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Nach der Überarbeitung ist der Text kürzer?

Begonnen von Luciel, 09. September 2010, 19:50:41

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Waffelkuchen

Zitat von: Geli am 10. September 2010, 08:47:11
Ich stecke gerade mittendrin und denke bei jedem Kapitel "Das brauchst Du nicht", "Der Zusammenhang erschießt sich auch ohne diese Erklärung"

Das ist eine Sache, die mir beim Schreiben schon extrem wichtig ist. Ich behaupte einfach mal, dass es überflüssige Erklärungen bei mir nicht oder nur extrem selten gibt, weil ich damit spare, wo es nur geht. (Mich selbst regt das in Büchern nämlich total auf, wenn ich das Gefühl habe, dass der Autor mich für begriffsstutzig hält.) 
Ich sage nicht, dass ich gar nichts wegstreiche- Szenen, die im ganzen Kontext dann verzichtbar sind, laufen mir schon auch über den Weg- aber entscheidende Szenen, in denen viel passiert, werden grundsätzlich länger und dann gleicht sich das aus.

Ich denke, es gibt einfach kein Rezept, das für alle gilt. Jedem sind andere Dinge wichtig und jeder hat seinen eigenen Stil, der beim Überarbeiten dann unterschiedliche Maßnahmen erfordert.
Ich heb mein Glas und salutier dir, Universum / Dir ist ganz egal, ob und wer ich bin
Fremde - Max Herre, Sophie Hunger

Zonka

Bei mir hat das mit dem Überarbeiten auch eine Kürzung gebracht, da ich mich dem besten Ausdruck einer Szene schreibend annähere und im Überarbeitungsprozess dann die schwächeren Ausdrücke/Szenen, oder Füllwörter streiche.
Ich habe aber mehrere Überarbeitungsgänge gemacht und dann auch noch Ergänzungen eingefügt, oder kleine, neue Szenen zum Abrunden.
Also habe ich 26 Seiten von 359 gestrichen, dann wieder insgesamt 8 hinzugefügt, damit ist mein Text von nun 341 Seiten deutlich kürzer, als vor dem Überarbeitungsprozessen und dieser Rat: "Kürzen!" hat mir geholfen den Text  besser und flüssiger zu machen.

Ich denke, da hat jeder seine eigene Technik. Ich probiere solche Ratschläge aus und wenn sie mir helfen, dann integriere ich sie in meinen Schreibprozess, wenn nicht, dann lasse ich das.
Kürzen bleibt bei mir bei der Überarbeitung dabei!

LG
Zonka

Alia

Ich gehöre zu der Fraktion, die sowohl kürzt, als auch erweitert und am Ende mal weniger, mal gleich viel und mal mehr stehen hat.

Alles was der Story nicht dient - also weder für die Charakterbeschreibung, die Story selbst, noch die Stimmung wichtig ist  -, fliegt gnadenlos raus. (Naja so gnadenlos nicht. Ich habe eine Datein "Überflüssiges", wo die Sätze dann reinkommen. Vermutlich brauche ich sie nie wieder, aber irgendwie hänge ich dann doch daran.)

Ich habe einen leichten Hang zu Monologen und "show, don 't tell" wird liebend gern zu "show and tell" sprich: bei dem einen wird im ideal Fall ein richtiger Dialog draus und bei dem anderen fliegt die Hälfte raus, bis ich nur noch bei "show" bin.

Ich denke, es ist hier wie beim Kochen: Immer einfach nachsalzen ist falsch. Erst probieren, schmecken, überlegen und dann entweder zum Salzfass greifen, es direkt servieren oder es noch etwas strecken. Kommt halt drauf an, was bereits vorhanden ist. Immer Schema F passt einfach nicht.

Judith

Man kann da wohl einfach keine allgemeingültige Regel aufstellen.
Bei mir wachsen die meisten Romane in der Überarbeitung, weil ich manchmal zu sehr durch die Handlung haste und dabei das "Fleisch auf den Knochen" vergesse. Oder aber, mir werden wichtige Zusammenhänge erst im Schreiben bzw. nach der Rohfassung klar, weshalb ich dann noch ganze Handlungsstränge einarbeiten muss - so wird es etwa auch bei den "Göttersteinen" sein, meinem wirklich langen Romandings. Hier kann ich also Gelis Erfahrung mit langen Projekten nicht bestätigen.
Klar gibt es in meinen Romanen auch immer einiges zu kürzen, aber das ist meistens weniger als das, was ich noch alles zwecks Verständnis hinzufügen muss.

Ich nehme an, dass meine Romane in der Betaleser-Phase dann nochmal schrumpfen werden. Aber zumindest bei meiner 1. Überarbeitungsrunde wachsen sie aus oben genannten Gründen gern mal um einiges.

Nuya

Nach der ersten Überarbeitung ist mein Text auch immer kürzer, als vor der Überarbeitung.
Wie du schon geschrieben hast - überflüssige Textstellen weg, gekürzt oder oder oder.

Allerdings fülle ich dann passend auf (jedenfalls denke ich das).

Liegt aber auch daran, dass ich wirklich stumpf runterschreibe, was mir in den Sinn kommt und nach der ersten Überarbeitung quasi tiefer einsteige.
Mehr Gefühl, deutlichere Beschreibungen und sowas.

Bisher habe ich das Gefühl, das der Text zwar nach der ersten Überarbeitung kürzer ist, aber dann nach dem Auffüllen wieder so lang ist, wie er ursprünglich war.

Kraehe

Bei mir ist eigentlich auch eher eine Kürzung zu beobachten...
Es ist zawr so, dass ich beim Überarbeiten im ersten Durchgang wenn nötig noch Dinge hinzufüge oder umschreibe - und das dann auch mal eher mehr gibt - aber relativ dazu betrachtet kürze ich beim Überarbeiten defintiv eher. Faktisch kommt immer weniger bei raus, mehr wäre mir noch nie untergekommen.
Ich glaube, ich schreibe eben gerne mal eher zu viel und das wird dann eben beim Überarbeiten rausgenommen. :)

Zit

Vergessen wir nicht, wo der Rat mit "10% kürzen" her kommt: aus einem Schreibratgeber. Und, na, na, an wen wenden die sich idR.? Wohl kaum an gestandene Autoren, die u.U. mehrere Romane vorweisen können (ob komplett überarbeitet oder gar vermittelt sei dahingestellt).

Wer viel schreibt, entwickelt irgendwann ein Gefühl seinen Stil, wo er am Anfang schon etwas bringt oder nicht. Nicht ganz so Trainierte schaffen das nicht (oft, immer, auf Anhieb - aber zuweilen immer besser ;D).

Wenn ich den ersten Kontrolldurchgang mache und gnadenlos alles an Füllwörtern, überflüssigen Adjektiven und nutzlosen Beschreibungen, Dialogfetzen, Erkkärungen raus werfe, sind es doch schon mal mehr als 10%. Aber dann kommen die nächsten Schritte und ich schiebe dann hier doch wieder ein Adjektiv ein, stelle da einen Satz um, schreib hier etwas neues dazu - da wird's dann doch schon wieder länger.

Zu sehr verallg. halte ich den Rat mit den 10% nicht - für den ersten Durchgang. :)
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Luciel

Es kommt wohl wirklich darauf an, wie man seine erste Fassung schreibt. Ich kriege meinen inneren Zensor nicht ausgeschaltet und kürze daher schon beim ersten Entwurf einer Szene sehr stark und schreibe beileibe nicht alles auf, was mir gerade dazu einfällt. Das macht die Szene dann aber eben oft sehr dürftig und es fehlt noch viel an Atmosphäre. Es soll ja ein Roman werden und keine Kurzgeschichte.

Ich meine, hier herauszulesen, dass viele ihren Roman überarbeiten, nachdem er mehr oder weniger komplett ist. Kann auch sein, ich habe das falsch verstanden, jedenfalls wundert mich das. Ich überarbeite Szenen oder bestenfalls Kapitel, sobald sie fertig sind. Natürlich gibt es auch ganz zum Schluss noch eine Überarbeitung, die den mittlerweile entstandenen Abstand zum eigenen Werk nutzt - aber da geht es oft nur noch um Formulierungen und kleinere Änderungen.

Schreibratgeber - es gibt schon einen Grund, warum ich nur einen besitze. Der soll mich auch mehr motivieren, wenn ich mal in einer Phase hänge, wo ich denke, mir wächst das alles über den Kopf, ich schaffe das nie, ich habe keine Zeit, ich weiß nicht, wo ich anfangen sol .... Da hilft es mir manchmal, eine blöde Schreibübung zu produzieren - und schon läuft es wieder - das Schreiben.

Geli

@Luciel - es ist nicht so, dass ich einen Roman erst überarbeite, wenn er schon mal fertig ist. Ich bin im Gegenteil eine absolut manische Überarbeiterin. Jede Szene/jedes Kapitel wird x-mal überarbeitet. Irgene etwas, eine Kleinigkeit, ein neuer Aspekt, ein treffenderer Ausdruck lässt sich immer finden. Dennoch gibt es selbst für mich eine "End"-Phase, in der ich der Meinung bin, vorläufig kann der Text stehenbleiben.

Judith

@Luciel: Ich hab früher immer kapitelweise überarbeitet und bin auf diese Weise nicht vom Fleck gekommen. Ich fand das bisher Geschriebene einfach immer furchtbar, hab ständig nur überarbeit und umgeschrieben und wär so mein Leben lang nicht mit einem Roman fertig geworden.  :-\
Das einzige, was bei mir funktioniert, ist wirklich, dass ich stur die Rohfassung runterschreibe und mich tatsächlich erst dann ans Überarbeiten setze. Auf diese Weise hab ich mir in 3 Jahren drei Romane angehäuft, von denen einer bald an Betaleser gehen soll und zwei noch ziemlich viel überarbeitet werden müssen, sowie etwa 700 Normseiten bei einem weiteren Roman. Vorher hatte ich nach drei Jahren keine 5 Kapitel. Ein "mittendrunter"-Überarbeiten geht bei mir also einfach nicht.

Luciel

@Judith

Das würde dann zumindest erklären, warum ich so schleppend vorwärts komme ...
Die Idee finde ich wirklich gut, vor allem, wenn sie einem so viel Material einbringt. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass ich das durchalten könnte. Ich bin eine "Stimmungsschreiberin", bin mit meiner Stimmung, meinen Emotionen immer ganz drin in der Szene und möchte das auch für die erste Überarbeitung des Rohbaus nutzen. Bei späteren Überarbeitungen finde ich es nützlicher, sich eher in den Leser hinein zu versetzen - soweit so etwas möglich ist.
So werden meine Werke wohl weiterhin Seltenheitswert haben, sofern mich nicht irgendetwas zur Vollzeit-Autorin macht.

Sprotte

Ich durfte eben eine Kurzgeschichte brutalst zusammenkürzen. Die war für einen Wettbewerb geschrieben und nun zu lang für einen anderen Wettbewerb.
Boah, habe ich da getobt. War ja nicht meine, ich konnte also brutal sein und weinte keinem Wort nach, da nicht meins.

Erstaunlicherweise hagelte es keineswegs Proteste. Aber nun ist die Story so komprimiert und rund, ich bin begeistert.

silence

Hi, also bei mir gleicht sich kürzen und verlängern aus.
Ich überarbeite schrittweise, nicht dass es schon soviel ist. Ich lese immer die letzten paar Seiten um wieder ins Thema rein zukommen. Manchmal fällt mir dabei was auf, was raus muss, beim nächsten lesen muss an anderer Stelle wieder was dazu usw. Daher hält es sich die Waage.

Da ich noch nicht soweit bin / war eine Endüberarbeitung zu machen, kann ich diesen Aspekt natürlich nicht beurteilen, aber ich denke, es wäre ähnlich.

Aber jeder hat seine eigene Art, und das ist auch gut so (shit, wieso denke ich da grad an ein Coming-Out? :hmmm:)...

LG silence

Judith

Ich denke nicht, dass meine "Methode" so sehr weiterzuempfehlen ist. Aber da ich so eine extreme Perfektionistin bin, ist das bei mir tatsächlich die einzige Möglichkeit, überhaupt etwas zu Ende zu bringen. Und ich tu mir auch beim Überarbeiten leichter, wenn ich bereits den gesamten Inhalt in der Rohfassung vor mir liegen habe.
Was allerdings nichts daran ändert, dass ich Überarbeiten hasse.  :-[

Aber vermutlich werden die Texte bei mir auch deshalb beim Überarbeiten nicht unbedingt kürzer, weil ich durch das sture "Runterschreiben" oft einfach nachträglich noch einige Szenen einfügen muss.

Chris

Hallo,
mein Romanentwurf, der an den Verlag ging, hatte 320 Normseiten; die Endfassung 399  ;D, allerdings habe ich nicht einfach 79 Seiten ergänzt, sondern die 320 Erstentwurfsseiten sehen sich auch nicht mehr ähnlich  :winke: und ich musste an etlichen Stellen streichen; an anderen "aufpolstern". Ich gehöre zu den Autorinnen, die wenig beschreiben - im ersten Anlauf - und das im zweiten Durchgang ergänzen müssen. 
Einen sonnigen Sonntag
Chris