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Romane wie Drehbücher?

Begonnen von Escandril, 31. März 2006, 19:42:39

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Escandril

Ich hoffe, das Thema ist hier richtig, ansonsten tippe ich auf Off Topic.

Es ist seltsam, aber wenn ich einen Roman schreibe, dann denke ich immer in "Szenen" - weniger in Absätzen oder Kapiteln.
Meine Dialoge stehen oft auch da wie in einem Drehbuch, ganz ohne weitere Ausführungen wie "Er sagte".
Es ist für mich so fast so, als ob ich gleichzeitig ein Drehbuch schreibe und ein Storyboard zeichne für einen Film. Ich mache auch häufig Schnitte (bzw. Zeit- und Ortssprünge) wie in einem Film.

Ich habe neulich mal gelesen, dass Christopher Paolini ("Eragon") über seinen Roman gesagt hat,
er habe ihn geschrieben wie einen Film. Eigentlich hätte er sogar lieber einen Film gemacht, aber da er dafür kein Geld hatte, habe er eben ein Buch geschrieben.

Vor kurzem sagte mir eine Freundin, die etwas von mir gelesen hat: "Die Szene da, das hat mich ja stark erinnert an eine Szene aus dem Film X, und zwar..." Den Film habe ich auch mal gesehen, allerdings ist es schon Jahre her. Jedenfalls  habe ich mich schleunigst dran gesetzt, die Szene umzuschreiben, so dass der Déja Vu-Effekt nicht mehr ganz so stark ist.

Wahrscheinlich bin ich einfach "geschädigt" durch meinen ständigen TV- und Kinokonsum?
Oder geht es manchen von euch ähnlich?

Manja_Bindig

nein, das ist ganz normal.
Wenn man schreibt, bringt man das, was einem im Kopf geht, nur zu Papier - in mehr oder weniger gelungener Form.
Aber im Kopf läuft der fim ab. Das ist gut so. So sollte es sein.
Die Schnitte bau ich ebenfalls rein - ich arbeite mich chronologisch vor, sprich, hier geschieht was wichtiges, zeitgeich woanders auch - also switchen wir dann einfach. Das bringt Dynamik ins Buch.
Meine dialoge folgen - besonders bei streiterein - oft Schlag auf schlag, nur von Regieanweisungen unterbrochen.
Und Inspiration bei Fimen - why not? Wenn es gute fime sind...

Rei

Hmm, da ich meine Texte mit der Hand vorschreibe, bevor ich sie per dragon in Word diktiere, mache ich auch Stichworte zu Szenen, die ich noch einfügen will, Dialoge ohne großartige Anweisungen. Ich schreibe zwar in Kapiteln, aber mehr als Szenen sind es auch nicht... Das kommt alles später, wenn ich den Text überarbeite.

Ary

HI!
Ich finde es gar nicht so falsch, beim Schreiben einem Film vor dem inneren Auga ablaufen zu sehen. Feuertraum hat mir den Tip mal beim Brainen gegeben,  als ich mich darüber ausließ, daß ich an meinem Anthobeitrag verzweifle. Ich verzweile überigens immer noch dran, auch wenn Feuertraums Ideen total gut waren. Ich versuch's auf jeden Fall noch mal mit dem Film-Trick.

LG,
Aryana
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Schelmin

Hi!
Im Grunde finde ich das auch okay. Man muß eben nur beachten, daß es keinen Schauspieler gibt, der mit "Taten" seine Worte unterstreicht. Daher sollte auch beschrieben werden, was zwischendurch noch passiert, z.B. wie jemand sich verhält, wie er jemanden anblickt oder sich fühlt.
Es gibt bei mir Dialogpassagen, die einfach nur hin und her gehen, aber wenn das zu lange andauert, wird es anstrengend oder langweilig. Aber gerade bei den den Verhörszenen in Krimis lassen sich ausgeprägte Dialoge oft nicht vermeiden. Da versuche ich dann immer wieder mal ein paar "normale" Sätze dazwischen zu schreiben.
Schelmin


Meriamon

Ich muss mich auch immer regelrecht dazu zwingen, etwas anderes als reine Dialoge zu schreiben. Ich "höre", was meine Charaktere sagen und komme (wenn ich richtig drin bin) mit dem Aufschreiben kaum hinterher. Dabei finde ich es ziemlich schwierig, zu beschreiben, wie sie es sagen, was für Gesten sie dabei machen etc. Das wenige, was ich in der ersten Version dazu schreibe, muss ich dann beim Überarbeiten noch ergänzen.

Arielen

Na ja, solange du die Drehbücher noch ein wenig auskleidest geht es ja. Aber bei mir ist es ähnlich - wenn ich drin bin gallopiert mir der Film im Kopf auch immer davon!
Alles liegt im Auge des Betrachters

Moni

Zitat von: Arielen am 02. April 2006, 21:30:12
Na ja, solange du die Drehbücher noch ein wenig auskleidest geht es ja. Aber bei mir ist es ähnlich - wenn ich drin bin gallopiert mir der Film im Kopf auch immer davon!

Dito!
Ehm, ja das mit den Dialogen passiert mir auch gerne, liegt vermutlich auch an der "Film im Kopf" Sache...

Lg
Moni
Deutsch ist die Sprache von Goethe, von Schiller...
und im weitesten Sinne auch von Dieter Bohlen[/i]
Stefan Quoos, WDR2-Moderator

»Gegenüber der Fähigkeit, die Arbeit eines einzigen Tages sinnvoll zu ordnen,
ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.«[/i]
Johann Wol

silsi

Hallo Allerseits,

ich würde sogar noch einen Schritt weitergehen.

Ich glaube nicht, dass wir wirklich nur einen Film sehen, wenn wir an unsere Geschichten denkt. Es sind nicht nur die Augen und die Ohren involviert. Es sind auch die Gefühle.

Z.B. die erste Begegnung des Liebespaares. Als Autor weiß ich, wie unglaublich romantisch diese Begegnung ist (bzw. sein soll) - und sei es auch auf dem Acker bei der Kartoffelernte: Weil ich die Spannung zwischen den Protagonisten spüre, selbst unter der oberflächlichsten Konversation. Das darzustellen ist für einen Schauspieler sicher schwer. Ein Autor hat es da schon leichter und kann immer wieder kleiner Erklärungen einschieben.

Aber es ist für den Leser natürlich ein Unterschied, ob er die Spannung zwischen dem Liebespaar vom Verstand her erkennt ("Ah, die beiden werden wohl bald ein Paar sein") oder ob er es selbst spürt und davon mitgerissen wird ("Wow.")

Deswegen halte ich den inneren Film als Einstieg in eine Geschichte für eine gute Sache, aber um den Leser zu berühren reicht es meiner Meinung nach nicht aus, "einfach nur" das aufzuschreiben, was man sieht oder hört. Wir müssen auch die Stimmung, die wir fühlen, in Worte einfangen. Und das, so finde ich, ist meist harte Arbeit.

Liebe Grüße
Stefanie

P.S. Die Stimmung kann auch über die weiteren Sinnesorgane - Nase, Zunge, Haut - vermittelt werden: wie riecht mein Liebster, wie schmeckt er, wie fühlt er sich an?