele Ideen gekommen, wie ich eure Ratschläge umsetzen kann.
Sehr vieles in dieser "Einleitung" läuft meinem Protagonisten sowie so auf seiner Reise über den Weg, sprich, ich kann es gekonnt mit einbauen und langweile keinen Leser mit dieser "Einleitung".

Als Beispiel, eine Einöde mit einer mythologischen Vorgeschichte, mein Protagonist wird den Weg über diese Einöde, aus diesem Grund, nicht beschreiten können. Das wäre der perfekte Moment für Jemanden der Ihm über den Weg läuft und ihm bzw. dem Leser erst in diesem Moment erläutert warum denn überhaupt. Der Leser wird wahrscheinlich einfach nur ein großes Fragezeichen im Gesicht haben wenn es nur heißt, er darf dort nicht langlaufen. Ganz nach dem Motto "Siehe Einleitung".

Prinzipiell habt ihr meine Sorge erkannt, ich habe mir schon gedacht das ich es so definitiv nicht umsetzen kann und ihr habt mich da bestätigt.

Eine Karte habe ich gezeichnet da ich diese Idee auch schon hatte und es als angenehm empfand, das jemand sich einen Überblick verschaffen kann.

Auch die Tabelle ist eine gute Idee um Maße, Zeiten etc. begreiflich zu machen, das will ich auch wirklich keinem Leser mitten in der Geschichte antun.

Jedenfalls danke ich euch vielmals ihr wart mir eine riesen riesen riesen Hilfe !!!



Dämmerungshexe

Und selbst wenn du solche Sachen wirklich "erklärst", heißt das noch lange nicht, dass der Leser da auch wirklich durchsteigt. Bei einem Terry Pratchett Roman ist in einer (seeeehr langen) Fußnote auch beschrieben, wie die Schiebenwelt mit Jahreszeiten usw. funktioniert - ich musste das trotzdem mehrmals lesen, bin ich es irgendwie verstanden hatte.

Also gewisse Dinge kann man schon erklären und erzählen - "show, don't tell" ist auch nur eine Richtlinie. Ich mach das auch ab und zu gerne, wenn es in die Geschichte und den Erzählstil hinein passt.

Ansonsten ist es für den Leser nicht einfach nur angenehmen, sondern auch spannender, die Welt nach und nach zu "entdecken" - Informationen zu sammeln und zu verknüpfen und sich so nach und nach ein eigenes Bild schaffen zu können. Das heißt, du setzt dem Leser die Welt nicht vor und er muss sich zurechtfinden, sondern er "erschafft" sie sich selbst. Damit wird sie auch zu seiner Welt.
Das einzige, was man wirklich im Auge behalten muss dabei, sind die "Vergleichswerte", mit denen gearbeitet wird. Also wenn der Himmel orange ist, muss das gleich zu Anfang gesagt werden. Später wäre es eine zu große Überraschung und würde das Bild, das der Leser in sienem Kopf entwickelt hat, zu sehr auf den Kopf stellen.
,,So basically the rule for writing a fantasy novel is: if it would look totally sweet airbrushed on the side of a van, it'll make a good fantasy novel." Questionable Content - J. Jacques