Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Allgemeines => Tintenzirkel => Thema gestartet von: Moni am 05. September 2008, 14:10:11

Titel: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Moni am 05. September 2008, 14:10:11
[Mod]Dieses Thema wurde getrennt vom Thema Absage! (http://forum.tintenzirkel.de/index.php?topic=3172.0)[/Mod]


Zitat von: Taroleas am 04. September 2008, 17:39:58
und damit hatte er auch Recht, denn ich habe mein Leben lang noch kein Fantasybuch gelesen, außer Eragon und Drachen kommen bei mir nicht vor!
Weder Harry Potter, noch Hohlbein, von Herr der Ringe ganz zu schweigen.

Ganz ehrlich, das würde ich jetzt eher als Manko denn als Vorteil sehen. Denn wenn du keine andere Fantasy gelesen hast, fehlt dir selber der Überblick darüber, was es alles bereits gibt. Man sollte sein Genre kennen und dazu gehört 100% lesen.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: steffen_bs am 05. September 2008, 16:19:48
Naja, der Überblick fehlt mir nicht, denke ich mal, denn ich schaue schon in Buchhandlungen in den Fantasyabteilungen auf die Klappentexte und schaue, was für mich interessant sein könnte und auch, was es schon gibt.
Aber das ist es ja irgendwie. Mich hat bis jetzt noch GAR nichts gereizt und deshalb habe ich mir als Ziel gesetzt, einen Fantasyroman zu schreiben, der auch Menschen gefällt, die nichts mit klassischer Fantasy anfangen können.

Kleines Beispiel:
Habe mich vor kurzem tatsächlich durchgerungen, mir "Das magische Zeichen" von Stan Nicholls zu kaufen. Und nach ca. 80 Seiten habe ich das Buch weggelegt, weil es mir einfach viiiiiel zu langweilig ist.
Solche Bücher sind dann wirklich nur Fantasyfans vorbehalten, was nicht heißen soll, dass ich in der Fantasy fehl am Platze bin. Ich finde es großartig, mir die Welt auszudenken und meine Charas entstehen und sich entwickeln zu lassen...
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Churke am 05. September 2008, 17:20:06
Nebenbei bemerkt finde ich's auch irgendwie putzig, dass das ausgerechnet der Piper-Verlag geschrieben hat.  :engel:
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Solatar am 05. September 2008, 17:29:39
Hmpf... :gähn:
ich teile Monis Ansicht. Lesen, lesen und nochmals lesen.
Ich wüsste gar nicht wie das ansonsten gehen sollte, weil es durchaus bestimmte genretypische Regeln gibt, die man als Autor schon beachten sollte. Wie funktioniert das, wenn man nie ein Fantasy Buch gelesen hat? Natürlich kann man wild mixen und sich was Neues ausdenken, Fantasy ist prädestiniert für sowas.

Was mich ja schon wundert, dass dich so GAR nichts an anderen Fantasywerken gereizt hat. Es gibt m.E. schon das ein oder andere wirklich spannende und lesenswerte Werk (auch unter den Neuerscheinungen und nicht nur unter den Klassikern). Ich bin am Moment an "Schattenfall" von R. Scott Bakker und das lässt sich sprachlich und inhaltlich schon mal verdammt gut an.

Die Absage von Piper ist interessant... ;) Jedenfalls beschäftigen sich bei Piper originär gar nicht so viele Lektoren mit Fantasy. Das Exposé muss schon richtig Furore gemacht haben, wenn es durch den halben Verlag gegeben wurde.

Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Artemis am 05. September 2008, 17:54:30
Zitat von: Solatar am 05. September 2008, 17:29:39
ich teile Monis Ansicht. Lesen, lesen und nochmals lesen.
Ich wüsste gar nicht wie das ansonsten gehen sollte, weil es durchaus bestimmte genretypische Regeln gibt, die man als Autor schon beachten sollte. Wie funktioniert das, wenn man nie ein Fantasy Buch gelesen hat? Natürlich kann man wild mixen und sich was Neues ausdenken, Fantasy ist prädestiniert für sowas.

Dito.

Aber bei dem Lesen geht es ja nicht nur um die Regeln, sondern auch um das allgemeine sprachliche Handwerk der Fantasy-Autoren. In Fantasybüchern herrscht oftmals ein komplett anderer Stil, eine andere Ausdrucksweise der Figuren als in historischen Romanen zum Beispiel. Lesen bedeutet Ideen sammeln und seinen Stil verbessern - als würde man an einem Strand entlanggehen und Muscheln suchen. Man kann zuhause einen Korb voll Muscheln haben, aber es gibt immer eine, die man noch nicht hat, die die Sammlung ein Stück weit vervollständigt. Ich schreibe und lese Fantasy seit Jahren, und trotzdem liebe ich es, den Stil anderer Autoren zu analysieren und tolle Ausdrücke oder stilistische Kunstgriffe zu übernehmen, um sie dann selbst zu verarbeiten. Wenn man immer seinem Ding treu bleibt, lernt man nichts dazu.

Betrachte das jetzige Schreiben einfach als Ausbildung. Man will lernen, um besser zu werden - also muss man von den Erfahrenen abgucken und nachmachen, ehe man eine eigene Technik entwickelt. So was kann Jahre dauern, aber das Ergebnis ist manchmal wahnsinn O.o  Wenn ich meine Bücher betrachte, die ich vor 4, 5 Jahren geschrieben habe, dann liegen Welten zwischen den damaligen und den heutigen Texten.


Zitat von: Taroleas am 05. September 2008, 16:19:48
Kleines Beispiel:
Habe mich vor kurzem tatsächlich durchgerungen, mir "Das magische Zeichen" von Stan Nicholls zu kaufen. Und nach ca. 80 Seiten habe ich das Buch weggelegt, weil es mir einfach viiiiiel zu langweilig ist.

Greif nicht nur nach Mainstream-Fantasy. Eragon, Harry Potter, Die Elfen ... das sind Bücher für die breite Masse. So was mag fast jeder, und die meisten dieser Bücher sind nicht sonderlich anspruchsvoll. Praktisch geschnitten Brot fürs Volk.

Zitat
Solche Bücher sind dann wirklich nur Fantasyfans vorbehalten, was nicht heißen soll, dass ich in der Fantasy fehl am Platze bin.

Du sagst es ja selber - Fantasy-Fans. Es gibt immer Bücherratten, die alles verschlingen, was neu auf den Markt kommt. Hauptsache, es ist neuer Lesestoff. Willst du für dieses Publikum schreiben, musst du dich nach ihrem Geschmack richten. Tust du das nicht, verschwindest du schnell vom Markt - ein Schicksal, das viele wirklich gute Bücher trifft (und die es meistens nicht verdient haben  :-\ )

Wer sich auf dem Markt auskennt, macht einen weiten Bogen um die Bücher, die in den Buchläden immer hübsch plaziert auf Tischen rumliegen, und wirft stattdessen mal ein Auge ins Regal. Denn genau DA stehen die wirklich guten Bücher.
Es ist nicht die Schuld der Fans, die immer nach den einundselben Büchern greifen - man bekommt sie ja praktisch aufs Auge gedrückt, wenn sie dermaßen angepriesen werden.

Aber deshalb solltest du die Fantasy-Bücher nicht alle über einen Kamm scheren, wenn du dich nur von den angeblichen Bestsellern blenden lässt. Hast du mal Bücher im zweistelligen Bereich gelesen, können wir die Diskussion gerne fortführen  ;)

Und überhaupt: Wie willst du wissen, dass du gut bist, dass du den Geschmack des Marktes triffst, wenn du dich auf dem Markt gar nicht auskennst? Nimms mir nicht übel, aber die Annahme, dass alle Verlage und Autoren auf genau DEIN Buch warten, ist absoluter Nonsense. Vergleich dich erst mit anderen Autoren, ehe du dir anmaßt, dich über sie schwingen zu wollen. Denn so ziehst du ihre Erfahrung und langjährige Arbeit gewaltig in den Dreck, und das finde ich unter "Kollegen" nicht fair.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Tenryu am 05. September 2008, 20:27:25
Ich denke, es kommt sehr darauf an, was man will. Wenn man den Markt bedienen will, muß man sich umschauen und das lesen, was gerade veröffentlich wird. Aber die wahre Kunst hebt sich immer ab, schlägt eine andere Richtung ein und beschreitet neue Pfade. Wenn man Geschichten schreiben will, braucht man nicht unbedingt zu kennen, was andere vorher geschrieben haben. Vielleicht schreibt man ganz unbewußt das, was der Konvention entspricht. Vielleicht aber schafft man gerade so etwas neues, weil man unbeeinflußt ist.

Ich muß gestehen, daß es mir ähnlich geht. Ich habe kaum Fantasy-Romane gelesen. Vielleicht ein Dutzend insgesamt. Davon haben mir knapp die Hälfte gefallen. Aber dennoch schreibe ich gerne solche Geschichten. Ich denke, daß ich wahrscheinlich genau jene Geschichten schreibe, die ich selber gerne lesen würde, ohne darüber nachzudenken, ob das anderen Leuten auch gefallen könnte.
Vielleicht ist das nicht der beste Weg, um ein erfolgreicher Schriftsteller zu werden. Aber wenn ich schon meine Zeit damit verbringe, Bücher zu schreiben, dann sollen sie wenigstens mir gefallen.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Silvia am 05. September 2008, 20:40:48
Hm, um anders zu schreiben als der Rest, sollte man doch aber wenigstens wissen, was und wie der Rest so schreibt.  ;)
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Tenryu am 05. September 2008, 21:00:15
Ich will ja nicht unbedingt etwas anderes schreiben, sondern etwas eigenes. Wenn es sich von dem üblichen unterscheidet, ist es gut, wenn nicht, auch gut.  :omn:

Daß man als Autor viel lesen soll, befürworte ich natürlich. Aber man kann auch in anderen Genres oder vor allem bei Klassikern viel lernen. Gerade was den sprachlichen Ausdruck abetrifft.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Julia am 05. September 2008, 21:52:20
Zitat von: Tenryu am 05. September 2008, 20:27:25
Aber die wahre Kunst hebt sich immer ab, schlägt eine andere Richtung ein und beschreitet neue Pfade. Wenn man Geschichten schreiben will, braucht man nicht unbedingt zu kennen, was andere vorher geschrieben haben.

Tut mir leid, Tenryu, hier muss ich Dir widersprechen.
"Kunst" kommt tatsächlich von "können", und wenn man sich die wirklich großen Künstler der vergangenen Jahrhunderte ansieht, stellt man fest, dass sie alle erst ihr Handwerk gelernt haben, bevor sie ihren eigenen Stil prägten: Mozart musste erst wissen, wie ein Orchester "funktioniert", und was eine Motette von einem Requiem unterscheidet. Picasso hat in seiner ersten Zeit noch ganz "klassisch" gemalt (und das konnte er richtig gut!) bevor seinen eigenen, unverwechselbaren Stil entwickelte. Und auch ein Karajan musste sich erst von unten hocharbeiten. Man kann nicht automatisch dirigieren, nur weil man vielleicht ein Meister auf der Blockflöte ist.

Bei den Büchern ist es ähnlich, wenn auch schwieriger nachzuvollziehen. Mein Vorschag deshalb: Kauf Dir spaßeshalber mal einen beliebigen Roman aus einem der DKZ-Verlage. Dort tummeln nämlich vorwiegend Autoren (okay, nicht nur, aber sehr viele), die sich selbst eben auch als herausragende, aber mißverstandene Künstler sehen. Lies das Buch. Und dann entscheide selbst, ob sich Dein Eindruck (als Leser) mit dem Eindruck des Autors(als hervorragender Künstler) bei seinem Werk deckt ...

Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Lomax am 05. September 2008, 22:03:54
Zitat von: Tenryu am 05. September 2008, 20:27:25Vielleicht schreibt man ganz unbewußt das, was der Konvention entspricht. Vielleicht aber schafft man gerade so etwas neues, weil man unbeeinflußt ist.
Das wäre in etwa so, als könne ein Erfinder im technischen Bereich unbeeinflusster konstruieren und hätte größere Chancen, die wirklich bahnbrechende Entdeckung in der Technik zu machen, wenn er von der technischen Entwicklung seit dem Faustkeil nichts mehr mitbekommen hätte :) Auch die literaturgeschichtliche Entwicklung vollzieht sich, indem eins aufs andere aufbaut und auf diese Weise nicht nur etwas Neues entsteht, sondern etwas Entwickelteres oder zumindest etwas Gleichwertiges.
  Ohne Kenntnis des Umfeldes wird man entweder nichts Neues schaffen - oder nichts Neues, was irgendwie sinnvoll wäre. Denn kein Mensch allein kann die Entwicklung von Generationen nur aus seinem Genie nachvollziehen und übertreffen; man muss stets auf den Schultern seiner Vorgänger stehen. Wer das literarische Umfeld nicht kennt, ist nicht unbeeinflusst, sondern blind.
  Es gibt ja dieses Gleichnis von den "unendlich vielen Affen mit Schreibmaschinen", die irgendwann auch jedes Werk der Weltliteratur zuwege bringen. Das Argument, dass man auch durch dieses "blinde" Schreiben auch gute Literatur hervorbringen kann, hat in etwa den Erkenntniswert der summarischen Betrachtung dieses Gleichnisses. Nimmt man den Faktor "unendlich" aus dem Gleichnis heraus, hat man nur noch eine begrenzte Zahl von Affen die eine begrenzte Zeit vor den Schreibmaschinen sitzen - und vermutlich immer noch viel neuen, noch nie dagewesenen Text produzieren, aber nicht mehr so viel Literatur.
  Solange man also als Autor allein und für begrenzte Zeit an einer einzigen Schreibmaschine sitzt, sollte man nicht blind tippen.

Hm, wenn man Schreiben allerdings nur als Hobby und "Selbstverwirklichung" betreiben möchte, kann einem natürlich sowieso alles andere egal sein. Aber spätestens, wenn man sich an Verlage wendet, kann man das Argument nicht mehr vorbringen :)
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: felis am 05. September 2008, 22:23:18
@Lomax, ich stimme dir 100%ig zu.
Ohne wirklich solide handwerkliche Kenntnisse ist Kunst nicht Kunst sondern Wulst.  ;) Und solide handwerkliche Kenntnisse muss man sich halt aneignen. Außerdem sollte man sich in dem Bereich auskennen, den man beackern möchte.
Mein Beruf z. B. (ich bin Ingenieurin im Bereich Planung) ist ausgesprochen kreativ. Aber ohne wirklich solide Grundkenntnisse der Materie ist jede Planung einfach nur Müll (sagt eine, die sich häufig mit dem Schrott abplagt, den Jungingenieure und Jungarchitekten frisch von der Uni so fabrizieren) ;-)

Für das Schreiben gilt das m. E. genau so. Erst wenn ich die Techniken kenne, die es gibt, kann ich sie sinnvoll einsetzen.
Und kennen lernen kann ich die relevanten Schreibtechniken eben durch lesen.

Ich persönlich bin ohnehin Vielleserin - auch im Bereich Fantasy. (Vielleicht weniger im Bereich Sword and Sorcery: 2 Bände Moorcock haben gereicht ,um mir zu sagen, dass mir dieses Untergenre weher eniger liegt)

LG
felis
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Kerimaya am 05. September 2008, 22:37:17
Da kann ich mich meinen Vorrednern nur anschliessen - man muss die Regeln kennen, um sie zu brechen. Einen "ganz neuen" Fantasyroman schreiben zu wollen, ohne überhaupt je Fantasy gelesen zu haben, ist hoffnungslos. Man muss kennen, was man schreiben will.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: gbwolf am 05. September 2008, 23:00:03
 :wache!:
Wir haben jetzt zwei Möglichkeiten: Weiter über Verlagsabsagen und Gründe dafür diskutieren oder ich teile diesen Thread und lasse den Teil "Muss ein Autor sein eigenes Genre auch lesen" als eigenen Thread laufen, solltet ihr dieses Thema weiter diskutieren wollen.

@Taroleas: Ich weiß jetzt nicht, ob das deine erste Absage ist, aber allgemein Frage ich mich, ob jede (begründete/ärgerliche) Absage für einen Roman einen eigenen Thread wert ist, wenn kein allgemeines Interesse besteht. Für "Das musste ich mal loswerden" haben wir die Schreibbar und einige weitere Quasselthreads mehr.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Tenryu am 05. September 2008, 23:10:06
Ich finde beide Themen interessant und fortsetzungswürdig. Von daher würde sich vielleicht eine Aufteilung doch anbieten.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: steffen_bs am 06. September 2008, 00:32:11
@Die Wölfin:
Nein, ist nicht die erste Absage und bei Klett-Cotta soll ich es ja nach Überarbeitung sogar noch mal einreichen, aber diese hat mich besonders geärgert, auch über mich selbst habe ich mich sehr geärgert. Sorry, wollte jetzt hier keine Welle machen.

@Tenryu:
Ich muss Dir absolut recht geben. Ich lese halt nicht unbedingt Phantasy, na und? Trotzdem kann ich mir doch in meinen Gedanken eine eigene Welt erschaffen und die Geschehnisse niederschreiben.

Und dass ich mich über andere Autoren "schwingen" würde, ist eine Unterstellung aus den tiefsten Tiefen der unteren Schublade. Weder bin ich mir sicher, dass mein Buch besser ist, als jeder 08/15 - Fantasyroman, noch ist es mein Ziel, "Autorenkollegen" in den Dreck zu ziehen.
Also tut mir leid, aber für solche Aussagen fehlt mir jegliches Verständnis.
Ganz im Gegenteil habe ich vor jedem Autor höchsten Respekt, weil ich weiß, wie schwierig es ist, zu schreiben, Ideen zu entwickeln, sie vernünftig niederzubringen, etc., pp....

Ich halte ebenfalls beide Themen für sehr interessant, also von mir aus auch teilen. ;)
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Lomax am 06. September 2008, 01:31:08
Zitat von: Die Wölfin am 05. September 2008, 23:00:03... oder ich teile diesen Thread und lasse den Teil "Muss ein Autor sein eigenes Genre auch lesen" als eigenen Thread laufen
Zitat von: Tenryu am 05. September 2008, 23:10:06
Ich finde beide Themen interessant und fortsetzungswürdig. Von daher würde sich vielleicht eine Aufteilung doch anbieten.
Das Thema hatten wir allerdings schon, und ich denke, auch damals wurden schon alle Meinungen dazu genannt, die so kursieren. ;) Wenn also aufteilen, dann eher an den alten Thread anhängen ... wo auch immer der sich mittlerweile verstecken mag.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Taske am 06. September 2008, 07:10:24
Hallo,

bevor die liebe Wölfin die verschiedenen zur Sprache gekommenen Themen in die dafür vorgesehenen Schubladen legt, möchte ich doch auch noch kurz meine 50 Cent dazu geben:

Zitat von: Solatar am 05. September 2008, 17:29:39
Die Absage von Piper ist interessant... ;) Jedenfalls beschäftigen sich bei Piper originär gar nicht so viele Lektoren mit Fantasy. Das Exposé muss schon richtig Furore gemacht haben, wenn es durch den halben Verlag gegeben wurde.

Ich möchte mich Solatars augenzwinkernd vorgebrachtem Zweifel anschließen. Allein schon aus dem Grund, weil ich fürchte, dass ich ihn nicht ähnlich augenzwinkernd formulieren könnte.

Zitat von: Solatar am 05. September 2008, 17:29:39Daß man als Autor viel lesen soll, befürworte ich natürlich. Aber man kann auch in anderen Genres oder vor allem bei Klassikern viel lernen. Gerade was den sprachlichen Ausdruck abetrifft.

Das stimmt zu 100%. Wobei man natürlich für sich abwägen muss: In welche Richtung will ich? Natürlich habe auch ich den Herrn der Ringe gelesen, aber regelrecht "studiert" habe ich ihn nicht. Warum? Tolkiens ausufernde Landschaftsbeschreibungen sind ein Steckenpferd, dass ich nicht teile.
Trotzdem muss man ihn kennen. Auch wenn man ihn nicht liebt, so ist er doch zu wichtig um ignoriert zu werden. Ebenso wie Lovecraft, Poe, Heinlein, oder Dick. Das sind schlicht und einfach die "Basics".

Davon, dass sich ein deutscher Autor in Laufe seines Lebens ein wenig mit Kafka, Jünger, Heine und deren wesentlichen Zeitgenossen auseinandersetzt, darf man ohnehin ausgehen.

Zitat von: Lomax am 05. September 2008, 22:03:54
Das wäre in etwa so, als könne ein Erfinder im technischen Bereich unbeeinflusster konstruieren und hätte größere Chancen, die wirklich bahnbrechende Entdeckung in der Technik zu machen, wenn er von der technischen Entwicklung seit dem Faustkeil nichts mehr mitbekommen hätte :) Auch die literaturgeschichtliche Entwicklung vollzieht sich, indem eins aufs andere aufbaut und auf diese Weise nicht nur etwas Neues entsteht, sondern etwas Entwickelteres oder zumindest etwas Gleichwertiges.
  Ohne Kenntnis des Umfeldes wird man entweder nichts Neues schaffen - oder nichts Neues, was irgendwie sinnvoll wäre. Denn kein Mensch allein kann die Entwicklung von Generationen nur aus seinem Genie nachvollziehen und übertreffen; man muss stets auf den Schultern seiner Vorgänger stehen. Wer das literarische Umfeld nicht kennt, ist nicht unbeeinflusst, sondern blind.

Das ist so schön formuliert, dass ich mich fast scheue Deinen Gedankengang "falsch" zu nennen. Die Literatur ist eben nicht mit der Mathematik vergleichbar. Sie ist kein breiter Strom der einem unbekannten Ziel entgegenstrebt.

Literatur ist weniger ihren "Klassikern" verhaftet, sondern eher der Zeit in der sie entsteht. Goethe ist als historisches Faktum interessant, zum "Vorbild" aber taugt er nicht. Seine Sprache ist (heute) veraltet und mit Rückgriffen auf die (antiken) Klassiker durchtränkt, die heute ohnehin kein Mensch mehr versteht.

Grüße

Taske



Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Artemis am 06. September 2008, 09:54:10
Zitat von: Taroleas am 06. September 2008, 00:32:11
Und dass ich mich über andere Autoren "schwingen" würde, ist eine Unterstellung aus den tiefsten Tiefen der unteren Schublade. Weder bin ich mir sicher, dass mein Buch besser ist, als jeder 08/15 - Fantasyroman, noch ist es mein Ziel, "Autorenkollegen" in den Dreck zu ziehen.
Also tut mir leid, aber für solche Aussagen fehlt mir jegliches Verständnis.
Ganz im Gegenteil habe ich vor jedem Autor höchsten Respekt, weil ich weiß, wie schwierig es ist, zu schreiben, Ideen zu entwickeln, sie vernünftig niederzubringen, etc., pp....

Ok, was war vielleicht etwas hart ausgedrückt - ich entschuldige mich dafür.
Ich wollte damit einfach nur sagen, dass man ohne Fleiß und Respekt vor seinem Handwerk rasch auf Granit beißt. Hat man sich erst mal seine Sporen verdient, darf man jammern - vorher ist jeder Rückschlag ein Ansporn, weiterzumachen.

Sieh die Absage nicht als Kritik an deiner Arbeit an, sondern eher als Anstoß, besser zu werden. Verlage und Agenturen verdammen einen ja nicht, nur weil man besser werden will. Wenn man kein dickes Fell hat, machen die Lektoren einen schnell platt. Warum sollte es auf dem Buchmarkt anders sein als zB im Arbeitsmarkt? Da muss man manchmal auch über Monate hinweg Bewerbungen kritzen und sich den Personalchefs ausliefern, ehe man einen Job kriegt. Die Verlage bezahlen einen als Autor schließlich dafür, dass man seine Arbeit gut erledigt - genau wie in der Firma.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: gbwolf am 06. September 2008, 09:59:22
 :wache!:

Das Thema ist jetzt getrennt. Zwar konnte ich über die Suche mehrere alte Threads finden, in denen es früher oder später um Autoren und lesen ging, aber keinen, der sich direkt mit diesem Thema beschäftigt. Wer fündig wird, darf mir gern den Link schicken und ich hänge diesen Thread an.

Das ursprüngliche Thema war Absage! (http://forum.tintenzirkel.de/index.php?topic=3172.0)

@Taroleas: Ohne dich runterziehen zu wollen: Klett-Cotta lädt Autoren nicht selten zur Wiedervorlage ein, erwartet dann aber eine deutliche Weiterentwicklung und nicht nur eine Überarbeitung.

Die SF ist übrigens ein Genre, das in Sachen "Klassiker kennen" dankbarer ist, zumindest, wenn man Kurzgeschichten schreibt. Ich kenne wenig Klassiker, weil ich viele sehr öde geschrieben finde, auch wenn die Ideen sehr gut sind. Deswegen lese ich in diesem Genre fast ausschließlich moderne Kurzgeschichten (meistens Einheimische), bin in einem SF-Forum aktiv und weiß mittlerweile, welche Sprache diese Szene pflegt. Dann mache ich mir sehr lange Gedanken, welches Zukunftsthema mich beschäftigt und wozu es wenig Vergleichbares gibt. Dann recherchiere und schreibe ich einfach und bin bislang mit Veröffentlichungen gut angekommen, obwohl ich noch nie einen Asimov, Clarke oder Lem durchgehalten habe (was ich allerdings gaaanz langsam nachhole).

Beim Thriller dagegen habe ich einige Jugendthriller gelesen und dachte, ich hätte das Muster erfasst, habe bei meinem Roman allerdings festgestellt, dass ich eine tiefere Genrekenntnis benötige als einige Bücher lesen und in meiner Jugend einige Erwachsenenthriller konsumiert zu haben.
Demnächst belege ich einen VHS-Kurs zu diesem Thema und dann werde ich wohl weiter lesen, lesen, lesen, um zu erfassen, was wichtig ist, um den Leser zu packen.

Für mich kommt es stark auf das Genre an und darauf, ob man sich Gedanken über ein Thema macht.

Grüße
Wölfin
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Shay am 06. September 2008, 10:26:06
Wenn man in einer Szene Fuß fassen will, dann sollte man wissen, wie diese Szene tickt. Trotzdem bietet der Oberbegriff "Fantasy" viel mehr, als man so in Buchläden findet (und besonders deutsche Buchläden sind im Bereich Fantasy ja eher dünn bestückt, weil das ja "Schund" ist).
Ich selber hab einiges an Fantasy gelesen, allerdings ging es mir in gewisser Weise ähnlich wie Taroleas, weil mich der heutige Fantasy-Mainstream total kalt läßt.
Was meine eigene Schreiberei angeht, da habe ich meine Heimat in einem Crossover gefunden. Meine Welt ist eine erfundene, mittelalterliche Welt und also wohl als Fantasy einzuordnen (auch wenn es bei mir keine Magie gibt), aber literarisch orientiere ich mich eher an der klassischen Abenteuerliteratur wie z.B. Jack London oder James Fenimore Cooper.
Ich denke, man kann durchaus auch als Quereinsteiger in die Fantasy kommen, frischer Wind täte dem Genre gut. Ich weiß nur nicht, inwieweit die Verlage da mitspielen.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Taske am 06. September 2008, 10:27:01
Hallo Wölfin,

Zitat von: Die Wölfin am 06. September 2008, 09:59:22Dann recherchiere und schreibe ich einfach und bin bislang mit Veröffentlichungen gut angekommen, obwohl ich noch nie einen Asimov, Clarke oder Lem durchgehalten habe (was ich allerdings gaaanz langsam nachhole).
[/quote

Den Roboteronkel (Asimov) kannst Du Dir schenken, aber Lem muss man kennen. Natürlich nicht seinen Kommunistenkram, aber die "Sterntagebücher" und "Das absolute Vakuum" sind sehr lesenswert.

Grüße

Taske
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Mrs.Finster am 06. September 2008, 10:31:33
Also diese(s) Thema/en  hat mich sehr nachdenklich gemacht... ??? sicherlich ist es wichtig viel zu lesen und auch das Handwerk zu beherrschen, aber ist nicht vor allem die Lust am Schreiben wichtiger als alles andere? Sicherlich hat jeder Autor den Traum, dass seine Bücher verkauft werden. Aber ich schreibe vor allem für mich und ob ich den Geschmack der breiten Masse treffen oder ob ich stets auf den Schultern meiner Vorgänger steh, dass ist doch alles zweitranig...oder steh ich mit der Meinung alleine da? :hmmm:
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Lomax am 06. September 2008, 10:39:14
Zitat von: Taske am 06. September 2008, 07:10:24Literatur ist weniger ihren "Klassikern" verhaftet, sondern eher der Zeit in der sie entsteht. Goethe ist als historisches Faktum interessant, zum "Vorbild" aber taugt er nicht. Seine Sprache ist (heute) veraltet und mit Rückgriffen auf die (antiken) Klassiker durchtränkt, die heute ohnehin kein Mensch mehr versteht
Dein Einwand taugt aber nicht als Widerspruch zu meinen Ausführungen - denn ich habe ja nie behauptet, dass man irgendwelche "Klassiker" kennen müsste, oder auch nur spezielle "wichtige Werke" oder sonst etwas bestimmtes. Ich habe nur gesagt, dass man in dem Bereich, in dem man schreibt, auch gelesen haben sollte.
  Wer heute in einem technischen Bereich etwas erfinden will, sollte nicht auf dem Stand des Faustkeils stehen geblieben sein - damit wollte ich aber nicht sagen, dass er sämtliche technische Erfindungen seither verinnerlicht haben sollte. Denn in der Technik wie in der Literatur steckt das, was vorher war, stets auch in den Dingen, die jetzt da sind. In Goethes Werken findet man einen literarischen Bezug zu seinen Vorgängern, und er hat wiederum seine Nachfolger beeinflusst. Wenn man also irgendwelche "Klassiker" als veraltet abtut, mag das im Einzelfall schade sein. Lernen, was sie der Literatur hinterlassen haben, kann man allerdings auch aus moderneren Werken, ihren Nachfolgern. Möglicherweise mit Lücken - aber wer hat solche Lücken nicht ;)
  Aber einzelne Werke nicht zu kennen, oder gewisse Epochen nicht eigens zu studieren, ist doch ein ganz anderer Stand als die völlige Unkenntnis eines Genres. Literatur entsteht nicht in jeder Generation neu aus der Zeit, die sie schreibt. Die Zeit, in der sie entsteht, verändert die Gestaltung von Literatur - aber stets von dem Punkt ausgehend, den sie vorfindet; und den ein Autor daher einschätzen können sollte, um die Literatur seiner Zeit zu schreiben.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Chuck am 06. September 2008, 10:51:41
Also möglich ist doch sicherlich ohnehin alles. Aber in wie fern kann eben ein absoluter Veganer ein leckeres Fleischgericht kochen? Individuell kann es ja sein, aber wem schmeckt es? Dem veganischen Koch, seinen Gästen?

Das Thema zu Veröffentlichungen wurde hier ja auch schon oft genug besprochen. Und machen kann jeder, was er will. Da sind keine Grenzen gesteckt. Wenn jemand Fantasy schreiben, aber nicht lesen will, kann er das ja machen. Aber sobald die Schriften verschickt werden, in die Bereiche der freien Marktwirtschaft, ist der Text ein Produkt und dementsprechend steht dahinter auch ein gewisses Marketing.

Und rein wirtschaftlich gesehen, sollte man den Markt kennen, auf dem man seine neue Birnensorte verkaufen will. Oder aber man bleibt zuhause und genießt die Birnen für sich alleine. Die Grenzen sind offen, aber Wahrscheinlichkeiten einer Veröffentlichung minimieren sich eben, wenn der Markt nicht beobachtet wird. Was allerdings nicht heißt, dass es unmöglich ist.


Auf der anderen Seite stehen natürlich auch immer diese inoffiziellen Regeln von Respekt und Verständnis im Raum. Grundfragen über die Beginne von Fantasy, wer waren Pioniere, wem hat man so manches zu verdanken, weshalb ist der Trend für Fantasy gestiegen etc.
In diesem Sinne sind ja andere Fantasyschreiber und Kollegen eine Art Mitstreiter, der Fantasy zu Liebe. Da freut man sich über jeden ernst gemeinten Beitrag, sei es nun in einem Interview, einer Kurzgeschichte oder einem Buch. Denn Kunst ist auch immer Prozess. Da gehören Innovationen genauso dazu wie Grundlagen.

Leonardo DaVinci hat auch einfach mal ne andere Form von Farben genommen, als den typischen Eigelb Mischmasch. Er hat es einfach ausprobiert. Aber er hatte eben auch die Kenntnis des üblichen Verfahrens und wusste, was er nicht wollte. Immerhin machen wir Innovation ja nicht zum Spaß. Erfindungen sollen ja zu irgendetwas beitragen. Zum Beispiel sollen Menschen glücklich gemacht oder das Leben leichter gemacht werden (Wie bei der Technik). Dabei geht es sowohl um die Beweggründe von potenziellen Kunden als auch die des Schreibers. Ein großes Netzwerk an Faktoren, Wünschen und Bedürfnissen.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Rhiannon am 06. September 2008, 12:13:00
Hallo,
dann gebe ich meinen Senf auch mal ab:

M.E. nach sollte ein Autor sein Genre gelesen haben. Es gibt Genre-Regeln und Dinge, die sich Leser und Verlage erhoffen und ein Autor, der dem nicht nachkommen kann, der wird einfach untergehen. Ich spreche hier von der Leserseite, denn mit Veröffentlichungen habe ich keine ERfahrung, dieses Glück habe ich noch nicht gehabt, ich bin bei weitem auch noch nicht reif genug dafür, auch wenn ich mir vorgenommen habe, meinen Fantasy-Roman, wenn er dann einmal endlich fertig wird, gründlich zu überarbeiten und einem Verlag anzubieten. Aber wie soll man Fantasy schreiben, ohne je welche gelesen zu haben? Das wäre ja genau so, wie wenn man versuchen würden, ein Haus zu entwerfen, ohne je eines gesehen zu haben.  Bücher, die z.B. zu utopisch sind, sl dass ich mich noch mit den Protas identifizieren kann, werde ich weglegen und ausgereifte Protas, mit denen ein Leser, der das Werk nicht bis in die tiefsten Tiefen kennt, sich auch identifizieren kann, schreiben zu können, das muss man lernen, das kann man nicht, ohne, dass man sein Genre liest!

Noch etwas, das sich jetzt an meine Vorredner richtet: Verteufelt die Mainstream-Fantasy nicht so! Natürlich gibt es Schund und den 2000. Avalon-Aufguss, aber ich besitze einiges an sogenannte Mainstresm-Fantasy und die Bücher sind echt lesenswert, wenn ich da z.B. an die Trilogie "his Dark Materials" denke, oder natürlich Tolkien und Marion Zimmer-Bradley. Dieses Urgestein des Fantasy-Genres sollte man definitiv gelesen haben, auch wenn Tolkiens Landschaftsbeschreibungen z.B. etwas sind, das mir niemals liegen wird, ich treibe lieber die Handlung voran.

Aber man sollte z.B. auch mal über den Tellerrand gucken: Mein Hauptgenre sind High-Fantasy und Sword& Sorcery, aber z.B. mir Urban-Fantasy fange ich nicht wirklich etwas an. Ich mag Harry Potter z.B. gar nicht, aber ich habe mir vor einiger Zeit von einer Freundin das urban-Fantasy Buch "Magische Töchter" geliehen und war gefesselt, obwohl ich mit diesem Genre immer noch nichts anfange und das Buch gar nicht dem entspricht, was ich sonst so lese. Also guckt einfach einmal über den TEllerrand, das kann auch Inspirationen bringen, selbst wenn einem das Genre nicht behagt.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: gbwolf am 06. September 2008, 12:16:22
Was jetzt nur am Rand mit dem Thema zu tun hat, mich aber immer wieder wundert, ist die Ansicht, es gäbe nur Mainstream und Massenbrei.
Ehrlich gesagt bin ich immer wieder verblüfft, welche Innovationen die letzten Jahre in die Fantasy geschwemmt haben! Vielleicht fällt das in der winzigen Buchhandlung hier am Ort besonders auf, weil Fantasy und Jugendfantasy Seite an Seite stehen, aber auch wenn ich für die Bücherei bestelle, freue ich mich, was ich für die Leser ins Regal stellen kann.

Da mischt sich Historik aller Epochen mit Fantasy (Ju Honisch, Naomi Novik, im Herbst dann Drachenklingen), da spielen Piraten mit (Hardebusch), gibt es Steampunk, SF, Horror, Urban Fantasy ... kaum ein Crossover, an das sich die Verlage derzeit nicht wagen. Selbst die Vampire waren letztes Jahr noch neu und sind erst seit diesem Jahr "langweilig-romantischer Mainstream", habe ich das Gefühl.
Und gerade deshalb ist es wichtig, den Markt zu kennen, queerbeet durch Fantasy und andere Genres zu lesen, zu sehen, welche Muster es bereits gibt und welche gut ankommen. Warum nicht ein gut laufendes Muster nehmen und eine neue Idee aufsetzen? Machen Viele. Statt romantischer Vampire kommen dann die Werwölfe, Feen, Faune, Dschinnen ...
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Churke am 06. September 2008, 12:27:00
Angenommen, man könnte sich von einem Autor das Handwerkszeug abschauen - wie viele Bücher des Genres müsste man dann gelesen haben? Reichte dann nicht ein Buch, wenn es das richtige wäre? Provokant gefragt: 1 Walter Scott oder 10 Tanja Kinkel? Die Entscheidung möge jeder für sich treffen.

Und was würde es bringen, ein komplettes Genre zu analysieren? Außer vielleicht einem akademischen Titel? Man sammelt Ideen (Ideen sind kein Handwerkszeug) und kann anschließend seinen eigenen Standort bestimmen.  Was man dann mit diesen Informationen anstellt und ob sie einen überhaupt interessieren, ist eine rein individuelle Entscheidung.

Und den Markt bedienen... Muss ich auch Erbeeren anbieten, wenn der Markt mit Erdbeeren überschwemmt wird? Wer macht den Buchmarkt: Die Leser oder ein Oligopol von Großverlagen? Ein Laden wie Random House legt die Spielregeln fest. Wer sich nicht an diese hält, braucht sich nicht zu wundern, dass er nicht mitspielen darf - aber haben die Regeln was mit Literatur zu tun oder doch eher mit Betriebswirtschaftslehre?

Darüber hinaus bin ich der Meinung, dass originäre Bestseller (also keine Fortsetzungen) nicht geplant, sondern von Autoren geschrieben werden, die ganz einfach intuitiv die richtigen Saiten anschlagen.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Linda am 06. September 2008, 12:38:22
  :buch: JA!  :buch: (aber nicht nur in seinem Genre).

Gruß,
Linda
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Lomax am 06. September 2008, 13:06:21
Zitat von: Churke am 06. September 2008, 12:27:00..., sondern von Autoren geschrieben werden, die ganz einfach intuitiv die richtigen Saiten anschlagen.
Jupp - und Intuition ist ja nichts weiter als die unbewusste Verarbeitung von Information. Die natürlich irgendwo herkommen muss.
  Und da will ich mich mal der Wölfin anschließen: Selbst wenn man mit der modernen "Mainstream-Fantasy" nichts anfangen kann, gibt es daneben noch unendlich viel mehr und so ziemlich für jeden Geschmack etwas. Wenn man da gar nichts findet, was man lesen kann, bedeutet das nur, dass man keinen Überblick hat und sich nicht zurechtfindet (qed ;)) - oder dass man wirklich gar keinen Draht zu Fantasyliteratur an sich hat.
  Wenn einem der "Mainstream" nicht gefällt, findet man unzählige Nischen. Wenn einem die "heutige" Fantasy nicht gefällt, sind die Klassiker ja nicht verschwunden - und wenn man mit den "Klassikern" nichts anfangen kann, ist man in guter Gesellschaft und findet viele moderne Bücher, die sich bewusst davon abgewandt haben. Für die Vorstellung, ohne Leseerfahrung in der Fantasy ein Buch schreiben zu können, gibt es so wenig eine nachvollziehbare Begründung wie für den Gedanken, dass man Tischler werden sollte, ohne je ein Möbelstück gefunden zu haben.
  Egal wie "innovativ" man schreibt - sobald man Fantasy schreibt, wird es auch innerhalb der Fantasy ein Umfeld geben, in das man gerät. Wenn man ohne vorher hinzuschauen dort hineinstolpert, fällt man vermutlich auch über irgendwas, was dort schon herumliegt ;)
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Tenryu am 06. September 2008, 14:18:10
Ich denke, daß es gewisse Grundmuster und Erzähltechniken gibt, die typisch für einen Roman sind. Ob das nun eine Historiengeschichte, ein Reiseroman oder ein Fantasy-Schmöker ist, spielt da nur eine untergeordnete Rolle.
Ich habe in meiner Jugend sehr viele Bücher und Romane gelesen aber praktisch keine Fantasy. Und ich bin immer noch der Ansicht, daß das Genre keine große Rolle spielt, solange man überhaupt die Techniken des Schreibens und Erzählens beherrscht.

Ich kann das ja auch nicht erklären, weshalb ich Fantasy nicht lesen mag, dennoch selber mir solche Geschichten gerne ausdenke.

Angeregt durch diese Diskussion habe ich mir mal die Mühe gemacht, meine Privatbibliothek zu durchforsten. Dabei bin ich auf immerhin über 50 Fantasy-Bücher gestoßen, von denen ich höchstens ein Drittel gelesen oder teilweise gelesen habe. Und das sind, wie man aus der Liste sehen kann, doch sehr unterschiedliche Bücher. Fragt mich nicht, wieso ich so viele Bücher kaufe, die ich dann doch nicht lese.   :psssst: (Ich bin eben ein Sammler...)

Peter Pan (nicht gelesen)
Der Traum von Arden (nicht gelesen)
The Invisible Man (nicht gelesen)
Das magische Messer (zur Hälfte gelesen, so schlecht)
Der goldene Kompaß (gelesen, schlecht)
The princess Bride (gelesen, mag ich)
Das Drachentor (angelesen, so schlecht)
Märchenmond (gelesen, mag ich nicht)
Der Drachenbeintrhron (nicht gelesen)
Wächter der Nacht (gelesen, ganz nett)
Love & Destroy (teilweise gelesen)
The Once and Future King (nicht gelesen)
The Phoenix and the Carpet (nicht gelesen)
Erdsee (nicht gelesen)
Zauberstreit in Caprona (nicht gelesen)
The Princess and the Goblin (nicht gelesen)
At the Back of the North Wind (nicht gelesen)
Drachenfeuer (nicht gelesen)
Potilla (teilweise gelesen)
Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch (gelesen, war lustig)
Dracula (nicht gelesen, kenne den Film)
Frankenstein oder der moderne Prometheus (nicht gelesen, kenne den Film)
Der weiße Wolf (als Kind gelesen)
Gartantua & Pantagruel (nicht gelesen)
Alice im Wunderland (als Kind gelesen, glaub' ich)
Howl's Moving Castle (nicht gelesen, kenne den Film)
Halloween (gelesen)
Pinocchio (nicht gelesen)
Watership Down (nicht gelesen)
Gullivers Reisen (gelesen)
Langoliers (gelesen, recht unterhaltsam)
Ring & Fortsetzungen (gelesen, ziemlich spannend)
The Shining (gelesen, ging so)
Der wilde Wald (als Kind gelesen)
Die Türme des Februar (als Kind gelesen)
Die Träume des Jonathan Jabbok (nicht gelesen)
Die Krone von Camelot (nicht gelesen)
Der Herr der Ringe (gelesen, sehr anstrengend)
Stein und Flöte (nicht gelesen)
Der kleine Hobbit (gelesen, unterhaltsam)
The Wonderful Wizard of Oz (nicht gelesen, kenne den Film)
The Wind in the Willows (gelesen)
Through the Looking Glass (nicht gelesen)
The Narnia Chronicles (gelesen)
Jim Knopf (gelesen)
Something Wicked this Way Comes (gelesen)
Der goldene Topf (gelesen)
Momo (als Kind gelesen)
Die unendliche Geschichte (als Kind gelesen)
Der goldene Esel (gelesen)
The Railway Children (nicht gelesen)
The Magic World (nicht gelesen)
Five Children and It (nicht gelesen)
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Linda am 06. September 2008, 14:28:18
Hi,

naja, wenn man natürlich die Horrorbücher mitzählt, kommt man schnell auf 50  :-X

In diesem Sinne... Stephen King hat nur einen Fantasy-Titel geschrieben: Die Augen des Drachen. Die Reihe um den Schwarzen Turm mag man auch noch zum Genre zählen, viele tun es. Langoliers und Shining aber gewiss nicht.
Frankenstein und Dracula sind Horror-Klassiker.
The Ring, Halloween - kein Kommentar.


Nur so als Anregung, nicht als Streitpunkt: Es gibt einige schöne Threads zu dem Thema: Abgrenzung von Fantasy zu anderen phantastischen Genres.

Gruß,

Linda
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Aidan am 06. September 2008, 15:00:56
Ich denke, um zu schreiben, muss man lesen. Und zwar kein bestimmtes Genre, sondern möglichst breit gefächert.

Aber zur Umsetzung einer Idee in einen Roman braucht man nicht nur ein allgemeines Handwerkszeug, sondern auch ein bestimmtes Vokabular. Und gerade bei der Fantasy weiß ich nicht, wo man das lernen will, außer bei den Kollegen und/oder wenn man sich intensiv mit der Epoche auseinandersetzt, in deren "Flair" sie spielt. Mittelalterähnliche Welt sollte auch mittelalterlich aussehen. Vor allem auch von der technologischen Entwicklung. Aber selbst, wenn man sich in der Epoche auskennt, braucht es meines Erachtens, ein spezielles Vokabular, damit es nicht nur ein fantasievoller Mittelalterroman wird. Und das bekommt man, indem man entsprechende Literatur liest, oder auch entsprechende Rollenspiele spielt, wo man aber auch lesen muss - und seien es nur die Regeln - und ähnliches.

Und letztlich sollte man ein paar Grundregeln kennen. Ein Zwerg ist ein Zwerg, weil er wie ein Zwerg aussieht und handelt. Man kann ihn sicher verändern. Ein Zwerg mit Klaustrophobie könnte sicher eine interessante Geschichte geben, aber vor allem deshalb, weil er damit ganz gezielt eine Regel bricht. Wenn die Änderungen zu groß sind, ist es halt kein Zwerg mehr. Ein schlanker Zwerg, der auf Bäumen lebt, spitze Ohren hat, etwas größer oder kleiner als ein Mensch ist, sich in Höhlen unwohl fühlt und Magie liebt ist eher ein Elf oder etwas ähnliches, aber halt kein Zwerg.

Ich weiß nicht, wie man diese Regeln und das Vokabular ohne Recherche = Lesen bekommt. Von daher denke ich, dass man auch sein gewähltes Genre lesen muss. Zumindest ein bisschen.

Ich geb's zu, ich weigere mich, sämtliche Vampirliteratur hoch und runter zu lesen, nur weil Nick sich bei mir eingenistet hat, und mich erst in Ruhe lassen wird, wenn er abgeschlossen zwischen Manuskriptdeckeln steht. Ich mag keine Vampire (außer Nick), aber ich werde bestimmte Werke und Sachliteratur lesen und mich zumindest oberflächlich damit beschäftigen, was es für Themen gibt. Viel ändern wird es an seinem Charakter nicht, aber die Ausarbeitung der Geschichte wird sicher beeinflusst werden. Nebenher muss ich ja noch seine Lebzeit herausfinden und darüber recherchieren, denn es wird ihn geprägt haben.

Ich denke, dass man aber eine gute Idee auch ohne große Vorkenntnisse haben kann. Und sie kann so lebendig in einem sein, dass man sie ohne große Voranstrengungen stimmig und ins Genre passend schreiben kann. Aber das sind Ausnahmen. Hut ab, wem das gelingt.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Churke am 06. September 2008, 15:18:01
Gargantua & Pantagruel als Fantasy? Genre-Literatur? Gut, wir sind großüzgig  :hmhm?:

Aber das ist ein interessantes Beispiel. Gargantua & Pantagruel ist ein Schlüsselroman der Barock-Literatur. Heute würde sich der Lektor wohl nicht einmal die Mühe machen, einem das um die Ohren zu hauen (wozu gibt's Standardbriefe?  ;D ), aber wir wollen ja auch keinen Barock-Roman schreiben, sondern Honig saugen. Hier begegnen einem für die zeitgenössische Literatur sehr extravagante Formen des Stils und des Aufbaus, die sich durchaus sinnvoll einsetzen und in modernen Stil umfabrizieren lassen. Dafür muss man keine 10 Bücher durcharbeiten, da genügt eins - wenn es das richtige ist.
Das ist allerdings keine Frage des Genres, sondern der Epoche.

ZitatIch weiß nicht, wie man diese Regeln und das Vokabular ohne Recherche = Lesen bekommt. Von daher denke ich, dass man auch sein gewähltes Genre lesen muss. Zumindest ein bisschen.

Wer Fantasy nicht liest weil *gähn*, der wird wahrscheinlich gar nicht erst auf die Idee kommen, über Zwerge zu schreiben. Oder er schreibt über Zwerge, die Tarnkappen tragen und aufrechte Helden betrügen wollen. Die gibt's nämlich auch.  :psssst:
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Julia am 06. September 2008, 15:56:16
Darf ich mal eine provokante Frage aufwerfen (sorry, das "Nein" kam nicht schnell genug  ;D ):

Sprechen wir hier eigentlich gerade über das "Schreiben zum Spaß" oder über das "Schreiben, um irgendwann einmal veröffentlicht zu werden"?

Ich werde nämlich das Gefühl nicht los, dass wir ganz unterschiedliche Ziele vor Augen haben ...
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Linda am 06. September 2008, 16:09:02
Zitat von: Churke am 06. September 2008, 15:18:01
Oder er schreibt über Zwerge, die Tarnkappen tragen und aufrechte Helden betrügen wollen. Die gibt's nämlich auch.  :psssst:

ja. Aufrechte Helden, die wegen einer kleinlichen Beleidigung gleich alle Zwerge erschlagen ;-) und die Tarnkappe des letzten Überlebenden dann auch noch an sich bringen. Und dann die Warnung des Zwergs in den Wind schlagen und damit den Fluch der Nibelungen über sich bringen.

;)

Gruß,

Linda
(die statt Hanni und Nanni lieber Heldensagen gelesen hat)
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Linda am 06. September 2008, 16:11:56
Zitat von: Julia am 06. September 2008, 15:56:16
Darf ich mal eine provokante Frage aufwerfen (sorry, das "Nein" kam nicht schnell genug  ;D ):

Sprechen wir hier eigentlich gerade über das "Schreiben zum Spaß" oder über das "Schreiben, um irgendwann einmal veröffentlicht zu werden"?

Ich werde nämlich das Gefühl nicht los, dass wir ganz unterschiedliche Ziele vor Augen haben ...


ja, ja, das übliche Problem hier im Zirkel.

Für mich gibt es das "Schreiben zum Spaß" einfach nicht. Niemand hackt 300 Seiten in den Rechner, und zeigt sie dann niemandem... Ergo schreibt jeder auch für Leser (und deren Spaß). Und wenn es nur die Oma oder der Lebensgefährte ist... Oder man selbst der einzige Leser bleibt.

Gruß,

Linda
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Julia am 06. September 2008, 16:29:05
@ Linda: ... bleibt allerdings die Frage, ob man sich selbst immer der beste Kritiker ist.

Liebe Grüße,

Julia
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Taske am 06. September 2008, 16:29:17
Hallo Lomax,

Zitat von: Lomax am 06. September 2008, 10:39:14
Dein Einwand taugt aber nicht als Widerspruch zu meinen Ausführungen - ...

Meine Kritik bezog sich auf Deine These, wonach Literatur aufeinander aufbaut. So in etwa als wären "Faust" ohne "Göttliche Komödie" und Beide ohne die "Iljas" bzw. "Odysee" nicht möglich gewesen. Dem habe ich widersprochen.

Das was Du als Evolution der Literatur betrachtest ist im Grunde nicht mehr, als die Fortentwicklung der Sprache an sich.

Viele Grüße

Taske
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Lomax am 06. September 2008, 17:46:52
Zitat von: Taske am 06. September 2008, 16:29:17Meine Kritik bezog sich auf Deine These, wonach Literatur aufeinander aufbaut. So in etwa als wären "Faust" ohne "Göttliche Komödie" und Beide ohne die "Iljas" bzw. "Odysee" nicht möglich gewesen. Dem habe ich widersprochen.

Das was Du als Evolution der Literatur betrachtest ist im Grunde nicht mehr, als die Fortentwicklung der Sprache an sich.
Ich bin mir jetzt nicht so sicher, ob wir hier Wortklauberei um Begriffsdefinitionen betreiben und im Grunde dasselbe meinen, oder ob jetzt hier der Evolutions- vs. Intelligent-Design-Streit auf Literaturwissenschaftlicher Basis Einzug gehalten hat ;D
  Zu den Begrifflichkeiten: Als Fortentwicklung der Sprache würde ich eher Veränderungen vom Mittelhochdeutschen zum Neuhochdeutschen und ähnliches bezeichnen - also den diachronen Wandel auf verschiedenen linguistischen Ebenen, der sich natürlich auch in der Literatur niederschlägt und mit ihr in Wechselwirkung steht, aber nicht identisch ist mit der Fortentwicklung des literarischen Erzählens, den ich meine.
  Was diese Fortentwicklung betrifft, bin ich dann eindeutig Evolutionist. Tatsächlich gibt es eine Enwicklungslinie von der Ilias über die Göttliche Komödie und Goethe bis zur modernen Literatur. Die bisherigen literarischen Werke bestimmen den Ist-Zustand des "literarischen Organismus", die jeweilige Zeit, in der Literatur stattfindet, bestimmen die Selektionsfaktoren, die auf diesen Organismus einwirken - und aus beidem zusammen entwickeln sich jeweils die nächsten, aktuellen Formen, die Literatur annimmt.
  Ob Faust ohne die Ilias denkbar wäre ... das ist schwer zu sagen. Denn nicht in jedem konkreten Werk müssen grundsätzlich alle konkreten Vorgänger ihren "genetischen" Niederschlag gefunden haben.
  Aber prinzipiell ist das genau die Art, wie Literatur sich entwickelt: Über viele Zwischenschritte und wechselseitige Beeinflussung zum aktuellen Stand. Von der Ilias über Goethe bis heute. Die Zweige am Stammbaum laufen auseinander und vereinen sich wieder, aber sie sind doch verwachsen und nicht nur ein großes Beet mit vielen Blumen, die je nach Lust und Laune und aktuellem Wetter aus toter Erde sprießen. Kein Faust ohne seine Vorgänger, keine Göttliche Komödie ohne deren Vorgänger - wie auch immer die Entwicklungslinien für die Einzelwerke konkret aussehen mögen.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Linda am 06. September 2008, 18:09:18
Zitat von: Julia am 06. September 2008, 16:29:05
@ Linda: ... bleibt allerdings die Frage, ob man sich selbst immer der beste Kritiker ist.

Liebe Grüße,

Julia

Ganz gewiss nicht. Aber das ist Leuten, die nur für sich selbst und nur zum Spaß schreiben i.d.R. auch schnuppe. Und solange sie es befriedigend finden, nur alleine mit dem Text zu kuscheln, kann es das auch sein. Doch sobald man auch für andere schreibt, ist es denn doch nicht mehr die traute Zweisamkeit und ein Autor muss gewisse "Rücksichten" nehmen. Etwa auf Rechtschreibung, Genrekonventionen ...

Gruß,

Linda
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Shay am 06. September 2008, 19:40:05
Ich denke, man sollte sich in dem Gebiet, wo man sich tummelt, halbwegs auskennen und auch eine grobe Ahnung von den Nachbargegenden haben. Aber wenn jemand bei allem, was er an Fantasy-Literatur bis jetzt gefunden hat, nur in Gähnen ausbricht, dann wird er sicher nicht genau so ein Buch schreiben und dann wären die Bücher, die ihn so zum Gähnen bringen, vielleicht sowieso falsch. Fantasy ist für mich phantastische Literatur in einer Welt, deren Technologiestand irgendwo vor der industriellen Revolution liegt (wenn wir mal irgendwelche Parallelwelten a la Harry Potter ausnehmen). Dieses Feld ist um einiges weiter, als was Tolkien, Eragon, Jordan und Konsorten abdecken (um mal wahlweise einige rauszugreifen). Wenn ich ein Buch schreiben will, das in einer magischen Steinzeit spielt, wo es keine Elben, Zwerge und Drachen gibt, dann muß ich nicht Tolkien lesen, sondern sollte mich eher an die Ayla-Bände und den Rulaman halten. Fantasy kann es deswegen trotzdem sein.
Aber wer von sich selbst behauptet, Fantasy zu schreiben, sollte wohl schon wissen, was der Normalmensch darunter versteht. Sonst geht es ihm wie Frau Rowling, die irgendwann mal behauptet hat, sie fände Fantasy doof (ich weiß den genauen Wortlaut nicht mehr).
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Tenryu am 06. September 2008, 19:49:39
Zitat von: Churke am 06. September 2008, 15:18:01
Gargantua & Pantagruel als Fantasy? Genre-Literatur? Gut, wir sind großüzgig  :hmhm?:

Da ich es (noch) nicht gelesen habe, habe ich es mal auf Verdacht dem Genre zugeordnet.  :innocent:

@ Shay: Anscheinend hat Frau Rowling dann kaum Fantasy gelesen. Und dennoch es geschafft, einen märchenhaften Erfolg hinzulegen.

Ob man jetzt für sich selber oder für andere schreibt, macht meiner Ansicht nach gar keinen so großen Unterschied. Es gibt Milliarden von Menschen. Und wenn wir zumindest der Hälfte von ihnen eine individuelle Persönlichkeit zubilligen, dann muß es so viele unterschiedliche Geschmäcker und Vorlieben geben, daß auch die ausgefallensten Werke ihre Liebhaber finden werden. Insofern sollte man eher unterschieden, ob man etwas unkonventionelles oder etwas dem Massengeschmack entsprechendes schaffen möchte.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Falckensteyn am 06. September 2008, 20:19:04
Lesen bildet, erweitert den Horizont und schafft Raum für andere Ansichten und Denkweisen. Ich denke schon, dass ein Autor lesen soll und das vor allem auch in seinem Genre tun soll. Es erweitert das Spektrum und gibt vielleicht den einen oder anderen Gedankenblitz.

Klar kann niemand das Rad im Fantasy-Genre neu erfinden, trotzdem tut ein breiter Horizont sicher gut.

Ich für mich selbst jedenfalls versuche, soviel wie möglich zu lesen. Und zwar von Tolkiens Klassiker, über AD&D- oder Warcraft-Werke bis hin zu aktuellen, deutschen Fantasy-Schriftstellern. Das ultimative Aha-Erlebnis hatte ich zwar noch nicht, aber es gab doch immer wieder sehr viel lesenswertes. Und vor allem teilweise auch gute Anregungen für meine eigene Schreibarbeit, insbesondere zum Schreibstil.

Noch einen Denkanstoss zu Miss Rowling. Selbst wenn sie keine oder kaum Fantasy gelesen hat, irgendwas aus dieser Richtung hat sie aus ihrer Kinderstube bestimmt mit auf den Weg gekriegt. Ich selbst unterschätze niemals die Macht der Märchen. Andererseits glaube ich auch an das kollektive Bewusstsein, aus dem ebenfalls Eingebungen, Träume oder Visionen kommen können.

Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Lomax am 06. September 2008, 20:23:34
Zitat von: Tenryu am 06. September 2008, 19:49:39Anscheinend hat Frau Rowling dann kaum Fantasy gelesen. Und dennoch es geschafft, einen märchenhaften Erfolg hinzulegen.
Für mich klingt das eher so, als hätte sie einfach nur eine Definition von Fantasy, die das, was sie schreibt, nicht mit einschließt. Wobei diese Genregrenzen sowieso immer ein heikles Thema sind, weswegen ich mich dann bei Detailfragen in diese Richtung auch zurückhalten möchte. Also beispielsweise auch bei der Diskussion, was auf deiner Liste nun Fantasy ist oder nicht :)
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Churke am 06. September 2008, 20:40:24
Zitat von: Lomax am 06. September 2008, 17:46:52
Was diese Fortentwicklung betrifft, bin ich dann eindeutig Evolutionist. Tatsächlich gibt es eine Enwicklungslinie von der Ilias über die Göttliche Komödie und Goethe bis zur modernen Literatur.

Evolution? Oder vielleicht Zeitgeist? Ich weiß nicht.  :hmhm?:
Bei Heliodor http://de.wikipedia.org/wiki/Heliodoros_(Autor) (http://de.wikipedia.org/wiki/Heliodoros_(Autor)) verblüfft mich immer wieder, wie meisterhaft er alle Tricks der Erzähltechnik einsetzt. Handwerklich ist der den meisten Gegenwartsautoren mindestens ebenbürtig. In der Antike hat man die Romane in Episoden erzählt - wahrscheinlich, weil sie vorgelesen wurden. Und der Plot? Woher kommen die Ideen für einen Plot? Wenn sie gut sind, aus dem Umfeld des Autors.
Umgekehrt ermöglichen die Plots vergangener Epochen aber auch Rückschlüsse auf die Zustände und - wichtiger noch - die moralisch-geistigen Befindlichkeiten jener Zeit. Man hat also sozusagen Primärquellen. Das Mittelalter hat definiert, was einen wahren Ritter ausmacht. Wenn er sich nicht so verhält, ist er kein wahrer Ritter. Das Rittertum kann ich auch 100 Fantasy-Romanen zusammen klauben oder mich mit den Wurzen befassen.

Und, äh, bevor ich für irgendjemanden schreibe, will ich erst mal gut schreiben.   :snicker:
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Sooky am 06. September 2008, 20:49:07
Hm... interessantes Thema...

Also zum Spass kann natürlich jeder das schreiben was er/sie will.
Jedoch habe ich das Gefühl, man könne eigentlich gar nicht etwas schreiben, ohne etwas ähnliches gelesen zu haben. Es gibt Leute, die ihr Leben lang nur die Bücher lesen, die sie in der Schule lesen müssen (und manchmal nicht einmal die). Glaubt ihr, die können auch nur eine kurze Geschichte über ihren Alltag schreiben? Vielleicht, aber wenn, dann sicher nichts, das es wert ist, es zu veröffentlichen.
Aber das ist wohl zu generell gesagt, denn jeder, der seriös mit dem Schreiben anfängt, hat sicher viel (oder zumindest annähernd viel) gelesen. Ob das das Genre ist, in dem er/sie auch schreibt ist für mich jedoch nicht unwichtig. Denn, selbst wenn man Klappentexte gelesen hat... ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass das, was man im Klappentext sieht, nur selten wirklich so verstanden wird wie in der Geschichte. Das für mich ausschlaggebendste Beispiel ist Terry Pratchett: Ich habe mir die Bücher ganz anders vorgestellt. Ich war gar nicht so begeistert, jedoch habe ich aus Probe mal ein Buch gekauft - ich habe am Ende den Kopf über den Klappentext geschüttelt, so ein falsches Bild hat er mir gebracht. (das Buch ist noch einer meiner Lieblingsbücher)
Andererseits muss ich zugeben, dass ich früher immer genau über sowas geschrieben habe, worüber ich mir nie ein Buch kaufen würde. Man findet besonders in den Anfängen der Schreibkarriere die Sachen, die man selber geschrieben hat, viel interessanter, weil man selbst sein Herzblut drin hat und es nicht "einfach welche Charaktere aus fremden Köpfen" sind.
Ich denke, dass man auch ein wenig nötig hat, zuerst abzukupfern. Ich zeichne auch leidenschaftlich und ich glaube, ein wenig kann man es so vergleichen: Ich habe seit Kindheit gerne mit Buntstiften gezeichnet. Im Internet habe ich immer wieder Bilder mit Computergrafik oder Copics gesehen, was mich nicht sehr motiviert hat. Dann sah ich die ersten wirklich guten Buntstiftcolorationen. Da habe ich angefangen, wirklich fast identisch wie diese Zeichnerin zu zeichnen. Ihre aktuellen Bilder haben immer meine beeinflusst. Und daraus habe ich dann meinen eigenen Stil gemeisselt.
Beim Schreiben war es ähnlich - ich habe früher fast nur gelesen und die Werke, die ich gelesen habe, haben immer meinen Schreibstil beeinflusst. Erst dadurch habe ich meinen eigenen Stil entwickeln können.

Ansonsten bin ich gleicher Meinung wie Falckensteyn: Lesen ist einfach inspirierend und man kann dabei nur gewinnen, selbst von schlechten (im eigenen Auge, verständlicherweise ;) )Werken.

Wobei man nicht behaupten kann, dass jeder, der Wöchentlich ein Buch verschlingt, auch gut schreiben kann. ;)
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: felis am 06. September 2008, 21:11:00
Was mich ein wenig traurig stimmt, ist dass das hier so rüber kommt, als wäre (Fantasy) lesen eine öde Pflicht.
Ich lese immer noch, weils mir Spaß macht.  ;)
@Taroleas, deine Auswahl an "Fantasy" war valles andere als repräsentativ. Wie willst du sagen ,du hat keinen Spaß dran, wenn du weite Bereiche des Genres gar nicht kennst?

Nebenbei bemerkt - Die Klassiker unseres Genres sind nicht Tolkien und Co sondern:
-Das Gilgamessch-Epos
-Illias und Odyssee
-Das Niebelungenlied
-Die Artussage
;D








Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Tanrien am 06. September 2008, 23:21:33
Ich selbst lese recht viel Fantasy. Allerdings lese ich es, weil es mir Spaß macht, ich es gerne tue, und nicht, weil ich Fantasy (auch) schreibe. Ich denke, man sollte nicht aus Prinzip sein Genre nicht lesen. Wenn es einem aber keinen Spaß macht, dann sehe ich nicht, wie es wirklich sinnvoll sein soll, sich durch gewisse Bücher, auch, wenn sie Fantasy-Kanon sind, nur wegen ihres Genres zu quälen und dadurch nachher vielleicht eine Abneigung gegen das Genre zu entwickeln. Das erscheint mit eher kontraproduktiv.

Die angeführen möglichen Probleme, die bei einem auftreten könnten, sind sicherlich am einfachsten zu lösen, indem man sein Genre liest. Aber wie schon mehrmals erwähnt, gibt's ja auch Fantasy-Sekundärliteratur, andere Genre, etc. Das ist anstrengender, aber sicher auch eine Lösung.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Lavendel am 06. September 2008, 23:34:50
Zitat von: Tanrien am 06. September 2008, 23:21:33
Aber wie schon mehrmals erwähnt, gibt's ja auch Fantasy-Sekundärliteratur, andere Genre, etc. Das ist anstrengender, aber sicher auch eine Lösung.

Ich glaube, dass Sekundärliteratur den Horizont sehr erweitern kann, aber sich ausschließlich darauf zu verlassen, dass andere Leute ein Genre schon richtig überblickt, analysiert und bewertet haben werden, ist mehr oder weniger ein Trugschluss. Verständnis für ein Genre und seine 'Mechanismen' kann man nur entwickeln, wenn man auch weiß, wie das Ganze in der Praxis aussieht. Und das eigene Urteil ist einiges Wert.

Schriftsteller kommen nicht zum Roman, wie Jungfrau zum Kinde. Die hübsche Petra wird keinen Heiland gebären, nur weil sie nicht aufgeklärt wurde und so nicht weiß, was sie getan hat, als sie dieses seltsame Erlebnis mit Klaus hatte.
Blödes Beispiel, ich weiß.

Sicher kann man Fantasy schreiben, ohne je Fantasy gelesen zu haben, aber wie kommt man dazu ein Genre zu schreiben, das man selbst nicht lesen möchte? Würde das nicht heißen, die eigenen Geschichten nicht lesen zu wollen?
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Aidan am 07. September 2008, 00:25:06
Nun, ich habe es mir nicht ausgesucht, dass mich ein Vampir überfiel. Seine Geschichte war plötzlich einfach in meinem Kopf. Ich war gerade dabei zu wischen und habe sicher nicht sehr geistreich geguckt, als ich die klassische Vampir-beißt-Mädchen-Szene vor Augen hatte. Ging ziemlich heftig ab bei den Beiden. Ich weiß nicht wieso gerade ich diese Idee hatte. Und ich bekomme Nick nicht mehr los und ich will ihn schreiben, weil ich glaube, dass er gut werden kann.

Wobei ich den Eindruck habe, dass Nick eher eine Symbolfigur ist. Und es ist sicher sehr viel Gesellschaftskritik in ihm.

Vielleicht gibt es Vampirgeschichten, die ich mögen würde, aber was ich bisher davon mitbekommen habe, hat mich davon abgehalten auch nur eine in die Hand zu nehmen. Ich würde also meine eigene Geschichte nicht gelesen haben, wenn sie mir im Bücherregal begegnet wäre. Nun werde ich Vampirgeschichten lesen (müssen). Vielleicht komme ich ja doch noch auf den Geschmack.

Hm, ich weiß nicht. Wie kommt ihr denn zu euren Geschichten? Bei mir sind sie einfach da. Meist träume ich sie und wache mit ihnen auf. Ich suche sie nicht, sie kommen zu mir. Von daher - klar, es ist nur die Idee und nicht der Roman, aber ich habe mir nicht ausgesucht, dass die Hälfte meiner Ideen Fantasy sind. Ich freue mich drüber, ich lese es gerne, aber ich habe mich nicht bewusst dafür entschieden. Genauso wenig zu einer der anderen Geschichte, die ich gerne schreiben möchte.

Oder wie sagte Nick, als ich mich weigern wollte, mich mit ihm zu beschäftigen: "Ich habe dich ausgesucht und bin zu dir gekommen, weil ich weiß, dass du meine Geschichte schreiben kannst. Heul nicht rum und wehre dich, sondern sieh es als eine Ehre und Herausforderung, die du zu bewältigen hast. Und ich werde dich immer wieder an mich erinnern, bis wir fertig sind." Blödmann. (Sorry, musste gerade mal gesagt werden.)
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Julia am 07. September 2008, 00:51:40
Zitat von: Winterkind am 07. September 2008, 00:25:06
Nun, ich habe es mir nicht ausgesucht, dass mich ein Vampir überfiel. Seine Geschichte war plötzlich einfach in meinem Kopf. Ich war gerade dabei zu wischen und habe sicher nicht sehr geistreich geguckt, als ich die klassische Vampir-beißt-Mädchen-Szene vor Augen hatte. Ging ziemlich heftig ab bei den Beiden. Ich weiß nicht wieso gerade ich diese Idee hatte. Und ich bekomme Nick nicht mehr los und ich will ihn schreiben, weil ich glaube, dass er gut werden kann.

So ähnlich ging es mir bei meinem Roman, mit dem Unterschied, das Eo wohl nicht beißen, sondern eher treten würde  ;D.
Eigentlich war ich damals gerade dabei, meinen Historischen Roman-Ökokrimi-Watership Down-Verschnitt endlich mal zu einem Ende zu bringen (jaja, auch so ein Crossover-Teil  ::)) - statt dessen hatte ich plötzlich etwas ganz anderes vor Augen ... und zwar ausgerechnet die Story für ein Jugendbuch (von dem ich übrigens immer noch nicht genau weiß, in welches Genre es gehört. Ökothriller trifft es vermutlich am Besten (danke nochmals für den Tipp, Wölfin!)).

Na ja, wo die Inspiration hinfällt ... ;)
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Kerimaya am 07. September 2008, 02:20:37
Zitat von: Die Wölfin am 06. September 2008, 12:16:22
Was jetzt nur am Rand mit dem Thema zu tun hat, mich aber immer wieder wundert, ist die Ansicht, es gäbe nur Mainstream und Massenbrei.
Ehrlich gesagt bin ich immer wieder verblüfft, welche Innovationen die letzten Jahre in die Fantasy geschwemmt haben! Vielleicht fällt das in der winzigen Buchhandlung hier am Ort besonders auf, weil Fantasy und Jugendfantasy Seite an Seite stehen, aber auch wenn ich für die Bücherei bestelle, freue ich mich, was ich für die Leser ins Regal stellen kann.

Da mischt sich Historik aller Epochen mit Fantasy (Ju Honisch, Naomi Novik, im Herbst dann Drachenklingen), da spielen Piraten mit (Hardebusch), gibt es Steampunk, SF, Horror, Urban Fantasy ... kaum ein Crossover, an das sich die Verlage derzeit nicht wagen. Selbst die Vampire waren letztes Jahr noch neu und sind erst seit diesem Jahr "langweilig-romantischer Mainstream", habe ich das Gefühl.
Und gerade deshalb ist es wichtig, den Markt zu kennen, queerbeet durch Fantasy und andere Genres zu lesen, zu sehen, welche Muster es bereits gibt und welche gut ankommen. Warum nicht ein gut laufendes Muster nehmen und eine neue Idee aufsetzen? Machen Viele. Statt romantischer Vampire kommen dann die Werwölfe, Feen, Faune, Dschinnen ...


Machen sie schon. Auf der Feencon hat Natalja Schmidt von der Agentur Schmidt und Abrahams das Thema Urban Fantasy angesprochen und meinte, dass der Trend schon langsam wieder einen Schritt nach unten machen würde.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Taske am 07. September 2008, 07:08:11
Guten Morgen,

Zitat von: Lomax am 06. September 2008, 17:46:52
Zu den Begrifflichkeiten: Als Fortentwicklung der Sprache würde ich eher Veränderungen vom Mittelhochdeutschen zum Neuhochdeutschen und ähnliches bezeichnen - also den diachronen Wandel auf verschiedenen linguistischen Ebenen ...,

*wischtsichdietraktorölverschmiertenhändeanseinemkariertenflannelhemdab*

Äh ... ja, genau!:o)

Zitat von: Lomax am 06. September 2008, 17:46:52Was diese Fortentwicklung betrifft, bin ich dann eindeutig Evolutionist. Tatsächlich gibt es eine Enwicklungslinie von der Ilias über die Göttliche Komödie und Goethe bis zur modernen Literatur. Die bisherigen literarischen Werke bestimmen den Ist-Zustand des "literarischen Organismus", die jeweilige Zeit, in der Literatur stattfindet, bestimmen die Selektionsfaktoren, die auf diesen Organismus einwirken - und aus beidem zusammen entwickeln sich jeweils die nächsten, aktuellen Formen, die Literatur annimmt.
  Ob Faust ohne die Ilias denkbar wäre ... das ist schwer zu sagen. Denn nicht in jedem konkreten Werk müssen grundsätzlich alle konkreten Vorgänger ihren "genetischen" Niederschlag gefunden haben.
  Aber prinzipiell ist das genau die Art, wie Literatur sich entwickelt: Über viele Zwischenschritte und wechselseitige Beeinflussung zum aktuellen Stand. Von der Ilias über Goethe bis heute. Die Zweige am Stammbaum laufen auseinander und vereinen sich wieder, aber sie sind doch verwachsen und nicht nur ein großes Beet mit vielen Blumen, die je nach Lust und Laune und aktuellem Wetter aus toter Erde sprießen. Kein Faust ohne seine Vorgänger, keine Göttliche Komödie ohne deren Vorgänger - wie auch immer die Entwicklungslinien für die Einzelwerke konkret aussehen mögen.

Das klingt wirklich sehr fundiert. Bist Du Germanist?

Dennoch denke ich, dass das was Du schreibst so nicht ganz richtig ist. Natürlich lassen sich für die von Dir formulierte "Evolutionstheorie" zahlreiche "Beispiele" finden. Mit ein bisschen gutem Willen lässt sich so auch (die im übrigen sehr talentierte) Charlotte Roche zu einer legitimen Erbin von Ernst Jünger machen.

Und doch gibt es immer wieder Autoren und Werke, bei denen es schwerfällt auf "Vorläufer" zu verweisen. Von wem wurde ein Franz Kafka "inspiriert", von wem ein Georg Trakl? Von Tieck, von Eichendorff von Droste-Hülshoff? Wohl eher nicht, oder?

Was ich damit sagen will: Meiner Meinung nach kann ein "großes" (was immer man darunter verstehen mag) literarisches Werk selbst dann geschrieben werden, ohne dass der betreffende Autor davor auch nur EIN EINZIGES
Buch gelesen hat.

Viele Grüße

Taske
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Lavendel am 07. September 2008, 09:25:25
Zitat von: Taske am 07. September 2008, 07:08:11
Was ich damit sagen will: Meiner Meinung nach kann ein "großes" (was immer man darunter verstehen mag) literarisches Werk selbst dann geschrieben werden, ohne dass der betreffende Autor davor auch nur EIN EINZIGES
Buch gelesen hat.

Hm, ach ja? Das musst du mir erstmal beweisen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Kafka einige Bücher gelesen hat. Auch wenn das vielleicht deine Illusion zerstört, Kafka war wie jeder andere Mensch Einflüssen ausgesetzt, die ihn geprägt haben - auch literarischen. Wenn man eine expressionistische Geschichte in einer naturwissenschaftlich oder juristisch kühlen Sprache schreibt, dann setzt sich der Autor zu Beginn des 20. Jahhunderts durch seine Sprache in Kombination mit seinen Thematiken von den übrigen Expressionisten ab und schreibt etwas eigenes, das trotzdem nie ganz losgelöst von seiner literarischen Umwelt gesehen werden kann.

Ein absolut genuines literarisches Werk zu schaffen ist nicht möglich, will heißen, hätte Tolkien 200 Jahre früher gelebt, hätte der Herr der Ringe so nie geschrieben werden können - nicht nur wegen sozialer Gegebenheiten, sondern auch aufgrund noch nicht gegebener literarischer Entwicklungen. Autoren  stehen in Beziehung zu der Welt, in der sie leben und lesen, und niemand kann sich davon lossagen.

Ich denke, dass es wohl möglich sein sollte, ein gutes Buch in einem Genre zu schreiben, das man nicht ausgiebig liest. Hauptsache, man liest überhaut - aber tatsächlich ist es nicht verkehrt, sich mit einem Genre zu beschäftigen, das man schreiben will, dann fällt es auch gleich leichter, sich selbst und sein Schaffen einzuschätzen und einzuordnen.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Taske am 07. September 2008, 10:29:24
Hallo Lavendel,

Zitat von: Lavendel am 07. September 2008, 09:25:25
Hm, ach ja? Das musst du mir erstmal beweisen.

Das kann ich nicht. Ebensowenig wie Du das Gegenteil beweisen kannst.

Zitat von: Lavendel am 07. September 2008, 09:25:25Ich bin mir ziemlich sicher, dass Kafka einige Bücher gelesen hat. Auch wenn das vielleicht deine Illusion zerstört, Kafka war wie jeder andere Mensch Einflüssen ausgesetzt, die ihn geprägt haben - auch literarischen. Wenn man eine expressionistische Geschichte in einer naturwissenschaftlich oder juristisch kühlen Sprache schreibt, dann setzt sich der Autor zu Beginn des 20. Jahhunderts durch seine Sprache in Kombination mit seinen Thematiken von den übrigen Expressionisten ab und schreibt etwas eigenes, das trotzdem nie ganz losgelöst von seiner literarischen Umwelt gesehen werden kann.

Hier liegt ein Mißverständnis vor. Natürlich hat Kafka Bücher gelesen. Um das in seinem Kopf kreisende Universum zu Papier zu bringen, hätte er das aber m.E. nicht zwingend tun müssen.
Nur weil man ihn (und im Übrigen auch Trakl) in die Schublade der "Expressionisten" steckt, heißt das nicht, dass er damit von einer bestimmten "Schule" abhängig war. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Kafka sich nie hingesetzt und zu sich gesagt hat: "So, ich schreib jetzt mal was expressionistisches".

Zitat von: Lavendel am 07. September 2008, 09:25:25Ein absolut genuines literarisches Werk zu schaffen ist nicht möglich ...

Es muss möglich sein, weil ... sonst das allerallererste Werk schließlich nie geschrieben worden wäre. ;)

Viele Grüße

Taske
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Lavendel am 07. September 2008, 11:36:01
Zitat von: Taske am 07. September 2008, 10:29:24


Es muss möglich sein, weil ... sonst das allerallererste Werk schließlich nie geschrieben worden wäre. ;)


An für sich ist der Gedanke natürlich nachvollziehbar. Irgendjemand muss ja die ganze Sache gestartet haben. Aber die ersten schriftlich festgehaltenen Geschichten sind Niederschriften von zuvor mündlich weitergegebenen Sagen und Mythen aus einer Zeit vor der Schrift. Es ist unmöglich irgendwo einen klaren Anfang zu definieren. Man kann höchstens Vermutungen darüber anstellen, wann Menschen begannen, Geschichten zu erzählen. Es gibt nicht eine erste Person, die plötzlich auf die Idee kam eine Geschichte zu schreiben, ohne dass sie vorher mit vielen Geschichten in Kontakt gekommen wäre. Irgendwann fingen die Leute an, Bilder an Höhlenwände zu malen, und ganz langsam, über Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg, wurden aus Bildern Symbole für Worte und für einzelne Laute. Und irgenwann fingen Menschen an, das unvergänglich zu machen, was vorher vergänglich war. Diese Geschichten sind nicht einfach so ausgedacht, sie kommen irgendwo her. Aus einer langen Tradition und aus einer bestimmten Kultur, für die sie besondere Bedeutung hatten.

Zitat von: Taske am 07. September 2008, 10:29:24

Natürlich hat Kafka Bücher gelesen. Um das in seinem Kopf kreisende Universum zu Papier zu bringen, hätte er das aber m.E. nicht zwingend tun müssen.
Nur weil man ihn (und im Übrigen auch Trakl) in die Schublade der "Expressionisten" steckt, heißt das nicht, dass er damit von einer bestimmten "Schule" abhängig war. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Kafka sich nie hingesetzt und zu sich gesagt hat: "So, ich schreib jetzt mal was expressionistisches".
Es ist sehr gut möglich, dass er das nie getan hat. Der Punkt ist aber nicht, in welche Schublade man Künstler 100 Jahre nach ihrer Schaffensphase steckt. Jeder Mensch wird von der Gesellschaft und der Kultur, in der er lebt beeinflusst. Beispielsweise spielt in vielen von Kafkas Werken die Beklemmung angesichts einer undurchsichtigen Macht, die das Leben eines Individuums bestimmt, eine große Rolle. Man könnte sagen, dass diese Beklemmung oder Angst charakteristisch ist für die Moderne, da durch zunehmende Urbanisierung und Bürokratisierung das Gefühl entstand, ein einzelner Mensch sei sozusagen nichts weiter, als ein winziges Rädchen in der großen Maschine, einem System, dem er hilflos ausgeliefert war, das Gefühl, einfach ein gesichtsloser Teil einer Masse zu werden, die sich in den großen Städten drängte. Dieser Topos zieht sich nicht nur durch Literatur und Kunst, sondern auch durch andere Teile des gesellschaftlichen Lebens. Auch Kafka nahm diesen Zusammenhang sicherlich wahr, wenn vielleicht auch unbewusst, so wie die meisten Leute, aber so fließt ein zeitgenössisches Thema in seine Literatur ein. Geschichten entstehen nicht aus Luft und Einsamkeit, sondern aus den Dingen, die uns beschäftigen und die uns wichtig sind. Was uns wichtig ist, hängt auch davon ab wo, wie und wann wir leben.

Man kann neue Wege einschlagen, aber niemand wird von einem Geistesblitz durchfahren, der ihn oder sie mit etwas völlig neuem auf die Bühne der Weltgeschichte treten lässt. Wie in der Evolution (wo wir den Begriff doch schon mal hatten ;)) treten neue Arten eben nicht plötzlich mit einem 'Plopp' auf. Sieh es mal so, wenn jemand mit Walter Scotts Ivanhoe unter dem Arm ins zwölfte Jahrhundert spazierte und den Roman einem der großen Literaten der Zeit in die Hand drücken würde - gesetzt den Fall, man hätte Ivanhoe vorher so übersetzt, dass der große Literat in der Lage wäre, den Text zu lesen - der gute Mann wüsste mit großer Wahrscheinlichkeit nichts mit dem Roman anzufangen, weil ihm allein die Form der Erzählung vollkommen fremd wäre. Würde jemand also etwas völlig Neues  erschaffen(wobei völlig neu auf das Beispiel ja nicht einmal ganz zutrifft, denn immerhin gab es auch im 12. Jahrhundert schon Bücher und Geschichten), gesetzt den Fall, das wäre möglich, dann hätte der Rest der Welt vermutlich erstmal rein gar nichts davon. Sicher, viele große Ideen wurden anfangs verlacht. Aber auch wenn die großen Ideen von einer/m Vorreiterin einer bestimmten Zeit kommen, sie erschienen der betreffenden Person nicht völlig aus dem Nichts.

Jede Idee hat ihre Geschichte, auch wenn man diese Geschichte nicht kennt. Auch unsere eigenen Ideen kommen uns nicht einfach so, obwohl es uns vielleicht manchmal so vorkommt. Unbewusst ist ein sehr tiefer Tümpel, und das Gehirn ist eine wahre Wundermaschine - wenn man es denn als Maschine bezeichnen kann.

Es geht jetzt ein bisschen vom Thema weg, das gebe ich zu, und ich habe irgendwie das Gefühl, wir haben eine ähnliche Diskussion schon mal geführt ...
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Julia am 07. September 2008, 12:02:33
Ich glaube, so langsam verschwimmt die Grenze zwischen "Roman" und "Sachbuch" ...

Wenn man "nur" ein Sachbuch schreiben möchte (in dem es um die Weitergabe von harten Fakten geht), muss man sicherlich nicht alle (oder auch nur die meisten) Sachbücher zu diesem Thema gelesen haben (obwohl es auch hier sicherlich von Vorteil sein kann). Hauptsache, der Autor besitzt ein fundiertes Wissen und bringt es zu Papier. Oder, wie mein Mann immer sagt: "Die Sprache ist mir egal, ich will nur den Inhalt".
Natürlich können auch Sachbücher künstlerisch wertvoll, didaktisch ausgefeilt, oder was auch immer sein - zwingend notwendig ist es für den Transport von Informationen aber nicht.

Sobald man aber als Autor in den Bereich "Roman" einsteigt, kommt zusätzlich eine künstlerische Komponente hinzu, während die reine Information (mehr oder weniger) in den Hintergrund tritt. Diese künstlerische Komponente  setzt aber voraus, dass der Autor die Grundlagen seines Handwerks gelernt hat. Er muss wissen, wie man seine Leser anspricht, wie man sie mit der Geschichte fesselt - sonst wäre der Text halt nur eine langweilige Ansammlung unterschiedlicher Szenen.
Beim Schreiben ist es ähnlich wie bei Reden: Jeder von uns kann erzählen, was er gestern gemacht hat, aber bei den wenigsten hört es sich auch "richtig" spannend an (oder lustig, traurig ...). Und bei den ganz großen Rhetoriker kommt dann neben der "Redekunst" auch noch eine enorme Portion Charisma hinzu (bei den Büchern wäre es dann vermutlich dieses je-ne-sais-quoi, dass aus einem guten Buch ein herausragendes macht).

Aber egal, was für einen Roman man nun schreibt (ob nun einen herausragenden oder "nur" einen guten  ;)) - man muss wissen, wie die Schriftsprache "funktioniert", schon allein deshalb, weil beim Schreiben verschiedene Ausdrucksweisen fehlen, die beim Sprechen das "einander verstehen" erleichtern: Gestik, Mimik, Körpersprache, Tonfall, Satzmelodien, Sprechpausen ...
Wenn man dann auch noch in einem bestimmten Genre schreiben will, muss man zusätzlich wissen, wie dieses Genre "funktioniert", und was es kennzeichnet. Dafür (oder dagegen?  ;D ) hilft nur halt nur lesen.
Natürlich kann man sich jedem Thema auch ganz intuitiv nähern - nur leider haben die meisten Leser keine intuitive, sondern eine ganz klar umgrenzte Erwartungshaltung, was sie lesen möchten.

Von daher ist man als Autor eben wieder bei der Frage: für wen schreibe ich eigentlich?

Liebe Grüße,

Julia

P.S.: Ein absolut "genuines" literarisches Werk zu schreiben, halte ich ebenfalls für nicht möglich. Es gab auch kein "erstes" literarisches Werk, sondern nur eine langsame Entwicklung in diese Richtung (über hunderte von Jahren, wie Lavendel schon sagte).
Eín wenig ähnelt das Ganze damit der Frage, was zuerst da war, das Huhn oder das Ei. Evolutionsbiologisch lautet die Antwort: der Archaeopteryx. Und erst irgendwann später begann man das Tier, dass aus einem der gelegten Eier schlüpfte, eben "Huhn" zu nennen.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Lomax am 07. September 2008, 12:08:41
Zitat von: Taske am 07. September 2008, 07:08:11Und doch gibt es immer wieder Autoren und Werke, bei denen es schwerfällt auf "Vorläufer" zu verweisen. Von wem wurde ein Franz Kafka "inspiriert", von wem ein Georg Trakl?
Nein, wirklich schwer fällt es nicht. Es gibt tatsächlich literaturwissenschaftliche Aufsätze, in denen der Einfluss anderer Literaten beispielsweise auf Kafkas Werk diskutiert wird. So findet man bei Kafka explizite Anklänge an Goethe, an jüdische Schrifttraditionen, an Flaubert, Kierkegaard und viele andere. Ein Teil dieser literarischen Einflüsse muss noch nicht mal von der Literaturwissenschaft extrahiert werden, sondern wurde von Kafka selbst in Briefen genannt, und zum Teil auch explizit auf einzelne Werke bezogen. Die Textarbeit dazu sprengt ein wenig den Rahmen des Threads - aber vermutlich dürfte man den ein oder anderen Aufsatz dazu sogar im Internet finden.
  "Beweise" sind das natürlich nicht - auch Zitate anderer Autoren in Kafkas Werken oder gar seine eigenen Briefe sind streng genommen ja kein "Beweis" - denn womöglich wollte Kafka mit seinen literarischen Bezügen ja nur prahlen, ohne die Werke gelesen zu haben ;) Beweise gibt es nur innerhalb geschlossener Systeme wie der Mathematik. Anderswo muss man sich mit "Belegen" zufrieden geben; die aber schon so stark sind, dass man einiges mehr aufbieten müsste als ein "könnte", um eine Gegenposition zu unterfüttern.
Zitat von: Taske am 07. September 2008, 10:29:24Es muss möglich sein, weil ... sonst das allerallererste Werk schließlich nie geschrieben worden wäre.
Hm, nach meiner oben gewählten biologischen Analogie würde ich diese Aussage nun übersetzen als "Es muss ja möglich sein, dass ein Mensch spontan aus dem Nichts entsteht, weil ja auch die erste lebende Zelle irgendwann mal ohne Vorgänger entstanden ist" ...
Nein, ehrlich gesagt überzeugt mich der Gedankengang nicht :hmmm:
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Taske am 07. September 2008, 15:45:18
Hallo Lavendel, hallo Lomax,

Zitat von: Lavendel am 07. September 2008, 11:36:01
Es gibt nicht eine erste Person, die plötzlich auf die Idee kam eine Geschichte zu schreiben, ohne dass sie vorher mit vielen Geschichten in Kontakt gekommen wäre. Irgendwann fingen die Leute an, Bilder an Höhlenwände zu malen, und ganz langsam, über Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg, wurden aus Bildern Symbole für Worte und für einzelne Laute. Und irgenwann fingen Menschen an, das unvergänglich zu machen, was vorher vergänglich war. Diese Geschichten sind nicht einfach so ausgedacht, sie kommen irgendwo her. Aus einer langen Tradition und aus einer bestimmten Kultur, für die sie besondere Bedeutung hatten.

Und da frage ich: Warum soll das heute nicht mehr möglich sein? Warum soll ein Mensch nicht dazu in der Lage sein allein aus seinem persönlichen Erleben heraus, aus den Eindrücken die ihn prägen ein (gutes) Buch zu schreiben?

Welche essentielle, nicht zu ersetzende Informationen liefern ihm die Bücher anderer Autoren? Informationen die ihm das "wahre Leben" nicht liefern kann, meine ich?

Versteh mich bitte nicht falsch: Ich persönlich lese viel. Daneben bin ich der Ansicht, dass es ein Gewinn für mich ist, wenn ich das Buch eines guten Autoren lese. Ich sage nur: Eine größere Leuchte als ich es bin, braucht weder "Vorbilder" noch andere Formen der "literarischen Inspiration" um ein lesenswertes Buch zu schreiben.
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Zitat von: Lomax am 07. September 2008, 12:08:41
Nein, wirklich schwer fällt es nicht. Es gibt tatsächlich literaturwissenschaftliche Aufsätze, in denen der Einfluss anderer Literaten beispielsweise auf Kafkas Werk diskutiert wird. So findet man bei Kafka explizite Anklänge an Goethe, an jüdische Schrifttraditionen, an Flaubert, Kierkegaard und viele andere. Ein Teil dieser literarischen Einflüsse muss noch nicht mal von der Literaturwissenschaft extrahiert werden, sondern wurde von Kafka selbst in Briefen genannt, und zum Teil auch explizit auf einzelne Werke bezogen.

*lach* Da hast Du mich zugegebenermaßen kalt erwischt. Offen gestanden kenne ich nur Kafkas Bücher (Ausnahme: Amerika) und bin mit dem Menschen Kafka nur sehr oberflächlich vertraut.
Natürlich vertraue ich den von Dir hier angegebenen Informationen und wenn Du sagst, dass Kafka selbst auf "Vorbilder" verwiesen hat, dann hat das sicher seine Richtigkeit.

Nur: Meiner Meinung nach hätte Kafka diese Vorbilder nicht notwendigerweise gebraucht. Vielleicht ist das, was ich sagen wollte durch meine Antwort auf Lavendel ein bisschen deutlicher geworden.

Zitat von: Lomax am 07. September 2008, 12:08:41Hm, nach meiner oben gewählten biologischen Analogie würde ich diese Aussage nun übersetzen als "Es muss ja möglich sein, dass ein Mensch spontan aus dem Nichts entsteht, weil ja auch die erste lebende Zelle irgendwann mal ohne Vorgänger entstanden ist" ...
Nein, ehrlich gesagt überzeugt mich der Gedankengang nicht :hmmm:

Der war auch durchaus scherzhaft gemeint. :)

Viele Grüße

Taske
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Lavendel am 07. September 2008, 16:30:53
Zitat von: Taske am 07. September 2008, 15:45:18
Und da frage ich: Warum soll das heute nicht mehr möglich sein? Warum soll ein Mensch nicht dazu in der Lage sein allein aus seinem persönlichen Erleben heraus, aus den Eindrücken die ihn prägen ein (gutes) Buch zu schreiben?
Schreiben muss man lernen. Erzählen will gekonnt sein. So talentiert jemand auch sein mag, das Sprichwort 'Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen' trifft hier durchaus zu.

Zitat von: Taske am 07. September 2008, 15:45:18
Welche essentielle, nicht zu ersetzende Informationen liefern ihm die Bücher anderer Autoren? Informationen die ihm das "wahre Leben" nicht liefern kann, meine ich?
Leider ist Schreiben nicht bloß beschreiben. Ein Roman (ich setze jetzt mal voraus, dass wir über Romane sprechen) spiegelt nicht das 'wahre Leben' wider. Er ist kein Abbild der Realität, und er folgt gewissen grundlegenden Regeln, die ein Mensch nicht erlernen kann, wenn er sie nicht kennt.

Zitat von: Taske am 07. September 2008, 15:45:18
Ich sage nur: Eine größere Leuchte als ich es bin, braucht weder "Vorbilder" noch andere Formen der "literarischen Inspiration" um ein lesenswertes Buch zu schreiben.
Ich lasse das jetzt mal dahingestellt. Wir können ja jetzt ewig nein/doch schreien. Das bringt dir nichts und mir nichts. Warum ich glaube, dass das nicht möglich ist, ob die Bezugspunkte nun bewusst oder unbewusst sind, habe ich ja schon erklärt.

Zitat von: Taske am 07. September 2008, 15:45:18
Nur: Meiner Meinung nach hätte Kafka diese Vorbilder nicht notwendigerweise gebraucht.
Gebraucht für was? Um das Werk, das er geschrieben hat, so zu schreiben, wie er es getan hat? Doch, das vermutlich schon, denn hätte er die entsprechende Literatur nicht gelesen, wäre alles sicher etwas anders ausgefallen. Was passiert wäre, hätte er nichts gelesen, kann niemand sagen. Wir sind ja keine Hellseher. Wenn irgendwann mal jemand auftaucht, der sein Leben in einem von der Außenwelt abgeschlossenen Tal verbracht hat und eines Tages mit einem Manuskript in der Hand durch die Berge in die Zivilisation kommt, von der er noch nie etwas gehört oder gesehen hat, und wenn er sein Buch letztenendes gelesen und geschätzt wird, dann sprechen wir uns gerne wieder.

Solange sage ich zum eigentlichen Thema dieses Threats mal Folgendes: Es kann sehr hilfreich sein, sich beim Lesen nicht nur auf ein Genre zu beschränken, denn genau so kommt man ab und an auf sehr erfrischende Ideen.

Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Lomax am 07. September 2008, 17:41:58
Zitat von: Taske am 07. September 2008, 15:45:18Warum soll das heute nicht mehr möglich sein? Warum soll ein Mensch nicht dazu in der Lage sein allein aus seinem persönlichen Erleben heraus, aus den Eindrücken die ihn prägen ein (gutes) Buch zu schreiben?
Wenn es nur darum ginge, was man schreibt, wäre es vielleicht möglich. Aber Literatur ist ja in erster Linie eine Frage dessen, wie man schreibt. Und eben diese erzählerischen Möglichkeiten findet man nur in Literatur, nicht im täglichen Leben. Und weil es da so viele Möglichkeiten gibt, die sich nicht selbstverständlich offenbaren, sondern die erprobt wurden und sich im Wechselspiel mit unterschiedlicher Rezeption entwickelt haben, kann man nur auf dem heute erreichten und erwarteten Stand schreiben, wenn man diese Möglichkeiten auch kennen gelernt hat.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Taske am 07. September 2008, 17:43:17
Hallo Lavendel,

Zitat von: Lavendel am 07. September 2008, 16:30:53
Ich lasse das jetzt mal dahingestellt. Wir können ja jetzt ewig nein/doch schreien. Das bringt dir nichts und mir nichts. Warum ich glaube, dass das nicht möglich ist, ob die Bezugspunkte nun bewusst oder unbewusst sind, habe ich ja schon erklärt.

"Glaube" ist das Stichwort. Ich habe meine Meinung, Du hast Deine Meinung, wobei ich für mich nicht ausschließen will, das meine Ansicht auch "falsch" sein kann.

Auf theoretischem Wege wird unsere Diskussion kaum zu einem Ergebnis führen. Selbst das lebende Beispiel eines nicht-lesenden Autors, würde nur neue Debatten provozieren. Ist das was der schreibt nun "große Literatur" oder nicht?

In diesem Sinne: Wenden wir uns wieder anderen Themen zu.;)

Viele Grüße

Taske
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: gbwolf am 07. September 2008, 18:03:04
Zitat von: Taske am 07. September 2008, 17:43:17
In diesem Sinne: Wenden wir uns wieder anderen Themen zu.;)
Z.B. dem, dass Lomax & Taske mal dringend Moni eine PN schicken sollten, um ihre Avatare zurück zu bekommen!

Wir haben natürlich wieder mehrere Welten gemischt: Wer Hochliteratur schreibt, von dem wird eher ein Text akzeptiert, den er "aus sich heraus" schreibt, als von jemandem, der den Massenmarkt bedienen möchte.
Für mich selbst denke ich, dass jemand, der kaum/nicht gelesen hat, durchaus all sein Nachdenken über die Welt zu Papier bringen kann. Er kann es vielleicht sogar gut formulieren (vielleicht hat er lange über die Sätze gegrübelt/ein natürliches Rhythmusgefühl/viel mit Leuten debattiert?), aber die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Text für den Leser zugänglich wird, steigt mit jedem Buch, das der Autor liest.
Wenn es um Unterhaltungsliteratur geht, muss ich zugeben, mich immer etwas veralbert zu fühlen, wenn jemand sagt, dass er nichts liest, den Leser aber begeistern will. Wenn ich mir all die rhetorischen Tricks, den Romanaufbau, Stimmungen, etc. selbst durch Nachdenken erschließen müsste ... da würde ich alle 10 Jahre einen Roman schreiben, der dann vielleicht genial ist und eventuell zugänglich für normale Leser, aber leben kann man davon sicher nicht.

Und wo wir schon so viel vom Schreiben reden, sollte ich mich um meinen Plot kümmern ;)

Grüße
Wölfin
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Taske am 07. September 2008, 18:03:17
Hallo Lomax,

Zitat von: Lomax am 07. September 2008, 17:41:58
Wenn es nur darum ginge, was man schreibt, wäre es vielleicht möglich. Aber Literatur ist ja in erster Linie eine Frage dessen, wie man schreibt. Und eben diese erzählerischen Möglichkeiten findet man nur in Literatur, nicht im täglichen Leben. Und weil es da so viele Möglichkeiten gibt, die sich nicht selbstverständlich offenbaren, sondern die erprobt wurden und sich im Wechselspiel mit unterschiedlicher Rezeption entwickelt haben, kann man nur auf dem heute erreichten und erwarteten Stand schreiben, wenn man diese Möglichkeiten auch kennen gelernt hat.

Ok. Ich respektiere Deine Ansicht und möchte die Diskussion nicht in das Stadium der "Rechthaberei" überführen.

Als nächstes wäre mir das Beispiel der "Anne Frank" eingefallen. Sicher das Mädel hat vermutlich gelesen, doch wahrscheinlich eher wenig was "literarisch gehaltvoll" genannt werden könnte.
Und doch zählt ihr Tagebuch heute zur "Weltliteratur". Gut, dagegen liesse sich nun wieder sagen, dass es sich bei dem "Tagebuch der Anne Frank" um keinen Roman, sondern um ein "Zeitzeugnis" handeln würde usw.

Daher würde ich vorschlagen, die Diskussion (sofern sie zwischen Lavendel, Dir und mir geführt wurde) an diesem Punkt zu beenden. Eine Meinung ist eine Meinung und wenn wir alle die Gleiche hätten, wäre das Leben ja auch langweilig.;o)

Viele Grüße

Taske
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Lomax am 07. September 2008, 18:53:36
 
Zitat von: Die Wölfin am 07. September 2008, 18:03:04Z.B. dem, dass Lomax & Taske mal dringend Moni eine PN schicken sollten, um ihre Avatare zurück zu bekommen!
Hm, warum ist der denn überhaupt weg? Ich habe doch gar nichts an meinem Profil geändert? ???
Zitat von: Die Wölfin am 07. September 2008, 18:03:04Wer Hochliteratur schreibt, von dem wird eher ein Text akzeptiert, den er "aus sich heraus" schreibt, als von jemandem, der den Massenmarkt bedienen möchte.
Hm, eigentlich ist es eher umgekehrt: Gerade in der Hochliteratur ist die Anbindung an konkrete literarische Entwicklungen recht stark. Nicht umsonst konnte ich gerade für Kafka so schnell eine Antwort auf Taskes Theorie geben: Die meisten "Hochliteraten" setzen sich sehr explizit und sichtbar mit ihren Vorgängern auseinander, und Heerscharen von Germanisten haben nichts Besseres zu tun, als jeden dieser Belege zu sammeln und zu katalogisieren ;)
  Dieselbe Behauptung für irgendeinen namenlosen U-Schreiber, und es wäre möglicherweise viel schwerer geworden, die konkreten Abhängigkeiten hieb- und stichfest zu belegen.
Zitat von: Taske am 07. September 2008, 18:03:17Als nächstes wäre mir das Beispiel der "Anne Frank" eingefallen. Sicher das Mädel hat vermutlich gelesen, doch wahrscheinlich eher wenig was "literarisch gehaltvoll" genannt werden könnte.
Nein, im "internationalen Vergleich" habe ich in dieser Hinsicht noch eine sehr zurückhaltende Einstellung ;) - Ich würde mich nie zu der Aussage versteigen, man müsse "gewisse Werke" oder auch nur eine gewisse "Art von Werken" gelesen haben. Gerade weil ich glaube, dass Literatur in einem Spinnennetz von Abhängigkeiten zusammenhängt, denke ich auch, dass man die Knotenpunkte, die man davon kennt, recht willkürlich wählen kann. Sie sollten halt nur recht gut verteilt sein, und ein "blinder Fleck" genau an der Stelle, wo man selbst sich positioniert, tut dann auch nicht gut - so viel zum "genrebezogenen Lesen".

Anne Frank ist in der Tat ein problematisches Beispiel, bei dem sich die Frage stellt, inwiefern es im Sinne literaturwissenschaftlicher Theorie überhaupt ein "literarisches Werk" ist. Was ist der Anteil an künstlerischer Verfremdung darin? Eine Frage, die in der Tat auch diskutiert wurde ... Aber damit hast du sicher ein besseres Beispiel gefunden als Kafka :) Autobiographisches Schreiben ist ein Grenzfall in der Literatur.
  Aber vermutlich lässt sich zu dem Thema in einem hier angemessenen Rahmen wirklich nicht mehr sagen, als auch schon gesagt worden ist. Und man kann die Meinungen dann wirklich einfach so stehen lassen und respektieren - solange sie immerhin von Autoren stammen, die selbst lesen oder gelesen haben ;D
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Lavendel am 07. September 2008, 19:32:31
Ja, Anne Frank hat ihre Erlebnisse und Erfahrungen aufgeschieben und wird von Millionen Menschen gelesen, aber das Interesse an ihrer Geschichte fußt eher auf ihrer Bedeutung als Symbolfigur für die Schrecken des Nationalsozialismus. Sie ist mittlerweile eine Icone, aber ob man sie als große Schriftstellerin bezeichnen kann, das ist eine ganz andere Frage. Ich würde das Tagebuch zum Beispiel eher als historisches Dokument einordnen, denn als Autobiografie, denn es ist vielleicht sogar ein Grenzfall, was Autobiografien angeht.

Und was den Glauen angeht: Ich glaube nur gut begründet ;).
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: gbwolf am 07. September 2008, 19:36:02
@Lomax: Ok, eine Runde Nesseln für mich  ;)
In der SF hält man ja ebenfalls sehr viel darauf, Anspielungen einfließen zu lassen, die auf einem Werk basieren, dessen Verfasser sich bereits auf ein anderes bezieht ... und wenn man nicht die ganze Kette gelesen hat, kommt einem der Text wie unsinniger Brei vor.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: felis am 07. September 2008, 20:06:49
Nehmt mirs nicht übel, aber Anne Frank ist ein hundsmiserables Beispiel. Zum einen entzieht sich diese Sorte Betroffenheitsliteratur völlig den normalen literarischen Bewertungsmaßstäben zum anderen ist, soweit ich mich da aus dem Schuluntericht erinnere, das Tagebuch massivst von einem erfahrenen Lektor redigiert worden. O-Ton Anne Frank dürfte da nicht allzuviel sein.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Tenryu am 07. September 2008, 20:24:07
Das Argument mit dem Lektor kann man nicht gelten lassen, denn das gilt für alle Bücher, die in einem kommerziellen nicht-Druckkostenzuschuß-Verlag erschienen sind.
Ich würde ja zu gerne mal die originalen Manuskripte in der ersten Fassung von berühmten Autoren lesen und dann mit der gedruckten vergleichen.

Außerdem kann man ein Tagebuch nicht mit einem Roman oder überhaupt einem zur Veröffentlichung bestimmten Werk vergleichen.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Lomax am 07. September 2008, 20:31:19
Zitat von: felis am 07. September 2008, 20:06:49
Nehmt mirs nicht übel, aber Anne Frank ist ein hundsmiserables Beispiel. Zum einen entzieht sich diese Sorte Betroffenheitsliteratur völlig den normalen literarischen Bewertungsmaßstäben zum anderen ist, soweit ich mich da aus dem Schuluntericht erinnere, das Tagebuch massivst von einem erfahrenen Lektor redigiert worden.
Ja-ein. So leicht lässt sich das Beispiel nicht von der Hand weisen. Zum einen wird ja auch "Betroffenheitsliteratur" vor einer Veröffentlichung in der Regel gründlich lektoriert und bearbeitet - was ein Beleg dafür ist, dass sie eben doch nicht den normalen literarischen Bewertungsmaßstäben entzogen ist, weil ja dann der Lektor für eine gewisse "literarische Einordnung" sorgt.
  Und zum anderen ist die Frage nach der "Bearbeitung" von Anne Franks Tagebuch auch ein kontrovers diskutiertes Politikum, bei dem man so aus dem Stand und im Rahmen dieses Forums wohl kaum herausarbeiten kann, was die angemessene Beurteilung ist. Es gibt Originalschriften, an denen die Änderungen nachvollziehbar sind und die sich mit dem gedruckten Text vergleichen lassen. Und es gibt unterschiedliche Druckfassungen. Da müsste man schon sehr genau hinschauen, oder eine Menge Sekundärliteratur wälzen, um sich ein Urteil erlauben zu können.
  Gerade deshalb würde ich sagen, ist es aus Taskes Sicht ein gutes Beispiel, weil es eben schwer ist, auf irgendwas den Finger zu legen und in einem Satz zu sagen: "Da ist der literarische Einfluss bei der Autorin nachweisbar." In gewisser Hinsicht ist es natürlich ein etwas fieser rethorischer Kniff, in einer Diskussion über die Frage, ob jeder Wollfaden zwei Enden hat, ein möglichst verknotetes Knäuel in den Raum zu werfen und zu sagen: "Wenn du das glaubst, dann zeig mir doch an diesem Faden in den nächsten 20 Sekunden die beiden Enden!"
  Aber man muss Taske doch die Ehre lassen und einräumen, dass er ein brauchbares Knäuel für diesen Zweck gefunden hat. Den Punkt hat er nach meiner Einschätzung eindeutig gewonnen. :) Was natürlich für seine Belesenheit spricht ;D
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Tenryu am 07. September 2008, 20:35:43
Man sollte auch berücksichtigen, daß man Geschichten heutzutage nicht mehr unbedingt lesen muß. Seit der Einführung der Kinematographie gibt es Millionen Menschen rund um den Globus, welche die großen Klassiker nur als Film kennen.
Insofern kann man durchaus von Themen und Geschichten beeinflußt werden, ohne sie zwangsläufig gelesen zu haben. Und da viele Werke Themen früherer aufgreifen, kann man auch nicht unbedingt sagen, ob jemand die Originalgeschichte kennt, oder nur eine Adaption.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Lord Zahnstocher am 07. September 2008, 20:48:01
In Filmen findet man jedoch keinen Rückschluss auf die geschriebene Form der Geschichte, bzw. auf den Stil des Autoren. Über den Inhalt einer typischen Fantasygeschichte könnte man sich insofern auch durch eine Zusammenfassung im Internet schlau machen, über die Stile, in denen gute Geschichten geschrieben werden (könnten!) wird man jedoch nichts lernen, und kann vondaher auch weniger Parallelen zu seinem eigenen Werk erkennen.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Julia am 07. September 2008, 20:53:57
Zitat von: felis am 07. September 2008, 20:06:49
Nehmt mirs nicht übel, aber Anne Frank ist ein hundsmiserables Beispiel. Zum einen entzieht sich diese Sorte Betroffenheitsliteratur völlig den normalen literarischen Bewertungsmaßstäben zum anderen ist, soweit ich mich da aus dem Schuluntericht erinnere, das Tagebuch massivst von einem erfahrenen Lektor redigiert worden. O-Ton Anne Frank dürfte da nicht allzuviel sein.

Stimmt, und ich glaube, dass diese Sorte Bücher einfach anders "funktioniert" als ein Roman. Letztendlich hat man als Leser nämlich einen "echten" Menschen im Hinterkopf, für den man (so man denn ein gewisses Maß an Empathie sein eigen nennt) eben auch "echtes" Mitgefühl empfindet. Ein ähnliches Beispiel gab es vor einiger Zeit im Bertelsmann Klub - dort wurde Leser aufgefordert, Briefe einzusenden, die eine besondere Bedeutung in ihrem Leben hatten. Einer dieser Leser schickte die Postkarten und Briefe, die sein Verwandter (Sohn? Bruder?) von der Front anno '44 nach Hause gesendet hatte - kurze, liebevolle Zeilen an die Daheimgebliebenen, mit beinah alltäglichen Begebenheiten (so das an der Front im Krieg möglich war). Im letzten Brief erzählte der junge Soldat noch, wie sehr er sich freue, in zwei Tagen endlich nach Hause zurückkehren zu dürfen - einen Tag später war er tot, in einem Gefecht gefallen.

Ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber solche Geschichten gehen mir an die Nieren (selbst wenn sie inzwischen schon über 60 Jahre alt sind). Bei einem Roman hingegen wäre es mir ziemlich gleichgültig, wieviel (namenlose) Orks, Jungfrauen, Krieger oder what ever im Laufe der Geschichte über die Klinge springen ...


Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Lomax am 07. September 2008, 21:33:09
Zitat von: Tenryu am 07. September 2008, 20:35:43Man sollte auch berücksichtigen, daß man Geschichten heutzutage nicht mehr unbedingt lesen muß. Seit der Einführung der Kinematographie gibt es Millionen Menschen rund um den Globus, welche die großen Klassiker nur als Film kennen.
Ob diese Millionen dann auch als Buchautoren taugen, ist wieder eine andere Frage. ;)
Aber, nein: In gewisser Hinsicht hast du Recht. Filme können einen Teil der Lektüre ersetzen, auch für Autoren, denn vieles, was eine Geschichte ausmacht, findet man auch in Filmen wieder. Man kann daraus ein Gespür für aktuelle Inhalte ableiten, und auch gewisse dramaturgische und strukturelle Elemente. Dies umso mehr, weil ja auch die Unterhaltungsliteratur filmähnlicher wird. Da bringt in manchen literarischen Bereichen ein profundes Empfinden für das, was Filme "funktionieren" lässt, tatsächlich mehr als umfangreiche Kenntnis verschiedener Klassiker.
  Und doch gibt es einiges, was man in Filmen nicht erfährt. Das sind insbesondere all die sprachlichen Stilmöglichkeiten, mit denen man ein Buch lebendig werden lässt. Es sind all die erzählerischen Möglichkeiten, die ein Buch bietet, und die man braucht, um das zu ersetzen, was man an sinnlicher Erfahrung eines Films nicht in das Buchpacken kann. Und der Film hat auch nur ein eingeschränktes Repertoire an strukturellen und dramaturgischen Möglichenkeiten, die in der Literatur üblich sind. All diese Dinge muss man auch verinnerlichen, um ein Buch schreiben zu können - und so bleibt einem die Lektüre dann doch nicht erspart, sondern es ist allenfalls eine partielle Ergänzung durch Filme möglich.
Zitat von: Julia am 07. September 2008, 20:53:57Ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber solche Geschichten gehen mir an die Nieren (selbst wenn sie inzwischen schon über 60 Jahre alt sind). Bei einem Roman hingegen wäre es mir ziemlich gleichgültig, wieviel (namenlose) Orks, Jungfrauen, Krieger oder what ever im Laufe der Geschichte über die Klinge springen ...
Aber der Schreiber des Briefes war durch eben diesen Brief für dich ja keine namenlose Figur mehr. Du hattest beispielsweise Innensicht - was du in einem Roman meist nur für Protagonisten bekommst. Und wenn deren Schicksal dir nicht nahe geht, hat der Autor etwas falsch gemacht.
  Also, die Wirkung so eines Briefes sollte ein Roman durchaus auch vermitteln (können).
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Luisa am 07. September 2008, 21:54:04
Da sich hier gerade alles versammelt war ich der Meinung, mich auch noch einbringen zu müssen.  ;D

Zuerst einmal glaube ich, dass es grundsätzlich ziemlich schwer ist, einen guten Autoren zu finden, der selbst nicht viel liest und am liebsten in seinem Genre. Denn wer gerne schreibt liest meistens auch gerne... Und selbst wenn jemand gerne schreibt, aber ungern liest, wird er wahrscheinlich nicht allzu weit kommen, denn zum Schreiben braucht es auch einen gewissen Wortschatz, der sich am besten durchs Lesen fördern lässt... :innocent:

Ob es hilfreich ist, in seinem Genre gelesen zu haben, hängt bestimmt auch vom Genre ab. Bei Fantasy kann man auch ohne große Vorerfahrung auf dem Gebiet gute Einfälle haben. Vielleicht ist das manchmal sogar ganz gut, denn dann kann der Autor nicht auf die altbekannten Figuren und Klischees zurückgreifen.
Wenn man allerdings Biografien schreibt und keine Ahnung hat, wie dieselben aufgebaut und geschrieben sind, muss man mMn schon sehr gut sein, um ein ordentliches Endergebnis vorzeigen zu können.

Außerdem würde ich dafür nicht "sollen" und "müssen" verwenden. Solange der Autor gute Bücher schreibt, kann er meinetwegen in einem völlig anderen Genre lesen. Aber wie gesagt glaube ich nicht, dass so etwas allzu oft vorkommt. Das wüde quasi bedeuten, dass der Autor andere Bücher lieber liest, als sein eigenes.  ::)

Fazit: Ich erwarte von keinem Autor zwingend, in seinem Genre zu lesen, solange er nicht erwartet, dass ich seine Bücher gut finde. Trotzdem glaube ich, dass es für jeden Autor hilfreich  und inspirierend und für manche auch notwendig ist.



Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Julia am 07. September 2008, 22:13:19
Zitat von: Lomax am 07. September 2008, 21:33:09
Aber der Schreiber des Briefes war durch eben diesen Brief für dich ja keine namenlose Figur mehr. Du hattest beispielsweise Innensicht - was du in einem Roman meist nur für Protagonisten bekommst. Und wenn deren Schicksal dir nicht nahe geht, hat der Autor etwas falsch gemacht.
  Also, die Wirkung so eines Briefes sollte ein Roman durchaus auch vermitteln (können).

Ja, das stimmt. Trotzdem "funktioniert" ein Roman in meinen Augen anders - meist dauert es einige Zeit, bis man zum Prota eine Beziehung aufbaut (wenn der Autor alles richtig gemacht hat  ;)).
Bei den Briefen reichten allerdings schon einige Zeilen (ohne literarische oder stilistische Schnörkel, einfach und schlicht geschrieben, aber gerade deshalb voller Hoffnung), um mich mitfühlen zu lassen.

Ich denke, solche "Betroffenheitsliteratur" spricht beim Leser schlicht eine andere Ebene an als ein Roman (und möglicherweise wirkt dann eine gewisse literarische Unbeholfenheit sogar "authentischer").
Entsprechend kann man also zwar Tagebücher und Postkarten schreiben, die den Leser mitfühlen lassen, aber eben noch lange keinen (guten) Roman. Oder? 

Liebe Grüße,

Julia
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Lomax am 07. September 2008, 22:32:54
Zitat von: Julia am 07. September 2008, 22:13:19Ich denke, solche "Betroffenheitsliteratur" spricht beim Leser schlicht eine andere Ebene an als ein Roman (und möglicherweise wirkt dann eine gewisse literarische Unbeholfenheit sogar "authentischer").
Entsprechend kann man also zwar Tagebücher und Postkarten schreiben, die den Leser mitfühlen lassen, aber eben noch lange keinen (guten) Roman. Oder?
Hm, ich habe das Gefühl, wir entfernen uns vom Thema ...
  Du hast Recht mit der Beobachtung, dass natürlich Briefe eine ganz eigene Wirkung ausüben können, bei der mehr das dahinterstehende Schicksal wirkt als die Form, in die es gebracht wurde. Die Frage ist allerdings, ob man das dann mit "Betroffenheitsliteratur" gleichsetzen kann. Denn dafür, dass Letzteres eben doch eine literarische Form ist, sprechen zumindest zwei Sachverhalte:
  Zum einen eben, dass ein Großteil der Betroffenheitsliteratur eben doch nicht 1:1 Briefe und Tagebücher abbildet, oder auch nur die unverbildete Stimme des Betroffenen zu Wort kommen lässt, sondern dass diese Texte meist sehr stark von einem Lektor und nach gewissen "Genreregeln" gestaltet werden.
  Und dann der Punkt, dass längst nicht alle "Betroffenheitsliteratur" authentisch ist. Oft ist das persönliche Schicksal nur eine Fiktion, und die Texte sind von einem Autor einfach professionell verfasst worden; und gerade die "Schicksalsberichte" im Zeitschriftenbereich, die ja ganz eindeutig dieselbe Zielgruppe ansprechen wie "echte Lebensbeichten", werden fast ausschließlich als Fiktion von entsprechenden professionellen Autoren verfasst.
  Da verschwimmt die Grenze zwischen literarischer Form und originärer Quelle schon ziemlich - oder zumindest gibt es ein literarisches Genre, dass ebenfalls mit gewissen Genreregeln eben diese Textform "abbildet" - und auch dieselbe Wirkung erzielt.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: felis am 08. September 2008, 10:51:34
@Lomax womit wir dann bei einem speziellen Genre nämlich eben "Betroffenheitsliteratur" wären zu dessen Regeln es gehört, eine gewisse schreiberische Unbeholfenheit als /vermeintliche?) Authentzizität zu akzeptieren.

Das heißt aber noch lange nicht, dass jemand, der einmal einen Betroffenheitsbestselle landen konnte, deswegen ein Schriftsteller ist, von dem mehr oder minder regelmäßig irgendwas kreativ schreiberisches zu erwarten ist. die meisten Lebensbeichten sind und bleiben Einzelstücke - nix für jemand, der den Beruf des Autors anstrebt. Und auch deswegen bleibe ich dabei - ist Betroffenheitsliteratur ein schlechtes Beispiel.  ;)
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Julia am 08. September 2008, 17:39:10
@ Lomax: Mea culpa  ;), ich hatte gestern Abend meine Argumentation etwas schlampig formuliert ... (wenn man müde ist, sollte man schlafen gehen und nicht mehr schreiben  :laken:)
Mit "Betroffenheitsliteratur" waren in meinen Beispielen mehr die "echten Schicksalsberichte" gemeint - dass die erste Bezeichnung natürlich auch das ganze Genre umschreibt, hatte ich dabei schlichtweg unterschlagen. Letztendlich ergänzt sich aber beides - da sowohl die "echten" als auch die von professionellen Schreiberlingen verfaßten Lebensbeichten auf die gleiche Weise funktionieren, sehe ich hier das Bindeglied zwischen "intuitiven" und "geplantem" Schreiben. Intuitiv können damit die Menschen schreiben, die tatsächlich irgendetwas trauriges, mitleiderregendes (oder was auch immer) erlebt haben. Anne Frank hatte vor ihren Tagebüchern mit Sicherheit nichts vergleichbares gelesen, und auch eine Christiane F. hat vermutlich niemals ein typisches "Problembuch" gelesen oder gar analysiert, bevor sie "Wir die Kinder vom Bahnhof Zoo" schrieb. Ob und wieviel die Lektoren dann vor der Veröffentlichung noch redigiert haben, sei jetzt mal dahingestellt. Anscheinend lösen solche Bücher auch in weniger literarisch ausgefeilter Form diesen "Ach du Arme" - Reflex bei den Menschen aus.
Autoren, die auf dieser Welle mitschwimmen wollen (und leider nichts vergleichbares erlebt haben), müssen sich dann aber doch wieder an die typischen Genreregeln halten und eben wissen, wie diese Art von Büchern "funktionieren". Ergo müssen sie lesen - womit wir jetzt wieder beim Thema sind.

Vielleicht liege ich jetzt mit meiner Schlußfolgerung falsch, aber auf die Frage, ob ein Autor in seinem Genre lesen muss oder soll, würde ich inzwischen sagen:

Nein - wenn er nur für sich schreibt
Nicht unbedingt - wenn er eine weniger rationale Ebene beim Leser ansprechen will (eben diese "Schicksalsberichte") und dabei über eigene erlebten Erfahrungen schreibt
Ja, auf jeden Fall - sobald er ein bestimmtes Genre bedienen will.

Was jetzt notwendig ist oder nicht, um die "hohe" Literatur zu bedienen, kann ich damit allerdings immer noch nicht beurteilen. Áber darüber mögen sich auch andere Geister streiten ...  :omn:

Liebe Grüße,

Julia
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Fianna am 19. Juni 2012, 06:11:57
Ich wollte das Thema nochmal hochholen:
wäre es evt eine Idee, mal eine foreninterne "Klassiker-Liste nach Genre" aufzustellen?
Also Ergänzung mit Begründung. Vielleicht wäre das für den einen oder anderen hilfreich.

Mir fiel z.B. heute nacht auf, dass ich jeder Sword and Sorcery schreibenden Frau ein bestimmtes Buch empfehlen würde. Ich habe es gerade sogar antiquarisch gekauft, weil ich es einer Schreib-Freundin mit Hänger schicken wollte.

Andererseits fiel in diesem Thread auch der Name Moorcock - habe ich jetzt net gelesen.
Andere Leute haben vielleicht eine andere "To read"-List; es wäre sicher interessant zu erfahren, wer warum für "mein" Genre welches Buch als so wichtig ansieht. (Chronologisch gesehen fehlen mir noch Buchtipps aus der "Mitte"  ;D).

Könnte man ja alles in einen Thread machen. Dann schreibt einfach jeder in den Beitragstitel das Genre, im Text das Buch und was er davon gelernt hat /welchen Aspekt er so wichtig bzw. gut umgesetzt findet, dass jeder Schreiber dieses Genres das lesen sollte...
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Ryadne am 28. Oktober 2012, 15:54:19
@Fianna
Schreib das doch in den Wunschthreads-Thread: http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,10521.msg385926.html#msg385926
Hier scheint mir das etwas untergegangen zu sein.

Ich verorte mich generell auch bei denen, die es für sinnvoll halten, wenn man auch Bücher des Genres liest, in dem man selbst schreibt. Gerade schreibe ich an einer Krimi-Kurzgeschichte und ich habe damit viel mehr Probleme als sonst, einfach deshalb, weil ich überhaupt keine Krimis lese, noch nicht einmal gucke, und entsprechend gar nicht weiß, wie der Aufbau klassischerweise sein sollte oder was typische Erzählweisen des Genres sind.

Natürlich kann es erfrischend sein, wenn jemand ohne viel Genreahnung sich dessen annimmt und warum nicht mal so ein Experiment wagen? Aber dann muss er auch damit rechnen, dass sein Werk für den Leser unangenehme Brüche beinhaltet - oder es nicht so originell ist, wie er glaubt, da eben auch schon vor ihm Leute auf die Idee gekommen sind, dass es nicht nur "Herr der Ringe" und "Eragon" geben kann...
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Brigadoona am 28. Oktober 2012, 18:45:46
Zitat von: Ryadne am 28. Oktober 2012, 15:54:19
Gerade schreibe ich an einer Krimi-Kurzgeschichte und ich habe damit viel mehr Probleme als sonst, einfach deshalb, weil ich überhaupt keine Krimis lese, noch nicht einmal gucke, und entsprechend gar nicht weiß, wie der Aufbau klassischerweise sein sollte oder was typische Erzählweisen des Genres sind.

Hallo Ryadne,

das Problem kenne ich.
Ich habe vor einigen Monaten einen Jugendkrimi geschrieben und bin ständig "hängen" geblieben. Mich hat auch nie dieses "ich muss unbedingt weiterschreiben" gepackt.
Mittlerweile - nach ein paar Überarbeitungsphasen, durch die ich mich auch wieder "quälen" musste - muss ich sagen, dass mir die Geschichte ganz gut gefällt. Allerdings ist das momentan (noch) meine alleinige Meinung.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: rogoberlin am 04. November 2012, 20:54:01
Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?

Meine Meinung dazu?

Ja und Nein.

Ich lese in meinen Genre, klar weil es mir sehr gefällt.
Ich schreibe in genau diesem Genre, klar weil es mir auch gefällt.

Dennoch lese ich ab und an auch Bücher, die eben nicht in diesem Genre reinpassen. Warum auch nicht?
Hauptbestandteil jedoch ist, das ich halt Bücher verschlinge, die ich eben auch gerne selber schreibe.

In diesem Sinne..Gruss aus dem verregneten Berlin von Roy



Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Guddy am 25. Januar 2014, 14:36:12
Ich hole das Thema mal wieder aus der krepierenden Versenkung hervor, da ich gerade ein kleines "Problem" habe. Oder wäre ein Extrathread passender dafür? Bin mir unsicher, aber passt bestimmt so.

Jedenfalls ist mir zuletzt erst richtig bewusst geworden, noch nie einen "normalen" Liebesroman und erst einen einzigen Romantasyroman gelesen zu haben. Ich bin keine Romantikerin, gucke lieber Action-, als Liebesfilme und wenn eine Liebesszene in Film oder Roman zu ausführlich beschrieben ist, verdrehe ich gerne mal die Augen. Das Problem an der Sache ist, dass mein eigenes Projekt einige Romantikanteile hat. Genauer: Man könnte es tatsächlich auch als Romantasyroman sehen.

Es gefällt mir allerdings, sehr sogar, was auch daran liegt, dass es sich, soweit ich das sehe, von den klassischen Romantasyroman doch ziemlich unterscheidet (was natürlich auch an meinem persönlichen Gefühl liegen könnte ;) ). Ich persönlich finde es bspw. nicht kitschig, die Geschichte, die sich um die beiden geflochten hat, stimmungsvoll...  Wobei ich nicht sagen möchte, dass alle Romantasyromane doof seien. Es ist nur einfach nicht mein Genre :)

Wenn ich mir diesen Thread hier durchlese, kommen mir dann natürlich schon Bedenken. Kann das überhaupt so funktionieren oder ist die Diskrepanz zu groß? Wer von euch schreibt denn auch in einem ihm eher ungewohnten Genre bzw mit ungewohnten Anleihen? Und wie funktioniert das bei euch?

(Wobei mein Projekt eigentlich  klassische, schmutzige Fantasy mit Kämpfen, Schwertern, Brutalität etc. ist. Also eine.. echte Schimäre?)

Nachtrag: Mir persönlich ist es egal, ob es seitens der Verleger und der Genrevorlagen zu unkonventionell ist. Für einen Romatasyroman zu unschablonenhaft oder für einen Fantasyroman mit zu vielen "romantischen" Elementen. Primär soll es mein (bzw unser, schreiben ja zu zweit) Projekt sein und bleiben. (ws wiederum Annahme von Kritik etc nicht ausschließt. Ihr wisst schon, was ich meine ;) )
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Franziska am 25. Januar 2014, 15:49:32
Was du schreibst, klingt es ja so, dass du keine klassische Romantasy schreibst, also musst du es natürlich auch nicht lesen. An deiner Stelle würde ich aber schon gucken, ob es vergleichbare Titel gibt. Dass die Liebesgeschicht wichtig ist, ist für Fantasy ja nicht so ungewöhnlich. Ist es denn Urban Fantasy? Wir hatten ja irgendwo die Diskussion zu Urban Fantasy und Romantasy. Bei Romantasy erwarten die Leser eine bestimmte Art von Romantik. Dass heißt ja aber nicht, dass es nicht auch andere Romane mit Liebesgeschichten gibt, die da nicht reinfallen.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Guddy am 25. Januar 2014, 16:14:50
Nein, es ist wie gesagt recht klassische Fantasy :)
Bin Neuling in dem ganzen Autorenbereich, daher kenne ich mich mit vielen Dingen einfach absolut nicht aus. Um es mit Merkel zu zitieren: "Für mich ist das, worüber in diesem Forum geschrieben wird, Neuland". Aber deine Antwort beruhigt mich schonmal, das klang hier im Thread teilweise etwas anders.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Fianna am 25. Januar 2014, 19:20:25
Das erinnert mich an Sabrina Qunajs Elfenreihe. Falls Du es mal ändern möchtest, könntest Du da mit dem ersten Band einsteigen (Bibliothek hat es sicher).
Sie hat es übrigens auch nicht Romantasy-Normen entsprechend, also denke ich nicht, dass das ein Problem ist.

Ich hab ein "Romantic High Fantasy" als Zweitprojekt (wobei meine Freundin es eher als "Romantic Social Fantasy" bezeichnen würde, das ist allerdings kein vermarktungsfähiges Label), in dem ich diese Normen auch nicht beachte. Die passen nicht zu meiner Prämisse ;) und da ich nicht vom Schreiben lebe, sondern nur aus Spaß und Vergnügen schreibe, kann ich mir den Luxus erlauben, das einfach zu ignorieren.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Klecks am 26. Januar 2014, 10:26:06
Ich schreibe und lese so viele verschiedene Bücher und habe mich bisher, lesend und schreibend, mit fast jedem Genre auseinandergesetzt. Daher könnte ich es gar nicht vermeiden, in einem Genre zu lesen, in dem ich schreibe oder schreiben will.

Allerdings schreibe auch ich selten Klassisches in dem jeweiligen Genre.  ;D
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Merlinda am 26. Januar 2014, 10:38:56
Mir geht es ähnlich wie Klecks. Ich lese und schreibe auch alles bunt durcheinander, wodurch es auch bei mir eher unwahrscheinlich ist, dass ich ein Genre, dass ich schreibe nicht auch lese. :)

Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Lucien am 26. Januar 2014, 12:42:29
Ich schreibe Fantasy und ich lese Fantasy. Es ist einfach mein absolutes Lieblings-Genre.

Früher habe ich gerne Karl May gelesen, dann kam eine kurze Thriller-Phase ... aber wenn ich mit heute anschaue, was in meinem Regal steht, sind es (neben Sachbüchern und Ratgebern) nur noch Fantasy-Romane.
Das fing schon ganz früh an mit "Drachenreiter" von Cornelia Funke und dann Harry Potter und Herr der Ringe.

Ich finde es vor- und nachteilhaft. Zum einen wage ich zu behaupten, ein recht gutes Gespür zu haben, ob ich gerade auf dem richtigen Weg bin oder nicht ... auf der anderen Seite entdecke ich immer wieder etwas, das es so schon gibt und das bringt mich dann immer etwas aus dem Konzept.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Felicity am 26. Januar 2014, 14:13:12
ZitatIch schreibe Fantasy und ich lese Fantasy. Es ist einfach mein absolutes Lieblings-Genre.

Meins auch. Zum Beispiel mit Krimis kann ich überhaupt nichts anfangen, warum auch immer. Ebenso wenig mit Romanen, die sich nur mit der Liebe beschäftigen, das schläft mir meist das Gesicht ein, obwohl ich eigentlich eine Romantikerin bin.

Ich habe - zumindest bin ich mir ziemlich sicher - bisher immer nur Fantasy geschrieben, allerdings meist in einem anderen Subgenre. Ich finde es gehört einfach dazu, dass ein Autor das schreibt, was er auch (gerne) liest, sonst ergibt das für mich irgendwie keinen Sinn. Wieso sollte ich denn ein Buch schreiben, das ich selbst nicht lesen würde? Da sind Selbstzweifel und Ratlosigkeit doch vorprogrammiert.  :gähn:
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: HauntingWitch am 27. Januar 2014, 08:10:19
Ich finde, dass ein Autor auf jeden Fall in "seinem" Genre lesen sollte. Das heisst ja nicht, dass man deswegen nichts anderes lesen darf. Aber man muss schon wissen, wie das Genre funktioniert, was die gängigen Klischees sind, was als unbedingt notwendig gilt und was man getrost lassen kann, usw. Das eignet man sich nur mit lesen an.

ZitatWer von euch schreibt denn auch in einem ihm eher ungewohnten Genre bzw mit ungewohnten Anleihen? Und wie funktioniert das bei euch?

Anleihen finde ich völlig in Ordnung. Denn der Inhalt deines Textes entsteht ja auch aus Erfahrung und Beobachtungen, die du im Leben machst und diese sind ja nicht Genre-abhängig. Ich lese z.B. auch keine Romantasy und ich mag so Kitsch-Romantik nicht. Aber irgendwie geraten meine Liebesgeschichten immer automatisch grösser, als ich es eigentlich wollte. Ich habe aber nicht das Gefühl, dass das schlecht oder falsch ist. Es ist einfach so, das ist wohl ein unterschätzter Teil von mir.

Wenn ich ein ganzes ungewohntes Genre schreiben wollte, würde ich aber aus genannten erst einige Bücher aus diesem Genre lesen.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Alaun am 27. Januar 2014, 08:32:11
Das ist wirklich spannend, denn ich schreibe z.B. einen Genremix aus Krimi und Phantastik - und ich lese weder Krimis besonders gerne, noch überbordend viel Phantastik (nicht mehr). Ich lese eigentlich die meiste Zeit Sachbücher (oft zu Recherchezwecken oder einfach weil es mir Spaß macht) oder aber Belletristik (komme aber sehr selten dazu, weil ich gerade eben so viele spannende Sachbücher hier liegen habe ;D). Ein Problem für meinen Genremix ist es trotzdem nicht, denn ich frage mich beim Schreiben immer, was ich als Leser einer Geschichte interessant finden würde. Und daraus stricke ich dann die Story.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Drachenfeder am 28. Januar 2014, 11:46:45
Man lernt unheimlich viel beim Lesen von Büchern, die nicht im eigenen Genre lesen. Ich sehe das nur positiv. Meine aktuelles Novellenprojekt liegt auch in einem Thema, dass ich selbst nicht wirklich lese  ;D
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Pygmalion am 28. Januar 2014, 14:50:42
Ich finde, ein Autor sollte generell viel lesen und zwar in allen Genres. Klar kann der Schwerpunkt auf dem liegen, was man selbst schreibt, damit man dort mit den Konventionen, typischen Merkmalen und Abläufen vertrauter wird. Aber auch andere Genres, können einem da wertvolle Hinweise geben, Sachen mal nicht aus dem klassischen Fantasyblickwinkel zu betrachten und so zu neuen Ansätzen zu gelangen. Nur Fantasy lese ich auch nicht, dazwischen brauche ich immer wieder andere Sachen. Das kann sowas wie "Der Hundertjährige" sein oder auch David Benioff, aber auch historische Romane. Das alles hilft mir auch unterbewusst beim Schreiben, vor allem was Formulierungen angeht.

Ich würde aber nie auf die Idee kommen mich hinzusetzen und einen Krimi zu schreiben, weil ich einfach noch keinen gelesen habe. Ich weiß gar nicht, wie das funktioniert. Gleiches gilt für Liebesromane. Aber das wäre ja dann mit dem Vorsatz, dieses Genre zu schreiben. Du schreibst ja eine Fantasygeschichte, in der Romantik vorkommt. Das ist für mich ein deutlicher Unterschied und demnach völlig ok. Ich fnde auch, dass es sowieso viel zu viele Untergenres gibt, über die sich ein "normaler" Leser vermutlich nicht die geringsten Gedanken macht. Im Buchladen stehen die Sachen bei Fantasy/SciFi. Den Unterschied zwischen Urban Fantasy und High Fantasy kriegen viele vermutlich noch mit, aber wenn dann jemand mit sowas wie "Grim und Gritty" ankommt, hörts vermutlich auch bei den meisten Autoren auf. Was ich damit sagen will, sich zu sehr auf Genrezuweisungen zu fixieren finde ich nicht sinnvoll.
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Drachenfeder am 28. Januar 2014, 15:02:01
Zitat von: Pygmalion am 28. Januar 2014, 14:50:42
Ich finde, ein Autor sollte generell viel lesen und zwar in allen Genres.

In allen? Oh nein, oh nein. :hand: Eine Liebesschnulze würde mich ins Grab bringen  ;D


Zitat von: Pygmalion am 28. Januar 2014, 14:50:42
Nur Fantasy lese ich auch nicht, dazwischen brauche ich immer wieder andere Sachen. Das kann sowas wie "Der Hundertjährige" sein oder auch David Benioff [...]  Das alles hilft mir auch unterbewusst beim Schreiben, vor allem was Formulierungen angeht.

Zwei sehr gute Beispiele. Das unterschreib ich!  :jau:
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Pygmalion am 28. Januar 2014, 15:03:48
Okay, in allen ist vielleicht zu drastisch. Ersetze das durch "in mehreren" :D
Titel: Re: Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?
Beitrag von: Kati am 28. Januar 2014, 17:57:33
Ich finde es auch wichtiger, überhaupt zu lesen als bloß in "seinem" Genre zu lesen. Natürlich ist es wichtig, die Regeln eines Genres zu kennen und herauszufinden, wie ein Genre erzählt wird und wie es funktioniert, aber es kann wie gesagt auch neue Ideen bringen mal ein Genre zu lesen, dass man bisher nicht gelesen hat oder von dem man glaubt, man würde es nicht mögen. Ich habe jahrelang behauptet, ich mag keine Krimis. Mann, lag ich falsch. Ich habe nur nicht die für mich richtige Sorte von Krimi gelesen. Man muss ja auch sehen, dass "Krimi" oder auch "Romantasy" bedeutet, dass alle Romane gleich sind. Es gibt einen ähnlichen Aufbau, aber es gibt immer noch Abstufungen und Untergruppen selbst, wenn die vielleicht nicht einmal Namen als eigene Untergenres haben. Ein ganzes Genre abzulehnen, weil man mal ein, zwei Bücher gelesen hat, die einem nicht gefallen, finde ich schade. Besonders, wenn man in dem Genre schreiben möchte, dann sollte man vielleicht doch weitersuchen und gucken, ob es nicht doch ein paar Romane gibt, die man mag. Andersrum geht das aber leider auch: Ich mag zum Beispiel Steampunk als Genre und als Konzept sehr gern, aber ich finde wenig Bücher, die mir wirklich gefallen. Ich suche aber weiter, weil sich die Sachen, die mir gefallen würden, bestimmt irgendwo verstecken.

Das Problem ist ja auch, dass viele Leute glauben, "Kunst" würde aus sich selbst heraus entstehen, aber ohne Einflüsse durch andere Romane, durch die momentane Gesellschaft und die Erfahrungen, die man macht, kann man auch keinen Roman schreiben. Und selbst lesen, schauen, welche Autoren und Romane einen beeinflussen, und was man mit der Inspiration dann machen kann, finde ich sehr wichtig. Ohne Einflüsse und Inspirationen kann man keinen guten Roman schreiben. Ob die Einflüsse unbedingt aus demselben Genre kommen müssen sei mal dahingestellt, aber es hilft bestimmt, weil es näher an dem dran ist, was man selbst machen möchte.