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Englisch, weil's in England spielt?

Begonnen von Maja, 01. August 2011, 14:39:20

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Maja

Ich stehe gerade vor der Frage, inwieweit ich englische statt deutscher Bezeichnungen verwenden soll, weil meine Geschichte in England spielt. Relativ selbstverständlich werfe ich mit Begriffen wie "Gentleman" oder "Mylady" um mich, und das Waisenhaus habe ich "Saint Margaet's" genannt statt "Margarethenheim".

Aber ist das nicht ein bisschen prätentiös? Immerhin schreibe ich das Buch doch auf Deutsch und nicht auf Englisch. Ich habe auch aus dem Hallboy einen Hausburschen gemacht, und jetzt stehe ich vor der Frage, ob die Dienerschaft ein Abendessen einnimmt oder Dinner - da das Ganze um die Mittagszeit herum stattfindet, ist "Abendessen" vielleicht sehr irreführend.

Wie verfahrt ihr in so einem Fall? Übersetzen oder beibehalten? Und wie ist das bei Büchern, die aus dem Englischen übersetzt werden? Vielen Dank im Voraus für eure Hilfe!
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

FeeamPC

ich würde Englisch gebrauchen bei allen Ausdrücken, die sich bereits im Deutschen bewährt haben. Dinner gehört dazu, hallboy nicht.

Rumpelstilzchen

Vor der Frage habe ich auch schon gestanden. Ich habe mit den englischen Bezeichnungen angefangen. Im Laufe der Geschichte kam mir das alles ein bisschen komisch vor, von den Dienstgraden wäre es auf englisch sicher sinniger gewesen, aber dann nur englische Bezeichung für Begriffe wollte ich nicht nehmen und mischen klang komisch. Ich habe mich dann für die deutschen Bezeichungen entschieden. Ob es so bleibt, da bin ich mir allerdings auch nicht so sicher.

Was Übersetzungen angeht: "Mylady" habe ich schon öfter in übersetzten Romanen gelesen. Was meiner Meinung aber so gar nicht geht, ist das übersetzen von Bauwerken, etc., denn London-Brücke klingt irgendwie seltsam, aber auch das habe ich schon gelesen.

Sven

Namen und Bezeichnungen sowie Anreden würde ich auch nicht ins Deutsche übersetzen.
Alltägliche Dinge wie Abendessen oder Nachmittagstee (statt Teatime) würde ich eindeutschen. Viele englische Begriffe sind geläufig. Darauf würde ich schon der Atmosphäre wegen zurückgreifen.
Dient es der Atmosphäre, würde ich den englischen Begriff nehmen, müsste man erst nachschlagen, was der Autor denn nun meint, würde ich einen deutschen Begriff wählen.
Beste Grüße,
Sven

Runaway

Ich stimme Sven zu. Die Frage hab ich mir ja auch schon stellen müssen und ich geh auch soweit, daß meine Protas sich sogar manchmal (kurz) auf Englisch unterhalten, aber immer nur bei leicht verständlichen Sachen.
Ich bin dafür, alles Englisch zu lassen, was man versteht, um die Atmosphäre nicht zu zerstören.

Naudiz

Ich würde ebenfalls die geläufigen Begriffe auf Englisch lassen, sowas wie Dinner und so fand ich bisher auch in Übersetzungen nicht so schlimm, es passt auch viel besser zur Atmosphäre.

Pestillenzia

Ich sehe es ähnlich wie FeeamPC. Begriffe, die allgemein verständlich und zum Sprachgebrauch gehören wie Dinner, Lunch, Butler, Drink oder auch Tea time (warum fallen mir fast nur Dinge ein, die etwas mit essen oder trinken zu tun haben???) würde ich nicht ins Deutsche übersetzten.

Selbstverständlich auch nicht Gebäude wie den Tower.

Gebäude wie Dein St. Margaret's, die nach Personen o.ä. benannt sind, würde ich vermutlich kombinieren, z.B. nicht "St. Andrew's Primary School" (ich hoffe die Grundschulen heißen primary) sondern St. Andrew's Grundschule.

Markante Dinge wie z.B. die Londoner Tube würde ich beiläufig erklären, wenn sie das erste Mal auftaucht, dann aber weiterhin Tube nennen.

Mich als Leser würde es eher stören, wenn so allgemein bekannte Ausdrücke eingedeutscht werden würden. Wenn ich weiß, dass eine Geschichte in einem anglophonen Land spielen, dann rechne ich damit und für mich macht das die Geschichte auch "echter".

Zu viele englische Ausdrücke finde ich hingegen störend, weil sich mir dann der Eindruck aufdrängt, dass der Autor/Übersetzer entweder die deutschen Ausdrücke nicht wusste, zu faul war oder besonders "hip" wirken wollte.

Viele Grüße
Pestillenzia

Maja

Da das ganze Buch in England spielt, macht es in meinen Augen keinen Sinn, Dialoge auf Englisch zu führen - alles, was geredet wird, ist Englisch. Son
st wirkt das wie in dem alten "Moulin Rouge"-Film, wo ZsaZsa Gabor, die eine Französin in
Frankreich spielt, die ganze Zeit mit falschem Französischen Akzent spielt.

Aber in "Geigenzauber", was in Deutschland spielt, führt Mia mit Brandon, der nur Englisch spricht, die ersten Dialoge auf Englisch.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Sanjani

Hallo zusammen,

ich habe es in meiner Geschichte so gemacht, dass ich Warenhandelsnamen, Straßen und Gebäude, alles, was englische Eigennamen besitzt, auch englisch ließ. Dinner fände ich persönlich schon recht eigentümlich, das ist ja kein Eigenname und würde mir daher nicht als englischer Begriff in einem deutschen Buch gefallen. Ich hab da einfach Mittagessen geschrieben. Mrs. und Mr. habe ich auch benutzt, Gentleman und Mylady wiederum nicht, weil ich das komisch fand. Mum und Dad aber unbedingt, obwohl das ja auch keine Eigennamen sind, wie mir gerade auffällt. Ich glaube, da hängt auch einiges am persönlichen Geschmack. Jedem ist was anderes schon zu viel oder zu wenig.

LG Sanjani
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)

Runaway

Zitat von: Maja am 01. August 2011, 15:21:49
Aber in "Geigenzauber", was in Deutschland spielt, führt Mia mit Brandon, der nur Englisch spricht, die ersten Dialoge auf Englisch.
Zum Beispiel. Das kann und sollte man ja nicht die ganze Zeit durchhalten, aber warum nicht am Anfang. Oder bei meinen Protas ist es so, daß sie sonst auch Deutsch sprechen. Da kann man mal schön die Gegensätze rausstellen oder auch, wenn jemand belauscht wird oder jemand flucht oder so...
Aber ist wohl wirklich Geschmackssache. Aufdringlich werden sollte es nicht.

Rika

Achtung, Maja, "dinner" ist nicht zwangsläufig immer gleichbedeutend mit Abendessen! Z.B. gibt es "school dinners", wo es sich definitiv um Mittagessen handelt. Gemeint ist damit aber generell eine warme, volle Mahlzeit. Historisch hast du dann auch "dinner" vs. "supper" (letzteres abends). Nimmt mensch das zusammen mit der modernen Tendenz die warme Hauptmahlzeit heuzutage aus beruflichen Gründen Abends einzunehmen kommt die mögliche Verwirrung zustande.

Ich würde hier also eher die deutschen Begriffe für die Mahlzeiten verwenden, um Verwirrung zu vermeiden. Andere geläufige Dinge wie "butler", "drink" oder evl. auch "tea time" oder so würde ich allerdings auch belassen.

Schommes

Ich seh das so, wie FeeamPC. Guteingeführte Begriffe können den Kolorit der Geschichte unterstützen. Da sich der Roman ja aber an ein deutsches Publikum richtet, sollten nur solche Begriffe genutzt werden, die hier kulturelles Allgemeingut sind. Ein gutes Zeichen wäre, dass man sie sogar im Duden nachschlagen kann. Gentleman, Butler, Baker Street, Bowler und so weiter gehören dazu. Hallboy sicher nicht.

Malinche

Meine "Kondorkinder" spielen in Perú und ich habe da sehr viel mit Spanisch und Quechua gespielt. Sachen, die total typisch für mein Setting waren, habe ich meistens mit dem spanischen Originalbegriff bezeichnet, weil es dafür oft schwer Übersetzungen gibt. Zum Beispiel "combi". Das sind hier in Perú kleine Busse (oft nur VW-Busse, manchmal etwas größer), die für den öffentlichen Nahverkehr genutzt werden. Eine herrliche Einrichtung, weil man jederzeit ein- und aussteigen kann. Man muss es nur per lautem Schrei dem "cobrador" (verantwortlich für das Einsammeln des Fahrgelds) mitteilen: "¡Baja esquina!" ("An der Ecke steige ich aus!") Da das alles extrem viel Lokalkolorit hat, habe ich zwar erklärt, was es ist, aber auch konstant mit den Originalbegriffen und teilweise eben auch Sätzen / Redewendungen gearbeitet, die einfach extrem peruanisch sind und auf Deutsch gar nicht wirken.

Im Englischen würde ich es auch so halten, wie die meisten schon angesprochen haben. Und eben Englisch lassen, was auf Deutsch einfach blöde klingt. Natürlich den Text nicht überladen, aber gut dosiert kann das unglaublich viel zum Ambiente beitragen.
»Be suspicious of the lemons.« (Roxi Horror)

Kati

Maja, ich würde da auf keinen Fall was eindeutschen. Wie Sven schon schrieb, die englischen Begriffe fördern die englische Atmosphäre ungemein. Es spielt ja in England und selbst, wenn der Roman in deutscher Sprache geschrieben wird, würde es mir persönlich total missfallen da ein Margarethenheim vorzufinden. Gentleman und Mylady sind auch völlig in Ordnung, Straßennamen und Eigennamen sowieso... Und würde irgendwer noch verstehen, dass Tower Bridge gemeint ist, wenn man einfach Turmbrücke schreiben würde?  ;D
Ich denke mal, wenn man deutsche "Fachbegriffe" benutzen wollte, könnte die Geschichte auch in Deutschland spielen. Mit dieser Eindeutschung macht man sich nur die Atmosphäre kaputt. Dazu muss man nur mal die deutsche Übersetzung von "Hanni und Nanni" mit dem Original vergleichen, wo meist durch Eindeutschung von Begriffen eben die englische Atmosphäre flöten gegangen ist (was da aber sicherlich der Sinn war).

Franziska

also ich würde Kati da zustimmen. Ich kenne aus Übersetzungen und Filmen auch nur so, dass viele Sachen beibehalten werden, das schließt meist auch alles Essen ein, also Diner und so. Denn es wird  damit ja auch wie schon angesprochen häufig etwas anderes gemeint, als im Deutschen. Auch Kleidungsstückek würde ich englisch bezeichnen, aber nur wenn es wass typisch britisches ist, und auf deutsch nicht gibt.