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Pro und Contra zum "Drauflosschreiben"

Begonnen von chaosqueen, 19. September 2011, 16:58:26

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Sanjani

Hallo Chaosqueen,

danke. Flow ist das Stichwort, um welches ich die ganze zeit drum herumgeredet habe. Richtig gut schreibe ich nur im Flow. Ohne das ist das Schreiben für mich eine mechanische Tätigkeit, der jegliche Leidenschaft abhanden gekommen ist. Da kann ich dann auch eine Diplomarbeit oder ein Gutachten schreiben, das wäre dasselbe.
Deshalb dürften meine geplotteten Szenen die schwächsten sein. Ich weiß, wie sie aussehen müssen und schreibe sie dann auch entsprechend, d. h. ich suche nach den richtigen Worten um z. B. die Gefühle der Protas stilistisch gut herüberzubringen, aber diese Szenen leben in mir nicht. Ich könnte mir aber vorstellen, dass das dem Leser gar nicht so stark auffällt wie mir selbst, weil in ihm vielleicht beim Lesen trotzdem was lebendig wird. Es gibt aber auch Szenen, wo es aufgefallen ist, z. B. die Schlachtszenen, über die ich anderenorts schon mal schrieb. Umgekehrt hatte ich auch schon Leser, die Szenen ganz toll fanden, die ich selbst nicht so den Bringer fand, weil sie mit etwas aus ihrer persönlichen Geschichte an der Szene angedockt haben und das ist für mich natürlich auch schön.

Mich ärgert im Allgemeinen, dass ich so stark auf dieses Flow-Erleben angewiesen bin, auch wenn Teile des Plots vielleicht schon feststehen. Andererseits macht das Schreiben nach Plot mir meist keine Freude und dann kann ich mich auch mit sinnvolleren Aufgaben beschäftigen. Vielleicht wäre ich aber produktiver, wenn ich nicht dauernd auf das Flow warten müsste :seufz:

LG Sanjani
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)

Dämmerungshexe

Also ich finde es auch ganz gut erstmal alles "im Fluss" zu schreien, damit man das richtige Gefühl für die Geschichte bekommt. Das habe ich auch bei "Der Feuerberg" so gemacht. Jetzt, bei der Überarbeitung zur zweiten Version, aber habe ich mich bemüht alles nochmal genau durchzugehen - einzelne Szenen rausgeschrieben nd dazu notiert was da jeweils wichtig ist, welche Verweise es gibt ...
Ich habe also sozusagen eine "Materialsammlung" aus der ersten Version (die auch mit Kritik udn Hinweisen meiner Betaleser ergänzt wurde), eine genaue Vorstellung wo ich mit der Story eigentlich hin will und kann jetzt strukturiert und mit Übersicht ans genaue plotten gehen.
Finde ich eigentlich recht praktikabel.

Ähnlich habe ich es auch bei meiner Bachelor-Arbeit gemacht - Gedanken und Zitate gesammelt, alles in Zusammenhang gebracht und einfach mal wild losgeschrieben. Dann erst, als der ganze "Inhalt" da war geschaut, was ich wirklich brauche und wie es zusammenpasst.
,,So basically the rule for writing a fantasy novel is: if it would look totally sweet airbrushed on the side of a van, it'll make a good fantasy novel." Questionable Content - J. Jacques

Farean

#32
Zitat von: Dämmerungshexe am 21. September 2011, 12:48:35
Also ich finde es auch ganz gut erstmal alles "im Fluss" zu schreien, [...]
Hübscher Tintenklecks und zugleich voller Wahrheit. ;) Wird nicht von vielen großen Künstlern der kreative Prozeß manchmal damit verglichen, in die Welt hinauszuschreien, was einen bewegt?

Ernsthaft: ich habe für mich selbst die Erfahrung gemacht, daß künstlerische Betätigung (ob nun literarisch oder anderweitig) der Pflege einer Pflanze gleicht. In der ersten Phase läßt man den jungen Trieb ("Flow") am besten wild wuchern. In der zweiten Phase bindet man die Zweige an Stangen, um ihnen Richtung zu geben ("Plotten"). In der dritten Phase schneidet man sie zurück ("Überarbeiten"). Dämmerhungshexes Vorgehen
Zitat von: Dämmerungshexe am 21. September 2011, 12:48:35
Ich habe also sozusagen eine "Materialsammlung" aus der ersten Version (die auch mit Kritik udn Hinweisen meiner Betaleser ergänzt wurde), eine genaue Vorstellung wo ich mit der Story eigentlich hin will und kann jetzt strukturiert und mit Übersicht ans genaue plotten gehen.
... erscheint mir da geradezu mustergültig. Meinen Respekt, Hexe! :pompom:

Der größte Fehler, den ich je gemacht habe (und in den ich unter Streß leider immer noch verfalle) ist, mit dem Zurückschneiden schon beim jungen Trieb anzufangen. Das erste Blatt, das aus der Erde guckt, zeigt in die falsche Richtung? Ab damit! - Daß auf diese Weise kein Baum wächst, in dessen Schatten man sich hinterher setzen kann, ist logisch.

In der ersten Phase einfach draufloszuschreiben, ist also meiner Erfahrung nach genau richtig. Schreib es aus dir hinaus - schrei es ruhig wirklich aus dir hinaus, eine Geschichte besteht aus Leidenschaften, und dann schreib auf, was sich da aus deinem Inneren Bahn bricht. Dem Ganzen Form und Richtung geben und es zurechtstutzen kannst du hinterher immer noch.

Nocturne

Ich finde plotten im Allgemeinen auch eher sinnvoll - wenn ich es nicht mache und nur im Fluss schreibe geht zwar erst einmal wunderbar und mir gefallen die Szenen auch, aber irgendwann, nach grob 50-100 Seiten, gehen mir die Ideen aus und das mit dem Flow funktioniert nicht mehr, dann muss ich halt ein bisschen  plotten - aber auch eher grob, bevor ich wieder im Fluss schreiben kann.  ;) Häufig werfe ich dann allerdings das vorher geplottete einfach wieder über den Haufen - um mich dann beim nächsten Hänger wieder ans plotten zu machen. Allerdings muss ich den anderen zustimmen ,die geplotteten Übergänge und Szenene sind immer die, die mir persönlich am wenigsten gefallen und die oft auch nach überarbeiten nicht richtig werden wollen. Ein Buchende habe ich zwar auch schon oft vorher im Kopf, aber manchmal gefällt es meinen Helden auch nicht, dann muss ich es eben ein bisschen ändern.

LG,
Nocturne

Serena Hirano

Für mich ist die Lösung auch eine sehr individuelle, anders geht es gar nicht.

Bei mir ist das witzige, dass eigentlich zuerst die Charaktere da sind. Manchmal sogar nur als Name. Die bekommen dann Eigenschaften und ein paar Freunde und Feinde. Und wenn die so als Setzlinge stark genug sind, naja, dann setz ich sie in den großen Topf und suche eine passende Geschichte.
Meine Bewunderung gilt allen, die einfach mal eben drauf los schreiben und es auch noch sinnig halten. Bei mir würde die Hälfte fehlen und ich müsste dauernd zurückspringen um nachfolgende Sätze fünf Seiten vorher schon einzuläuten und dergleichen...Nee, das macht mich fuchtig.

Daher gefällt mir Fareans Weg sehr gut. Die Protas + Antas machen lassen. Aus ihren Eigenschaften die Geschichte weiterleben lassen. Natürlich haben alle irgendwie meinen Stil geerbt, aber sie sind unterschiedlich schüchtern oder aufgeschlossen, sexy oder biestig. Das alleine reicht schon um aus der gleichen Situation 4 unterschiedliche Handlungen zu stricken.
Vor zwei Tagen habe ich zwischen zwei meiner Plotzettel ungefähr 7 Seiten Text geknallt und auch sonst gemerkt, das mein eigentlich detaillierter Plot ganz viel Luft zum Auffüllen lässt. Aber ich weiß meinen roten Faden und auch schon das Ende. Ich finds nicht langweilig, schreiben muss ich es ja dennoch drumherum  ;)

AngryMuffin

Also bei mir ist es immer so, dass ich einen Plot plane, Storyline entwerfe, Steckbriefe für die Charaktere anlege, evtl. erste Skizzen bezüglich des Aussehens der Charaktere mache, anfange zu schreiben  . . .

. . . und spätestens nach dem zweiten Absatz haben meine Protas einfach kommentarlos alles über den Haufen geworfen.

Da sich diese Erfahrung in verschiedenen Formen immer gehäuft hat, habe ich mich schließlich vom plotten fast vollständig verabschiedet und beschränke mich fast nur auf ein ausgefeiltes Charakter-Design - dann lasse ich Protas und Antas aufeinander los und bin gespannt, was passiert.  :vibes: Die Sachen, die dabei entstehen, faszinieren mich immer wieder; auch passiert es, dass sich Charaktere als vollkommen anders entpuppen, als ich dachte bzw. am Anfang geplant hatte.
Charkter A war anfangs als aggressiv, leicht reizbar und rebellisch gegenüber Vorgestzten geplant.
Charakter B dagegen sollte eigentlich ruhig, immer etwas abwesend, fröhlich, kindlich sein und gezeichnet von der furchtbaren Kindheit, um die irgendwie keiner meiner Protas drumrumkommt  :hmmm:
Das Ende vom Lied war dann, dass A und B die Eigenschaften komplett getauscht hatten und sich da auch partout nicht drüber verhandeln wollten.  :) ich hab sie dann so gelassen und muss sage, inzwischen gefallen sie mir so viel besser.

Also meine Idee wäre, dass es drauf ankommt, wie aktiv die Protas und Antas sind - meine springen immer wie wild durch den Plot, rennen ihn um, verbiegen ihn, laufen schnurstracks auf einen vollkommen anderen zu und da lasse ich sie eben mache und plotte recht wenig, nehme mir aber viel Zeit, sie kennenzulernen. Wenn Protas eher schweigsam und verschlossen sind, würde ich zum genaueren plotten raten, dann lernt man die Charaktere auf dem Weg nebenbei kennen.   :vibes:

Gargoyle

Ich "oute" mich als Verfechter des Plottens, sobald eine Geschichte komplexer wird.
Zuerst kommt der Plot an sich unterteilt in Akte und Wendepunkte, die Charaktere werden entwickelt, dann wird daraus ein Arbeitsexposé geschrieben und dann erst geht es mit dem Schreiben los. Alles hat natürlich Vor- und Nachteile. Für mich bestehen die Vorteile darin, dass ich mich beim Schreiben mehr auf Dialoge und diverse Details konzentrieren kann, da der grobe Rahmen ja feststeht. Das heißt aber nicht, dass das Arbeitsexposé für den Rest des Prozesses in Sten gemeißelt bleibt. Entwickeln sich beim Schreiben neue Ideen, was zwangsläufig vorkommt, wäge ich ab, ob sie in den Rahmen passen. Wenn ja, wird das Arbeitsexposé erweitert oder umgeschrieben. 

RubinaGela

Das ist ja wirklich hochinteressant zu lesen, wie ihr eure Geschichten entstehen lasst - mit oder ohne Plot.   :jau:

Ich selbst hatte das Wort ,,Plot" und seine Bedeutung noch nie gehört, als ich mit dem Schreiben anfing. :hmmm:  Ich wollte schreiben - und tat es. Einfach drauflos, erst mal. Dann kamen die Zettel, wo ich mir zwischendurch rasch notierte (vor allem nachts), wenn mir Szenen zur Handlung einfielen - die ich nicht vergessen wollte, die aber noch nicht dran waren. Später kam das Notizbuch, damit eben diese Zettel nicht verloren gehen konnten.

Was ich sagen will: Für mich wurde das Ganze eher eine Art Puzzle (ähnlich wie bei Dämmerungshexe). Alle diese notierten Szenen mussten irgendwie und möglichst logisch verbunden werden. Also machte ich sozusagen ,,Zwischenplots". Da brauchte es dann hin und wieder richtig Zeit zum Nachgrübeln. Und da ich mindestens vier Handlungsstränge hatte, entstand neben der Personenliste auch eine Kapitel- und Handlungsablaufsliste - für den Überblick.

Das Ende entwickelte sich bei mir übrigens unterwegs, nachdem mir klar geworden war, um was es eigentlich ging. Manche Szenen brachten mich überhaupt erst auf einen Ablauf bestimmter Dinge. Und die Protas - na, das kennt ihr ja selbst: machen sowieso, was sie wollen. (Aber nur so lange, bis ich sie in den Kerker oder in eine andere ausweglose Situation bringe. Dann müssen sie leiden, weil ich das will  :darth:  - die Rache des Autors!)

Das zweite Werk entstand eigentlich auf die gleiche Art, nur etwas schneller, da ich schon Routine hatte und die Listen von Beginn an führte. Also: Idee, schreiben, Szenen sammeln, Zwischenplots (mit vielen Grübeleien  :wart: ) und zusammenfügen. Beim Überarbeiten wird nur noch ergänzt oder gekürzt und verbessert. Klappt bei mir auf diese Weise ganz gut - und die Spannung beim Schreiben bleibt erhalten.

Sanjani

Hallo noch mal,

@Gargoyle: Ich finde das gerade ziemlich faszinierend, denn genau dein Vorgehen habe ich angewendet, als ich meine Diplomarbeit schrieb. Und das Schreiben hat dann auch Spaß gemacht, aber auf eine ganz andere Art als beim Geschichten schreiben.

Ich habe das gestern mal ein bisschen ausprobiert. Hab mich hingesetzt und alles aufgeschrieben, was mir zu meiner ersten vagen Idee einfiel. Interessanterweise ist mir dann eine tolle Idee (fand ich jedenfalls :) ) zum Thema Kommunikation und Hintergrund des Volkes gekommen. Und es gibt inzwischen zwei vage Szenen, aber einen Plot gibt es noch immer nicht. Ich glaube, ich werde noch mal das MP3-Orakel zu Hilfe holen :rofl: Auf jeden Fall wird ein bisschen mehr aufschreiben mir wohl nicht schaden, zumal ich ja auch ein bisschen achtgeben muss, dass ich meine neue Welt von meinen bisher gefertigten Welten abgrenzen muss. Nicht dass da aus versehen was doppelt vorkommt! Und ich möcht auch nicht wieder Sachen vergessen, wenn ein Projekt mal länger ruhen sollte, aber Szenenplan und so etwas wird es bei mir vermutlich nie geben und ich bin fast ein bisschen neidisch auf alle, die das so konstruktiv auf die Beine stellen können :)

LG Sanjani
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)

Nika

Als ich mit dem Schreiben angefangen habe, wäre ich nicht einmal auf die Idee gekommen, irgendetwas zu plotten. Ich hatte einen Anfang (ganz selten auch schon ein Ende) und schrieb einfach los. Das hat eine Zeit lang auch richtig gut funktioniert.

Heute könnte ich mir das kaum noch vorstellen. Zumindest nicht bei langen Texten. Bei Kurzgeschichten mache ich das tatsächlich noch ab und zu, wobei ich selbst da davon abkomme.

Bei längeren Geschichten geht heute gar nichts mehr ohne Plotten. Jedes Schnipselchen an Idee wird notiert. Dafür nutze ich XMind. Dort erhält jedes Projekt erst einmal eine "Übersichtsseite" und da wird wahllos alles aufgeschrieben, was mir einfällt, wann es mir einfällt. Zum Plotten selbst bin ich mittlerweile bei der Schneeflockenmethode gelandet und finde sie wirklich klasse. Da muss ich mir beim Plotten schon so viel genau überlegen, dass ich beim eigentlichen Schreiben weniger Gefahr laufe, Probleme zu bekommen.

Mein Fazit: Plotten ist für mich bei langen Geschichten ein Muss, bei Kurzgeschichten ein Vielleicht.

Amaretin

#40
Ich finde den Vergleich, den Farean gebracht hat, perfekt:

Zitat[...] ich habe für mich selbst die Erfahrung gemacht, dass künstlerische Betätigung (ob nun literarisch oder anderweitig) der Pflege einer Pflanze gleicht. In der ersten Phase lässt man den jungen Trieb ("Flow") am besten wild wuchern. In der zweiten Phase bindet man die Zweige an Stangen, um ihnen Richtung zu geben ("Plotten"). In der dritten Phase schneidet man sie zurück ("Überarbeiten").

Das beruhigt mich, dass ich bisher nicht so ganz so viel falsch gemacht habe. Ich habe gedacht mit meinem am Anfang drauf los schreiben habe ich mir viel mehr Arbeit gemacht als nötig. Aber Farean hat mir einen wichtigen Gedanken aufgezeigt, nämlich dass viel von den spontanen Ideen verloren gehen, wenn man gleich von Anfang an total strukturiert vorgeht und auch zunächst scheinbar abwegigen Gedanken nicht nachgeht.

Vielen Dank, das hat mich jetzt wirklich beruhigt!

Mohnrote

Zitat von: Amaretin am 23. September 2011, 22:32:58
Ich finde den Vergleich, den Farean gebracht hat, perfekt:
Das beruhigt mich, dass ich bisher nicht so ganz so viel falsch gemacht habe. Ich habe gedacht mit meinem am Anfang drauf los schreiben habe ich mir viel mehr Arbeit gemacht als nötig. Aber Farean hat mir einen wichtigen Gedanken aufgezeigt, nämlich dass viel von den spontanen Ideen verloren gehen, wenn man gleich von Anfang an total strukturiert vorgeht und auch zunächst scheinbar abwegigen Gedanken nicht nachgeht.

Sehe ich ebenso. Eine sehr schöne und treffliche Beschreibung. :jau:
Besonders am Anfang brauche ich einen gewissen Freiraum, weil die Geschichte sonst nicht richtig lebendig wird. Ich richte mir zwar gewisse Plotpunkte ein, die ich passieren möchte, aber wie und wann ich dorthin komme, ist völlig ungewiss. Das ist zwar spannend, manchmal aber auch sehr ermüdend. ;)
Außerdem geht es mir oft so, dass es quasi an den falschen Stellen fließt. Eigentlich würde ich gerne chronologisch schreiben, aber da ich die Geschichte meiner Charaktere schon vor dem Schreiben sehr gut kenne, drängen sie sich des öfteren in späteren Entwicklungsstadien auf und verlangen, dass ich das dann aufschreibe. So erhalte ich also einen riesigen Flickenteppich an Szenen und Kapiteln, denn ich am Ende zusammensetzen muss.  :pfanne:

Erdbeere

Farean's Metapher mit der Pflanze bringt die Sache wunderbar auf den Punkt (danke dafür!). Auch bei mir gibt es Zeiten, da schreibe ich am liebsten und am besten mit dem Flow, wobei diese Abschnitte meist einige ziemlich gute Szenen beinhalten können. Aber bei mir ist der Flow immer sehr schnell wieder weg, und damit ich dann nicht ins Stocken (oder noch schlimmer, in eine Blockade) komme, muss es eben einen groben Plot haben.
Das blöde ist nur, der Flow lässt sich nicht auf Knopfdruck anschalten. Da habe ich mal richtig viel Zeit, setze mich an den Lapi und bäng! kein Flow weit und breit. Also Blick auf den Plot, den Charas ein paar Brotkrumen hinstreuen und sehen, ob sie der Spur folgen.

Für den Nano habe ich mir vorgenommen, meinen bis dahin hoffentlich fertigen Plot in Form von bunten Notizzetteln an die Wand zu heften. Die wichtigsten Szenen kriegen eine extra Leuchtfarbe und alles wird mit einem roten Wollfaden miteinander verbunden. Die Löcher dazwischen lassen Platz für den Flow, der sich bei genügend Spass bestimmt (hoffentlich) von alleine einstellt.

Churke

Gegen Fareans Bild habe ich einen Einwand:
Eine Pflanze folgt ihrem genetischen Bauplan. Sie wächst stets zielgerichtet, auch ohne gärtnerischen Eingriff.
Beim Schreiben ist gerade das zielgerichtete Wachsen alles andere als garantiert. Überhaupt kann eine Geschichte nur dann "von selbst" entstehen, wenn sie einem einfachen, übersichtlichen Muster folgt. Ich habe da gerade ungute Erfahrungen gemacht mit einer Geschichte, bei der ich mich in eine Sackgasse geschrieben hatte. Weil ich zu faul war, erst mal richtig durchzuplotten. Schreibt man aus Spaß an der Freude, kann man so etwas schon mal in Kauf nehmen. Auf die Einhaltung von Abgabeterminen würde ich allerdings nicht wetten.


Zanoni

#44
Ein sehr interessantes Thema, und so viele verschiedene Vorgehensweisen, Ideen und Anregungen. Klasse! :-)

Diese Frage hat ich mich natürlich auch beschäftigt. Während sich die ersten kurzen Geschichten noch einigermassen gut drauf los schreiben liessen, hatte das bei längeren, komplexeren Geschichten überhaupt nicht mehr funktioniert. Grundsätzlich bin ich sicherlich eher ein "Planer" als ein "Drauflosschreiber", aber erfreulicherweise bin ich vor einiger Zeit mal über eine Methode gestolpert, die von einigen Drehbuchschreibern angewendet wird. Sie wird "Step Outline" genannt und ist ein Zwischending, also weder reines Plotten, noch reines Drauflosschreiben, sondern irgendwie dazwischen.

Das Prinzip ist einfach: Man schreibt eine kurze Szenenüberschrift und beschreibt dann ganz kurz, was in dieser Szene geschieht. Dann geht es sofort zu nächsten Szene, und immer so weiter, bis man mit der gesamten Geschichte fertig ist.
(Bei Drehbüchern sehen Szenenüberschriften immer so aus: "Innen/Aussen - Ortsangabe - Tag/Nacht". Aber beim Romanschreiben sind solche formalen Regeln natürlich überflüssig. Hauptsache schön kurz, und man selbst muss es hinterher noch nachvollziehen können. Die Beschreibung der Szenengeschehnisse sollte auf drei Sätze begrenzt sein und nur in absoluten Ausnahmefällen mal etwas länger.

Wenn man auf diese Weise vorgeht, hat man die gesamte Geschichte in sehr kurzer Zeit fertig aufgeschrieben. Von Anfang bis Ende liegt sie dann vor einem ausgebreitet. Natürlich noch nicht in allen Details, aber das ist ja auch der Sinn der Sache. Wenn man dieses "szenische Skelett" dann vor sich hat, kann man sehr gut sehen, wo was geschieht, wo es Schwächen gibt, was sehr gut funktioniert und was überhaupt nicht. Es ist dann sehr einfach dramaturgische oder inhaltliche Veränderungen vorzunehmen. Szenen lassen sich leicht verschieben, herausnehmen oder hinzufügen.

Und wenn man schließlich der Meinung ist, alles genau richtig zusammengestellt zu haben, kann man die Szenen nach und nach "abarbeiten" und richtig schreiben, mit allen Details.

Wenn ich das richtig gesehen habe (benutze selbst nur OpenOffice), scheint dieses Prinzip in einigen Autorensoftwares bereits integriert zu sein. Aber auch ohne irgendeine Spezialsoftware ist diese Methode leicht anwendbar.

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Ein kleines Beispiel:

1. Außen - Wiese am Bach - Tag
Alyseia sitzt auf der Wiese und schaut gedankenverloren auf den plätschernden Bach. Markorian setzt sich zu ihr und bitte sie ihre Reisepläne noch einmal zu überdenken. Alyseia verneint das kategorisch, was zum Streit führt, bei dem sie schließlich aufsteht und wütend geht.

2. Außen - Vor dem Stall - Tag
Alyseia bepackt ihr Pferd und steigt dann auf. Die versammelte Menge wünscht ihr viel Glück und verabschiedet sie. Alyseia bedankt sich und reitet davon.

3. Innen - Torhaus - Tag
Markorian blickt aus dem Turmfenster hinaus auf den Weg. Dort reitet Alyseia auf ihrem Pferd zur Stadt hinaus. Markorian blickt ihr mit Tränen in den Augen hinter her.

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Na ja, wie schon von einigen gesagt: Letztlich muss jeder die Vorgehensweise finden, die am besten zu ihm passt. Was für manche hilfreich ist, kann für andere durchaus hinderlich sein. Aber ich selbst habe mit dieser Vorgehensweise schon gute Erfahrungen gemacht und möchte sie nicht mehr missen. Vielleicht finde ich für mich irgendwann mal eine noch bessere Methode ... gut möglich ... aber aktuell ist sie mein Favorit.


Viele Grüße