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Kann es zu viele Götter geben??

Begonnen von Gwendelyn, 27. Juni 2010, 10:19:02

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Dämmerungshexe

Ich stimmte Caity zu: wenn du die Namen der Götter benutzt um Monate zu benennen, dann passt das schon, dann ist es auch nicht so wichtig praktisch jedem Gott ein halbe Kapitel zu widmen. Du kannst dann ja immer noch ein bißchen was ausbauen.
Ich persönlich finde es als Autor ganz nützlich wenn ich mir über die Hintergründe zumindest mal Gedanken gemacht habe, also in diesem Falle was für Eigenschaften und Aufgabengebiete diese Götter haben oder wie sie verhert werden. Man muss das ja nicht lange und breit schildern, gibt aber das Gefühl der Tiefe.

Übrigens hatte ich früher mal ein lates Märchenbuch, in dem war ein Märchen über die "12 Reisenden" oder so ähnlich, wo auch jeder Monat durch eine Personifizierung mit bestimmten Charakterzügen und Eigenheiten beschrieben wurde. Mehr steckte nicht dahinter.

Was ich bei diesem Fall etwa schwierig finde ist sozusagen die "Hierarchie" der Götter - Sonnenkönigin klingt schonmal sehr hoch, die 12 Monatsgötter sind ja ziemlich allgemeingehalten. Ist die Sonnenkönigin dann auch die "Mutter" oder Herrscherin des Pantheons? Oder stehen sie und ihre Schwestern auf einem ganz anderen Blatt?
,,So basically the rule for writing a fantasy novel is: if it would look totally sweet airbrushed on the side of a van, it'll make a good fantasy novel." Questionable Content - J. Jacques

Joscha

Wie viele Götter es geben darf, hängt meiner Meinung nach vor allem davon ab, wie wichtig sie sind. Oder wie viele von ihnen wirklich wichtig sind. Wenn die Götter wichtig sind, also wirklich auch einzelne Götter, die man unterscheiden können muss, halte ich in einem Fantasy-Roman sieben für die Obergrenze. Das gilt aber nur für die Götter, die man wirklich einzeln mit einigen grundlegenden Charakteristika kennen muss.

Daneben kann es von mir aus noch zweihundert andere Gottheiten geben, die hier und da erwähnt werden, sofern aus dem Kontext immer ersichtlich ist, dass es sich um einen Gott handelt. Die Römer hatten ja auch zig Gottheiten, neben den zwölf Hauptgöttern.

Grüße
Joscha

Romy

#32
Zitat von: caity am 28. Juni 2010, 20:15:01
Wie gesagt: ich finde "Götter mit Hintergründen" immer besser, ansonsten könntest du auch einfach sagen, die 12 Monate heißen in deiner Welt eben so, dass muss ja nicht unbedingt einen "göttlichen" Hintergrund haben.

Das würde ich so unterschreiben! :D

Ansonsten, in der Mehrheit meiner Geschichten kommen Götter und Religionen ganz selbstverständlich vor und sind das ein oder andere Mal sogar (mit) plottragend. Die Monate nach Göttern zu benennen ist mir daher auch gar nicht fremd ;)

Die Höchstzahl in meinen selbsterfundenen Welten beträgt 12, aber ich hätte auch nichts gegen 15 oder noch mehr, selbst wenn sie quasi nur "am Rande" auftauchen. Wenn es sich gut in die Kultur einfügt, in der der Plot spielt, sehe ich da wirklich nichts, was dagegen spräche.

Zitat von: Judith am 29. Juni 2010, 12:19:05
Also zumindest bezüglich der Monatsnamen gehts mir da genau umgekehrt: Ich mag es überhaupt nicht, wenn in einer Fantasywelt die Monate dieselben Namen haben wie bei uns. Allerdings kann ich mich auch gar nicht erinnern, dass mir das jemals untergekommen wäre.  :hmmm:
Mir geht es auch so. Das ist eine (vielleicht die einzige) Sache, die mich bei den Chroniken von Narnia wirklich sehr gestört hat!

Ich finde es auch als Leser nicht so schön, wenn man den Eindruck hat, da hat der Autor einfach eine Welt erschaffen, die grob ans Mittelalter der Erde angelehnt ist, hat den Orten einen anderen Namen gegeben, ein bißchen Magie und Elfen reingestopft und sich sonst offenbar nicht viele Gedanken drum gemacht. Aber Religion und Glaube war gerade in früheren Zeiten für die Menschen immens wichtig, deshalb halte ich es schon für wichtig, bei der Erschaffung einer neuen Welt und in einer Geschichte, zumindest am Rande daran zu denken.

Man kann die Monate auch einfach durchnummerieren. Allerdings sollte man dann auch dazu sagen, wann denn der Jahreswechsel stattfindet. Denn wer sagt denn, dass der in einer Fantasywelt im Winter ist, so wie in unserer realen Welt?
Ich habe den Jahreswechsel in einigen meiner Welten auf Frühlings- oder Sommerbeginn gelegt. Meiner Meinung nach ist es viel logischer, dass das Jahr beginnt, wenn auch die Natur zum Leben erwacht. Gut, in unserer echten Welt sind wir es anders gewohnt, aber das heißt ja nicht, dass man es als Autor mit seiner Fantasywelt genauso halten muss ;)


Lange Rede, kurzer Sinn: Ob nun als Autor oder Leser, ich bin pro Götter als Monatsnamen und allgemein für individuelle Zeitangaben! :)

Lisande

Ähm... mit den Monatsnamen "wie bei uns" tue ich mich genauso schwer. Ich versuche deswegen, Monatsnamen völlig zu vermeiden und mich lieber an Jahreszeiten und Ereignisse (Wintersonnenwende etc) zu halten. Mal sehen, wie weit ich damit komme...

Lucien

Götter, ein interessantes Thema ...
Ich behaupte mal, dass es eigentlich nicht zu viele Götter geben kann, allerdings kommt es auch immer drauf an, wie sie in der Geschichte "verpackt" sind. Wenn mir ständig irgendwelche Götternamen um die Ohren fliegen, ohne dass mir wirklich ersichtlich wird, in welchem Zusammenhang zur Geschichte sie stehen, dann könnte es mir als Leser unter Umständen auf den Geist gehen ... was aber natürlich nicht heißen muss, dass es einem anderen Leser auch so geht.
Ich selbst arbeite eher mit weniger Göttern (was zum Teil aber auch daran liegt, dass ich schlichtweg zu faul bin, mir über die Götterwelt auch noch Gedanken zu machen). Die genaue Anzahl bleibt für gewöhnlich schwammig und ich bis jetzt stolze drei Gottheiten mit einem Namen betitelt, ansonsten gibt es halt "neue Götter" und "alte Götter".

Tja, ansonsten hat Joscha es schon hübsch auf den Punkt gebracht.  ;D

Moni

Wo ich gerade das hier lese... genau meine Thema! Ich habe mal vor Jahren begonnen, ein Essay über Götter und Religionen in der Fantasy zu schreiben (und arbeite immer noch daran, weil ich mich auch durch FAchliteratur über Urreligionen und Mythen wühle) und lese mich seither immer wieder durch Fantasyromane mit Göttern, ohne Götter, mit Göttern die in die Handlung eingreifen, etc. Und ich stelle immer wieder fest: Ja, es kann zu viele Götter geben. In dem  Moment, in dem eine Geschichte nur noch existiert, um den dauernd in den Seiten auftauchenden Göttern als Rahmenhandlung zu dienen und die eigentlichen Protas durch eben diese Götter an den Rand gedrängt werden.

Hier habe ich zwei Beispiele, einmal positiv, einmal negativ, vom gleichen Autor:
Positiv: die Belgariad Saga und die Malloreon Saga von David Eddings.  Die Handelnden Personen SIND zu einem nicht geringen Anteil Götter, bzw. gottähnliche Wesen, aber sie unterliegen massiven Beschränkungen, die auch immer mal wieder im Text vorkommen und erklären, warum das Deus Ex Machina-Prinzip gerade mal nicht funktionieren kann, auch wenn sich das einige Personen da herbeisehnen. Diese Romane funktionieren, trotz vieler Götter.
Negativ: The Redemption of Althalus, ebenfalls David Eddings. Der Held ist ein Mensch, ein schnöder Schurke (ich mag ihn eigentlich immer noch sehr), er hat zwar einige gute Tricks auf Lager, aber er ist kein Übermensch. Dann wird ihm (nach weniger als einem Drittel des Buches) eine Göttin an die Seite gestellt. Punkt. Aus. An der Stelle endet jegliche Spannung in der Handlung. Die Göttin kann mehr oder weniger schalten und walten wie sie will und dadurch ist sie der personifizierte Deus ex machina.

Man muß also sehr genau durchdenken, welche Funktion die Götter in der Geschichte haben sollen. Das ist der absolute Knackpunkt, an dem die Geschichte spektakulär scheitern kann. Götter, die nur als sagenhafte Gestalten in der Ferne existieren, nicht eingreifen, allenfalls Namensgeber für Monate oder Tage und Feste sind, das ist weitestgehend "ungefährlich". Alles andere muß mit sehr viel Fingerspitzengefühl angepackt werden, denn sonst wird es für den Leser schnell langweilig. Nicht unbedingt, weil er mit einem Götterpantheon konfrontiert wird, sondern weil es dem Autor zu viel Spaß machen kann, nur noch die Götter agieren und die eigentlichen Protas nur noch reagieren zu lassen.

Im Übrigen, man muß nicht unbedingt 12 unterschiedlich benannte Monate haben, man kann das Jahr z.B. auch in Drittel teilen (wie die Ägypter, die das Jahr grob in Überschwemmung "Achet", Aussaat "Peret" und Erntezeit "Schemu" eingeteilt haben, jeweils mit 4 Monaten, die dann Achet I, II, III, VI usw. hießen) und benötigt nicht unbedingt für jeden Monat einen einzelnen Namen.
Deutsch ist die Sprache von Goethe, von Schiller...
und im weitesten Sinne auch von Dieter Bohlen[/i]
Stefan Quoos, WDR2-Moderator

»Gegenüber der Fähigkeit, die Arbeit eines einzigen Tages sinnvoll zu ordnen,
ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.«[/i]
Johann Wol

Romy

Zitat von: Moni am 28. Juli 2010, 18:31:12
Im Übrigen, man muß nicht unbedingt 12 unterschiedlich benannte Monate haben, man kann das Jahr z.B. auch in Drittel teilen (wie die Ägypter, die das Jahr grob in Überschwemmung "Achet", Aussaat "Peret" und Erntezeit "Schemu" eingeteilt haben, jeweils mit 4 Monaten, die dann Achet I, II, III, VI usw. hießen) und benötigt nicht unbedingt für jeden Monat einen einzelnen Namen.

Über die Möglichkeit, das Jahr in Drittel zu teilen, habe ich noch nie nachgedacht  :hmmm:
Hingegen teile ich das Jahr sehr gerne in Viertel, einfach nach den Jahreszeiten - Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Wobei ich dann auch gerne jeder Jahreszeit einen Gott zuordne.



Zitat von: Moni
Wo ich gerade das hier lese... genau meine Thema! Ich habe mal vor Jahren begonnen, ein Essay über Götter und Religionen in der Fantasy zu schreiben (und arbeite immer noch daran, weil ich mich auch durch FAchliteratur über Urreligionen und Mythen wühle)

Das ist ja interessant :D Meine Diplomarbeit (ist noch nicht von höherer Stelle abgesegnet, aber wird wohl dabei bleiben) geht ja in eine ähnliche Richtung: Religiöse Motive in der Fantasy, am Beispiel der Chroniken von Narnia und His dark materials.
Hat also nicht direkt mit Göttern zu tun, aber es würde mich ja trotzdem sehr interessieren, was Du da bisher so herausgefunden hast :D

Rika

Zitat von: Romilly am 28. Juli 2010, 18:50:07
Über die Möglichkeit, das Jahr in Drittel zu teilen, habe ich noch nie nachgedacht  :hmmm:
Hingegen teile ich das Jahr sehr gerne in Viertel, einfach nach den Jahreszeiten - Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Wobei ich dann auch gerne jeder Jahreszeit einen Gott zuordne.
Das paßt in unseren Breiten auch ganz prima. Dort, wo nicht alle Jahreszeiten so ausgeprägt sind, bzw andere Naturphänomene größeren Einfluß haben, kann es auch anders sein.

(Eine Freundin hat hier vor einigen Jahren über "Sprautumn" gewitzelt, weil der Sommer hier so mies war, daß es irgendwie direkt von Frühling in Herbstwetter, überzugehen schien. Bzw eben viel Wetter gab, das sowohl in die eine, wie in die andere Jahreszeit gepaßt hätte, aber mit "Sommer" eben nicht viel gemein hatte. So schien es jedenfalls.)

Judith

Zitat von: Romilly am 28. Juli 2010, 18:50:07
Meine Diplomarbeit (ist noch nicht von höherer Stelle abgesegnet, aber wird wohl dabei bleiben) geht ja in eine ähnliche Richtung: Religiöse Motive in der Fantasy, am Beispiel der Chroniken von Narnia und His dark materials.
Zwar etwas ot, aber: Wah, was für ein tolles Thema! Das klingt total spannend. Ich habe mal (nur in einer Seminararbeit) die Parallelen zwischen mittelalterlicher Heldenepik und dem HdR untersucht, und das war die interessanteste Arbeit, die ich je geschrieben habe.  :vibes:

Moni

#39
Ich glaube, wir müssen hier noch einen extra Thread aufmachen, in dem wir über solche Themen fachsimpeln können.  ;D Ich finde das ja durchaus interessant.

@Romilly, wenn ich dran denke, bringe ich mal meine Materialien morgen mit. Ich habe da auch eine Literaturliste erstellt, vielleicht ist da was bei, das du für Herleitungen brauchen kannst. Und die Diplarbeit würde ich gerne lesen, wenn du sie fertig hast!

Das Jahr zu Dritteln ist eigentlich durchaus logisch, wenn man es vom gleichen Standpunkt wie die Ägypter betrachtet. Der Jahreslauf wird durch drei Ereignisse bestimmt, an denen sich alles orientiert: Alltag, Religion, Kriegsführung, große Bauvorhaben...  Wenn man sich das als Grundüberlegung festlegt, können die Auswirkungen auf die Handlung und die Charaktere ja auch wirklich interessant sein, vor allem, wenn Personen aus verschiedenen Völkern bzw. Ländern aufeinandertreffen.
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und im weitesten Sinne auch von Dieter Bohlen[/i]
Stefan Quoos, WDR2-Moderator

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ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.«[/i]
Johann Wol

Rika

Zitat von: Moni am 29. Juli 2010, 13:53:46
Ich glaube, wir müssen hier noch einen extra Thread aufmachen, in dem wir über solche Themen fachsimpeln können.  ;D Ich finde das ja durchaus interessant.

Ich fände das auch spannend, alle eure genannten Arbeiten würde ich mit Interesse lesen...

Moni

Ich werde mal einfach einen aufmachen und da den Anfang meines Essays reinposten, bzw. das, was mich zu dem Essay bewegt hat. Mach ich entweder heute abend, oder nach dem Wochenende. 
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Stefan Quoos, WDR2-Moderator

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Ilargi

Kaixo;

Ich kenne das Problem, bei mir habe ich auch "Götter" erschaffen; ich nenne sie allerdings Geister..., Wenn man gerade ein Gastsemester in Katholischer Theologie einlegt ist es nicht gerade Ratsam von "Göttern" zu sprechen glaubt mir!

Irgendwann habe ich allerdings den Überblick verloren und dann habe ich in einem Buch, über die alten Ägypter, etwas über ihre Art der Jahreseinteilung  gelesen, da dachte ich mir das kann ich auch machen und nahm die ersten sechs Urgeister und gab jedem von ihm zwei Monate. Das sind Manabo, Richtergeist und Himmelsgeist; ihm gehören die ersten zwei... ich glaube das gehört in ein anderes Thema ;D Jedenfalls habe ich von den ursprünglich ungefähr 89 Geistern schon mal zwölf eingespart. Dann habe ich mir überlegt was ich noch einsparen könnte und legte einfach alle Handwerkskünste zusammen auf einen Geist; da wurden wieder eine Unmenge an Geistern eingespart.

Ene, am Ende blieben noch zwölf Geister übrig, die alle nochmal Kinder haben, die allerdings keine großen Aufgaben erfüllen, sondern ihre Eltern unterstützen ;)

So lange Rede, kurzer Sinn: Wenn du selbst den Überblick verlierst dann kann auch dein Leser keinen Überblick haben; also gibt es zuviele Götter.
Halt dich lieber an eine kleine Anzahl und schuster denen dann noch Helfer zu wäre meine Methode, die ich ja auch angewandt habe, aber nur wenn du den Überblick verlierst!

Valaé

Ach dieses Thema habe ich doch schon vor etwa einem Monat beäugt und hätte sooo gerne etwas dazu geschrieben. Jetzt kann ich es also endlich. Hoffentlich fällt mir noch alles ein...

Also. Gerade weil Ilargi das gerade so schön ausgeführt hat... in diesem Beispiel würde auch ich ohne Probleme unterschreiben, dass es zu viele Götter geben kann. Also eine Zahl wie 89 würde mir als Leser schon gewaltig reichen... weil man schnell merkt, dass meistens noch nicht einmal der Autor selbst noch einen Überblick über diese Zahl von Göttern hat. Solange dies aber noch nicht gegeben, kann es eigentlich nicht wirklich zu viele Götter geben, wenn sie denn gut eingebaut sind.
Da gibt es sicher viele Möglichkeiten und die meisten von ihnen sind weitestgehend ungefährlich und meiner Meinung nach auch unerlässlich:
Im Weltenbau an sich gibt es für mich eigentlich kaum einen größeren Fehler als eine Welt ohne Religion oder etwas Vergleichbarem  zu erschaffen... denn Religion war nicht nur in der Vergangenheit ein zentrales Thema sämtlicher Kulturen, nein, woran die Menschen glauben ist auch heute noch eine der zentralsten Fragen überhaupt. Eine Welt ohne Religion erscheint mir unglaubwürdig und auch nicht sonderlich lebendig. Durch Religion gewinnen die Motive der Menschen oft an Glaubwürdigkeit, der Glaube liefert nur zu oft einen wunderbaren Grund, dies oder auch jenes zu tun. Die Religion eines Volkes halte ich sogar für etwas, dass unbedingt bedacht werden muss, denn fehlt sie, so fehlt es meistens auch dem Volk an Tiefe. Selbst wenn die Religion Atheismus heißt... dann ist es dennoch etwas, was begründet werden muss. Warum glaubt dieses Volk an keinen Gott? Diese Frage wäre bei einem solchen Volk sicher sehr zentral.
Immerhin würde ich nur Nihilisten als so arm bezeichnen, an überhaupt nichts zu glauben. Und ich denke, niemand von uns möchte ein Buch nur mit Nihilisten füllen? Daher ist die Frage nach dem Glauben doch eine, die auch die Motive unserer Charaktere enthüllt und ein wenig ihrer Seele. Ein sehr kriegerischer Charakter würde doch sicher sein Leben meistens eher dem Gott des Krieges (falls vorhanden) als dem Gott der Fruchtbarkeit weihen oder? Und wenn nicht, dann hat er einen sehr guten Grund dafür, der uns mehr über seine Seele verrät.
Die Götter einer Geschichte nehmen schon dadurch eine sehr große Rolle ein und mir persönlich gefällt es ja überhaupt nicht, wenn sich ein Autor kaum Gedanken über die Religion seiner Charaktere gemacht hat. Religion ist wie schon gesagt etwas so Prägendes, dass ich es nur für logisch halte, wenn es dann auch Monate, Wochentage, Feste, Orte oder Rituale gibt, die nach den Gottheiten benannt wurden oder in denen den Gottheiten gehuldigt wird. Gehört nicht all das zu einer wirklich lebendigen Welt dazu?
In meiner Welt gibt es sechs Götter. Ein ein eher klassisches Modell, da es die Gottheiten für die vier Elemente benutzt, erweitert durch die göttlichen Zwillinge für Licht und Schatten.
Jeder dieser Götter hat eine "Jahreszeit", die nach ihm benannt ist. Hier halte ich mich weitestgehend an Modelle für Frühling, Sommer, Herbst und Winter, sowie zwei Jahreszeiten mit völliger Dunkelheit und völliger Erhellung (ähnlich Polarnacht/Polartag). Ich denke nicht, dass es einen Leser stören würde, dass ich die normalen Jahreszeiten umbenannt habe, da zum Einen, die Rolle des Gottes zusammenhängt mit seiner Jahreszeit (Der Göttin der Erde ist natürlich der "Frühling" gewidmet, dem Gott des Feuers der "Sommer") und zum Anderen, kann ich ja das Wetter beschreiben. Ich glaube nicht, dass jemand eine schneebedeckte Ebene anders deuten könnte, als dass gerade Winter herrscht, da muss er nicht im Glossar nachschlagen, was Tayúrin bedeutet.
Hoffe, ich bin nicht zu weit abgeschweift. Aber wegen der Diskussion um die Monatsnamen, die hier mal war, wollte ich dieses Beispiel einmal kurz beschreiben, weil ich nicht denke, dass es sein muss, dass neue Monatsnamen einen Leser verwirren.
Ansonsten... bin ich sehr vorsichtig, was Götter angeht, sowie Religion im Allgemeinen. Sie spielt in meinen Geschichten eine große Rolle, gerade weil sie so herrlich gut missbraucht werden kann. Sie bietet jedem Autor ein sehr mächtiges Werkzeug...und jedem Charakter, der es zu nutzen weiß. Götter dürfen meiner Meinung nach nicht zu sehr in die Geschichte eingreifen, denn es würde, wie ja schon vor mir erwähnt, sehr schnell langweilig werden, wenn ein übermächtiger Charakter eingreift.
Meine Götter handeln also kaum und wenn sie es tun, dann entweder unter Einschränkung oder es hat fatale Folgen. Sie dienen eher als Hoffnungsträger und Trostspender... wie es die Religion ja auch sollte. Ich feiere Feste nach meinen Gottheiten, baue ihnen Tempel und nenne Monate nach ihnen... meine Charaktere beten und ich erfinde Rituale dafür und einen Kult für die Gottheit, sowie Gebote, die sie aussprechen. Aber all das ist eher der Rahmen meiner Geschichte. In die Handlung gehören sie meiner Meinung nach nur dann, wenn sie dafür essentiell wichtig werden und auch dann dürfen sie nicht übermächtig werden.

Ansonsten finde ich aber, dass auch Rituale und Gebete sowie Sagen zu einer gut gestalteten Geschichte dazu gehören... ich persönlich schreibe Sagen als kleine Unterbrechungen zwischen ein Kapitel und das nächste. Wer sich daran stört (es gibt ja Leser, die nicht so gerne etwas von der Welt erfahren wollen, sondern lieber die Handlung weiterverfolgen wollen) der kann diesen kleinen Einschub ja gerne überspringen... aber es entgehen ihm dann sehr oft kleine Anekdoten, die im Laufe der Geschichte wiederholt werden... so kleine Leckerlis für Weltenliebhaber.
So wie ich es selbst schreibe, lese ich es auch gerne. Eine gut durchdachte, ausgeführte Welt mit glaubhaften Göttern, die hinter der Welt stehen oder in ihr agieren, die nicht unübersichtlich werden aber doch sichtbar auf die Welt einwirken, ohne übermächtig zu werden.

Zit

Zitat von: ValaéSelbst wenn die Religion Atheismus heißt... dann ist es dennoch etwas, was begründet werden muss. Warum glaubt dieses Volk an keinen Gott?

Menschen glauben, weil sie nicht wissen - wollen aber trotzdem die Welt erklären. Also: Nur wer nach dem Warum und Wie fragt, kann glauben oder Atheist sein. Jedem anderen ist es schnuppe. ;D Ich würde daher nicht unbedingt sagen, dass jedes Volk, dass jede Welt einen Glauben/einen Schaffungsmythos haben muss. Es hängt ganz davon ab, ob sich das Volk/die Welt, um solche Aspekte schert.

(Hmmmm ... Bisher hab ich aber auch noch kein Volk erschaffen, dass sich nicht um das große Warum&Wie kümmerte, sollte ich vll. mal tun. Wäre interessant, ob bei einem solchen Volk dann auch soetwas wie Wissen existieren kann und wie zivilisiert dieses Volk wäre.)
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt