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(Unnötige?) Ausführlichkeit bei Beschreibungen

Begonnen von AZI, 25. Mai 2006, 18:12:41

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AZI

Moin Moin

Ich wollt ma wissen, wie ihr es mit den Details handhabt?

Derzeit steh ich nämich vor der Sorge, daß ich evtl ein wenig zuviel des Guten ausarbeite. Natürlich kann man das Argument anbrigen, kürzen geht immer noch, dennoch mach ich mir Sorge das es evtl etwas zu lang wird, bis es endlich losgeht mit der eigentlichen Aktion.

Es ist so das meine Heldin erst ma ganz schnöde einige Nachforschungen bei Behörden unternimmt, ehe sie wirklich in Schwierigkeiten kommt. Nun kann ich ihr die Infos die sie braucht aber auch nicht auf dem Silbertablett servieren, denn jeder der die Deutschen Behörden kennt wüßte das das Nonsens ist, viel zu einfach und das wäre dann unglaubwürdig. Also schmück ich es ein wenig aus, wobei ich jedoch Sorge bekomme, das es zu viel wird...

So etwas nennt man dann wohl Teufelskreis.

Wieviel Zeit/Seiten /Kapitel gebt ihr in etwa euren Helden um sich auf die Aktion vorzubereiten?

Bis denne
AZI

Feuertraum

Hallo Azi!

Das ist etwas, was sich nicht pauschalisieren läßt. Ich kann und will auch nicht sagen, das ich JEDE Szene detailverliebt ausschmücke, um ein Bild zu erzielen, ich will aber auch nicht sagen, das man nun grundsätzlich nur ein paar Striche machen brauch, um die Stimmung/Situation/etc. einzufangen.
Ich denke, das kommt einerseits auf den Autor, andererseits aber auch auf die Szene selber an. Deswegen - sorry - kann ich keine klare Antwort geben.

LG

Feuertraum
Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?

Arielen

Richtig, das läßt sich nicht pauschalisieren. Beim Schreiben halte ich diese Szenen anfangs meist etwas knapp, um später, wenn ich weiter hinten in der Geschichte bin immer wieder zurück zu springen und Hinweis3e einzubringen. Denn was sinnvoll ist und was nicht ergibt sich tatsächlich erst im Laufe der Geschichte. Notieren würde ich mir erst mal alles, aber später auch alles streichen, was entweder nicht relevant ist oder zuviel verrät und sich später sowieso von selbst enthüllt.
Alles liegt im Auge des Betrachters

silsi

Hallo Azi,

als Leser hasse ich es, Dialoge im amerikanischen Stil zu lesen, in denen Alltagssituationen haarklein dargestellt werden ("Welches Formular soll ich ausfüllen?" -- "Das rote" - "Haben Sie einen Stift" -- "Ja, da vorne liegt einer" ...). Das mag zwar toll realistisch sein, interessiert mich aber nicht die Bohne. Die Realität ist oft genug langweilig, mühsam und zäh - das brauche ich nicht auch noch in einem Buch vorgesetzt zu bekommen.

Aber nun zu Dir als Autor: Es ist sicher o.k. an einer Stelle kurz darzustellen, wie mühselig die Recherche Deiner Heldin ist (z.B. mit so einem sinnentleerten Dialog wie oben). Dann kannst Du durch Zeitraffer darstellen wie die Heldin sich ewig und drei Tage durch die Behörden-Mühlen quält

z.B. zähle einfach die Namen aller Beamten auf, mit denen sie spricht (Herr Schröder, Frau Wendkamp, Herr Aydin, noch einmal ein Herr Schröder)...
oder: am Dienstag war Herr Schröder nicht da, am Mittwoch wußte seine Vertretung immer noch nicht bescheid, am Freitag war Herr Schröder endlich zu sprechen und sie erfuhr, dass sie sich eigentlich an Herrn Meyer hätte wenden müssen....
Das kann man auch ganz witzig gestalten.

Insgesamt würde ich den Leser nicht länger als nötig damit quälen. Der Leser soll zwar verstehen, dass die Recherche der Heldin langweilig ist - aber er soll sich ja nicht selbst langweilen (da hilft dann auch eine Prise Ironie).

Liebe Grüße
Stefanie



Kalderon

Der Meinung schließe ich mich an.  :jau:

AZI

@arielen

Guter Tip mit dem später ausschmücken falls es notwendig sein sollte.

@Stefanie
Diese Dialoge mag ich auch nicht, das ist ja der Haken, ich muß sie die Akten Urkunden und Co. suchen lassen, aber es darf nicht langweilig werden.... Ne Portion Ironie wär natürlich auch nicht schlecht...

Ich hab meiner Heldin jetzt erst ma ne Portion Glück gegönnt, aber einen Teuren Spaß draus gemacht (Ja auch das sind die deutschen Behörden) 104 Eur für ein paar Kopierte  Urkunden (berechnet nach dem korrekten Satz von Frankfurt Main). Allerdings hat sie die Akten noch nicht in der Hand, die werden mit der Post geschickt.
Das bedeutet es kann noch ein bischen was schiefgehen.

Ausserdem muß sie demnächst noch zum Amtsgericht und sich da Akten eines alten Falles besorgen, da kann ich dann ja den kleinen Irrweg einbauen, den Stefanie vorgeschlagen hat. Ich werde am ende diese Akten eh unvollständig sein lassen, das wird dann so richtig schön ärgerlich...

@all
Selbstverständlich kann man das mit den Details nicht pauschalisieren, doch ich hab immer die Angst zuviel oder auch zuwenig zu geben. 
Kennt ihr das?
Das Problem ist ja auch, ich als Autor kenne sämtliche Hintergründe, der Leser nicht. Da kann schon ein Wort große Unterschiede machen. Eins steht fest Fachtexte zu schreiben ist eindeutig einfacher, da kennt man sein Publikum und das Vorwissen das es hat ;)

Naja ich schreib jetzt erst ma in der Form wie ich es habe weiter und werde Arielens Tipp beherzigen, lieber weniger schreiben und dann nachträglich ergänzen.

Bis denne
AZI

Arielen

Zitat von: AZI am 26. Mai 2006, 07:30:14
@all
Selbstverständlich kann man das mit den Details nicht pauschalisieren, doch ich hab immer die Angst zuviel oder auch zuwenig zu geben. 
Kennt ihr das?
Das Problem ist ja auch, ich als Autor kenne sämtliche Hintergründe, der Leser nicht. Da kann schon ein Wort große Unterschiede machen. Eins steht fest Fachtexte zu schreiben ist eindeutig einfacher, da kennt man sein Publikum und das Vorwissen das es hat ;)

Naja ich schreib jetzt erst ma in der Form wie ich es habe weiter und werde Arielens Tipp beherzigen, lieber weniger schreiben und dann nachträglich ergänzen.


Das geht jedem so. Ich neige auch dazu, anfangs viel mehr zu sczhreiben, und dann zu kürzen, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass man die Menge an Details eh erst überblicken kann, wenn das Rohgerüst steht, vor allem bei längeren Geschichten. Dann erst spürt man instinktiv - das könnte ich schon früher sagen, das erklärt sich später von selbst, das setze ich weiter nach hinten...

Je länger ein Werk wird, desto mehr springe ich von hinten nach vorne um Details zu ergänzen. Das war bei meinen beiden Romanen, es ging gar nicht anders!
Alles liegt im Auge des Betrachters

Steffi

Bei mir ist das Problem umgekehrt, ich neige dazu zu wenig Details zu schreiben weil ich immer denke "Das interessiert doch sowieso keinen!"  ;D
Sic parvis magna

Termoniaelfe

Ja, die lieben kleinen Kleinigkeiten. ich kann da ein Lied von singen. Eine Betaleserin schrieb mir mal Folgendes:

– ich liebe deine Details, die machen das Ganze so lebendig!-

ABER: ein Lektor würde sie dir kommentarlos raus streichen, weil zu viele davon unnötig sind und man das Ganze auch Kürzer sagen könnte!Und all das, was für den Verlauf einer Geschichte nicht wichtig ist muss raus.


Ich neige also auch dazu, viel zu viele Datails zu beschreiben, weil ich immer möchte, dass der Leser sich vorstellen kann wie es dort aussieht. Nur habe ich mitlerweile gelernt, dass es für den Leser sehr wichtig ist, sich sein eigenes Bild im Kopf zu erstellen. Ich bin also dahergegangen und habe gnadenlos gestrichen. Wenns auch an einigen Stellen sehr wehtat. Wenn ich mir die Passagen heute durchlese, dann weiß ich aber, dass es die richtige Entscheidung war.

LG
Termi

Schelmin

#9
Hi!
So streng würde ich es aber nicht sehen. Nicht alles, was nicht direkt zu Handlung gehört muß raus. Es kann auch Atmosphäre geben. Allerdings gut dosiert und an der richtigen Stelle.

Gerade lese ich Glennkill und muß sagen, eigentlich ist es ein gelungenes Buch. Ich mag es.
Aber hier und da denkt man sich: es sollten wohl laut Lektor ein paar Seiten mehr sein. Ich finde es beispielhaft ganz witzig zu lesen, warum ein bestimmtes Schaf bestimmte Kräuter am liebsten mag. Mich interessiert das aber nicht haarklein für JEDES Schaf in der ganzen Herde! Und hier und da tauchen Rückblenden, und Rückblenden in Rückblenden auf, die auch unnötig verwirrend sind. Man versteht zwar, was gemeint ist, aber es macht keinen Spaß es zu lesen. Das ist eindeutig zu viel. manchmal ist weniger eben doch mehr.
Dagegen sind aber einige Personenbeschreibungen sehr gut gelungen, oder die Erklärungen der Menschenwelt, die die Schafe sich liefern.

Anderes Beispiel war die "Zauberlaterne". Da wird ein Ort so haarklein beschrieben, daß ich schlichtweg aufgegeben habe. Ich dachte: nee, jetzt lese ich nicht weiter, das interessiert doch alles keine S**.

Ich will kein Buch geschrieben haben, bei dem Leute Seiten überspringen. Daher nehme ich es lieber ernst, wenn jemand sagt, daß etwas zu lang ist. Selbst steckt man da nicht so drin.

@Termi: denk an die Wichtel-Hilde und ihre so gern bewunderten Häuser, wenn du mir das nicht gekürzt hättest, auweia!

Schelmin










Arielen

Zitat von: Schelmin am 27. Mai 2006, 18:12:43
So streng würde ich es aber nicht sehen. Nicht alles, was nicht direkt zu Handlung gehört muß raus. Es kann auch Atmosphäre geben. Allerdings gut dosiert und an der richtigen Stelle.

Richtig. Du brauchst ja auch etwas Fleisch, um den Braten schmackhaft zu machen und eventuell um falsche Spuren zu legen. Aber das wie viel ist ein Gespür, daß man sich auch erarbeiten muss. Lektoren streichen nicht so viel raus wie ihr denkt. Was sie vor allem kürzen sind eher unnötige Adjektive und Nebensätze, nicht oder nur ganz selten wirklich Beschreibungen!
Alles liegt im Auge des Betrachters

Rei

Hmm, kommt auf die Situation an... Muß es schnell gehen, laß ich die Details weg... (also soweit es geht, aber auf einer Flucht zum Beispiel bleibt keine Zeit, sich die Blümchen im Nachbarsgarten anzuschauen). Aber wenn ich Zeit habe, wenn es auch wichtig ist, dann gibt es Details. Zum größten Teil gibts die in der Rohfassung, die ich ja hinterher sowieso nochmal überarbeite. Ich brauche das, um mich in die Situation hineinversetzen zu können, oder um dem Leser klar zu machen, daß der Sturz aus dem Fenster eben doch höllisch weh tat...

Wer detailreich ist, ist der gute Dan Simmons. Ich habe die Seiten nicht gezählt, aber so deutlich habe ich die Beschreibung eines abgehenden Nierensteins noch nirgends gelesen als in "Endymion"...

Aneirin

Hallo zusammen,

mit den Details halte ich es so, dass ich in der ersten Fassung alles hinschreibe, was ich will. so viele Details und so abgedroschene Vergleiche, wie sie mir gerade in den Sinn kommen und wie ich Lust habe, sie aufzuschreiben. Dann gibt es natürlich an einigen Stellen zu viele und an anderen Stelle zu wenige, wie ich gerade so drauf war. In der Überarbeitung glätte ich das dann. Streiche meine blutige Kampfszene auf ein Drittel zusammen und lasse die Leute auf der Flucht eben nicht mehr die Landschaft betrachten, oder an anderen Stellen füge ich wieder was dazu.

Ich achte allerdings gleich darauf, keine unpassenden Vergleiche und Redewendungen zu bringen. Niemand stehen die Haare zu Berge, als wären sie unter Strom gesetzt worden, wenn es in der Welt gar keinen Strom gibt und dieser Begriff nicht zum Wortschatz meiner Helden gehören kann. Es verstreicht auch kein Zeitraum von ein paar Minuten, wenn sich die Zeit nur am Stand der Sonne ablesen lässt.

Grüße
Aneirin

Arielen

Zitat von: Aneirin am 07. Juni 2006, 10:11:32
Ich achte allerdings gleich darauf, keine unpassenden Vergleiche und Redewendungen zu bringen. Niemand stehen die Haare zu Berge, als wären sie unter Strom gesetzt worden, wenn es in der Welt gar keinen Strom gibt und dieser Begriff nicht zum Wortschatz meiner Helden gehören kann. Es verstreicht auch kein Zeitraum von ein paar Minuten, wenn sich die Zeit nur am Stand der Sonne ablesen lässt.


Zum Beispiel. Ich merke bei Überarbeitungen aber auch, daß ich manchen Vergleich und manches Adjektiv einfach rausnehmen kann, weil die nicht nötig sind. Der Text wird dadurch nicht schlechter.
Alles liegt im Auge des Betrachters

Miu

hey

ich schreibe immer soviele details nieder, wie wichtig sind, um sich eine situation/ oder eine umgebung vorstellen zu können. tage später lese ich es dann nochmals durch und entscheide, ob es so passt oder ob es zu viel oder zu wenig informationen sind.
das muss man immer von fall zu fall entscheiden. was ich zum beispiel zu viel finde, ist wenn man jeden grashalm beschriebt oder jeden schauplatz so ausreichend beschriebt, dass sich der Leser nichts mehr selber vorstellen kann. das ist etwas, was ich nicht mag.

lg