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Hinweise im Traum ein Plotloch?

Begonnen von Zonka, 10. Februar 2010, 13:27:56

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Zonka

Irgendwo habe ich gelesen, daß Lektoren allergisch darauf reagiern, wenn relevante Informationen durch Traumbilder empfangen werden. Das sei sinngemäß Kennzeichen einer unausgereiften, zufälligen Handlung.  :hmmm:

Ich habe in meinem Roman zwar konkrete, logische Spuren gelegt, aber eine kleine Sequenz ist ein Traum mit Hinweis. Zur Zeit kann ich mir nicht vorstellen, wie ich diese Informationen anders einarbeiten kann, würde das aber überarbeiten, wenn nötig.

Wie seht ihr das?

Liebe Grüsse
Zonka


Andrea

Ich würde sagen, es kommt drauf an, wie dieser Traum zustande kommt. wenn irgendein mächtiges übernatürliches Wesen deinem Prota diesen Traum eingibt, um ihn gezielt auf etwas hinzuweisen, weil es welche Ziele auch immer verfolgt, wäre der Traum ein unverzichtbarer und wichtiger Teil deines Plots, über den sich sicher niemand beschwert.

Thaliope

Bin zwar kein Verlagslektor ... aber als Leser würd ich mal ein ganz klares "Das hängt davon ab" äußern ;-)
Eine Traumsequenz eignet sich natürlich prima, um Plotlöcher zu stopfen, aber dadurch würde ich nicht umgekehrt darauf schließen, dass jede Traumsequenz ein Deus ex machina sein muss.
Wenn alles um den Prota herum aussichtslos ist und die einzige Rettung durch den Traum kommt, ist das vielleicht etwas durchschaubar.
Wenn aber im Traum eine Verbindung zum Unterbewusstsein oder einer anderen Person zum Tragen kommt, kann ich mir das durchaus überzeugend vorstellen.

LG
Thali



Kuddel

Prinzipiell geht es, aber du brauchst eine Erklärung und wenn möglich nicht die übliche Magie/Prophezeiungsschiene. Die ist schon ausgelutscht. Die Idee mit dem höheren Wesen, was eine Verbindung zu dem Protagonisten aufbaut finde ich z.B. gut. Das wäre eine logische Erklärung oder vielleicht auch einfach das Unterbewusstsein, was die bisherigen Hinweise verarbeitet, a la Sherlock Holmes, der auf winzigste Kleinigkeiten achtet, aber dazu muss der Prota schon einen gewissen Grad an Intelligenz aufweisen.

Auf keinen Fall erklären mit Isso.

Liebe Grüße,
Ann-kathrin
The first draft of everything is shit - Ernest Hemingway

Sprotte

Ja und Nein - ganz klar.

Schlimm wird das benutzt von Kathy Reichs, die seitenweise die Träume ihrer Heldin beschreibt und in diesen Träumen auch gerne die Lösung des Falls findet - auf so abstruse Weise, daß da Hellseherei mit im Spiel ist und der Leser sich das Buch vor die Stirn schlägt, weil es so plump gemacht ist.

Etwas anderes ist die Erscheinung eines gottgleichen Wesens im Traum in einer Fantasywelt - auch wenn dieser Pfad schon viel begangen ist.

Oder: Träume sind Tagesbewältigung. Der Träumende verarbeitet Sorgen und Gefühle - womöglich im Traumgespräch mit einem Freund. Dann ist es durchaus möglich, daß der Partner im Traum dem Träumenden auf die Sprünge hilft - weil das die Verarbeitung ist, der Träumende also selber auf die Lösung kommt.

Churke

Zitat von: Zonka am 10. Februar 2010, 13:27:56
Zur Zeit kann ich mir nicht vorstellen, wie ich diese Informationen anders einarbeiten kann

Die Traumvision als denkfaule Lösung überzeugt nun mal eher nicht. Andererseits wird es so oft gemacht (und ich hasse es), dass ich mich frage, welcher Lektor sich da so geäußert haben soll.
Davon einmal abgesehen kann ich mir allerdings nur schwer vorstellen, dass der Lektor zu dir sagt: "Leider können wir Ihr Manuskript nicht in unser Verlagsprogramm aufnehmen, da Sie auf Seite 203 mit einem unmotivierten Traumbild aufwarten. Mit den besten Wünschen und freundlichen Grüßen..."

Vali

Ohh, Träume, meine Helden träumen auch gerne. Entweder sind es Albträume, die die Urängste des Träumers beeinhalten oder ich mach es so wie Sprottes letzter Vorschlag. Der Träumer erinnert sich an etwas, das er im Traum nun verarbeitet und kommt so auf ein Detail, worauf er wach er nicht gekommen wär. Zum Beispiel taucht während der Erinnerung im Hintergrund immer eine bestimmte Person auf. Wenn der Träumer dann aufwacht, bekommt er einen Geistesblitz, ob diese Person etwas mit den damaligen Geschehnissen zu tun hat. Das kann ihn natürlich erst mal auf eine falsche Fährte führen. Also im Traum nicht gleich die Lösung bieten, sondern eher Hinweise auf die Lösung.
Nett sind auch Deja vu. Der Held träumt von einer Situation und kommt später tatsächlich in eine ähnliche. Aber sowas sollte nicht zu häufig passieren, also maximal einmal im Buch. Sonst ist das auch ziemlich unglaubwürdig und grenzt auch schon wieder an Hellseherei. In Träumen werden schließlich meist bereits Erlebtes verarbeitet und zu Träumen recyclet.

Zonka

Danke schon einmal für die hilfreichen Hinweise!

Ich konnte dadurch meine Szene besser einordnen.
Es handelt sich weniger um eine denkfaule Traumvision, sondern der Kontakt zu einer Schutzpatronin im Traum.
Ich werde diese Szene durch zusätzliche kleine Bezugsszenen zu dieser Schutzpatronin besser einbetten.
Das löst in diesem Fall mein (Denk)Problem... :pompom:

Liebe Grüsse
Zonka

Dämmerungshexe

Richtige Informationen gebe ich im Traum aber nicht. Also so nach der Art: weiser Mann erscheint und sagt was Sache ist.

Also ich benutze Träume gerne als eine Art "Vorschau", Hinweise auf zukünftige Ereignisse. Aber auf die Lösung der ganzen Rätsel kommt mein Prota auch erst, ganz am Schluss, als er endlich vor dem Feuerberg steht. Da setzt er plötzlich all die kleinen Hinweise zusammen und kapiert edlich was los ist (und macht sich dementsprechend dran "die Welt zu retten").
,,So basically the rule for writing a fantasy novel is: if it would look totally sweet airbrushed on the side of a van, it'll make a good fantasy novel." Questionable Content - J. Jacques

Kati

ZitatIrgendwo habe ich gelesen, daß Lektoren allergisch darauf reagiern, wenn relevante Informationen durch Traumbilder empfangen werden.

:gähn: Wie sieht das denn aus, wenn der Prota von Anfang an visionenähnliche Träume (allerdings in die Vergangenheit, nicht in die Zukunft) hat und das zum Plot gehört? (So wie bei mir zum Beispiel...)

LG,

Kati

Stjersang

Zitat von: Kati am 10. Februar 2010, 18:11:26
:gähn: Wie sieht das denn aus, wenn der Prota von Anfang an visionenähnliche Träume (allerdings in die Vergangenheit, nicht in die Zukunft) hat und das zum Plot gehört? (So wie bei mir zum Beispiel...)
Ich denke, wenn du eine plausible Erklärung, warum der Charakter diese Träume hat, hast, sollte das kein Problem sein. Lektoren reagieren wahrscheinlich eher auf Szenen, in denen die Vision nur da ist, um den Protagonisten zu etwas Besonderem zu machen -oder eben Vision ex machina. Wenn es ein fester und gut erklärter Bestandteil der Geschichte ist, bereichert es sie meiner Meinung nach eher.

Dämmerungshexe

Da ich gerade ein Buch über Träume (Darstellung selbiger in Filme, Zusammenhang mit Theologie ...) lese, mal ein oder zwei Sachen, die ich darin gelesen habe. Es sind keine wirklich neuen Erkenntnisse, aber wenn man es mal liest, ist es einem gleich viel klarer:

Die Vorstellung von Träumen als Blick in die Zukunft ist ein Relikt aus der Bibel und ähnlichem, wo ein Traum, indem man die Zukunft (mehr oder weniger verschlüsselt) präsentiert bekommt, stets eine Gabe Gottes an den Träumenden. Insoweit macht ein prophetischer Traum ohne göttlichen (oder auch dämonischen) Hintergund selten Sinn, es ist etwas, das über das rein menschliche hinaus geht.

Träume als Verarbeitung täglicher Erlebnisse sind ja die allgemeine Annahme heutzutage (wobei sich da schon wieder neue Erkenntnisse abzeichnen). In diesem Zusammenhang Hinweise in Träumen zu bringen, würde bedeuten dass der träumende Charakter die Hinweise eigentlich schon wahrgenommen hat, sie nur noch nicht miteinander verbinden kann - ein Vorgang, der im Traum ausgeführt wird und so zur Erkenntnis führt.
Da ist dann die Frage: wie wirkt das für den Leser? Er müsste die entsprechenden Hinweise ja auch schon bemerkt haben. Wäre das "Aufarbeiten" im Traum also nicht eine Wiederholung für ihn und damit womöglich langweilig?

Man kann da also auf verschiedene Arten herangehen. Es kann ja auch sein, dass der Träumer einem Volk/einer Rasse entstammt, für die Schlaf und Träume eine Art telepathische Verbindung mit ihren Artgenossen und/oder Vorfahren darstellen.
Insoweit (wie so oft), kommt es mal wieder darauf an, wie wir als Autoren mit diesen Traumbotschaften umgehen.

Insgesamt sind Träume (ob nun prophetisch oder auch nicht) im Allgemeinen ja sowieso sehr surrealistisch und verschlüsselt. Eine wirklich klare Botschaft wurde auch in den Traumvorhersagen der Bibel nicht gemacht (oder wer hätte aus dem Stehgreif sagen können was sieben magere und sieben fette Kühe bedeuten). Ich mag es daher, die Träume meiner Protas, insoweit ich ihnen prophetische Funktion gebe, so zu gestalten, dass sowohl Prota als auch Leser erst dann wissen, was der Traum wirklich bedeutet, wenn das entsprechende Ereignis eintrifft.
,,So basically the rule for writing a fantasy novel is: if it would look totally sweet airbrushed on the side of a van, it'll make a good fantasy novel." Questionable Content - J. Jacques

Rika

Zitat von: Dämmerungshexe am 18. Februar 2010, 21:56:51
Insgesamt sind Träume (ob nun prophetisch oder auch nicht) im Allgemeinen ja sowieso sehr surrealistisch und verschlüsselt. Eine wirklich klare Botschaft wurde auch in den Traumvorhersagen der Bibel nicht gemacht (oder wer hätte aus dem Stehgreif sagen können was sieben magere und sieben fette Kühe bedeuten). Ich mag es daher, die Träume meiner Protas, insoweit ich ihnen prophetische Funktion gebe, so zu gestalten, dass sowohl Prota als auch Leser erst dann wissen, was der Traum wirklich bedeutet, wenn das entsprechende Ereignis eintrifft.
Klingt gut. Sicher nicht immer einfach, das so hinzubekommen, aber gut. :)

Maran

Letzten Endes kann nur der Träumende selbst seine Träume deuten. Das liegt vor allem daran, daß jeder Mensch seine eigene Symbolik entwickelt und nur er selbst am besten weiß, welches Thema ihn am meisten beschäftigt - oder wovor er die Augen verschließt.

Ich selbst nutze ganz gerne Träume in Geschichten - allerdings nicht zum Füllen eines Plotloches, sondern weil die Träume von vornherein ein wichtiger Bestandteil der story sind. Traumszenen lese ich gerne, wenn sie nicht zu plump und offensichtlich geschrieben sind, sondern mich zur Interpretation anregen. Dann empfinde ich sie sogar als gutes Stilmittel, um mich in die Geschichte hineinzuführen.

Bisou

Zitat von: Dämmerungshexe am 18. Februar 2010, 21:56:51

Träume als Verarbeitung täglicher Erlebnisse sind ja die allgemeine Annahme heutzutage (wobei sich da schon wieder neue Erkenntnisse abzeichnen). In diesem Zusammenhang Hinweise in Träumen zu bringen, würde bedeuten dass der träumende Charakter die Hinweise eigentlich schon wahrgenommen hat, sie nur noch nicht miteinander verbinden kann - ein Vorgang, der im Traum ausgeführt wird und so zur Erkenntnis führt.
Da ist dann die Frage: wie wirkt das für den Leser? Er müsste die entsprechenden Hinweise ja auch schon bemerkt haben. Wäre das "Aufarbeiten" im Traum also nicht eine Wiederholung für ihn und damit womöglich langweilig?

Da muss ich stark protestieren. ;) Ich finde, dass Träume Dinge verarbeiten, die man als solches gar nicht wahr genommen hat. Stell dir mal vor: du schreibst einen Roman, der Prota ist in einer bestimmten Sitatuation. Beschreibst du jedes klitzekleine Detail einzeln? Eher nicht, oder? Aber es kann gerade bei Träumen doch auf DAS Detail ankommen, dass man so nie wahrgenommen (und so im Roman aus der Personalperspektive auch nicht beschrieben) hätte. Dadurch langweilt man den Leser nicht mit einer Verknüpfung von Details, sondern führt ein oder mehrere Details ein, die dem Protagonist nie so aufgefallen wären, weil er gar nicht so genau darauf geachtet hat. Und Infodump in Romanen ist ja auch unschön (zumindest in den meisten Fällen).

Einen anderen Aspekt halte ich noch für sehr wichtig. Träume nicht eben keine 100%ig klaren Bilder, die vor den Augen erscheinen. Jedenfalls verhält es sich bei mir und den Leuten, die ich danach gefragt habe, so. Träume habe ich immer als verschwommene Ereignisse erlebt, die mehr aus Gefühlen und Bildern bestanden, als wie ein Film abzulaufen. Man fühlt sich, als ob man drin steckt - erlebt alles sehr intensiv, nimmt alles irgendwie anders wahr.
Deswegen finde ich es schön, wenn ein Traum gleichzeitig ein Stilbruch ist. Soll heißen, sich der Stil ändert. Wenn ein sehr rationaler Charakter, bei dem nicht viel Wert auf Gefühlsbeschreibungen gelegt wird, plötzlich alle Emotionen auf sich einstürzen sieht, ist das in dem Moment mit Sicherheit ein Bruch in seinen Erlebnissen - und ich finde, dass das dann auch so dargestellt werden sollte.
Wichtig ist mir auch, dass der Traum nicht beschrieben wird, als würde man einen Film anschauen, sondern, als würde man mittendrin stecken - mit allen Widrigkeiten, die das eben mit sich bringt.

Ist ein Traum nur als Lückenfüller gedacht, finde ich persönlich das langweilig und absolut nicht schön. Das ist für mich wie überflüssiges Gewicht - unnötig. Deus ex machina - klar kann ein Traum dazu dienen, etwas Wichtiges zu erkennen, aber wenn der Protagonist ständig am Träumen ist und somit den Plot aufrecht erhält... ne, nicht wirklich.
Bevor mein Post allzu negativ daher kommt: ich verwende auch Träume. In dem Roman, den ich aktuell schreibe, nehmen sie eine zentrale Rolle ein, es gibt Menschen, die in ihren Träumen wichtige Dinge (wie Zukunftsvisionen, nur sehr unklar) sehen können, aber nur, wenn sie zu mehreren sind.
Sind Träume ein wesentliches Element des Plots finde ich das nicht schlimm (wenn ich jetzt was anderes sagen würde, wäre das wohl auch sehr komisch, oder? ;D), aber ich finde, auch da sollte nicht jeder Traum in allein Einzelheiten beschrieben werden. Sonst verliert man bei so einem Buch schnell die richtige Handlung und angelt sich von einem surrealen Traum zum anderen.