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Plotten komplexer Romane

Begonnen von Coppelia, 21. Juli 2014, 13:10:38

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Atra

#15
Hey,

Zitat von: CoppiIch habe insgesamt das Gefühl, mein Problem ist eher das Feinplotten als das Grobplotten. Was genau macht Person x dann und dann?

Ich denke ebenfalls, das bei einem solchen Projekt das Detail mit am wichtigsten und zum plotten am nervenaufreibendsten ist. Ich weiß nicht, ob du den Film "8 Blickwinkel" kennst? Darin wird ein Anschlag aus ca. sechs ... oder acht verschiedenen Sichten gezeigt und mit jeder Sicht kommen Details über die Täter hinzu, die es ohne die Sicht nicht gegeben hätte. Vielleicht gibt er ein paar Anregungen.
Was ich dazu sagen muss, ist, dass ein Projekt mit Sichten, die alle den gleichen Sachverhalt schildern sehr schnell langweilig werden kann. Meiner Meinung nach, ergeht es dem Film nicht anders, obwohl er sich bemüht, die Handlung interessant bleiben zu lassen. Eventuell benötigst du nicht alle Sichten, was dir etwas Arbeit ersparen könnte (will dir natürlich nicht in dein Projekt reden)  :)

LG Atra
"Man muss erst zum Leben aufstehen, bevor man sich niedersetzt zum Schreiben."
(Henry David Thoreau)

Debbie

Vielleicht hilft es dir wenn du die Entwicklung der Charaktere (und die damit verbundenen Erlebnisse) einfach erstmal getrennt voneinander ausarbeitest und jeden Charakter behandelst, als wäre er eine Hauptfigur, als wäre es seine Geschichte - auch wenn du später vielleicht nur einen Bruchteil der Infos verwenden kannst. Ich habe drei Perspektivträger, wobei einer erst im dritten Band hinzukommt, aber ich entwickle alle wie Protagonisten, ohne Rücksicht darauf, dass zwei Perspektivträger nicht soviel Erzählraum bekommen wie die Prota. Für mich ist es ja trotzdem wichtig, was "hinter den Kulissen" passiert - teils auch bei den Nebenfiguren, bei denen eigentlich nur die Handlungen und Erlebnisse wichtig sind, die den Plot vorantreiben. Auch da muss ich ja wissen, welche Umstände und Eigenschaften zu den "Schlüsselerlebnissen" führen.

In Stoybook könntest du diese drei Stränge anlegen, auch mit Zeit wenn du willst (oder auch nur mit "zwei Tage später"). Du könntest erst für die Geschichte jeder Figur einen Strang anlegen, oder die Ereignisse figurunabhängig chronologisch niederschreiben und gleich oder später dazufügen, wer wann wo anwesend ist und aus wessen Perspektive beschrieben wird. Das Programm zeigt dir später die Stränge dann entweder chronologisch, nach einzelnen Perspektivträgern oder alle Perspektiven nebeneinander verlaufend an.

Klecks

@Coppi: Warum das "Feinplotten" nicht mal ausblenden, ignorieren, abwarten und schauen, ob die Infos während dem Schreiben ganz von selbst kommen?  :D  Selbst wenn ich einen ausführlichen Kapitelplan erstellt habe, kommen im Laufe des Schreibprozesses noch Infos dazu - Feinplot, nur aus dem Bauch heraus.  :)

Kadeius

Also ich habe auch fünf Perspektiven, dabei überschneiden sich auch einige, oft aber führe ich sie zusammen und plane den Plot vor bis auf diese Zusammenkünfte. Bis dahin überlege ich mir: "Wie überbrücke ich die Zeit bis dahin und wie entwickeln sich die Charakter bis zum Zusammentreffen?"
Ich schreibe dabei zyklisch, es sei denn, ich versuche, mehr Brisanz in die eine oder andere Erzählperspektive zu setzen; ich setze aber nie zweimal dieselbe hintereinander.
Ich plotte eigentlich nicht durch, sondern nur bis zu den besagten Punkten und dann in Etappen, bis mir was Phänomenales einfällt, um fortzusetzen.
Das "Feinplotten" ergibt sich bei mir im Nachhinein, erstmal muss das Gerüst stimmen.

Coppelia

#19
@ Atra
Den Film muss ich mir mal ansehen, denn ich liebe Experimente mit Erzählperspektive! Ich finde es auch total spannend, wenn dieselbe Geschichte aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt wird. Das habe ich hier allerdings nicht mal vor. Ich glaube, das würde höchstens selten mal passieren. Da liegt mein Problem, glaube ich zumindest, nicht.

@ Debbie
Ja, sowas dachte ich mir auch schon, und ich denke, ich werde es auf die Art als nächstes versuchen. Obwohl ich auch das, glaub ich, schon mal probiert habe.
Ist Storybook für Windows?

@ Klecks
Hm, also für mich ist ein Kapitelplan "Feinplotten". :hmmm: Natürlich kommt noch immer irgendwelcher Kleinkram dazu, wenn man seinen Plan abarbeitet, aber momentan bin ich leider noch weit vom Erstellen so eines Plans entfernt.

@ Kadeius
Das verstehe ich irgendwie nicht. Wenn erstmal das Gerüst stehen muss, wie du sagst, wie kannst du dann nur jeweils bis zum nächsten Zusammentreffen der Figuren plotten und meinen, dass du nicht "durchplottest" und erstmal einen Einfall brauchst, wie es weitergeht? Das würde in meinen Augen der Aussage widersprechen, dass zuerst ein Gerüst steht. Aber ich kenne ja auch die Struktur deines Romans nicht (jetzt hatte ich "meines Romans" geschrieben, was leider auch stimmt :rofl:)

Ich muss auf jeden Fall erstmal wissen, wie sich die Figuren entwickeln, und zwar über den ganzen Roman hinweg, erstmal völlig unanbhängig davon, wann sie sich begegnen.

Debbie

#20
Unter Feinplotten verstehe ich eigentlich die Entwicklung von Subplots, Szenen und kleinen Details. Hast du denn schon Subplots? Sind sie personenbezogen oder beschränken sich jeweils auf einen Band oder beides?

Bei mir ziehen sich zwei Hauptplots durch 7 Bände, aber jeder Band hat noch einmal einen oder mehrere Subplots, die ich nach logischen, thematischen oder aber auch interessebezogenen Gesichtspunkten ausgewählt habe. Die ersten Bände beinhalten jeweils noch einen Who's-done-it Subplot, strukturell also ähnlich wie bei Harry Potter. Die Themen der Subplots behandeln meistens Infos, die ich bei der Recherche gefunden hab und die eigentlich nicht direkt zum Hauptplot passen, von denen ich aber so fasziniert war, dass ich sie als Subplot miteinweben musste. Rechercheliteratur ist also bei mir auch immer wichtig für eine gewisse Grundsteinlegung ... Dabei sind meist die Dinge am spannendsten, die ich anfangs nicht wirklich auf dem Schirm hatte oder über die ich durch Zufall gestolpert bin - aber ich hab mit der Auswahl meiner Rechercheliteratur auch fast genau so viel Zeit verbracht, wie mit dem eigentlichen Plotten  :pfanne:

Für die Szenenplanung benutze ich den Szenebogen (http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,8416.msg268171.html#msg268171) - 1. weil ich eine Beschreibungsniete bin und mich immer zu sehr auf Dialog und Aktionen der Figuren konzentriere und 2. weil ich so am besten den Überblick behalte, wenn ich in einem Band mehrere Konflikte habe, die sich nebeneinander entwickeln. Dann lege ich pro Szene ein Blatt an, hefte sie mit Registratur, in Kapitel unterteilt, in einem Ordner ab und jedes Blatt bekommt ein farbiges Post-it, wobei jede Farbe für einen Konflikt steht. So kann ich besser kontrollieren, wieviel ich für die Entwicklung des Konflikts tue, dass alle Konflikte genug Raum bekommen und alles auch aufgelöst wird.


Edit: Ja, Storybook ist für Windows - soll aber auch auf Mac laufen.  :)

Windfeuer

Dann gebe ich jetzt auch mal meinen Senf dazu.  ;D

Ich Plotte derzeit eine 7 bändige Reihe.
Zu allererste habe ich mir zu jedem Band Gedanken Gedanken um den dortigen Hauptplot gemacht und ihn aufgeschrieben. nur ganz grob. Als nächstes habe ich den gesamten Plot vom ersten bis zum siebten Band grob runter geschrieben, als würde es sich nur um einen band handeln. Ich bin hauptsächlich dem dicken roten Faden gefolgt der sich durch alle Bände zieht, mit kurzer Erwähnung möglicher Subplots. Zwischenzeitlich habe ich festgelegt wie viele Kapitel es insgesamt werden sollen. Habe mir einige Eckdaten zu den Figuren angelegt. Geburtstag, aussehen, Familie, Funktion.
Und noch so was wie ein Charakterinterview in denen ich jeden einzeln Frage - jeder bekommt unterschiedliche Fragen die auf ihn oder sie zugeschnitten sind. also sie haben mit ihrer Rolle zu tun die sie in den Romanen einnehmen. Ihre Ansichten zu den dingen die passieren. Warum sie dies oder das getan haben. Oder ob sie dies oder das von jemanden erwartet haben.
In jeder dieser Fragen lasse ich sie Antworten wie sie wollen. Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit verschmelzen gerne mal. Wie zuvor von mir erwartet empfinde ich es nicht als anstrengend. Im Gegenteil macht es mir viel Spaß und ich erfahre eine menge Dinge.  :)

In schritt zwei in dem ich mich seit heute befinde, schreibe ich mir stichpunktartig auf was in jedem Kapitel vorkommen sollen. Nicht mehr als vier Zeilen. Im dritten Schritt werden die Kapitel feiner und detaillierter geplottet, so dass sie dann ein oder zwei Seiten betragen.

Bei mehreren Perspektiven die ich zuvor hatte, habe ich immer intuitiv einen von ihnen den Part überlassen ohne großartig drüber nachzudenken. Hat auch irgendwie meist recht gut geklappt. Hier allerdings bin ich am überlegen wer wenn überhaupt noch eine Perspektive kurzzeitig bekommen soll oder es hauptsächlich nur bei der einen bleibt, wie es momentan der Fall ist. Sollte ich mich für mehrere entschieden, werde ich auf jeden Fall vorher festlegen wer wann die Perspektive kriegt. Ich will keine unschönen Überraschungen bei diesem Projekt haben.  Dafür liegt mir zu viel dran. :P

HauntingWitch

Nun, mein Projekt ist wahrscheinlich wesentlich weniger komplex als deines, Coppelia, aber vielleicht hilft es ja, wenn ich es erzähle. Ich habe auch oft mehrere Perspektivträger, beim letzten hatte ich zwei Antas und hinzu kommen noch ein paar Nebenfiguren. Ähnlich wie Alana gehe ich als allererstes vom Haupt-Perspektivträger aus, der Person, die die Geschichte sozusagen "trägt". Die gibt es bei mir immer, so beginnen meine Ideen. ;) (Der Einfachheit halber keine Geschlechterunterscheidung). Die erste Frage ist, was ist seine Geschichte, was will er erzählen? Was ist ihm wichtig, wohin geht er und weshalb. Danach mache ich dasselbe für jede andere Figur. Ich habe also quasi Einzel-Storys, die miteinander verknüpft werden müssen.

Da beginnt der kompliziertere Teil. Zunächst einmal braucht es dafür einen groben Plot, in dem ein gemeinsames Ziel festgelegt wird. Auf dem Weg dahin können die Perspektivträger sich begegnen. Ich beginne mit Perspektivträger 1, dem Träger der Geschichte und lege fest, wann und wo er auf die nächst-wichtige Person (Perspektivträger 2) z.B. treffen soll. Davon ausgehend rekonstruiere ich die Geschichte bzw. den Weg von Perspektivträger 2 zu diesem Ort und Zeitpunkt. So mache ich das dann eigentlich mit allen, die Frage ist immer nur, welche Person quasi der Dreh- und Angelpunkt einer anderen ist. Ist Perspektivträger 3 z.B. abhängig von Perspektivträger 2, mache ich dasselbe wie beschrieben mit den beiden. Ist P3 aber abhängig von P1, mache ich das Spielchen mit P1 nochmal.

Es ist schwer zu beschreiben, vieles davon funktioniert bei mir intuitiv. Das eine entwickelt sich immer aus dem anderen oder aufgrund dessen. Habe ich zwei voneinander völlig unabhängige Perspektivträger, gibt es irgendwo eine Person, die diese beiden verknüpft. Manchmal hilft es auch, das grafisch aufzuzeichnen.  ;)

Zitat von: Coppelia am 21. Juli 2014, 19:18:45
Ich habe insgesamt das Gefühl, mein Problem ist eher das Feinplotten als das Grobplotten. Was genau macht Person x dann und dann?
Und dazu kommt der Verdacht, dass ich irgendwie nicht intelligent genug bin für meine Geschichte. :-\

Zu deiner Frage muss ich sagen, dass das bei mir sehr intuitiv passiert. Ich weiss ja, wo sie hin müssen und wie in etwa der Ablauf ist (siehe oben). Die Details ergeben sich daraus. Müssen P1 und P2 sich in einer Taverne treffen, muss ich zusehen, dass sie beide dahin kommen und zur selben Zeit dort sind. Wie sie das machen, hängt vom Charakter ab. Der eine reitet geradewegs darauf zu, der andere wird unterwegs noch in ein Dutzend Schlägereien verwickelt. Dann muss ich den Weg es letzteren natürlich früher beginnen, damit die Zeit wieder stimmt.

Zur Intelligenz: Das glaube ich nicht. Wärst du nicht intelligent genug für deine Geschichte, würdest du nicht auf eine solche Geschichte kommen. Was dir wahrscheinlich fehlt, sind das nötige Wissen und die Erfahrung dazu. Wissen kannst du dir aneignen, am besten so viel wie möglich, auch vermeintlich irrelevantes. Für die Erfahrung würde ich mit Leuten reden (oder über solche lesen), die sich in einer zumindest annäherend vergleichbaren Situation befinden. Du hast ein Parlamentsmitglied als Prota, beschäftige dich mit Politik, schau dir Interviews und reden an, um herauszufinden, wie diese Leute in etwa denken, was ihnen wichtig ist, was sie bewegt und was nicht. Das ist jetzt ein blödes Beispiel, mit Politikern hast du ja schon Erfahrung.  ;) Aber ich hoffe, du verstehst, was ich meine. :knuddel:

Churke

Zitat von: Coppelia am 22. Juli 2014, 07:31:44
Ich muss auf jeden Fall erstmal wissen, wie sich die Figuren entwickeln, und zwar über den ganzen Roman hinweg, erstmal völlig unanbhängig davon, wann sie sich begegnen.

Ich brauche da mehr Flexibilität. Wenn ich eine Szene schreibe, dann merke ich manchmal, dass das beabsichtigte Verhalten der Figur nicht "richtig" oder auch unpausibel ist. Dann muss ich das anpassen.
Ein weiterer Punkt ist das Ausschreiben von Figuren in der Überarbeitung. Das heißt, ich skizziere eine Figur zunächst nur schemenhaft und füge dann nach und nach Details hinzu.

FeeamPC

Ich würde die Basis-Frage anders stellen. Nicht, wie die Personen sich entwickeln, sondern warum sie sich entwickeln.

Coppelia

Danke noch weiterhin für die Beiträge.

ZitatUnter Feinplotten verstehe ich eigentlich die Entwicklung von Subplots, Szenen und kleinen Details. Hast du denn schon Subplots? Sind sie personenbezogen oder beschränken sich jeweils auf einen Band oder beides?
Definiere Subplot?
Szenen und kleine Details mache ich eigentlich während des Schreibens fertig. Woraus besteht denn sonst das Schreiben, wenn man vorher schon jede Kleinigkeit absteckt? Aber das ist sicher bei jedem anders. :)
Jedenfalls klingt das bei dir nach einer richtigen Wissenschaft, Debbie! :D Der Szenenbogen wäre mir ein bisschen zu ausführlich, aber vieles daran finde ich sehr gut. Ich benutze ihn vielleicht mal zum Checken fertiger Szenen.

@ Windfeuer
Wow, sieben Bände! :o
Charakterinterviews sind sehr hilfreich, um Figuren kennen zu lernen, finde ich auch.
Ansonsten kommt mir das, was du erzählst, ziemlich bekannt vor. Ungefähr so mache ich es an sich auch. Aber dieser Plot hier ist zu wuselig, um auf die Art schon genügend Struktur reinzukriegen.

@ Haunting Witch
Dein Vorgehen kann ich ganz gut nachvollziehen. Es lässt sich einigermaßen plotten, wenn die Hauptfigur ein bestimmtes Ziel hat, das alle anderen Figuren in gewisser Weise auch haben oder das sie wenigstens beeinflusst. Daran hapert es bei mir ein wenig. Aber ich glaube, ich komme allmählich dahinter. :hmmm:
Wissen und Erfahrung, ja ... ich glaube, da hast du recht.

@ Churke
Ja, wenn man "falsch" geplant hat, ist es natürlich schlau, während des Schreibens nachzubessern, wenn man sich darüber klar geworden ist, wie es sein sollte.
ZitatEin weiterer Punkt ist das Ausschreiben von Figuren in der Überarbeitung. Das heißt, ich skizziere eine Figur zunächst nur schemenhaft und füge dann nach und nach Details hinzu.
Das könnte ich nicht! Natürlich kommen beim Schreiben und bei der Überarbeitung bei mir Details dazu, aber ich muss eine Figur möglichst genau kennen, mit allen Einzelheiten, und sie durchschauen, um aus ihrer ganz speziellen Perspektive schreiben zu können.

ZitatIch würde die Basis-Frage anders stellen. Nicht, wie die Personen sich entwickeln, sondern warum sie sich entwickeln.
Naja, auf der Grundlage der Ereignisse und Einflussnahme durch andere Personen, oder? ??? Meinst du das als Plothilfe, was geschehen muss, um eine bestimmte Entwicklung bei einer Person zu bewirken?

Die Hinweise in dem Thread waren jedenfalls schon sehr nützlich für mich. Außerdem hat mir Pandorah eine Plothilfe geschickt, und Issun hat mir eine inspirierende Frage gestellt. Deswegen habe ich heute immerhin 7 Seiten voller Plotnotizen kritzeln können. Das werden vermutlich noch viel mehr werden, und die wichtigen Fragen, wann wo was passiert, konnte ich noch längst nicht klären. Aber ich bekomme im Augenblick eine etwas bessere Struktur und eine Idee, wo solche Fragen eventuell beantwortet werden könnten. Ob es genügen wird, weiß ich noch nicht, aber morgen mache ich hoffentlich weiter.

Debbie

#26
ZitatDefiniere Subplot?

Nehmen wir das Beispiel Harry Potter, da allen bekannt und daher gut nachvollziehbar.

Der Hauptplot - zieht sich über sieben Bände und besteht aus der typischen Heldenreise; ganz klassisches Gut-gegen-Böse Szenario, mit dem zentralen Konflikt Harry vs. Voldemort und der zentralen Frage: Wird das Gute (Harry) am Ende über das Böse (Voldemort) siegen.

Subplot Buch 1: Klassisches Who's Done it (Wer will den Stein der Weisen stehlen?) in Kombination mit "Can we make it in time" (Schafft Harry es, ihn aufzuhalten)

Subplot Buch 2: Erneut Klassisches und doppeltes Who's Done it (Wer will die Kammer des Schreckens wieder öffnen und was lauert in der Kammer?)

Subplot Buch 3: Hier sind "Can we make it in time" (Wird man Sirius Black finden, ehe er Harry findet?) und die Lösung eines Rätsels (Warum will Black Harry töten?) die Hauptkomponenten des Subplots.


Das geht durch alle Bände mehr oder weniger so weiter, wobei Band 6 und 7 im Grunde den gleichen Subplot haben, einen "Treasure Quest" (Die Suche nach den Horcruxen - schreibt man die so in Deutsch  ???)

Natürlich gibt es auch noch andere, weniger wichtige Subplots, die sich z. T. ebenfalls durch mehrere Bände ziehen (Die Liebesgeschichten), aber im Grunde haben alle 7 Bücher einen gemeinsamen Hauptplot und dann jeder einzelne Band ebenfalls nochmal einen Hauptplot (dominierenden Subplot, der auf einen Band beschränkt ist), der am Ende jedes Bandes aufgelöst wird, was dem Leser eine gewisse Befriedigung verschafft.


ZitatJedenfalls klingt das bei dir nach einer richtigen Wissenschaft, Debbie!

Mag sein - ich gebe zu, ich bin ein wenig besessen von der perfekten Struktur und davon, herauszufinden warum welche Bücher Millionen von Lesern fesseln und andere nicht, obwohl ihre Ideen eigentlich gut sind. Welche Rolle spielt die Sprache? Welche Rolle der Aufbau? Welche Rolle die Charaktere? Welche Rolle die Komplexität? Wann wird es zuviel? Wieviel ist zu wenig?

Aber ich habe mir ja auch große Ziele gesteckt  ;)


Und es wäre vielleicht doch nicht schlecht, wenn du ein paar Szenen im Voraus planen würdest - die Schlüsselszenen zumindest - diese erst einmal chronologisch ordnest und dich dann fragst: Welche Charaktere spielen darin eine entscheidende Rolle? Wie sind sie dahin gekommen? Welche Eigenschaften brauchen sie, um die für die Geschichte wichtigen Aufgaben (nicht) zu erfüllen und entsprechende Entscheidungen zu treffen? Welche Dinge müssen im Voraus passieren (in der Welt), damit es zu den Schlüsselszenen kommt?

Ansonsten, falls du die Bücher noch nicht gelesen hast, kann ich dir nur wärmstens ein paar meiner Lieblingsschreibratgeber empfehlen: http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,7880.msg482625.html#msg482625

Wenn ich mal feststecke, gibt es nichts, was mich ideentechnisch besser inspiriert als ein guter Schreibratgeber (und Rechercheliteratur  ;))




HauntingWitch

Zitat von: Coppelia am 23. Juli 2014, 17:52:28
@ Haunting Witch
Dein Vorgehen kann ich ganz gut nachvollziehen. Es lässt sich einigermaßen plotten, wenn die Hauptfigur ein bestimmtes Ziel hat, das alle anderen Figuren in gewisser Weise auch haben oder das sie wenigstens beeinflusst. Daran hapert es bei mir ein wenig. Aber ich glaube, ich komme allmählich dahinter. :hmmm:

Aber wenn es kein gemeinsames Ziel gibt, wo ist dann der rote Faden? Dieses Ziel muss ja nicht zwangsläufig von einer Person ausgehen, nimm z.B. Game Of Thrones. Die meisten wichtigen Figuren haben das übergeordnete Ziel, an diesen Thron bzw. möglichst viel Macht zu kommen. Daraus ergeben sich die Subplots. Einige Figuren haben völlig andere Ziele, die sich aber wiederum aus den Machtspielchen der anderen heraus ergeben (z.B. Arya Stark). Es gibt diesen zentralen Aufhänger, das Machtgewinnen, um den sich alles dreht, obwohl es nicht die eine Hauptfigur gibt. Bei dir klingt es gerade, als wäre es das, was dir fehlt, ein zentraler Kern.

Coppelia

#28
Ein zentraler Kern und ein gemeinsames Ziel sind für mich unterschiedliche Dinge. Einen zentralen Kern habe ich, hoffe ich jedenfalls. Es geht um den im Zusammenbruch begriffenen Staat Kessel. Einige Personen wollen den Zusammenbruch verhindern, auf die eine oder andere Art. Andere haben für dieses Problem keinen Blick und denken nur an den persönlichen Prestigegewinn; so sabotieren sie die Bemühungen der "Retter". Und manche (vielleicht sogar alle) denken, sie tun das erste, tun aber in Wahrheit das zweite.
Man könnte insgesamt sagen: Die Leute denken, sie tun etwas, um der Gemeinschaft zu helfen, aber in Wahrheit helfen sie nur sich selbst. Aber sie arbeiten alle auf unterschiedliche Weise, mit ihren eigenen Zielen.

Ein gemeinsames Ziel wäre für mich eher "xy will König werden. Seine Gefolgsleute a - m unterstützen ihn dabei. Der Tyrann will verhindern, dass xy ihm seinen unrechtmäßig erworbenen Thron wegschnappt. Die auf xy angesetzte Attentäterin verliebt sich in ihn ..." Da bestimmt ein einziges Handlungsziel alle anderen Handlungsstränge.

Aber vielleicht geht das bei mir auch, wenn man nur abstrakt genug wird - z. B. indem man sagt, dass alle eine Zukunft erschaffen wollen, in der sie selbst und die anderen leben können.

Anj

#29
Puuh, ich habe keine Ahnung, ob meine Worte hilfreich sein können, aber ich werfe sie trotzdem mal in den Thread.

Ich plotte ja nur sehr grob und auch fast nie mit mehr als einem Perspektivträger, aber ich bin mir auch nicht ganz sicher, ob dein Problem tatsächlich in der komplexen Form deines Projekts besteht oder ganz grundsätzlich darin, dass alles noch zu gradlinig passiert.
Ich versuche mal meine Intuition verständlich zu machen (ich stehe nämlich grundsätzlich eher vor zu großen Plots^^).
Ich habe einen groben Überblick über die Basis des Textes. In der Regel besteht das bei mir einmal aus der Kernhandlung auf das Ziel hin und zum anderen auf der Beziehungsentwicklung der Figuren. Und zwar nicht nur der Hauptfigur zu einem Loveinterest, sondern aus ihren Beziehungen zu jeder relevanten Figur in ihrem Leben. Das schließt sogar zwangsläufig mit ein, dass alle Figuren (Ausnahmen sind nur die Zimmerpflanzen) sich entwickeln. In der Regel starten meine Projekte auf der Handlungsebene, um dann immer stärker die Beziehungsanteile in Subplots einzubauen.
Und das sieht ganz konkret so aus, dass ich auch spontan Nebenfiguren auftreten lasse, wenn ich merke, es wird zu gradlinig. Ein Telefonat, eine Begegnung und schon ergeben sich in der Szene neue Impulse, die einen Schlenker möglich machen. Das schaffe ich aber nur, wenn die Figuren in der Szene lebendig werden. Als Beispiel ruft die Mutter meine Prota sie an und hilft ihr dadurch bei einem Problem auf die Sprünge. Gleichzeitig erfahre ich, dass der Vater die Offenbarungen der letzten Zeit tatsächlich nicht verkraftet hat und vorübergehend ausgezogen ist. --> ich habe 1. eine Ebene in die Vergangenheit gezogen, in der die Basis für den Auszug gelegt wurden und zweitens eine zusätzliche Beziehungsebene, in der ich diesen Konflikt wieder auflösen muss, am besten verwoben mit dem Hauptplot und ich habe ausserdem auch noch ein weiteres inneres Thema für meine Prota.

Gleichzeitig lasse ich neben dem Plotstrang immer einen Notizzettel mitlaufen,  auf dem ich Ideen sammle. Vor allen Szenenideen, die erstmal nix mit dem Plot zutun haben und in denen ich zwei nicht zusammenpassende Elemente kombiniere. Eine Polizeikontrolle während ich einen ausrastenden Werwolf auf dem Rücksitz habe, einen Telekinese-Kampf in einer Bäckerei, ein vorlautes, verstecktes Kind in einer politischen Kundgebung, das verbal den Politiker auseinandernimmt, ...
Sämtliche Gedankenblitze, alles was die nebenfiguren noch irgendwie erleben/machen müssen, kommt in diesen Ideenpool, der dann nach und nach abgearbeitet und eingeflochten wird.

Um bei unterschiedlichen Perspektiven die Übersicht zu behalten, würde ich außerdem ebenfalls in der Tabellenform arbeiten, die Klecks vorgeschlagen hat. Dann kann man sehen, wer wann was erlebt/erfährt und wie man die Stränge sortiert. Vielleicht auch mal wirklich nur farbig, damit man ein Gefühl bekommt, ob es ausgewogen ist. Bei farblichen Darstellungen kann man das meist besser beurteilen, als wenn da nur Text steht. Auch die Länge der Kapitel würde ich damit darstellen. Und zwar so, dass die jeweils inaktiven Stränge immer mit eingefärbt mitlaufen, aber eben so ganz leicht pastellartig eingefärbt. Nur die aktive Perspektive hat eine kräftige Farbe. Dann sieht man auch gut, wieviel Zeit man in den einzelnen Strängen bedenken muss und wo eben tatsächlich zwei Perspektiven gleichzeitig aktiv sind. Dabei ist auch gut erkennbar, wie oft der Leser für die neuen Figuren wieder in die Vergangenheit springt, usw.
Ich betrachte eine Geschichte inzwischen immer wie einen Teppich und die verschiedenen Farben für Figuren, Ebenen, Konflikte, Entwicklungen usw. müssen in irgendeiner Form zu Mustern "zusammengewoben" werden. Sprich ganz zentral ist auch das Wiederaufnehmen einer Farbe.

Das wären meine Ideen dazu. Vielleicht ist was brauchbares dabei ...
"Wenn du andere Leute ansiehst, frage dich, ob du sie wirklich siehst, oder ob du nur deine Gedanken über sie siehst."
Jon Kabat-Zinn.