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Pro und Contra zum "Drauflosschreiben"

Begonnen von chaosqueen, 19. September 2011, 16:58:26

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0 Mitglieder und 2 Gäste betrachten dieses Thema.

Sanjani

Hallo Zanoni,

ich glaube, dass es bei diesem Thema gar nicht so sehr um Methoden geht, sondern viel mehr darum, wie sich dem Einzelnen seine Geschichten eröffnen. Deine Methode fände ich z. B. für Projekte gut, die ich nicht vergessen, aber aktuell auch noch nicht schreiben möchte. Mein Problem an der Sache ist allerdings, dass sich die Geschichte bei mir oft erst beim Schreiben auftut, d. h. ich weiß beispielsweise bei meiner aktuellen Geschichte vielleicht drei oder vier Szenen im Voraus, was sich ungefähr zutragen wird, aber danach liegt für mich noch alles im Dunkeln, also kann ich da auch nix aufschreiben. Bei jemand anders ist das vielleicht ganz anders und deshalb kann er mehr plotten als ich. Aber das Interessante für mich ist die Frage, ob sich so etwas auch ändern lässt, ob man seinen Geschichten, die oft ja schon irgendwo im Kopf herumliegen, auf die Sprünge helfen kann, sodass sie sich eben nicht erst beim Schreiben auftun. Bisher habe ich dazu leider noch keine Möglichkeit gefunden :)

LG Sanjani
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)

Judith

Mir geht es da wie Sajani. Vieles entsteht bei mir erst beim Schreiben - und damit meine ich nicht nur Details, sondern auch größere Plotpunkte.
Ich weiß nicht, woran es liegt, aber solange ich eine Geschichte nur im Kopf entwerfe, bleiben meine Ideen und Lösungsansätze sehr "konventionell", sehr geradlinig und gleichzeitig auch wenig innovativ. Die wirklich guten Ideen und interessanten Wendungen kommen mir immer erst im Schreibprozess, am ehesten dann, wenn ich die Figuren einfach mal machen lassen. Wenn ich aber vorher Szene für Szene plotte, lasse ich mir beim Schreiben nicht mehr genug Freiheiten, damit diese Ideen überhaupt entstehen können.
Ein grober Plan vorher hilft mir natürlich auch - zumindest möchte ich wissen, wohin die Geschichte geht, wie also das Ende aussehen wird. Aber dazwischen herrscht vor dem Schreiben manchmal völlige Leere.
Selbst bei meinen einigermaßen durchgeplanten "Frostpfaden" bestand mein "Plot" zu dem gesamten Mittelteil aus einem einzigen Satz, der so ziemlich alles offen gelassen hat.

Was ich immer sehr genau plotte, das ist der Anfang (etwa die ersten 3 oder 4 Kapitel) und im besten Fall auch der Schluss. Dazwischen existieren in der Regel nur sehr grobe Notizen. Das funktioniert für mich einfach am besten. Alle Versuche, einen Roman wirklich durchzuplotten, sind bei mir eher nach hinten losgegangen.

Michaela

Ich bewundere Menschen die einfach drauf los schreiben können. Das funktioniert bei mir irgendwie gar nicht. Ich habs probiert und es endete damit, das ich irgendwann an den Punkt kam, an dem nichts mehr ging. Ich wusste nicht was ich weiter schreiben soll, weil mir der rote Faden fehlte.
Ich brauche die ganze Vorarbeit, das Kennenlernen meiner Protas und der Welt in der sie sich bewegen um darüber schreiben zu können. Schreiben tue ich ja auch im Vorfeld ganz viel. Biographien, Handlungsentwurf Szenenentwürfe. Ob ich mich am Ende auch rigoros daran halte steht auf einem anderen Blatt. Allerdings entwickle ich beim Handlungsentwurf gleich den Spannungsbogen mit und siebe Szenen aus, die nichts als Füllmaterial sind.
Für mich gilt, je besser ich mich vorbereite, desto freier schreibe ich später. 

Arcor

Drauflosschreiben hat sicherlich seine Vorteile, gerade wenn man noch nicht so viele Ideen hat. Vieles fällt einem ja wirklich während des Schreibprozesses ein und so können Geschichten schnell interessante, weil unvorhergesehene Wendungen nehmen.

Allerdings glaube ich - zumindest ist das meine Erfahrung - dass eine einfach drauflos geschriebene Geschichte stärker überarbeitet werden muss. Da man sich einfach von ihr tragen lässt, passieren auch schneller Logikfehler, die man dann hinterher ausmerzen muss, um so etwas wie Kontinuität in die Geschichte zu bekommen.

Ab einem gewissen Punkt tut mir jedenfalls Planung ganz gut. Dann weiß ich, wo ich hin will und wie ich dahin gelange. Inzwischen plane ich bei meiner Geschichte alles vor, aber das ist auf Grund ihrer enormen Länge auch einfach notwendig. Den Anfang hatte ich auch nur grob geplant und mich danach treiben lassen. Dem ersten Teil hat das von der Geschichte her sicherlich nicht geschadet, aber ich hab ihn danach auch noch 1x komplett neugeschrieben - und das nicht nur wegen einer deutlich lesbaren Stilverbesserung.
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Faye - Finding Paradise

Zanoni

Ohne eine Wertung damit verbinden zu wollen, erscheint mir persönlich das Drauflosschreiben eher eine "passive" Art des Schreibens zu sein. Die Geschichte schreibt sich durch einen selbst. Man wird sozusagen zum Instrument der Geschichte und ihren Figuren, während diese beim ausführlichen Plotten hingegen nach den Vorstellungen des Schreibenden zu agieren haben.

Also meines Erachtens haben beide Varianten ihre jeweiligen Vor- und Nachteile. Ideal ist es wahrscheinlich, wenn man Beides ungefähr ins Gleichgewicht bekommt, oder?

Wer als Autor die Zügel seiner Figuren zu straff hält, bekommt möglicherweise zu leblose und blasse Figuren bzw. Geschichten. Wer ihnen jedoch völlige Freiheit lässt, muss damit rechnen, dass sie alles andere im Sinn haben, nur nicht dem roten Pfaden zu folgen.

Nirathina

Ich muss zugeben, dass bei mir ein gewisser Mischmasch zwischen Drauflosschreiben und Plotten herrscht.
Wenn ich eine Idee im Kopf habe und ein Bild vor Augen, wie sie anfangen soll, schreibe ich die ersten 30, 40 Seiten und beginne erst dann mit dem Plot, wenn ich sinngemäß nicht mehr weiterkomme. Für mich braucht eine Geschichte eine Grundlage, ich nenne es einfach mal: ein Bühnenbild. Wenn das existiert und ich merke, dass ich mit den Figuren und der Umgebung klarkomme, beginnt die geordnete Arbeit (zumindest metaphorisch, denn bei mir herrscht ja immer Chaos  ;D ). Wenn ich ein "hingeklatschtes" Fabrikat als zu langweilig, zu grell oder blass oder gar als völlig bescheuert erachte, mache ich mir erst gar keine Mühe, es näher auszuführen - was natürlich der Nachteil am Drauflosschreiben ist: die Gefahr der Zeitverschwendung. Damit meine ich nicht das Schreiben selbst als Zeitverschwendung, sondern die Ideenausschüttung, die eventuell ins Nichts führt.

Im Großen und Ganzen ist es natürlich manchmal hilfreich, irgendein Blitzlicht zu Papier zu bringen, es dann zu zerknüllen und wegzuwerfen und es dann irgendwann wieder hervorzukramen, weil man da etwas geschrieben hat, eine Idee, die man noch einmal verwerten kann. Wie auch Zanoni schon angedeutet hat, ist eine Geschichte etwas Lebendiges und auch ein Stück des Herzblutes des Autors. Eine Geschichte wächst mit dem Autor mit, bzw. er wächst ebenfalls an der Arbeit, die er damit verbindet. Beim Drauflosschreiben ist das nicht zwangsläufig gegeben, da eben manches doch in die Tonne gekickt wird.

Was aber die Charaktere angeht, würde ich schon behaupten, dass aus purem Chaos manchmal gute Leutchen hervorkommen. Es muss nicht zwangsläufig so sein, kann aber durchaus passieren. Ich habe das schon selbst erlebt und bin damit sehr zufrieden.

Letztlich liegt es ja doch auf der Hand, dass die meisten großen Geschichten nach Plan entstanden sind – aber es gibt bestimmt auch Ausnahmen. Das hängt vom Autor, von der Grundidee und den bereits vorhandenen Vorstellungen ab. Drauflosschreiben sollte man jedenfalls nicht verdammen, nur weil es nach chaotischer Breiherstellung klingt  :hmmm:


Gruß,
Nirathina

Ludovica

Ich muss sagen, dass ich früher immer einfach drauf los geschrieben habe. Das Resultat sind etwa ein halbes Duzent Geschichten, bei denen ich höchstens 5, 6 Kapitel zustande bekommen habe, weil mir irgendwann klar geworden ist, dass ich keine Ahnung hatte, wie ich das Ende, das ich im Kopf hatte, erreichen sollte... Außerdem schaffe ich es nicht, meine Charaktere konstant zu halten, so dass sich meine Hauptcharaktere teilweise in verschiedenen Kapiteln grundlegend unterschiedlich benommen haben... Außerdem neige ich auch dazu, den roten Faden zu verlieren... Deshalb habe ich in den letzten Jahren auch verstärkt damit anzufangen, stärker durchzuplanen - erst nur mithilfe von Charakterprofilen, inzwischen setze ich eine modifizierte Version der Schneeflockenmethode ein.

Mir geht es auch ähnlich wie chaosqueen - ich liebe einfach komplexe Geschichten, bei denen zum Beispiel das Verhalten eines Charakters am Anfang der Geschichte erst in der Mitte verständlich wird  :) Eine Geschichte bekommt dadurch einfach mehr Tiefe, so wie Charaktere mehr Tiefe bekommen, wenn man erst einmal weiß, wie ihre Kindheit ausgesehen hat. Weltenbögen und ähnliches sind für mich inzwischen auch eine sehr willkommene Hilfe (schon alleine deshalb, weil ich ziemlich oft vergesse, in welcher Himmelsrichtung jetzt ein Gebirge war, welchen seiner Berater einer meiner Könige hat umbringen lassen, und so weiter). Außerdem hat gerade auch eine genaue Szenenplanung den Vorteil, dass man mit Szenen spielen kann, ohne dass man sie erst aus dem fertigen Text heraussezieren muss - man kann sie streichen, Dinge einfügen, an eine andere Stelle setzen usw., ohne dass es viel Mühe macht.

Ich hab aber auch das Glück, dass für mich eine Geschichte nicht langweilig wird, nur weil ich sie schon 'kenne'. Ich bin eine ziemliche Perfektionistin, deshalb will ich genau das darstellen, was ich im Kopf habe - und das geht eben mit ausführlicher Planung am besten. Für mich ist eine Geschichte einfach immer ein bisschen wie ein Ölbild... Erst mal fertigt man genaue Skizzen an, dann macht man Farbplanungen, dann trägt man die Grundierung auf, anschließend die Lichtpunkte, dann die Schatten, usw.  ;) Und am Ende sieht alles aus wie aus einem Guss. 'Easy reading is damn hard writing', wie Nathaniel Hawthorne schon gesagt hat...

Atischara

Dieses Thema beschäftigt mich auch schon länger, vor allem bei dem Roman, den ich im Moment schreibe.

Ich habe bislang drei Erfahrungen mit längeren Texten: einen kleinen Roman habe ich zwischen meinem 14. und meinem 16. Lebensjahr geschrieben. Damals hatte ich eine (mehr oder weniger politische) Botschaft und ein paar Themen. Aus beidem hat sich die Handlung ergeben. Ich kannte damals auch nur Anfangs- und Endpunkt. Dann habe ich eine Fassung mit der Hand mit Bleistift geschrieben, danach habe ich sie dann auf Schreibmaschine "übertragen" (ja, ich bin so ein Gruftie, der noch mit der Schreibmaschine angefangen hat - aber immerhin mit der elektrischen ;)). Nur, daß sich die Details der Geschichte dabei nochmal komplett verändert haben. Auch die Figuren haben sich selbständig gemacht, aber das war damals und ist heute noch für mich eines der schönsten Erlebnisse beim Schreiben. Denn erst, wenn sich Figuren und Geschichte gewissermaßen "von selbst" bewegen, habe ich das Gefühl, etwas Lebendiges zu erschaffen.

Die zweite Geschichte war ein kleiner Fantasyroman für meinen jüngsten Bruder, der damals gerade lesen lernte. Sie war ziemlich genau auf ihn zugeschnitten und nicht allzu kompliziert. Es gab z.B. nur einen Handlungsstrang. Auch dabei habe ich nicht viel vorausgeplant.

Beide Geschichten sind auch fertig geworden, wobei ich die Fantasygeschichte so angelegt hatte, daß man noch drei weitere hätte erzählen können, die dann zunehmend komplexer und anspruchsvoller werden sollten. Aber ich war dann so beschäftigt mit Abitur und Studium, daß ich nicht mehr dazu gekommen bin. Vielleicht nehme ich das irgendwann wieder auf, obwohl mein Bruder jetzt erwachsen ist. Aber man bekommt ja vielleicht mal Nichten und Neffen... :)

Die dritte Geschichte ist der Fantasyroman, an dem ich jetzt schon seit längerem schreibe (zwei oder drei Jahre, weiß nicht genau). Ich mache das nebenbei als Hobby und habe meistens nicht wirklich viel Zeit dazu. Momentan versuche ich mich mal wieder an einem Monatsziel, damit der Text nach mehreren Monaten Stagnation wieder vorankommt. Die Stagnation hatte ich dem Umstand zu verdanken, daß ich auch bei diesem recht umfangreichen Projekt nur die Grundzüge geplottet und vor allem viele Details zu Örtlichkeiten, Zeitabläufen und Requisiten nicht gründlich geplant und recherchiert hatte. Ich arbeite zwar auch immer mal neben dem Schreiben an Plotproblemen und -löchern, aber im Frühsommer wollte ich ein paar Wochen Recherche einlegen. Daraus sind ein paar Monate geworden, weil ich nur ganz langsam vor mich hin geschlichen bin. Recherche "zieht" offenbar nicht genug, daß ich mich in meiner Freizeit hinsetze und das zügig durchziehe. Könnte natürlich daran liegen, daß ich im Beruf schon ständig am Recherchieren und Analysieren bin und bei jedem beruflichen Projekt erst relativ spät zum Schreiben komme. Das führt zu Ermüdungserscheinungen, auch wenn die Recherchethemen einigermaßen interessant sind.

Schließlich habe ich beschlossen, jetzt einfach ein paar Szenen nachzutragen, um vorne in der Geschichte keine so großen Lücken mehr zu haben, und dann hinten, wo es mir gerade Spaß macht, weiterzuschreiben. Ich habe zwar einige Probleme schon festgehalten, aber weil ich das Gefühl habe, daß ständiges Korrigieren und Nachplotten mich bremst, werde ich das wohl auf die Überarbeitung verschieben. Die wird dann allerdings ziemlich aufwendig und umfangreich werden, soviel ist jetzt schon klar.

Mein Grundproblem ist wahrscheinlich, daß ich zwar den ungefähren Gesamtverlauf im Kopf habe, aber ganz heftig in Szenen und Szenensequenzen denke. Das heißt, ich schreibe die Szenen auch nicht immer linear in der richtigen Reihenfolge, sondern durcheinander. Das ist natürlich hinterher schwerer zu verbinden und aufeinander abzustimmen, macht mir so aber einfach mehr Freude und geht mir besser von der Hand. Außerdem habe ich manchmal Alternativen, zwischen denen ich dann hinterher auswählen kann - je nachdem, wie die Plotprobleme gelöst werden.

Auf der Ebene der Szenen gibt es bei mir dann beides: solche, die ich schon ziemlich genau im Kopf ausgesponnen habe (weil sie mir richtigen Spaß machen), und die ich dann sehr detailliert so ausarbeiten will, wie ich sie mir vorgestellt habe. Und solche, die ich vorher überhaupt nicht geplant habe und die einfach irgendwie beim Schreiben kommen. Die letztgenannten sind die Szenen, auf die ich nicht so große Lust habe oder bei denen ich nicht genau weiß, wie sie verlaufen sollen. Da habe ich festgestellt, daß abwarten und im Kopf dran basteln, bis sie halbwegs vollständig sind, nicht funktioniert. Das einzige, was hilft, wenn ich bei einer Szene hänge, ist, daß ich mich an den Computer setze und mich zwinge, die Szene zu schreiben. Wenn ich erst anfange zu tippen, dann ergibt sich schon immer etwas.

Zu schaffen macht mir, daß ich praktisch unfähig bin, mir das Drumherum präzise vorzustellen, wenn ich locker im Kopf eine Szene erfinde. Mich interessieren die Menschen, ihre Dialoge, Gefühle und Reaktionen so sehr, daß ich mich komplett darauf konzentriere und von der Umgebung nur eine vage Vorstellung entwickle. Das muß ich dann beim Schreiben nachholen, und es kostet Zeit, weil ich dann entscheiden muß, wie ein Gebäude oder ein Raum aussieht, was drinsteht, wo das Licht einfällt und dergleichen. Da werde ich auch im Anschluß viel nachbessern müssen, aber das fällt mir einfach schwer.

Und meine Erfahrung ist mittlerweile, daß ich mich nicht selber beim Schreiben ausbremsen darf, denn sonst wird der Roman nie fertig. Überarbeiten ist dann wieder eine andere Phase, auf die ich mich auch schon freue, obwohl ich weiß, daß sie anstrengend und zum Teil nervig wird. Aber ich glaube, wenn die Szenen und der Zusammenhang dann eine schönere, stimmigere Gestalt annehmen, wird mir das auch viel Freude machen. Bei allen Texten hat das Überarbeiten ja Aspekte, die einem Freude machen, und solche, die einen nerven.

Zanoni

Hi Atischara,

das, was Du beschreibst, kenne ich auch aus eigener Erfahrung - insbesondere das szenische Vorstellen und den vagen, schemenhaften Entstehungsprozess. Was das im Kopf bewahren und abwarten angeht, habe ich allerdings ganz gegenteilige Erfahrungen gemacht. Bei mir funktioniert es sehr gut, meist sogar ohne größere mentale Anstrengung. Ich beschäftige mich einmal gedanklich sehr intensiv mit einem "Problem" (oder unklaren Handlung, offenen Frage usw.), nehme es so weit wie möglich "auseinander", versuche möglichst eindeutige Fragen zu stellen und dann "vergesse" ich sie einfach. Und irgendwann später (kann allerdings manchmal sehr lange dauern), taucht auf einmal eine "Lösung" ... einfach so ... *plop* ... eine Eingebung. Dann prüfe ich, ob sie wirklich als Lösung taugt, oder ob sie zu einigen Details nicht so gut passt. Wenn alles okay ist, dann ist das Problem erledigt und die Lösung wandert in die Notizen. Falls nicht, wird das Problem gedanklich wieder in den Hintergrund verschoben, bis zur nächsten Eingebung. Das Prinzip funktioniert bei mir mittlerweile sehr gut, auch wenn ich zwischenzeitlich überhaupt nicht mehr groß über das jeweilige Problem nachdenke.

Ach, da fällt mir übrigens eine Bemerkung ein, die George Lucas (Erfinder von Star Wars) mal in einem Interview gemacht hat. Er meinte, dass alle seine Ideen zu den Bildern und Szenen der sechs Filme wie aus einem Nebel entstanden wären. Zunächst war da nur eine vage Idee, deren konkrete Bilder hinter einem dichten Nebel versteckt lagen. Aber nach und nach war hier und dort etwas Konkretes erkennbar, immer mehr Details waren zu sehen und schließlich hatte sich der ganze Nebel gelichtet und alles lag klar und deutlich vor ihm.

Ich denke ... so funktioniert das wohl mit dem Denken ... oder genauer gesagt, mit der Vorstellungskraft, wahrscheinlich bei jedem.

Khalisa

Als ich gerade Arcos Kommentar gelesen habe dachte ich nur: STIMMT ;)

Ich habe gerade mein  erstes (und einziges) Projekt begonnen und geschrieben - drauflos ;)
Jetzt bin ich an der Überarbeitung und frage mich ernsthaft, ob es nicht besser gewesen wäre, es vorher zu plotten... allerdings...
Die Geschichte hätte einige Wendungen und Ideen nicht, wenn ich das vorher getan hätte. In gewisser Hinsicht möchte ich diese Wendungen auch nicht missen, weil sie die Geschichte zum großen Teil ausmachen.
Allerdings kann (zumindest bei mir) bei der Überarbeitung schon mal die Lust am Projekt verloren gehen und enormer Frust auftreten.
Einer der Gründe weshalb ich hier im Forum gelandet bin.

Nirathina

@ Khalisa:

Zitat von: Khalisa am 11. Februar 2012, 10:32:16
Als ich gerade Arcos Kommentar gelesen habe dachte ich nur: STIMMT ;)

Ich habe gerade mein  erstes (und einziges) Projekt begonnen und geschrieben - drauflos ;)
Jetzt bin ich an der Überarbeitung und frage mich ernsthaft, ob es nicht besser gewesen wäre, es vorher zu plotten... allerdings...
Die Geschichte hätte einige Wendungen und Ideen nicht, wenn ich das vorher getan hätte. In gewisser Hinsicht möchte ich diese Wendungen auch nicht missen, weil sie die Geschichte zum großen Teil ausmachen.

Ich denke, dass es gerade beim ersten Projekt wichtig ist einfach mal draufloszuschreiben und auszuloten, wohin das Ganze überhaupt gehen soll. Denn dadurch lernt man sein Baby ja erst richtig kennen, kann die eigenen Vorstellungen austesten, mit den Charakteren spielen, ihnen immer neue Rollen zuweisen ... von daher finde ich das gar nicht so verkehrt  :) Bei meinem ersten Projekt habe ich auch nicht an so etwas wie einen Plot gedacht. Die Gefahr ist eben, dass man sich dann jahrelang damit beschäftigt und sich das Projekt gemeinsam mit dem eigenen Leben ständig verändert. Aber das macht es ja auch so interessant.  ;D

Zitat von: Khalisa am 11. Februar 2012, 10:32:16
Allerdings kann (zumindest bei mir) bei der Überarbeitung schon mal die Lust am Projekt verloren gehen und enormer Frust auftreten.

Das kann ich ebenfalls gut nachvollziehen. Das Drauflosschreiben birgt halt das Chaos in sich und dem muss man sich dann stellen, weil man es selbst angerichtet hat  ::) Aber mit etwas Geduld und guten Ratschlägen schaffst du das bestimmt. Wie gesagt: Man muss erst einmal herausfinden, wo man überhaupt hin will.

Liebe Grüße,
Nira

Arcor

Ich muss noch ergänzen, dass Drauflosschreiben (zumindest bei mir) in gewisser Hinsicht mit einem weiteren negativen Punkt verknüpft ist, unter dem mein High-Fantasy-Monster leidet: Die Länge.

Vermutlich auch dadurch, dass ich nicht vorab alles geplant hatte, sondern mich beim Schreiben hab inspirieren lassen, habe ich einfach alles, was mir in den Sinn gekommen ist, eingebaut. Jetzt ist das ganze so umfangreich und aufgebläht, dass die Geschichte ultra-lang und vielschichtig geworden ist. Mit ruhigem Plotten wäre mir das vermutlich nicht passiert.
Not every story is meant to be told.
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Faye - Finding Paradise

Das Spektrum

#57
Zitat von: Arcor am 11. Februar 2012, 12:49:45
Ich muss noch ergänzen, dass Drauflosschreiben (zumindest bei mir) in gewisser Hinsicht mit einem weiteren negativen Punkt verknüpft ist, unter dem mein High-Fantasy-Monster leidet: Die Länge.

Ich glaube ich habe gerade einen Gleichgesinnten gefunden  ;) Mir geht es genauso. Ich schreibe gerne einfach drauf los, ich finde es hat oft etwas befreiendes einfach das zu schreiben, was mir einfällt, was oft dazu führt, dass:
1. meine Charaktere ein Eigenleben entwickeln und nicht mehr nach meiner Pfeife tanzen und
2. die Seitenanzahlen schnell in die Höhe schießen.
In letzter Zeit neige ich auch dazu mir einfach ein paar Szenen zurechtzulegen, die die Haupthandlung  enthalten. Die schreibe ich dann je nach Stimmung auf und hangle dann sozusagen daran entlang. Was -wie ich selbst feststellen muss - keine sehr produktive Idee war.
Ich hab jetzt zu viele Szenen, die gerne in den Roman würden, aber ich hatte nicht vor ein Buch über 1000 Seiten zu (sollte es je soweit kommen) veröffentlichen, worauf es im Moment hinausläuft.
Aber ich muss sagen, dass es überraschend viel Spaß macht einfach mit meinen Protas und ein paar Szenen herumzuexperimentieren. Zum Schluss wird einfach kräftig gekürzt. Ich weiß jetzt auch eigentlich schon zum größten Teil, welche Szenen unnötig sind und noch raus kommen. Sie zu schreiben hat trotzdem Spaß gemacht - und das soll doch das Wichtigste sein.   ;D
Das Überarbeiten wird eine Ewigkeit dauern - aber hey ich bin ja noch jung, ich hab Zeit...

Alana

Ich war bisher auch immer Drauflosschreiber. Aber jetzt merke ich, wie viel besser meine Geschichte und auch mein Schreiben wird, wie motivierend es ist und wieviel Spaß es macht, wenn man einen richtig gut durchgeplanten Plot hat. Man kann sich wirklich völlig aufs Schreiben konzentrieren, wenn man schon vorher ungefähr weiß, was passiert und ich hätte nie gedacht, dass mir das soviel Spaß macht.
Das Problem dabei ist nur, dass ich nicht weiß, ob ich diesen Plot überhaupt hätte entwickeln können, wenn ich nicht das ganze Buch schon mal einfach auf Teufel komm raus geschrieben hätte. Nachteil ist halt, dass ich jetzt fast alles wieder löschen muss.
Alhambrana

Sunflower

Nach unzähligen Versuchen, in denen ich immer nur drauf los geschrieben habe, konnte ich mich bei Nebelschatten durch einen Plot "hangeln", in dem jede Szene vorgegeben war. Das fand ich schon sehr gut und bei meinem nächsten größeren Projekt mache ich das auch wieder. Man weiß, was passieren wird und kann dementsprechend planen. Normalerweise ist das für mich Pflicht.
Aber bei Kurzgeschichten ... Ich überlege mir kurz die Charaktere und vielleicht noch, was passiert. Aber manchmal lasse ich die Leute auch einfach machen und schaue, was dabei rauskommt. Ist ziemlich interessant, zu beobachten ;)
"Why make anything if you don't believe it could be great?"
- Gabrielle Zevin: Tomorrow, and tomorrow, and tomorrow