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Verwertungsrechte (Nachdenklichkeiten)

Begonnen von Tintenweberin, 13. April 2012, 12:39:24

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Snöblumma

Juhuu, die juristischen Feinheiten.

Zitat von: Alia am 15. April 2012, 17:26:14
Besitz und Eigentum sind meiner Erfahrung nach nicht jedem begreifbar. Sobald es mit mittelbarer Sachherrschaft, Eigenbesitzer, Fremdbesitzer, etc. anfängt, steigen etlich aus. Gleiches gilt für das Abstraktionsprinzip. (Wie ich habe das doch gekauft? Warum gehört mir das jetzt nicht?)
Lassen wir das mal ;). Das Grundkonzept von Eigentum an Sachen ist dann aber dennoch greifbarer als das Grundkonzept von Eigentum an - was eigentlich? Das Problem am Geistesgut ist es ja gerade, dass wir keinen Gegenstand haben, den wir notfalls anschauen, greifen und abgrenzen können. Das Buch ist ja nur das Trägermedium für das eigentlich wertvolle.... Das Abstraktionsprinzip im Recht des geistigen Eigentums ist übrigens eine noch spannendere Sache, würde uns aber vom Thema abführen. Es lässt sich nämlich argumentieren, dass es das Abstraktionsprinzip hier gar nicht gibt ;). Fachsimpelei Ende.

Zitat
Vorallem greift hier noch etwas anderes. Bei angewandter Kunst legt man andere Maßstäbe an. Sprich: ein für einen Konzern  erstelltes Logo genießt i.d.R. keinen Urheberrechtsschutz (kann aber anders geschützt werden), weil die Schöpfungshöhe hier nicht erreicht wird, während ein absolut identisches Werk eines Künstlers evtl. als Kunst angesehen würde, weil hier bei "nur Kunst" geringere Maßstäbe gelten. (Stichwort: kleine Münze)
Darum habe ich ja Literaturbeispiele genommen. Da ist die kleine Münze durchgängig geschützt - und Individualität und Schöpfungshöhe sind sowieso Konzepte, die ich lieber früher als schnell weg hätte. Denn wer sagt uns, ob das identische Bild das Logo eines Konzerns (angewandte Kunst - nicht geschützt) oder das neueste Werk des Künstlers X (reine Kunst - geschützt) ist? Wieso soll die Leistung des unbekannten Werbers weniger wert sein als die des Künstlers? Nur weil der Künstler einen Namen hat und von sich behauptet, nicht für den Markt, sondern für die reine Kunst zu produzieren?
Ich stelle hier bewusst Fragen, denn darauf kann ich euch leider keine Antwort geben, auch nicht nach eineinhalb Jahren Diss zu dem Thema. Es spielt so viel eine Rolle, und zugleich ist unser Bewertungshorizont ein sehr beschränkter...

Im Übrigen (unter uns Juristen) wird die Schöpfungshöhe m.E. nach den neuesten EuGH-Urteilen kaum noch zu halten sein. Da tut sich gerade einiges auf europäischer Ebene, und darum wird es hier einiges an Bewegung geben, denke ich.


Zitat von: Alana am 15. April 2012, 14:55:28
Bei Werbefilmen mag das zutreffen, weil man sie in den meisten Fällen gar nicht als Kunst begreift. Ein Werbefilm, der einen künstlerischen Anspruch hat, wird immer auch die Persönlichkeit des Teams widerspiegeln, das ihn produziert hat.
Kann ein Team eine Persönlichkeit haben? Wem gehört dann das Urheberrecht? Jedem zu einem Teil? Was ist mit dem stumm daneben sitzenden Teamneuling?

Ich halte das mit der Persönlichkeit für eine ziemlich schwierige Sache. Ist ist sehr greifbar bei Kunst und echter Literatur, etwas weniger greifbar bei Unterhaltungsliteratur, die für einen bestimmten Markt geschrieben wurde, und verschwindet bei modernen Teamproduktionen ziemlich. Außerdem gibt es keine Anhaltspunkte, wie wir zweifelsfrei feststellen können, ob der Autor wirklich "seine Persönlichkeit" in das Werk gelegt hat. Oder ob er nur Genrekonventionen so anwenden wollte, dass ein neuer Beststeller rauskommt, weil der letzte in dieser Reihe schon so gut lief. Das ist auch der Reiz an ökonomischen Begründungen, dass man sich nicht auf psychologische Möglichkeiten verlassen muss - dafür landet man dann an dem Punkt, dass ökonomischen Theorien die Empirie fehlt.

Alana

#61
ZitatKann ein Team eine Persönlichkeit haben? Wem gehört dann das Urheberrecht? Jedem zu einem Teil? Was ist mit dem stumm daneben sitzenden Teamneuling?

Natürlich ist die Auslegung hier schwierig, aber ich würde die Frage dennoch eindeutig mit ja beantworten. Natürlich kann ein Team keine natürliche Person sein, aber für so etwas wurde ja der Begriff der juristischen Person geschaffen, der hier auch greifen kann. Ein Team aus Menschen arbeitet immer völlig anders, als ein Mensch alleine. Und jeder aus diesem Team bringt seine Persönlichkeit ein, die dann zu einem Ergebnis führt, dass die, zugegebenermaßen abstrakte, Persönlichkeit genau dieses Teams widerspiegelt. Dieser Unterschied macht sich bei Filmen, aber auch bei Büchern bemerkbar. Als Beispiel Wolfgang Hohlbein alleine und zusammen mit seiner Frau, den Unterschied kann man den Büchern sehr deutlich anmerken. Die Entscheidung, wer alles tatsächlich mitgewirkt hat und deshalb auch an den Rechten beteiligt werden soll, muss das Team selbst treffen und dann entsprechend die Personen auflisten.
Da das Urhebrerecht abstrakt und nicht teilbar ist, gehört es jedem Mitglied. Die Verwertungsrechte hingegen, werden unter den Mitgliedern aufgeteilt.
Alhambrana

Feuertraum

Zitat von: Snöblumma am 15. April 2012, 13:31:21
Darum ist es auch höchst umstritten, ob die Parodie zulässig ist und unter welchen Bedingungen. Das ist eines der Probleme umfassenden Schutzes: eine kreative Beschäftigung mit einem Werk, wie die Parodie, ist dann theoretisch nicht möglich. Wäre schade, nicht?

Ja, das wäre wirklich ein Schritt in die falsche Richtung.


ZitatIm Idealfall: nein. Nehmen Sie einen beliebigen Werbefilm. Da geht es darum, das Image der Marke zu transportieren und beim Publikum ein gutes Bild zu hinterlassen. Ob der Werber Autos mag oder für umweltpolitischen Wahnsinn hält, ist vollkommen irrelevant. Ob er lieber blaue Autos mag statt graue, ist irrelevant. Im Idealfall ist das kreative Schaffen für den Markt unabhängig von der Persönlichkeit des Urhebers. Und es findet in Teams statt, jedenfalls dort, wo wirklich Geld gemacht wird. Was dann?

Das wiederum sehe ich anders.
Ich habe einige Zeit bei einem Bürgerfernsehsender als Texter gearbeitet und durfte (bzw. musste) mir die Filme der Mediengestalter Bild und Ton ansehen, um einen passenden Text dazu zu schreiben (ja, normalerweise sollte es anders herum laufen: Man schreibt ein Drehbuch, und danach sollte gefilmt werden, aber in diesem Fall ging und geht es aus Zeitgründen nicht). Man merkt schon, dass die lieben Menschen andere Stile haben und somit ihre Persönlichkeit einfließt. Dieses wird auch in einem Werbefilm der Fall sein, Drehbuch hin oder her: jeder Werbefilmer hat seinen Stil und seine persönliche Note, und diese spielt ein kleines bisschen mit.

ZitatGegenfrage: Aber vielleicht machen zu viele zu viel Kunst? Oder vielleicht machen zu viele die falsche Kunst, nämlich solche, die das Publikum nicht mag? Das wissen wir einfach nicht. Aber wir schützen es einfach mal. Weil wir glauben, dass Kunst geschützt werden sollte. Nicht, weil wir wissen, wieso.

Erlauben Sie mir, diese Gegenfrage mit einer Gegenfrage zu beantworten: Woher wollen wir wissen, ob die "Kunst", die wir erstellen, eine ist, die das Publikum nicht mag? Erstmal müssen wir davon ausgehen, dass nicht jeder Mensch alle Bücher aller Autoren liest. Kann er im Grunde auch gar nicht. Nur wenn eben wenige Menschen wissen, dass es das Buch gibt und viele nicht, dann wissen nur wenige, ob ihnen diese Kunst gefällt oder eben nicht.
Es heißt aber nicht zwangsweise, dass diejenigen, die das Buch nicht lesen, automatisch wissen, dass Buch ist schlecht. Sie kennen es nur nicht. Darum tue ich mich etwas schwer mit dem "Geht am Markt vorbei". Ich möchte sogar behaupten, das jedes halbwegs vernünftige Werk seine Liebhaber hat, und das diese Liebhaber gar nicht mal so wenig sind. Nur da der Markt einfach zu groß ist und auch in den Buchhandlungen zu 95% Romane und Sachbücher und Kinderbücher der Publikumsverlage massiv ausgestellt sind, während man die "kleinen" irgendwohin legt, wo noch Platz ist, geht man unter.
Aber da gibt es eben etwas, was sich Marketing nennt und eben durch Veröffentlichungen in relevanten Zeitschriften ein einprägsamerer Name erarbeitet wird. 

ZitatDer Arbeiter wird dafür bezahlt, dass er für einen anderen seine Zeit investiert und für diesen anderen etwas herstellt, dass dieser andere haben will. Der Autor geht in Vorleistung, ist also der Unternehmer.

Entschuldigung, aber bei diesem Satz musste ich etwas schmunzeln (nicht verärgert sein, bitte). Es ist mir ehrlich gesagt neu, dass ein Arbeitgeber dem Arbeitnehmer schon am ersten Tag seiner Beschäftigung sein Gehalt gibt... ;)
Ich weiß schon, wie Sie das meinen.
Und klar: ein Angestellter ist in Sachen Gehalt eher auf der sicheren Seite als ein Autor, aber - und auch da müssen wir realistisch sein: auch er ist gezwungen, soviel Geld reinzubekommen, damit sein AG ihn bezahlen kann.
Wenn ich in einem Geschäft stehe und nichts verkaufe, macht mein Chef Minus und muss mich entlassen, weil er kein Geld hat, mich zu bezahlen.

ZitatEr ist nicht wirklich vergleichbar mit dem angestellten Arbeiter, der fremdbestimmt, aber bezahlt etwas leistet. Wieso also sollte der Autor geschützt werden wie ein Arbeiter? Wenn er angestellter Arbeiter ist, beispielsweise in einer Werbefirma, genießt er auch Arbeitsschutzrechte. Dem Arbeiter gehört das Ergebnis nicht - wieso sollte es dem angestellten Urheber gehören? Dafür gibt es nicht wirklich eine stringente Erklärung.

Das lassen Sie einmal einen angestellten Hörfunkmoderator hören...
Sehen Sie den Punkt doch einmal andersherum: Sie schreiben einen Roman, den Sie mehreren Verlagen anbieten. Aber Sie bekommen eine Absage nach der anderen. Durch einen Zufall gehen Sie in eine Buchhandlung und finden dort Ihren Roman. 1:1 übernommen. Und als Autor steht nicht Snöblumma, sondern Feuertraum drauf.
Was würden Sie machen?
Auch ein angestellter Urheber hat das Recht, das sich nicht Hinz und Kunz (und Feuertraum) sich an dieser Leistung eine goldene Nase verdienen können und der eigentliche Urheber leer ausgeht. Und genau das sollte derselbe Schutz sein, den auch ein "normaler" Arbeiter verdient.

ZitatDie Locke'sche Eigentumstheorie vielleicht: dass das, was wir mit unserer Hände Arbeit schaffen, uns als Eigentum zusteht, weil wir dafür etwas leisten (und arbeiten). Sprich: Zeit und Arbeit führen zu Eigentum. Nun würde dies dazu führen, dass wir dem Urheber immer dann Schutz und Eigentum zusprechen müssten, wenn er nur lange genug dafür gearbeitet hat
.

Für sein Werk: Ja! Unbedingt! Eben dass sich keiner auf seine Kosten die besagte goldene Nase verdienen kann, und er noch nicht einmal Brotkrumen verdient

ZitatMachen die Engländer. Führt im Ergebnis dazu, dass sehr kreative, spontan hinge"rotzte" Ergüsse, beispielsweise ein Gedicht, weniger Schutz genießen müssten als eine lange geplante Werbekampagne. Gefühlt ist uns das künstlerisch wertvolle Gedicht dann aber doch mehr wert als der Werbeslogan "Nichts ist unmöglich", "Vorsprung durch Technik" oder "Freude am Fahren". Weil diese Werbeslogans zwar mit unwahrscheinlichem Aufwand an Kapital, Psychologie und Kreativität entstanden sind, aber Georg Heyms Gedichte uns irgendwie doch wertvoller erscheinen...selbst wenn er sie innerhalb von fünf Minuten in einer sponanen Gedankenregung hingeschrieben hätte. Gerade das Genie, das wenig Arbeit und Zeit investiert, wäre dann nicht geschützt. Dilemma, ich seh dir trapsen ;).

Nun ja, in Deutschland kann ein solcher "Rotz" immer noch durchfallen, wenn er die Schöpfungshöhe nicht überschreitet. Aber auch das ist wieder ein Unterkapitel für sich...

ZitatTja, Marketing ist eine andere Sache. Kann man auch als Urheber machen. Erfordert Kapital...

Zumindest erfordert es Zeit, auch wenn man Zeit natürlich als Kapitel ansehen kann/sollte/muss/darf. Es ist aber nicht wirklich so, dass man Tausende von Euros in eine überregionale Werbekampagne stecken muss. Als Autor kann man einen Bekanntheitsgrad erarbeiten, in dem man in fürs Genre passende Artikel in den richtigen Zeitschriften platziert, eine Internetpräsenz aufweist, vielleicht bei Veranstaltungen in der Nähe liest oder - um jetzt doch ein wenig Geld zu investieren - zu Cons fährt und liest und noch einiges mehr...


ZitatUnd wenn der Markt gerade nicht reif ist, ist das eben auch Marktwirtschaft. Wie viele Firmen sind schon gescheitert, weil sie zur falschen Zeit am falschen Ort waren? Ich sage nur IBM, das den PC fast verschlafen hätte - und andere verdienen daran? Auch das richtige Timing ist Teil des marktwirtschaftlichen Erfolges. Bitter, aber so ist es.

Ja, das stimmt wohl. Irgendwann hatte ich mal den Satz gehört: Nichts ist populärer (?) als eine Idee, deren Zeit gekommen ist (oder so ähnlich jedenfalls).
Ich will ja nicht sagen, dass jedes Produkt, das auf den Markt geschmissen wird, überlebt, eben, weil die Zeit nicht da ist.
Ich sage nur, dass ein Produkt, nur weil es JETZT nicht läuft, generell nicht läuft. In 3 Jahren kann es wieder vollkommen anders aussehen.
Sagen wir mal, dass wir jetzt einen großen Fantasieboom haben und 2015 ist dieser übersättigt und alle stürzen sich auf Krimis mit Regionalbezug oder so. Und 2020 ist dann wieder Fantasy angesagt, nur in diesen 5 Jahren kräht kein Hahn danach.
Aber das wird definitiv zu sehr OT.

ZitatIch sage ja, ich werfe immer mehr mit wirtschaftlichen Argumenten um mich, obwohl mir das zutiefst widerstrebt. Ich bin kein Freund hemmungsloser Marktwirtschaft, nie gewesen. Aber je mehr ich im Urheberrecht gemacht habe, umso mehr gefielen mir diese Gedanken - weil sie dazu führen, dass die Freiheit betont wird, und nicht die Protektion. Keiner von uns weiß, wohin der Fortschritt laufen sollte, weil keiner klüger ist als der andere. Und der selbstzerstörerische Prozess des freien Marktes hat wenigstens den Vorteil, dass niemand sich sagen lassen muss, was angeblich besser für ihn ist.

Diese Aussage kann ich leider nicht so unterschreiben. Als ich noch in der Buchabteilung eines Kaufhauses gearbeitet habe, wurde mir vorgeschrieben, welche Bücher ich zu bestellen hatte, weil die BWLer beweisen konnte, dass die Formeln, die sie im Studium gelernt haben, auf genau diese Titel zutrafen.
Meine Argumente, das genau diese Titel nicht gehen, wurden weggewischt mit den Worten, dass sie als Studierte es doch wohl besser wüssten.
Und weil wir die Bücher nicht verkauften, weil sie keiner dafür interessierte, war es auch unsere Schuld... :no:

ZitatUnd: es heißt ja nicht, dass es gar kein Urheberrecht geben sollte. Nur mit dem Urheberrecht können Marktprozesse überhaupt wirken. Nur wo es aufhören sollte, ist möglicherweise ein Punkt, an der im Interesse der Freiheit, der Allgemeinheit und anderer Urheber neu nachgedacht werden muss.

Ja, okay, da bin ich mit Ihnen D`Accord.

@ Lomax: Ah, okay. Ich hatte das so verstanden, dass Sie als Urheber dann nicht mehr etwas sagen/schreiben dürften, weil das dann als Urheberrechtsverletzung angesehen werden könnte (Zitate zum Beispiel)

Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?

treogen

#63
Zitat von: Kaeptn am 15. April 2012, 13:33:06
Warum schließen sich nicht Dutzende Klein- und Mittelgroße Verlage zusammen und machen einen eigenen Großhändler als Genossenschaft auf?

Auch wenns OT ist ...
Das frage ich mich auch.
Ich hab mehrere Ansätze in dieser Richtung miterlebt. Manche scheiterten, manche versumpften und manche laufen halbwegs gut, sind aber immer noch zu klein, um offentlich wahrgenommen zu werden.

Mit der DÖSCH (Verlagsverband Deutschland / Österreich / Schweiz) wollten sich Verleger zusammenschließen. Knapp 400 Mitglieder, die allesamt einen Verlag hatten, hatte die Gruppe.
Doch kaum machte einer einen Vorschlag, schon gab es 400 Argumente, warum es nicht funktionieren kann. Und die meisten Argumente liefen darauf hinaus, dass man sich selbst übervorteilt fühlte und der andere wohl mehr Nutzen daran hätte als man selbst  :wums:
Beispielsweise machte einer der Verlage den Vorschlag, einen großen Gemeinschaftsstand auf der LBM aufzumachen. Als dann irgendwann die "Und wieviel von den Geld, was wir dir geben, geht wirklich an die LBM und wieviel bleibt in deiner Tasche"-Fraktion überhand nahm, hat ich die Schnauze voll gehabt und mich aus der Gruppe abgemeldet.

Später habe ich mich mit einer Autorin aus Österreich über Marketing-Maßnahmen und gemeinsame Unterstützung unterhalten. Das war die Geburt von "Das andere Buch", eine Mini-Vereinigung von Autoren, die mittlerweile ihre eigene kleine Buchmesse in Wien haben und eine eigene Antho herausgebracht haben.

Nachdem ich einen Blog-Beitrag gelesen habe, dass Kleinverlage dran schuld sind, dass man sie nicht findet, habe ich eine Webseite aufgemacht. www.kleinverlage-liste.de
Damit ein Kleinverlag kostenlos auf die Liste kommt, gibt es nur zwei Vorbedingungen. Er muss seriös sein und er muss mir schicken, das und in welchen Genres er aufgenommen werden will. Ich habe 600 verschiedene Kleinverlage angeschrieben.
Schaut nach, wieviele auf der Liste drauf sind.

Ich denke, viele sind wirklich Einzelkämpfer, mit einer chronischen Angst davon, einem "Konkurrenten" etwas Gutes zu tun.
Ach, ich weiß echt nicht  ???
Und mich demotiviert so etwas natürlich auch, dass ich bei solchen Sachen oft mit in vorderster Front mitkämpfe, während die anderen abwarten, obs klappt und später mit voller Begeisterung auf rollende Züge aufspringen (oder dann hämisch meinen: "Ich habs ja gleich gesagt, dass es nicht funktioniert").
www.verlag-torsten-low.de

Phantastik vom Feinsten

Tintenweberin

#64
Zitat von: treogen am 15. April 2012, 21:07:25
Auch wenns OT ist ...
Das frage ich mich auch.
Ich hab mehrere Ansätze in dieser Richtung miterlebt. Manche scheiterten, manche versumpften und manche laufen halbwegs gut, sind aber immer noch zu klein, um offentlich wahrgenommen zu werden.

Selbst wenn es OT wäre, ist das für mich einer der inspirierendsten Beiträge, die bisher in diesem Faden geschrieben wurden. Ich nehme deine Ausführungen einfach mit in den Tag. Mal sehen, was bis "Feierabend" daraus wird. Danke!

Kaeptn

Zum Thema Piratenpartei und Urheber/Verwertungsrecht hat die Partei nun ein Papier veröffentlicht, dass mit den "Mythen über die Positionen der Partei zu dem Thema" aufräumen soll:
http://www.piratenpartei.de/2012/04/15/vorstellung-der-urheberrechtspositionen-der-piratenpartei-und-aufklarung-von-mythen/


Lomax

Zitat von: Kaeptn am 16. April 2012, 11:12:24Zum Thema Piratenpartei und Urheber/Verwertungsrecht hat die Partei nun ein Papier veröffentlicht, dass mit den "Mythen über die Positionen der Partei zu dem Thema" aufräumen soll:
http://www.piratenpartei.de/2012/04/15/vorstellung-der-urheberrechtspositionen-der-piratenpartei-und-aufklarung-von-mythen/
Interessant ist, dass am Anfang von einer Freigabe von "Tauschbörsen" die Rede ist - ich am Ende aber in den konkreten Forderungen nichts sehe, was einen solchen Schritt erfordern würde.
  Denn von einer vollständigen Freigabe des Peer-to-Peer-Tausches, auch über die Grenzen hinweg, die derzeitlich rechtlich das "Private" definieren, kann ich mich gar nicht anfreunden. Meines Erachtens kann die kommerzielle Nutzung urheberrechtlich Geschützter Güter im Netz nur dann funktionieren, wenn die "Tauschbörsen" nicht als unmittelbare Konkurrenz dazu vom Kunden find- und wahrnehmbar sind - was meiner Einschätzung nach durchaus ohne Beschränkungen der "Privatkopie" und ohne übermäßige Überwachung von privaten Internetnutzern und deren Datenverkehr erreichbar ist, indem man sich einfach auf die Infrastruktur von illegaler Verteilung konzentriert und gegen diese rigoros vorgeht.
  Was allerdings bei einer völligen Freigabe von Tauschbörsen nicht mehr möglich wäre.
  Da wäre für mich dann der Punkt erreicht, wo es zu weit geht - und wo es auch weiter geht, als es die konkreten Forderungen und die Grundannahmen der Piraten erforderlich machen. Was womöglich auch daran liegt, dass da tatsächlich nicht alles ganz zu Ende gedacht wurde und man die Alternativen und Folgen sorgfältiger diskutieren muss.

Kaeptn

Ich denke allzu sehr muss man sich mit deren Positionen auch nicht beschäftigen. Derzeit sind die Piraten einfach eine Projektionsfläche für alle Politikverdrossenen, aber ich sehe sie mangels Positionen zu zig Feldern des politischen Tagesgeschäfts noch lange nicht als regierungsfähig.

Snöblumma

Regierungsfähig sind die Piraten keinesfalls, aber das waren andere Parteien früher auch nicht ;).

Was das mit den Tauschbörsen angeht: wenn die das wirklich so durchsetzen wollen - na, ich weiß ja nicht. Dann haben sie erstens keine Ahnung, was die völkerrechtlichen Vorgaben in diesem Bereich angeht (und davon wird man nicht einfach so wegkommen), und zweitens sollten sie dann erst mal klären, wie sie den Unterschied zwischen privater und kommerzieller Nutzung feststellen wollen. Das ist auch nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick aussieht. Und vor allem bei Daten, die ja an sich erst mal neutral sind... ::)

Zitat
Sehen Sie den Punkt doch einmal andersherum: Sie schreiben einen Roman, den Sie mehreren Verlagen anbieten. Aber Sie bekommen eine Absage nach der anderen. Durch einen Zufall gehen Sie in eine Buchhandlung und finden dort Ihren Roman. 1:1 übernommen. Und als Autor steht nicht Snöblumma, sondern Feuertraum drauf.
Was würden Sie machen?
Auch ein angestellter Urheber hat das Recht, das sich nicht Hinz und Kunz (und Feuertraum) sich an dieser Leistung eine goldene Nase verdienen können und der eigentliche Urheber leer ausgeht. Und genau das sollte derselbe Schutz sein, den auch ein "normaler" Arbeiter verdient.
Unzulässige Argumentation ;). Was ich machen würde, ist an der Stelle nicht relevant. Und 1:1-Kopien sind eine ganz andere Sache als Übernahmen, Weiterverarbeitungen, Mashups, Collagen, Hommagen, Parodien... die Liste der urheberrechtlichen Grenzfälle lässt sich unendlich weit fortsetzen.

Und weil wir gerade so schön dabei sind, möchte ich die Diskussion um einen Aspekt erweitern: Was und wovor denkt ihr, sollte urheberrechtlich geschützt sein? 1:1 Übernahmen, da brauchen wir nicht diskutieren, denke ich. Aber Anregungen? FanFictions? Fortsetzungen? Ähnliche Thematiken? Wo ziehen wir die Grenze?
Ist es kreativ, wenn Musiker sampeln? Wahrscheinlich schon. Eine ganze Musikrichtung lebt vom Sampeln, drückt darin unwahrscheinlich viel aus und zeigt damit ihren Respekt vor anderen Musikern. Die Musik an sich lebt von Zitaten und Anspielungen.
Auch Romane sind voll von Anspielungen und Zitaten. Wir behandeln immer wieder dieselben Themen im anderen Gewand, aber auch da gleicht sich viel.

Wenn wir schon über die Umgestaltung des Urheberrechts nachdenken, dann finde ich, dass wir uns auch mit dem Gegenstand des Schutzes beschäftigen müssen. Und damit, wovor wir diesen Gegenstand schützen wollen.

Ich werfe das mal einfach so in den Raum und hoffe, dass jemand meinen wirren Gedankengang versteht ;).

Was das Problem der Zwischenhändler angeht: es scheint in dem Gebiet gerade einiges ins Rollen zu kommen. Angeblich, soweit man das über die Medien verfolgen kann, laufen da einige kartellrechtliche Verfahren. Derzeit noch mit Amazon gegen Großverlage, aber das Blatt kann sich auch für Amazon und Co. sicher bald wenden. Dass die Kommission und auch die deutsche Kartellbehörde derzeit "noch keine" Monopolstellung für Amazon annehmen, wird sicher nicht der Weisheit letzter Schluss bleiben. Insofern: vielleicht kommt da mit den Mitteln des drögen, alten Kartellrechts Bewegung in die Sache, die den Kleinverlagen das Leben erleichtert. Man wird abwarten müssen...


FeeamPC

OT:
Amazon ist ganz sicher kein Segen für Kleinverlage. Klar. Im Moment werden wir mit guten Prozenten geködert. Aber Amazon ist ein Geschäft, noch dazu ein internationales, da will immer jemand Geld sehen, und dazu sind mit Sicherheit genügend Daumenschrauben vorhanden. Warum sonst z.B. die willkürliche Einteilung von Amazon, dass es mehr als 35% nur in einem bestimmten Preisfenster gibt? Und zwar genau das Preisfenster, was die Amazon-Strategen als günstigsten Gewinnbringer erkannt haben.
Außerhalb dieses Preisfensters gibt Amazon weniger vom Verkaufspreis an Verlag und / oder Author ab als der reguläre Buchgroßhandel, und der schröpft uns schon bis zur äußersten Grenze dessen, was die Paragrafen in Deutschland derzeit erlauben.
(Offiziell sind 50% das Maximum, aber das kann man locker umgehen, indem man Skonto fordert, Valuta (verspätete Zahlung), kostenlose Belegexemplare oder Naturalrabatte, keine Portoberechnung usw. usw. Da kann ein Verlag schon mal 55-60% beim Buchgroßhandel lassen. Und unter Umständen eine unverkäufliche, da beschädigte Ware als Retoure zurückkriegen.

treogen

Vielen Dank Kaeptn

Zitat
Derzeitige Beschlusslage der Partei ist ein Zeitraum von maximal zehn Jahren nach dem Tod des Urhebers. Einige Piraten möchten den Zeitpunkt lieber an die Erstveröffentlichung knüpfen – so könnten Werke eines Autors noch zu dessen Lebzeiten kostenfrei nutzbar werden.

Genau das ist das Problem, was ich mit der Partei habe (jetzt nicht nur im Bezug auf das Urheberrecht, sondern allgemein).
Beschlusslage ist das eine, aber gerade in Interviews wird ziemlich häufig auch das andere auf den Tisch gebracht.
Das sorgt für Verunsicherung - und auch zu einer Kontrahaltung nach dem Motto: "Die wissen ja selber nicht, was sie wollen."

www.verlag-torsten-low.de

Phantastik vom Feinsten

Sven

Zitat von: treogen am 17. April 2012, 22:04:30
"Die wissen ja selber nicht, was sie wollen."

Und da liegt in meinen Augen genau das Problem. Diskutieren kann man über alle mögliche Dinge, fordern kann man auch, was man will. Aber zumindest sollte klar sein, was man als Gruppe möchte und da hat man das Gefühl, dass die Piraten sich nicht einig sind. Selbst das offizielle Programm ist so oberflächlich geschrieben, dass man da alles hineininterpretieren könnte.
Die Piraten wissen nicht, wie die Sache mit den Verwertern funktioniert. Sie wissen ja nicht einmal, wieviel Geld der Autor und der Verlag an einem Buch verdienen. Aber schön, dass sie bei jedem Statement mit angeben, dass sie selbst Urheber, Musiker in Freizeit, oder Verleger (Eigenverlag) sind. Das macht es nun nicht besser.
Ich habe das schon an verschiedenen Stellen gesagt: Es ist gut und wichtig, dass man über das Thema redet, aber egal, was die Piraten fordern, Tauschbörsen werden niemals legalisiert werden (das käme nämlich einer Enteignung der Verwerter gleich - und wann hat ein Politiker jemals gegen eine Firma entschieden?) und das Urheberrecht ist ein Grundrecht, dass nicht beschnitten werden kann.
Ich hoffe noch, dass man mal auf die Idee kommt, dass die Barsortimenter/ Händler an einem Buch am meisten verdienen. Da sehe ich den größten Handlungsbedarf!
Beste Grüße,
Sven

Moni

#73
In der FAZ heute gefunden: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/gruenen-politikerin-zum-urheberrecht-die-piraten-verstehen-nicht-es-geht-hier-um-menschenrechte-11719715.html 
Ein Interview mit Agnes Krumwiede von den Grünen zum Thema Urheberrecht etc.
Eigentlich bin ich kein Freund der Grünen, aber dieses Interview gefiel mir (wenn da nicht wieder viel heiße Wahlkampfluft drin war)

Und weil das irgendwie auch passt: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/urheberrechtsdebatte-wir-muessen-ueber-geld-reden-11720092.html   von Malte Welding über den Verdienst des Künstlers.

Deutsch ist die Sprache von Goethe, von Schiller...
und im weitesten Sinne auch von Dieter Bohlen[/i]
Stefan Quoos, WDR2-Moderator

»Gegenüber der Fähigkeit, die Arbeit eines einzigen Tages sinnvoll zu ordnen,
ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.«[/i]
Johann Wol

Zit

"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt