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Schreiben einer langen Reise?

Begonnen von Leygardia, 24. Juni 2015, 19:59:28

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Leygardia

Hallo liebe Autoren/innen  :winke:
Endlich habe ich mal wieder Zeit zum schreiben gefunden und komme einfach nicht weiter.. Und zwar geht meine Truppe (bestehend aus 6 Leuten) auf eine Reise die 6 Tage dauert. Sie sind zu Fuß und inoffiziell auf den Weg zu einer Stadt. Der "Öffentlichkeit" erzählen sie, dass sie das Portal von der Erde zu ihrer Welt schließen wollen, um mögliche Hinterhälte zu vermeiden, da sich dieser Weg in einer völlig anderen Richtung erstreckt. Jedenfalls müssen sie einen Bergpass durchqueren bei dem sie 3 Tage brauchen. Bis dahin alles kein Problem, ein paar Gefahren und Hinterhälte sind auch schon geplant aber jetzt kommen wir zu meinem Problem.. Und zwar weiß ich nicht, wie ich das schreiben soll..  ???
Ich kann mir vorstellen, dass wenn ich jeden einzelnen Tag eins zu eins beschreibe, es für den Leser langweilig wird, jedoch will ich auch nicht einfach schreiben "Nach dem 6-Tagemarsch, 4 Hinterhälten etc, kommen sie in der Stadt an", denn man soll schon etwas davon mitbekommen, da manche Ereignisse wichtig sind, für den Verlauf der späteren Geschichte..

Ich hoffe ihr könnt mir helfen, liebe Grüße, Ley  :)

Klecks

Ich würde die Reise definitiv so weit wie ohne Langweile möglich ausschreiben, wenn sie so ist, wie du beschreibst. Ein Hinterhalt ist mit Selbstverteidigung/Kämpfen verbunden, und da kann immer etwas passieren, was wichtig ist für die Figuren; ein Kampf hinterlässt auch mental seine Spuren. Und gerade, wenn du sagst, dass manche Ereignisse wichtig sind: Diese Ereignisse würde ich definitiv schreiben, und die kannst du dann miteinander verbinden, indem du ruhigere Dinge - Landschaftsbeschreibungen, Dialoge, Monologe über die Geschehnisse - einbaust.  :D

Leygardia

Da hast du Recht Klecks.. Hoffentlich finde ich die Grenze zwischen Spannung und einfach nur noch Langeweile :D ..
Danke :)

Siara

Das Problem kenne ich, aber nur, wenn ich zu viel drüber nachdenke. Normalerweise ergibt sich immer irgendetwas. "Große" und aktionreiche Ereignisse wie ein Hinterhalt sind möglich, müssen aber gar nicht unbedingt sein, finde ich. Gerade solche Reisen sind toll, um Konflikte zwischen den Figuren aufzuwerfen (oder bereits vorhandene sichtbar zu machen), um Freundschaften zu vertiefen, Geheimnisse auszutauschen und Pläne zu schmieden.

Und ich würde nicht unbedingt jeden Morgen beim Aufwachen anfangen und jeden Abend mit dem Schlafengehen beenden. In ein Kapitel einfach mal mit "Der Himmel färbte sich bereits rot, als sie den Gipfel erreichten" einzusteigen, spart einem eine Menge Zeit, die man nicht füllen muss. Dann reicht meist ein kleiner Rückblick ("Die Hitze des Mittags hatte den Tag dahinkriechen lassen, und niemand hatte sich sonderlich gesprächig gezeigt.") reicht oft schon, damit der übersprungene Zeitraum nicht so leer wirkt. Auch landschaftliche Besonderheiten würde ich nach der ersten Beschreibung nur noch überfliegen, höchstens ein paar bemerkenswerte Details hervorheben.

Hier bietet es sich meiner Meinung nach wirklich an, sich auf einzelne Szenen zu beschränken. Das Abendessen, die Rast, der Fund einer Fußspur oder eines Leichnams, Kampfübungen, was immer deine Protas eben so machen. Wenn man von Szene zu Szene springt und die Zwischenzeiten durch Zusammenfassung überbrückt, ergibt sich ein gut lesbares Tempo, finde ich. Aber ein Gemetzel zwischendruch darf immer sein. ;D
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.

Miezekatzemaus

Du könntest auch einfach nur die Action geschehen lassen und ansonsten Sätze wie "dann und dann liefen sie x Stunden nach bla" einbauen, vielleicht ein wenig eleganter als in meinem Beispiel. Ich habe mal ein Buch geschrieben, da hatte ich auch eine lange Reise drin und ich habe, glaube ich, zu detailliert beschrieben - ein Tag war ein Kapitel und die Kapitel hatten bis zu 60 Seiten. *hüstel*

Shedzyala

Ich finde bei längeren Reisen Dialogschnipsel schön. Also ein kurzer, pointierter Streit, höchstens eine Seite lang, der die Reise und Reiseprobleme kurz aufgreift, wie die Aufgabenverteilung beim Nachtlager oder die Beuteaufteilung nach dem 5. Hinterhalt. Das zeigt, dass die sechs nicht schweigend nebeneinander her wandern, macht das Kapitel aber auch nicht unnötig lang. Sapkowski arbeitet oft mit Dialogschnipseln und da liest es sich schön schnell und lebendig.
Wenn sie dich hängen wollen, bitte um ein Glas Wasser. Man weiß nie, was passiert, ehe sie es bringen ...
– Andrzej Sapkowski, Die Dame vom See

Eluin

Als ich deinen ersten Beitrag gelesen hab, dachte ich mir auch direkt: Bitte keine seitenlangen Beschreibungen aber gerade auf so einer Reise hast du viel Platz, um Charaktere näher vorzustellen und diese auch zu entwickeln. Dazu natürlich noch Action und vielleicht ein paar Konflikte innerhalb der Gruppe ... Du musst ja nicht alles bis ins kleinste Detail beschreiben. Ich meine sieh dir Herr der Ringe als klassische Heldenreise an. Da besteht im Endeffekt der ganze Roman aus der Reise :)

Ich denke auch, dass die Lebendigkeit am Wichtigsten ist und nicht nur staubtrockene Beschreibungen. Es muss nicht immer Actionreich zugehen.
Träume verändern die Zukunft. Doch erst wenn wir die Augen öffnen, können wir sie verwirklichen!
Mein Spruch, mein Motto.

Churke

Was ist wichtig? Der Leser sollte eine Vorstellung haben von der Länge der Strecke, der Dauer der Reise, Verwaltungsstrukturen, Wirtschaft, Landschaft etc.. Ich glaube, da kann man ruhig ein wenig infodumpen. Es ist schließlich ein Unterschied, ob man auf Kamelen durch die Wüste schaukelt oder sich durch Urwald am Amazonas kämpft. 

DoroMara

Ich würde die Reise beschreiben, aber weniger "wie lange, was und wo", sondern eher, was zwischen den Menschen geschieht und wie sie mit den Strapazen und Gefahren umgehen. Dann geht so eine Reise im Flug vorüber und ich als Leserin habe ganz wichtige Informationen bekommen.
Wenn du daneben noch eine ganz eigene Landschaft kreieren kannst, wäre das noch ein angenehmer Zusatz.

Moni

Ich habe das bei mir im Opus ganz einfach gelöst: der erste und zweite Tag sind beschrieben, der Rest wird mit einer Art Zusammenfassung abgehandelt, eben weil die Tage sich letztlich gleichen. Irgendwann kommen sie halt an und gut ist. Das ganze ordentlich mit Dialogen aufgelockert, damit es nicht nur seitenweise Landschaftsbeschreibungen sind und einfach so simple Tätigkeiten wie Nachtlager aufbauen, Essen zubereiten. Dann noch ein paar Wetterwidrigkeiten und fertig ist das Roadmovie.  ;D
Deutsch ist die Sprache von Goethe, von Schiller...
und im weitesten Sinne auch von Dieter Bohlen[/i]
Stefan Quoos, WDR2-Moderator

»Gegenüber der Fähigkeit, die Arbeit eines einzigen Tages sinnvoll zu ordnen,
ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.«[/i]
Johann Wol

Ary

Ich klaue mal bei Sprotte, die mir bei so einem Problem ein Shakespearezitat aus dem Prolog zu Henry V um die Ohren gehauen hat:
"Überspringt der Zeiten Lauf, die nicht der Handlung dienen".
Beschreibe ausführlich, wenn etwas Wichtiges unterwegs passiert und raffe alles andere - also ruhig die Überfälle und Kämpfe beschreiben und auch bei den Helden bleiben, wenn vielleicht jemand verletzt wurde, um den jetzt alles bangt. Aber nicht zu viele Langdschafts-und Campingbeschreibungen. :)
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Dämmerungshexe

Ich denke es kommt auch drauf an, was man beim Leser bewirken will: will man Handlung, Charaktere und Informationen unterbringen? Oder will man ein wenig Stimmung und Ambienten machen? Will man die Eintönigkeit und die Strapazen der Reise in den Vordergrund rücken? Je nachdem würde ich anders vorgehen.
Beim "Feuerberg" waren meine Charas auch praktisch andauernd unterwegs. Ab und an gabs etwas Action, die ich dann natürlich ausgearbeitet habe. Manchmal ist gar nichts passiert, was ich dann weggelasen und gerafft habe. Und ab und an war die Reise einfach mühsam, wenn sie durch den Regen stapfen und sich andauernd verstecken musste, mit ihren Sorgen und Nöten alleine waren, oder es miese Stimmung zwischen ihnen gab - an solchen Stellen habe ich das ganze auch mal etwas gestreckt, um dem Leser das auch so vermitteln zu können.
,,So basically the rule for writing a fantasy novel is: if it would look totally sweet airbrushed on the side of a van, it'll make a good fantasy novel." Questionable Content - J. Jacques

FeeamPC

Kommt immer darauf an, was unterwegs passiert.
Verlieben sich zwei Protas ineinander? Dann ist die Reisebeschreibung wichtig.
Dackelt eine Söldnertruppe ohne besondere Ereignisse 6 Tage durch die Wüste? Dann reicht es, wenn sie bei ihrer Ankunft in der Oase froh sind, endlich wieder kühles, gut riechendes Wasser trinken zu können und ein schattiges Plätzchen zu haben.

canis lupus niger

Wieviel und wovon Du schreibst, ist ausschließlich davon abhängig, was Dir an der Reise wichtig ist.

Sind Deine Leutchen fünf Tage unterwegs, und dann erst beginnt die Action mit Überfall etc, dann schreib das auch so. "Sie reisten/ritten, wanderten fünf Tage lang, die ihnen wie fünf Monate vorkamen. Das anhaltende Regenwetteer/die anhaltende Hitze machte ihnen ebenso zu schaffen, wie der Dauerstreit/der Flirt zwischen X und Y. Jeder wünschte sich nur, das Ziel endlich zu erreichen. Aber am sechsten Tag, als sie erst seit einer Stunde unterwegs waren, ..." usw.

Wenn Du den Schwerpunkt Deiner Geschichte auf dieser Reise stattfinden lassen willst, musst Du natürlich ausführlicher werden.

So eine Reise mit ihren Anstrengungen und Problemen kann auch eine schöne Möglichkeit sein, Deine Charaktere vorzustellen. Wie wird jeder einzelne mit Anstrengungen, mit schlechtem Wetter, mit Übernachtungen im Freien oder schlechten Gasthäusern fertig? Wie ist jeder ausgerüstet, bzw. auf die Reise vorbereitet? Wie entwickeln sich die Verhaltensweisen der einzelnen Charaktere? Wird jemand reizbarer? Wird jemand kameradschaftlicher? Zeigt jemand unerwartete Fähigkeiten, und sei es nur, mit nassem Holz und ohne Streichhölzer ein Feuer anzukriegen? Gibt es Vorurteile, die zu Dauerstreit führen, oder entsteht eine Freundschaft oder mehr? In Situationen, in denen sonst nicht viel passiert, kannst du das Leserinteresse auf Details Deiner Charaktere lenken.


Lauren Mandrake

Huhu!

Ich finde, es kommt auch drauf an, ob es schon vorher längere Reisepassagen gegeben hat, die du ausformuliert hast?

Es gibt da so einen Roman, aber um nicht zu spoilern, sag ich nicht welcher, da gibt es viele, viele, viiiiele Reisesequenzen.
Die haben auf Dauer ganz schön genervt.

Ich weiß bis heute nicht, ob ich den Schachzug großartig oder einfach nur blöd fand, als bei der gefühlten zehnten Reise einfach nur kam:
"Ja, ich will Euch ja jetzt nicht mit den Details nerven, aber die Reise war zwei Wochen lang, wir wurden mehrfach überfallen, bla bla."

Aber schön vorher elends lange Tagesmärsche des einsamen Protagonisten, ausgeschmückt mit inneren Monologen...
:D

Also, wie die Anderen schon sagten: Wie lange, wer ist dabei, willst du mit den Ereignissen auf der Reise spielen und vorallem... gab es wie gesagt schon längere Reisepassagen?