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Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?

Begonnen von Luna, 19. März 2012, 10:48:12

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Luna

Ich mache mir in letzter Zeit verstärkt Gedanken über Eindeutschungen. Ich habe mich so über die Übersetzung bei George R. R. Martin geärgert. Und nicht nur dort wurde fleißig eingedeutscht. Hier gab es bereits eine kleine Diskussion dazu: http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,2309.msg360378.html#msg360378
Ich finde nach wie vor, dass man Namen und Eigennamen nicht eindeutscht. Gerade bei den erwähnten Beispielen Harry Potter, Shakespeare oder Herr der Ringe. Rowling z. B. legte viel Wert auf England, bzw. die englische Sprache, so sollte der Harry-Darsteller auch ein Engländer sein usw. Tolkien war Professor für englische Sprache und Das Lied von Eis und Feuer ist ans englische Mittelalter angelehnt. Warum denn dann eindeutschen? Das verfälscht erstens, finde ich, und zweitens geht da auch viel von dem Flair verloren.
Tut es wirklich Not, aus Hermione eine Hermine zu machen? Aus Jon Snow einen Jon Schnee? Casterly Rock - Casterlystein ist echt noch das schrägste. Und wenn ich Theon Greyjoy - Theon Graufreud :wums: lese, da schüttelts mich und ich weiß echt nicht, ob ich da lachen oder weinen soll, übertrieben gesagt. Ok, manche Namen sind weniger auffällig, z. B. dass Hermine in Wahrheit Hermione heißt, habe ich erst seit besagter kleiner Diskussion erfahren (mMn trotzdem eine Verfälschung). Bei dem Lied von Eis und Feuer aber, wären mir da einige Namen doch seltsam vorkommen, auch wenn ich noch nie von den Übersetzungsdiskussionen gehört hätte oder aber die Originalnamen nicht kennen würde. Und wenn man sich einige Amazon-Rezensionen zu Martins Werken oder auch zu dieser einen Herr der Ringe Übersetzung ansieht, ärgere nicht nur ich mich über diese Eindeutschungen.
Ich möchte jetzt wirklich niemanden angreifen, nichts liegt mir ferner, ist nur eine Meinung, aber ich frage mich nur schon die ganze Zeit, plump ausgedrückt, auf welchem "Mist" das gewachsen ist? Ich vermute mal stark, die armen Übersetzer können am wenigsten dafür. Verlagsdiktat?

Wie steht ihr denn überhaupt so zu Eindeutschungen? Vielleicht kann ich mich ja doch noch von ihrer Sinnhaftigkeit überzeugen lassen. Ich glaube, ich habe da momentan so ein Brett vor dem Kopf, dass mir keine sinnvollen Beispiele einfallen wollen.

Malinche

#1
Hm, generell stimme ich dir zu, aber ich denke auch, dass man da schwer ein pauschales Urteil fällen kann. Gerade beim Vergleich von George R. R. Martin und Tolkien.

Die Zeit, in der Tolkien ins Deutsche übersetzt wurde, war eben noch eine Zeit, in der Eindeutschungen von übersetzten Namen sehr üblich waren, und er hat sich bei seiner Arbeit meines Wissens sehr stark mit der Übersetzerin Margaret Carroux abgesprochen - das Wort "Elbe" ist, glaube ich, von Tolkien höchstpersönlich abgesegnet. Es bleibt natürlich die Ausnahme, wenn die Einbindung eines Autors in den Übersetzungsvorgang auf diese Weise möglich ist und auch gemacht wird.
[EDIT: Die neuere Tolkien-Übersetzung von Wolfgang Krege ist natürlich eine ganz andere Geschichte, krankt aber nicht an den Eindeutschungen, sondern generell an den unsäglichen Übersetzungs-Faux-Pas - wenn in einem mittelalterlichen Setting gesiezt wird, die Worte "Chef", "Firma", "dreckiges weißes Logo" fallen, dann ist das grauslich, Punkt. Gehört aber nicht hierher, weil das Problem ein anderes ist. ;D Ich lasse nur keine Gelegenheit aus, darüber zu fluchen.)

Bei George R.R. Martin, den ich auf Englisch lese, rollen sich mir bei den Beispielen auch die Zehnägel hoch, außerdem habe ich zusätzlich gehört, dass diese Eindeutschungen quasi erst in der laufenden Reihe eingefügt werden ... wenn das stimmt, skandalös, dann ist nicht einmal da Konsequenz drin. Ich finde die Beispiele auch nicht besonders gelungen - Casterlystein ist wirklich ... schräg. (Oder, soweit ich weiß, dass Lannister in den Übersetzungen jetzt Lennister geschrieben wird).

Ich denke, dass die Eindeutschungen in vielen Fällen schlichtweg nicht nötig sind. Gerade wenn es um das Englische geht, denn das ist ja nun wirklich recht präsent und verständlich. Auf der anderen Seite kann es dann doch nötig und auch sinnvoll sein, deutsche Entsprechungen zu finden, gerade dann, wenn das englische Wort nicht als so geläufig und verständlich vorausgesetzt werden kann. Das "Auenland" ist für mich so ein Beispiel. Ich bin froh, dass ich mit diesem Wort aufwachsen durfte. Ein Übersetzer hat ja immer auch die Aufgabe, Atmosphäre und Grundstimmung des Originals in die andere Sprache zu transportieren, und ich denke, dass es Fälle gibt, in denen das auch eine Eindeutschung verlangt - ich denke aber auch, dass Eindeutschungen wie alles, was mit Übersetzen zu tun hat, sehr viel an Fingerspitzengefühl erfordern. Sie können gut und treffend sein. Sie können aber auch völlig in die Hose gehen.

Und ein weiterer Gedanke: Der Threadtitel heißt Eindeutschungen, aber ich sehe es an deinen Beispielen (auch an meinen) und ahne es für zukünftige Posts, dass die Diskussion sich sehr stark um englische Werke drehen wird. Meiner Meinung nach muss man das differenziert sehen. Sicher gibt es gerade im Fantasy-Bereich sehr viel mehr englische Sachen, die ins Deutsche übersetzt werden, und gerade die Klassiker wie Tolkien bieten da eine gute Diskussionsgrundlage.

Aber: Was ist mit Übersetzungen aus dem Spanischen oder Französischen? Wie sieht es da mit Eindeutschungen aus? Ist das anders als beim Englischen, wo, wie gesagt, ein recht hoher Kenntnisgrad bei deutschen Lesern vorausgesetzt werden kann? (Dazu fällt mir noch ein, dass bei Übersetzungen in andere Sprachen teilweise gnadenlos alles übertragen wird. Im Spanischen heißt es auch Jon Nieve und bis ich mal gerafft habe, dass "Invernalia" Winterfell ist ... Ich lache darüber, aber wir dürfen nicht vergessen, dass z.B. in spanischsprachigen Ländern das Englische nicht auf die gleiche Weise präsent und selbstverständlich ist wie in deutschsprachigen. Das ist auch noch mal ein Punkt, was das Übertragen von Originalnamen in andere Sprachen betrifft. In Deutschland war das Eindeutschen früher gang und gäbe, nun kann man sich natürlich streiten, ob "Onkel Dagobert" denn wirklich eine gelungene Entsprechung zu "Scrooge" ist ... aber Zeiten ändern sich und auch die Geschmäcker.)

Mein Fazit: Generell halte ich Eindeutschungen gerade bei Eigennamen für nicht unbedingt notwendig, aber ganz verteufeln möchte ich sie nicht. Es ist schwer, sie gut zu machen, aber nicht unmöglich. Wie sehr sie eingesetzt werden, hängt meiner Meinung nach von vielen Faktoren ab - um welche Ausgangssprache geht es, wer ist die lesende Zielgruppe, was wird angestrebt?
»Be suspicious of the lemons.« (Roxi Horror)

Thaliope

Ich mag Eindeutschungen. Wenn sie gut gemacht sind, jedenfalls. Was leider nur selten der Fall ist. Aber das ist beim Übersetzen natürlich immer eine Gratwanderung: Inwieweit soll das ursprüngliche Flair beibehalten werden? (Und was ist das ursprüngliche Flair überhaupt? Der für uns leicht fremde Charakter englischer Namen wirkt auf den Leser des Originals ja gar nicht fremd ...) Wie viel Bedeutung geht verloren, wenn viele Leser die in den englischen Namen verborgenden Bedeutungen nicht verstehen?
Übersetzungen richten sich ja nicht in erster Linie an Leser, die die englische und die deutsche Version miteinander vergleichen, sondern an die, die nicht auf Englisch lesen können oder wollen. Da finde ich es legitim und wünschenswert, wenn auch der Übersetzer mal kreativ wird, um Wortspiele oder eben auch Namen nachzuempfinden, damit dem Leser der Übersetzung ein ähnliches Gefühl vermittelt wird wie dem Leser um Ursprungsland beim Lesen des Originals. Aber das ist wie gesagt eine Gratwanderung, die oft auch noch unter Zeitdruck gemeistert werden muss. Einfacher ist es da sicher, alles auf Englisch zu lassen - aber ich persönlich finde das manchmal schade.

Ich fand es auch gut, dass Hermione im Deutschen zu Hermine wurde, weil damals, als das erste Buch rauskam, keiner so recht wusste, wie man den Namen aussprechen sollte. :)

Das fiel mir gerade spontan dazu ein. Und jetzt muss ich zurück an meine Übersetzung :)
LG
Thali

Aphelion

Vor allem bei Namen kann ich Eindeutschen überhaupt nicht leiden. Oder überhaupt das Verändern von Namen. Es gibt ein SF-Buch namens "Hex" von einer ziemlich unbekannten Autorin, das ich damals einfach nur genial fand. Ich habe es auf Englisch gelesen. Irgendwann habe ich mir in der Bibliothek auch die deutsche Version ausgeliehen und war maßlos enttäuscht. Das ganze Buch war durch die Übersetzung irgendwie kaputt.
Am Schlimmst war für mich: Einer der Protagonisten hat einen Namen, der "Weiß" bedeutet. Ich komme leider momentan nicht darauf, welchen genau. Im Deutschen wurde er "White" genannt, was einfach nur billig wirkte. Billig und dumm. Auch so etwas geht einfach nicht, wie ich finde.

Bei anderen Wörtern als Namen kommt es darauf an, ob diese Wörter den Charakter von Eigennamen haben. Wenn ja, sollte dieser erhalten bleiben und das Wort übernommen werden. Warum muss sich jedes Buch so lesen können, als wäre es auf Deutsch geschrieben worden? Man darf ruhig merken, dass das Original auf Englisch, Russisch, Japanisch oder einer anderen Sprache geschrieben wurde. Ich will auch keinen Einheitsbrei lesen, wenn ich internationale Literatur lese. Und vor allem Namen tragen einen großen Teil des Flairs bei. Es macht eben doch einen Unterschied, ob man merkt, dass man sich mit dem Buch mental in einem anderen Land befindet. Erst dann kann man manche Dinge überhaupt richtig einordnen.

Nirathina

#4
Bei Eindeutschungen geht es mir wie bei Anglizismen: Wenn es schön klingt und den Sinn beibehält, kann man das durchaus machen. Bei Tolkien fand ich die Eindeutschungen vor allem auf den Karten gar nicht mal so schlecht. "Auenland" und "Michelbinge" passt vom Klang her dazu, wie ich mir die Hobbits vorstelle, eben ländlicher und so weiter.
Bei Harry Potter herrscht, wie mir auffällt, ein ziemlicher Mischmasch. Die meisten Eigennamen sind geblieben (Black, Longbottom [man überlege sich das eingedeutscht  ::)] und so weiter), aber aus Rita Skeeter wurde Rita Kimmkorn, was ich nicht ganz verstehe, wo doch Fenrir Greyback auch Greyback blieb und nicht zum Graurücken wurde.  ???
Eindeutschungen an sich sind vielleicht heutzutage nicht mehr notwendig, weil viele Leute schulbedingt Englisch lernen und andere, die den Unterricht in der Schule nicht hatten, sich über Enkel etc. vermutlich einige Kenntnisse angeeignet haben. Aber was mich wirklich interessieren würde, wäre das, was Malinche erwähnt hat: Wie sieht's in anderen Sprachen aus?
Aber wie gesagt: Eindeutschen schön und gut, aber in vernünftigen und möglichst nicht lächerlichen Maßen.


EDIT: Übrigens denke ich, dass wir hier nicht über Eindeutschungen, sonder Verdeutschungen (blödes Wort) reden: Please follow me

Grey

Zitat von: Aphelion am 19. März 2012, 11:16:36
Am Schlimmst war für mich: Einer der Protagonisten hat einen Namen, der "Weiß" bedeutet. Ich komme leider momentan nicht darauf, welchen genau. Im Deutschen wurde er "White" genannt, was einfach nur billig wirkte. Billig und dumm. Auch so etwas geht einfach nicht, wie ich finde.

Habe ich das richtig verstanden, sie haben zur Erläuterung eines Namens in einer deutschen Übersetzung ein englisches Wort verwendet? Das verstehe ich jetzt aber mal wirklich gar nicht. ???

Zitat von: Aphelion am 19. März 2012, 11:16:36
Warum muss sich jedes Buch so lesen können, als wäre es auf Deutsch geschrieben worden? Man darf ruhig merken, dass das Original auf Englisch, Russisch, Japanisch oder einer anderen Sprache geschrieben wurde.

Zitat von: Aphelion am 19. März 2012, 11:16:36
Ich will auch keinen Einheitsbrei lesen, wenn ich internationale Literatur lese. Und vor allem Namen tragen einen großen Teil des Flairs bei. Es macht eben doch einen Unterschied, ob man merkt, dass man sich mit dem Buch mental in einem anderen Land befindet. Erst dann kann man manche Dinge überhaupt richtig einordnen.

Das sind aber zwei Paar Schuhe, finde ich. Zum einen finde ich es schon wichtig, dass eine Übersetzung sich wie ein gut geschriebener deutscher Originaltext lesen lässt. Ich persönlich finde es nämlich recht unangenehm, wenn ich beim Lesen merke, dass da einfach die Satzstruktur der ursprünglichen Sprache beibehalten oder viel zu wörtlich übersetzt wurde, obwohl kein deutscher Muttersprachler je einen Satz so formulieren würde - erst recht nicht im Schriftsprachgebrauch. Das klingt dann in meinen Ohren krumm und sehr oft irgendwie unglücklich. Wenn ich etwas auf Englisch, Spanisch etc. sagen möchte, benutze ich doch auch die entsprechende Grammatik und Satzmelodie - warum dann also sollte es umgekehrt anders sein?

Zum zweiten Punkt stimme ich dir natürlich zu, dass das Flair des fremden Landes natürlich trotzdem erhalten bleiben sollte, und dass Namen dazu viel beitragen. Daher finde ich auch, dass Namen aus anderen Kulturen beibehalten werden sollten - sehr oft lassen die sich ja auch einfach nicht übersetzen, oder sie haben kein entsprechendes Pendant im Deutschen.
Aber was zum Beispiel ist mit Namen aus High-Fantasyromanen, die einfach einen beschreibenden Charakter haben? Muss zum Beispiel ein Legolas Grünblatt dann auch im deutschen Roman Legolas Greenleaf heißen, weil es ein Eigenname ist? Oder übersetzt man es dann? Wo ist die Grenze?

Ich finde die Frage wirklich schwer zu beantworten, aber alles in allem scheint es mir doch am wichtigsten, dass der Text in sich stimmig bleibt. Ich fürchte eben, oft ist dieser Widerwille gegen die übersetzten Namen vor allem ein Fall von "Das ist anders als ich es kenne und immer geliebt habe! Ich will keine Veränderung, die sollen das so lassen wie es war!" :brüll: Zumindest kenne ich das von mir so, aber mit etwas Abstand betrachtet finde ich es dann doch ganz gut.
Auch wenn gerade beim Lied von Eis und Feuer die Veränderungen doch eher Verschlimmbesserungen waren, das gebe ich zu. :)

Luna

#6
Ich sehe schon, wirklich schwierig zu beantworten.

Zitat von: Malinche am 19. März 2012, 11:07:28
Auf der anderen Seite kann es dann doch nötig und auch sinnvoll sein, deutsche Entsprechungen zu finden, gerade dann, wenn das englische Wort nicht als so geläufig und verständlich vorausgesetzt werden kann. Das "Auenland" ist für mich so ein Beispiel. Ich bin froh, dass ich mit diesem Wort aufwachsen durfte. Ein Übersetzer hat ja immer auch die Aufgabe, Atmosphäre und Grundstimmung des Originals in die andere Sprache zu transportieren, und ich denke, dass es Fälle gibt, in denen das auch eine Eindeutschung verlangt - ich denke aber auch, dass Eindeutschungen wie alles, was mit Übersetzen zu tun hat, sehr viel an Fingerspitzengefühl erfordern. Sie können gut und treffend sein. Sie können aber auch völlig in die Hose gehen.

Na das hat mich nun schon überzeugt, dass es auch sinnvolle Übersetzungen geben kann. Habe gerade mal nachgeguckt, was das im Original heißt: The Shire. Da gefällt mir Auenland natürlich weitaus besser :).

Zitat von: Malinche am 19. März 2012, 11:07:28
Und ein weiterer Gedanke: Der Threadtitel heißt Eindeutschungen, aber ich sehe es an deinen Beispielen (auch an meinen) und ahne es für zukünftige Posts, dass die Diskussion sich sehr stark um englische Werke drehen wird. Meiner Meinung nach muss man das differenziert sehen. Sicher gibt es gerade im Fantasy-Bereich sehr viel mehr englische Sachen, die ins Deutsche übersetzt werden, und gerade die Klassiker wie Tolkien bieten da eine gute Diskussionsgrundlage.
Ich habe in erster Linie ans Englische gedacht. Aber ich denke, in anderen Sprachen kommt z. B. das französiche, spanische etc. Feeling auch eher rüber, wenn man die Namen belässt, bzw. bei der Übersetzung dann, wie in obigem Beispiel das nötige Fingerspitzengefühl zeigt.

Zitat von: Malinche am 19. März 2012, 11:07:28
Aber: Was ist mit Übersetzungen aus dem Spanischen oder Französischen? Wie sieht es da mit Eindeutschungen aus? Ist das anders als beim Englischen, wo, wie gesagt, ein recht hoher Kenntnisgrad bei deutschen Lesern vorausgesetzt werden kann? (Dazu fällt mir noch ein, dass bei Übersetzungen in andere Sprachen teilweise gnadenlos alles übertragen wird. Im Spanischen heißt es auch Jon Nieve und bis ich mal gerafft habe, dass "Invernalia" Winterfell ist ... Ich lache darüber, aber wir dürfen nicht vergessen, dass z.B. in spanischsprachigen Ländern das Englische nicht auf die gleiche Weise präsent und selbstverständlich ist wie in deutschsprachigen. Das ist auch noch mal ein Punkt, was das Übertragen von Originalnamen in andere Sprachen betrifft.
Jon Nieve :rofl:. Das ist auch wieder eine Sache des Flairs. Ich denke, auch in den Ländern, in denen das Englische nicht so präsent ist, sollten die Ursprungsnamen beibehalten werden. Wenn sich die Leute sehr dafür interessieren, werden sie die Namen bestimmt dann auch irgendwo nachschlagen. Habe ich bei den Nachnamen von einigen Schauspielern, Sängern oder auch Bands spaßeshalber gemacht (Andrew Eldritch - Andreas Gespentisch, von den Schwestern der Bermherzigkeit aka Sisters Of Mercy oder Karl Mc Neckisch von den Feldern der riesenhaften Mischwesen aka Carl McCoy von den Fields Of The Nephilim ;D).

Zitat von: Thaliope am 19. März 2012, 11:09:45
Ich mag Eindeutschungen. Wenn sie gut gemacht sind, jedenfalls. Was leider nur selten der Fall ist. Aber das ist beim Übersetzen natürlich immer eine Gratwanderung: Inwieweit soll das ursprüngliche Flair beibehalten werden? (Und was ist das ursprüngliche Flair überhaupt? Der für uns leicht fremde Charakter englischer Namen wirkt auf den Leser des Originals ja gar nicht fremd ...) Wie viel Bedeutung geht verloren, wenn viele Leser die in den englischen Namen verborgenden Bedeutungen nicht verstehen?
Wie gesagt, wenn sie gut gemacht sind. Mit Flair meinte ich das "exotische" an anderen Ländern und Namen, das mich beim Lesen befallen soll. Und es ist zudem oftmals ersichtlicht, aus welchem Land der Autor/die Autorin stammt, wenn sie nicht gerade, wie es bei uns oft Sitte ist, alles nach Amerika oder England verpflanzt und auch dementsprechende Namen nimmt. 

Zitat von: Thaliope am 19. März 2012, 11:09:45
Ich fand es auch gut, dass Hermione im Deutschen zu Hermine wurde, weil damals, als das erste Buch rauskam, keiner so recht wusste, wie man den Namen aussprechen sollte.
Das widerum finde ich eine Verfälschung. Das man nicht weiß, wie der Name auszusprechen ist, trifft ja auf viele Bücher, gerade im Fantasybereich zu und beim Englischen oder auch anderen realen Sprachen hat man immer noch die Möglichkeit, das herauszufinden ;).

Zitat von: Aphelion am 19. März 2012, 11:16:36
Warum muss sich jedes Buch so lesen können, als wäre es auf Deutsch geschrieben worden? Man darf ruhig merken, dass das Original auf Englisch, Russisch, Japanisch oder einer anderen Sprache geschrieben wurde. Ich will auch keinen Einheitsbrei lesen, wenn ich internationale Literatur lese. Und vor allem Namen tragen einen großen Teil des Flairs bei. Es macht eben doch einen Unterschied, ob man merkt, dass man sich mit dem Buch mental in einem anderen Land befindet. Erst dann kann man manche Dinge überhaupt richtig einordnen.
Da stimme ich Dir zu. Das meinte ich auch noch mit dem Begriff Flair.

Zitat von: Nirathina am 19. März 2012, 12:06:49
Bei Harry Potter herrscht, wie mir auffällt, ein ziemlicher Mischmasch. Die meisten Eigennamen sind geblieben (Black, Longbottom [man überlege sich das eingedeutscht  ::)] und so weiter), aber aus Rita Skeeter wurde Rita Kimmkorn, was ich nicht ganz verstehe, wo doch Fenrir Greyback auch Greyback blieb und nicht zum Graurücken wurde.  ???
Diese Inkonsequenz verstehe ich auch nie :seufz:. Wie in dem anderen Thread bereits gesagt, warum dann nicht gleich Johannes Schnee?

Zitat von: Grey am 19. März 2012, 12:22:17
Aber was zum Beispiel ist mit Namen aus High-Fantasyromanen, die einfach einen beschreibenden Charakter haben? Muss zum Beispiel ein Legolas Grünblatt dann auch im deutschen Roman Legolas Greenleaf heißen, weil es ein Eigenname ist? Oder übersetzt man es dann? Wo ist die Grenze?
Das wiederum überzeugt mich auch, das Übersetzungen manchmal wirklich sinnvoll sind. :hmmm: Das ist echt eine gute Frage, wo da die Grenze ist und warum mich das bei Martin so abschreckt. Muss da mal drüber nachdenken, wobei Greenleaf ist eigentlich auch schön. Wahrscheinlich alles eine Gewohnheitssache.
Also sind Eindeutschungen wirklich eine schwierige Gratwanderung, die nicht viele beherrschen und wenn gut gemacht, sind sie wahrlich eine Verbesserung.

Kati

Ich habe etwas gegen das Eindeutschen von Eigennamen. Die von Luna genannten Beispiele sind da schon ziemlich abschreckend. Mir fällt dazu ja immer nur Hanni und Nanni ein, die eigentlich Patricia und Isabel heißen. Aber da die Übersetzungen aus den 60ern sind, muss man das wohl aus der Zeit heraussehen.  :) Also, Eigennamen sollten meiner Meinung nach Eigennamen bleiben. Gegen das Eindeutschen von Bezeichnungen, wie bei den Elben, habe ich aber nichts.

Was andere Sprachen angeht: Ich denke da immer nur daran, dass aus "Spiderman" im Schwedischen "Spindelmannen" wurde, was für mich total bekloppt klingt, für die Schweden aber Sinn ergibt. Das ist, als würden wir zu Spiderman immer "Der Spinnenmann" sagen. Das schwedische Harry Potter ist allerdings relativ den Originalnamen treu geblieben. Mir fällt jetzt nur ein, dass die "Muggles" zu "Mugglare" wurden, aber das ist bloß die schwedische Mehrzahl. Selbst Hermione ist Hermione geblieben. Die Bücher von G.R.R. Martin habe ich kurz mal recherchiert, wie es aussieht wurden da nur ein paar Namen eingeschwedischt. Jon Snow bleibt Jon Snow und die Namen der Charaktere sind an sich nicht eingeschwedischt, aber aus Westeros wurde Västeros. Hm.  :hmmm: Also, bis auf Spindelmannen, der aber auch nicht immer so genannt wird, scheinen die Schweden es mit den Namensänderungen nicht so arg zu übertreiben.


Grey

#8
Ich finde es ja vor allem interessant, dass sie z.B. beim Lied von Eis und Feuer gerade jetzt die Namen übersetzen, wo doch der Trend in den letzten Jahren vor allem beim Englischen immer stärker in die andere Richtung geht: Nämlich das Englische einfach zu übernehmen, immer öfter sogar einfach den ganzen Titel. Das funktioniert ja auch nur, weil Englisch als "Gemeinsprache" immer verbreiteter wird. Zumindest hier in Deutschland, und auch in Skandinavien, soweit ich weiß. Aber Malinche hatte es ja schon angesprochen, das ist längst nicht überall so. In Südeuropa oder in Asien kommt man mit Englisch, egal wie gut es ist, oft längst nicht so weit wie man meinen könnte.

Nuya

Ich denke, das Abschreckende an der Eindeutschung bei George R. R. Martin ist einfach, dass man die Übersetzungen mit den englischen Eigennamen kennt und diese gewöhnt ist. Und ich persönlich will nicht in einem Band von Jon Snow und im nächsten von Jon Schnee lesen. Mir erschließt sich einfach nicht, wie man diese Änderung mitten in einer Reihe einführen kann. Oder hab ich es falsch verstanden, ist es eine Neuauflage?  :hmmm:

Generell mag ich es aber z. B. wie bei Tolkien, wenn es gut gemacht ist und von vornherein mit geänderten Eigennamen eingeführt wurde.

Luna

Ich habe das Buch von Blanvalet in der 4. Auflage. Ich bin noch beim ersten Band Die Herren von Winterfell und da stehen die fürchterbaren Namen wie Jon Schnee alle von Anfang an schon drin. Allerdings weiß ich nicht, wie das bei den vorherigen Auflagen ausgesehen hat :hmmm:.

Nuya

Ich hab die ersten beiden Bände der 10. Auflage von Blanvalet. Bei mir ist alles englisch/original benannt.

Luna

#12
:o Das ist ja sehr seltsam. Von wann ist denn Dein Buch? Das müsste ja dann neuer sein? Aber das macht keinen Sinn :hmmm:. Bei mir steht 4. Auflage Taschenbuchausgabe Januar 2010

Edit: es sei denn, die haben sich die Kritiken alle zu Herzen genommen und das dann wieder geändert. Wenn das so ist, werde ich mir auch eine neuere Ausgabe zulegen.

Judith

#13
Nein, die haben das nicht wieder geändert. Die Bände 1-8 von 1997-2006 sind in der alten Übersetzung, wo ein Teil der Namen eingedeutscht wurde und ein Teil nicht (alles englisch/original gabs nie; da hatte man halt dann Littlefinger und Jon Snow vs. Zwiebelritter und Quorin Halbhand).
Werden mit der Neuausgabe vielleicht auch die Auflagen wieder von vorn gezählt? Zumal ja die Bände jetzt auch beim Imprint Penhaligon erscheinen.

Ich seh das ganze ja recht zwiegespalten. Wie gesagt, dieses teilweise Übersetzen von Namen und teilweise nicht finde ich auch nicht wirklich glücklich. Da fand ich die Übersetzung beim HdR, wo eben wirklich alles mit Gefühl eingedeutscht wurde, viel stimmiger. Man merkt eben doch, dass Tolkien intensiv daran mitgearbeitet hat.
Das Problem ist eben einfach: Was macht man mit sprechenden Namen? Was, wenn es wichtig ist, dass man die Bedeutung versteht? Nicht jeder kann (gut) Englisch, und sobald es eben um andere Sprachen geht (Spanisch, Russisch, Schwedisch, ...), wird die Zahl derer, die die Namen dann noch verstehen, immer geringer.

Zitat von: Aphelion am 19. März 2012, 11:16:36
Man darf ruhig merken, dass das Original auf Englisch, Russisch, Japanisch oder einer anderen Sprache geschrieben wurde. Ich will auch keinen Einheitsbrei lesen, wenn ich internationale Literatur lese. Und vor allem Namen tragen einen großen Teil des Flairs bei. Es macht eben doch einen Unterschied, ob man merkt, dass man sich mit dem Buch mental in einem anderen Land befindet. Erst dann kann man manche Dinge überhaupt richtig einordnen.
Naja, das gilt jetzt vor allem für Literatur, die wirklich in irdischen Ländern angesiedelt ist. Aber bei Fantasy? Dort sind Namen ja nicht deshalb Englisch, weil man in der Fantasywelt englisch spricht, sondern deshalb, weil das einfach die Sprache ist, in der das Buch geschrieben wurde. Wäre das Lied von Eis und Feuer von einem Franzosen geschrieben worden, wären die Namen wohl alle französisch - während die Namen in einem Roman, der von einem Franzosen geschrieben wurde, aber in England angesiedelt ist, englisch wären. Das ist halt der Unterschied zwischen Namen in Fantasywelten und in unserer Welt. Insofern verstehe ich durchaus das Argument, warum bei Fantasy gern mal eingedeutscht wird.
Für mich ist das Problem beim Lied von Eis und Feuer daher auch nicht, dass eingedeutscht wird, sondern 1. dass es mitten in der Reihe gemacht wird, was meiner Meinung nach eine unglaubliche Frechheit ist, 2. dass es wieder nicht konsequent gemacht wird (lauter deutsche Namen, aber Stark und Winterfell bleibt unübersetzt, weil es deutsch klingt, oder was? Das ist völlig dämlich, da man diese Namen ja dann inmitten der Eindeutschungen wohl ja tatsächlich deutsch liest) und 3., dass es teilweise absolut katastrophal gemacht wurde (Königsmund? Casterlystein? Rosengarten? Und was soll der Schwachsinn wie Lennister?).

Sirius Black heißt in der 1. Auflage des ersten deutschen Bandes übrigens tatsächlich Sirius Schwarz.  :hmhm?: Das haben sie dann später geändert.

Ryadne

Die Sache mit den Eindeutschungen ist für mich eine dieser Thematiken, wo ich mich schlichtweg nicht entscheiden kann.

Das Argument, wenn ein englischsprachiger Roman in England spielt (oder in Frankreich, Spanien, whatever), solle man nichts eindeutschen, finde ich ziemlich stichhaltig. Ansonsten aber habe ich nichts dagegen, wenn Namen übersetzt werden. Beispiel Drachenlanze: Ich finde es völlig in Ordnung, dass aus "Riverwind" "Flusswind" wurde, mir gefällt es eigentlich auch besser so. Aber, um beim Beispiel Drachenlanze zu bleiben, es gibt da zwei große Punkte, die mich stören. Nämlich:

1. Inkonsequenz
"Goldmoon" heißt auf Deutsch "Goldmond", ihre Mutter Tearsong bleibt aber Tearsong. Sowas finde ich echt bescheuert - wenn schon denn schon! Allerdings, was ist z.B. mit der Stadt "Solace", die ja einer der zentralen Handlungsorte ist. Hätte man die in "Trost" umbenennen sollen? Da bin ich mir eher unschlüssig, aber es wäre denke ich sinnvoll gewesen, weil diese Bedeutung im Namen wohl schon beabsichtigt ist, "Solace" aber einfach kein sehr gebräuchliches Wort ist, das jeder kennt; bei mir hat es Jahre gedauert, bis mir diese Bedeutung aufgefallen ist.

2. Umbenennenungen
Wenn aus "Hermione" "Hermine" wird, okay. "Hermione" klingt zwar schöner, ist aber voll der Zungenbrecher und für Grundschüler, die Harry Potter ja auch schon lesen, nicht sehr geeignet.
Aber warum bitte wird aus "Tasslehoff" "Tolpan"? Warum einen bescheuerten Namen durch einen anderen bescheuerten ersetzen? Da sehe ich keinen Sinn drin - oder sollen die Namen lautmalerisch etwas aussagen, so vonwegen Tollpatsch oder so? Dann wär's okay, aber so finde ich das ähnlich suspekt wie die Umbenennung von Filmtiteln in teilweise andere englischsprachige Titel!

Generell können durch Übersetzungen wohl Bedeutungen klarer gemacht, sie aber gleichzeitig auch zunichte gemacht werden. Beispielsweise hatte es wohl seinen Sinn, dass der Drachenlanze-Charakter "Sturm" im Englischen nicht "Storm" hieß, sondern eben tatsächlich "Sturm". Aber da fast alle anderen Namen eingedeutscht wurden, fällt das dem Leser natürlich nicht oder erst spät auf.

Ein Problem sehe ich auch bei so Namen wie "River" oder "Hope", die im Englischen ja recht gängig sind als Vornamen, aber als "Fluss" oder "Hoffnungen" doch eher seltsam klingen würden.