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Nach der Überarbeitung ist der Text kürzer?

Begonnen von Luciel, 09. September 2010, 19:50:41

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Luciel

Ich besitze nur einen einzigen Schreibratgeber und der hat mich gerade ins Grübeln gebracht. Da steht sinngemäß: Wenn man einen Text überarbeitet, sollte er hinterher mindestens 10% kürzer sein (streichen von Adverben, Adjektiven, Umschreibungen, sinnlosen Beschreibungen ...).

Davon habe ich noch nie gehört und ich will ja gar nicht behaupten, dass solch überflüssiges Material in meinen Texten nicht vorkommt ... trotzdem ... wenn ich einen Text zum ersten Mal überarbeite ist er hinterher ein gutes Stück llänger.
In meiner Erstfassung bin ich oft bemüht, all die Ideen, die mir durcch den Kopf schwirren möglichst schnell einzutippen (bevor sie wieder weg sind). Beim Lesen fallen mir dann oft Lücken auf, wo ein Leser sicher den Anschluss verlieren würde. Oder meine Dialoge ... irgendwie sind alle meine Leute immer mächtig wortkarg und da muss ich jedesmal dran arbeiten.

Ist meine Arbeitsmethode jetzt eigentlich unnormal? Ich dachte immer, das machen alle so - bis ich diesen Ratgeber gelesen habe ...

Dealein

Also bei mir wird der Text irgendwie auch länger . . . ^^

Kerimaya

@Dealein Egal, was für einenRatgeber du gelesen hast: deine Methode ist deine Methode. Es gibt nicht DIE richtigte Art und Weise mit Texten zu arbeiten und jeder Autor hat da seine ganz eigene Vorgehensweise (bestes Beispiel: Detail-ich-schreibe-ein-Szenenexposé Autor vs. Risiko-ich-weiss-nur-grob-wo-ich-hin-will-der-Rest-kommt Autor).
Wenn deine Methode bisher für dich funktioniert hat und der Text dadurch gewinnt, bleib dabei.

Dealein


Kerimaya


Sprotte

Das ist bei mir unterschiedlich.
Weiß ich, daß die Story zu lang ist, kann ich unerbittlich auf Schwaller-Jagd gehen und seitenweise kürzen.
Aber normalerweise werden meine Geschichten ebenfalls länger.

Waffelkuchen

Bei mir wird der Text auch immer länger. Ich bin so ein Beschreibungsvermeider und neige dazu, Szenen, die besser noch etwas langsamer aufgebaut werden sollten, zu sehr runterzuschreiben. (Vor allem in letzter Zeit...) Dann kommt es mir hinterher wie ein Gerippe vor und ich muss noch das ein oder andere dazukleistern, bis es sich wirklich harmonisch liest und einem die Reaktionen der Charaktere auch realistisch vorkommen.
Wo nichts Überflüssiges da ist, kann man nichts wegstreichen. ;) Bei mir funktioniert's so und wie Kerimaya schon geschrieben hat- das ist sowieso das Entscheidende.
Ich heb mein Glas und salutier dir, Universum / Dir ist ganz egal, ob und wer ich bin
Fremde - Max Herre, Sophie Hunger

Rigalad

Zitat von: Waffelkuchen am 09. September 2010, 21:40:17
Wo nichts Überflüssiges da ist, kann man nichts wegstreichen. ;)

Ich schließe mich da vorbehaltslos an.
Da ich dazu neige, Szenen, die ich persönlich eher als notwendig erachte, sie also nicht "mag", schnell von der Hand zu schreiben, habe ich hinterher natürlich die Mühe, sie auszubessern, da der Leser meinen Gedankengängen sonst kaum folgen kann. Ich finde das sogar noch schwieriger als kürzen, da man durch das Editieren die Harmonie schnell zerstören kann, wenn man nicht aufpasst.

Sternenlicht

Das ist das Problem mit Ratgebern aller Art - sie passen immer nur für bestimmte Probleme, bestimmte Situationen. Nimm Dir aus einem Ratgeber, das was für Dich passt und lass Dich ansonsten nicht beirren :). Und trau nie einem Ratgeber, der für sich in Anspruch nimmt, die einzig und allein seligmachende Lösung zu besitzen ;).


Runaway

Ich kenne beides.

Meine Fantasyromane wurden generell kürzer - der erste um satte 80 Seiten, der zweite um 60, dann wurde es kontinuierlich weniger. Das waren dann auch nicht mehr die gewollten 10%.

Bei meinem aktuellen Projekt ist das anders. Da hatte ich auch erst dieses Gerippe, das Waffelkuchen oben beschrieben hat, und ich hab noch hinzugefügt und gemacht und getan... und dann waren es hinterher stattliche 40 oder 50 Seiten mehr. Die hat es auch gebraucht.

Meine neue Arbeitsweise verwirrt mich selbst, aber ich mach mir da jetzt nicht so den Kopf, ob das sein darf. Würd ich an deiner Stelle auch nicht tun!
Das ist ja das Schöne am Schreiben: Oft gibt es einfach nicht das Rezept.

Talea

Ich kenne das auch nur zu gut, dass es am Ende länger wird. Das kommt bei mir vorallem davon, dass man dann an einigen Stellen doch noch eine Beschreibung mehr hinein tut als vorher. Aber auch das Streichen geht dabei nicht verloren. Also habe schon eine Menge auch gelöscht, weil ich irgendwie fand, dass es nicht wichtig war oder nicht mehr so in die Szene passte, weil sich was an der Idee ein wenig geändert hat. Es gibt die Unterschiedlichsten Möglichkeiten, warum man kürzt oder mehr schreibt und wenn man mir vorschreiben würde, dass ich nur noch kürzen dürfte, dann hätten meine Beschreibungen schon mal ein Problem, denn beim runter schreiben, ist die Handlung schon wichtiger und dann kann man sich überlegen, wo fehlt man die Beschreibung eines Ortes oder ähnliches.
Was wahrscheinlich am kürzen auch ein Problem sein könnte ist, dass die Geschichten sich oft mit dem Schreiben noch weiterentwickeln, weil man plötzlich eine Idee zwischendurch hat und auf einmal was fehlt. Natürlich kann es sein, dass durch diese neue Idee auch was gekürzt werden, aber das muss wirklich jeder selbst entscheiden.
Denn das wichtigste ist wohl, dass man selber mit dem geschrieben zufrieden ist, egal wie lang oder kurz der Text durchs Korrektur lesen wird.

zDatze

Ich habe für mich selber beschlossen, dass diese Überarbeiten-heißt-Kürzen-Regel nicht passt. Alleine wenn ich so grob die Szenen aufzähle, die ich aufgrund meiner chaotischen Planung beim Überarbeiten noch hinzufügen werde ... Hm, vielleicht geht es sich aus, dass der Text gleich lang bleibt, aber kürzer?

Man hat mir außerdem schon öfter gesagt, dass ich sehr stark mit Beschreibungen spare. Von daher liegt ein Augenmerk sicherlich auf der Ausschmückung eben dieser Details. Schließlich sollen meine Protas nicht durch eine leere Welt laufen.

Romy

Jeder hat seine eigene Methode. Also lass Dich von Schreibratgebern mal nicht beirren ;) Nimm Dir dort raus, was für Dich passt und vergiss den Rest 8)

Mir ist aufgefallen, wenn ich "normal" überarbeite, ohne drastisch an den Inhalt zu gehen, dann kürze ich an manchen Stellen, an anderen füge ich ein und wenn ich dann fertig bin, komme ich meist so mit Plus/Minus 0-3 Seiten raus. Sehr viel ändert sich an der Länge also eher nicht.
Irgendwie bin ich zwar trotzdem immer mächtig stolz auf mich, wenn ich was zum kürzen und rausschmeißen finde, aber realistisch gesehen ist mir die Romanqualität doch sehr viel wichtiger, als mich sklavisch an irgendwelche Regeln zu halten ;D

Wenn es an den Inhalt geht kann sich die Seitenzahl logischerweise schon sehr stark ändert. Je nachdem, ob man die Story nun verlängern oder verkürzen will. ;)

Geli

Ich möchte Euch, die Ihr vor mir gepostet habt, ein wenig widersprechen. Wenn man ein wirklich langes Romanding schreibt, kommt nach der Phase der 1. Überarbeitung und der Auslängung des Texts unweigerlich die Phase der Textökonomie. Ich stecke gerade mittendrin und denke bei jedem Kapitel "Das brauchst Du nicht", "Der Zusammenhang erschießt sich auch ohne diese Erklärung", "Lass die Heldin das spontan tun", "Wie kannst Du es schreiben, dass die Aktion der handelnden Person im Vordergrund steht".
Tatsächlich kommt bei mir in der Regel dabei heraus, dass aus ursprünglichen 10 Normseiten 7 werden. Aber wenn die aussagekräftig sind, warum soll man mehr Worte machen?

Rumpelstilzchen

Ich kann mich den meisten nur anschließen. Jeder arbeitet so, wie es für ihn persönlich am besten ist ;) Somit ist in Schreibratgebern auch die persönliche Sicht der Autors enthalten, der vielleicht anders arbeitet als man selbst. Die Schreibratgeber sollen dir Anregungen geben, dich aufmerksam auf Dinge machen, deren du dir bislang nicht bewusst warst, aber es sollte nie die das-muss-so-sein-und-nicht-anders-Methode sein.

Bei mir sind die Texte vor und nach der Überarbeitung relativ gleich lang. Denn ich streiche Überflüssiges raus, habe aber auch Kapitel, die ich beim Schreiben vernachlässigt habe, weil ich wusste, im nächsten Kapitel kann ich endlich die Szene schreibe, die mir seit Tagen im Kopf rumschwirrt. Bedeutet bei mir, das Kapitel wird schnell erzählt. Bildliche Beschreibungen gibt es in der ersten Fassung eher selten, also wird es bei der Überarbeitung automatisch wieder länger.