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Das Hygieneproblem

Begonnen von Maria, 06. November 2009, 19:07:03

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Maria

Ich stecke gerade in meinem derzeitigen Projekt an der Stelle fest, wo sich die Gruppe mit meiner Heldin auf eine längere Reise begibt. Wenn ich mir vorstelle, dass ich mehrere Tage, vielleicht auch länger in der Wildnis unterwegs wäre, wäre mein Trekkingrucksack sicher prallvoll beladen. Nur macht sich in Fantasybüchern kaum jemand mit einem Trekkingrucksack auf den Weg, meist haben die Leute grad mal eine kleine Tasche bei sich oder eine Art Seesack für Proviant, aber frische Wäsche oder etwas wie Seife wird nicht sehr oft erwähnt. Vielleicht habe ich auch  nur zu wenig Bücher gelesen.

Wie "sauber" gehen eure Helden auf ihre Reisen durch die Wildnis?

Ary

Meine Leute haben immer einen Satz einfacher Wechselklamotten dabei, nutzen todesmutig auch bei Sauwetter natürliche Wasservorkommen wie Seen und Flüsse/Bäche und meistens haben sie auch ein kleines Stückchen Seife dabei, vor allem die Damen (die dann aber die Seife oftmals auch den Herren andrehen, denn wer will schon mit jemandem zusammen reisen, der stinkt wie eine alte Socke?) Wobei... ich habe auch männliche Charaktere, die badesüchtig sind und lieber sauber als dreckig.
Gerade, wenn Held/Heldin verfolgt wird, ist es von Vorteil, nicht zu stinken.
Und frische Klamotten werden notfalls auch mal des Nächtens von irgendjemandes Wäscheleine entwendet, wenn die eigenen vollkommen zugesumpft sind.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Nachtblick

Meine Protagonistin darf regelmäßiges Waschen von ihrem männlichen Begleiter erst lernen. Er kauft sich, nachdem er anfangs mittellos ist, schließlich eine Seife, sie ist eher daran gewöhnt, sich mit Kräutern oder Salbei und wilder Minze nach dem Baden "abzureiben" oder das als eine Art Deo zu benutzen.

Die meisten meiner Charaktere gehen baden, wenn es sich ergibt, und nicht alle haben immer unbedingt viel Zeit zum Baden. Meist ist es ein schönes Bad, was man sich dann nach langer Reise in Aussicht stellt, statt sich zu kalter Jahreszeit in irgendwelche Tümpel zu wagen, wo man jederzeit vom Feind überrascht werden könnte  :no:

Ich würde deiner Heldin ein Stück Seife in die Tasche schieben und damit in Bach oder See hüpfen. :D

Nachtaktive

So blöd es auch klingt, ich stell mir immer vor, dass bei so komplizierten langen Reisen Sauberkeit das kleinste Problem ist. Sicher freuen sich immer alle wenn sie endlich wieder sauber sind, aber meistens finden sich meine Protas auf reisen damit ab zu stinken und nur notdürftig Katzenwäsche zu betreiben.
Lieber dreckig, als eine Lungenentzündung riskieren.  ;D

Tenryu

Früher haben die Leute auch nur einmal in der Woche gebadet und frische Sachen angezogen. (Und damit meine ich nicht das Mittelalter.) Die Franzosen haben sich nie gewaschen, sondern Parfüm und Puder benutzt. Auf Schloß Versailles gab es nicht eine einzige Toilette. (Man behalf sich mit Eimern hinter einem Vorhang...)

Wir dürfen unsere (oft übertriebenen) modernen, abendländischen Sauberkeitsvorstellungen nicht zur Norm erheben. In vielen Gegenden der Welt ist Wasser knapp. Wer etliche Kilometer weit gehen muß, um Wasser zu holen, und das selber schleppen muß, wird keinen Tropfen davon fürs Waschen verschwenden...

Manja_Bindig

Meine Charaktere können damit leben, sich eine Woche nicht zu waschen oder Kleidung zu wechseln - aber sie ziehen es doch vor, jede Gelegenheit dazu zu nutzen, die sich bietet. Man weiß ja nicht, wann die nächste kommt. :)

Im ersten Teil meiner Trilogie halten sich meine beiden Hauptcharas vor allem in einer Stadt auf, in der es ein gut ausgebautes Netz günstiger Badehäuser gibt, das sie vielleicht ein bis zweimal die Woche frequentieren und dort auch ihre Wäsche machen lassen.

Im Zweiten sind sie zum Großteil ebenfalls in einer hygienisch gut ausgebauten Umgebung, reisen aber auch sehr viel umher - und da zeigt sich, dass sie zwar durchaus SAuberkeit zu schätzen wissen, aber eben auch keinen Aufstand darum machen. Wenn man sich waschen kann, wäscht man sich, ansonsten bringt es nix, darüber zu jammern. :)


@Tenryu: Nicht so allgemein, bitte. "Früher" kann auch das einsetztende 20igste Jahrhundert sein. ;)  Und auch die Franzosen des Absolutismus waren nicht alle solche Ferkelchen. Die Armen konnten sich kein Puder und Parfüm leisten. Und das Bürgertum und die Bauern haben sich nach wie vor gewaschen... übrigens galt das Nicht-Waschen als hygienisch, weil man fürchtete, das Wasser übertrage Krankheiten. ;)

Lomax

Zitat von: Manja am 06. November 2009, 21:30:02übrigens galt das Nicht-Waschen als hygienisch, weil man fürchtete, das Wasser übertrage Krankheiten.
Durchaus nicht zu Unrecht  ;D

Churke

Und den frühen Christen galt Körperpflege als heidnisch. Für Mönche war 1 Bad pro Monat das höchste der Gefühle. Der heilige Hilarius wusch sich nur an Ostern und die Kleider sowieso nie. Man sieht: Alles eine Frage der Einstellung.

ZitatWenn ich mir vorstelle, dass ich mehrere Tage, vielleicht auch länger in der Wildnis unterwegs wäre, wäre mein Trekkingrucksack sicher prallvoll beladen.
Hamse gedient?  ;D
Auch das Marschgepäck eines modernen Soldaten erlaubt es nicht, jeden Tag das T-Shirt zu wechseln.

Tenryu

Soldaten tragen nie Kleidung zum Wechseln bei sich. Die brauchen den Platz im Rucksack für die Beute, die sie den besiegten Feinden abnehmen.

Bevor es Waschmaschinen gab, haben die meisten Leute (zumindest diejenigen die keine Dienstboten hatten), ihre Wäsche nicht so oft gewechselt. Das Waschen macht nämlich ziemlich viel Arbeit. Und im Winter dauert es lang, bis die Sachen trocken sind, sintemal gut beheizte Stuben auch eher etwas für die reichen Leute waren.

Wenn ich bedenke, wie viele Leute sich jeden Tag waschen, aber dann nichts dagegen haben, daß ihr stinkender Hund (der ganz gewiss nicht jeden Tag gebadet wird) auf dem Sofa liegt...

Wenn ich nicht aus dem Haus muß, wasche ich mich auch nicht so oft. Ich muß ja schließlich dem Klischee des schmuddeligen Künstlers entsprechen.  :D

Ary

Ich merke immer, wie  "gut" man es überleben kann, nicht jeden Tag zu duschen (was ich eigentlivhimmer mache), wenn wir auf dem Mittelaltermarkt sind. Entweder es gibt dort gar keine Duschmöglichkeit, oder die Duschen sind so weit weg, dass man einfach keinen Nerv hat, da jeden Tag hinzutapern. Wenn s auf dem Markt einen Badezuber gibt, wird der einmal pro Wochenende frequentiert, da wird man nicht nur halbwegs sauber, das macht auch noch Spaß. Gibt es keinen Zuber, hab ich aber zumindest eine Waschschüssel im Zelt, vor allem, wenn's ser heiß ist. Ich hasse es nun mal, zu kleben. :)

Übrigens, Tenryu -woher weißt Du so genau, dass Soldaten nie Wechselklamotten bei sich haben? Quelle?
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Bisou

Gute Frage.  :hmmm: Ich handhabe es meistens so, dass meine Protagonisten sich an und in Bächen waschen, das kann Katzenwäsche sein, kann aber auch mit Seife. Wobei Seife dann doch eher was für mein Königsbürschchen ist und meine Bauerstochter auf Seife verzichtete.
Ich glaube, das ist auch einfach eine Sache der Umweltgegebenheiten. Wenn die Protagonisten durch fruchtbares Land mit zahlreichen Flüssen reiten, können sie ja schon mal ab und an ein Bad nehmen, wenn es aber dann durch die Wüste geht, werden sie mit Sicherheit den Teufel tun und ihr letztes Wasser für eine Katzenwäsche verschwenden.
Dementsprechend handhabe ich das auch. Wenn sie sich waschen können machen sie das, wenn nciht, dann eben nicht.

Luciel

hm, da ich über Elfen schreibe, habe ich dieses Problem großzügig übergangen ... Elfen sind eben von Natur aus sauber und gut riechend  ;D
Meine Protagonistin war aber einmal blutverschmiert (Blut von jemand anderem) und musste dann ein Bad in einem See nehmen. Da sie in einer Gruppe reist war Scham dabei eigentlich das größte Problem und sie hat in ihrem Unterkleid gebadet. War eher eine Katzenwäsche.
Worüber in Büchern auch immer sehr großzügig hinweg gesehen wird, ist der besondere Hygienebedarf von Frauen an einigen Tagen des Monats. Ich gebe zu, dass ich auch nicht darüber schreibe, sondern es unter all die alltäglichen Dinge fallen lasse, die sich der Leser eben selbst vorstellen muss. Logisch ist das nicht, ich weiß ... wenn man mal bedenkt, wie viele Seiten dem Essen oder der Kleidung gewidmet werden ....

Shay

Bei mir hängt das auch stark von der Kultur der Leute ab. Ich hab ein Volk, die zwar recht primitiv sind, dafür aber sehr reinlich. Die nutzen jede Gelegenheit zum Baden und wenn's ei eisbedeckter Tümpel ist. Andere können schonmal damit leben, daß es ein paar Wochen nur dazu reicht, Gesicht und Hände zu waschen, wenn sie gar zu schmutzig sind. Kleidung zum Wechseln haben meine Leutchens dagegen fast nie dabei. Allenfalls mal einen lendenschur zum Wechseln, aber das wars dann. Wenn es keine Gelegenheit gibt, die Klamotten zu wechseln, bleiben sie halt dreckig.

Zitat"Früher" kann auch das einsetztende 20igste Jahrhundert sein.
Also meine Großeltern '44 ausgebombt wurden, mußten sie eine Aufstellung ihrer ganzen habe für die Versicherung machen. Ich hab die mal gesehen. Meine Oma hat damals genau 5 Garnituren Unterwäsche besessen und das als Tochter aus eher großbürgerlichem Hause!

Moa-Bella

Vielleicht will man als leser auch garnicht wirklich wissen, wie dreckig die Protagonisten nach einer Wochenlangen Reise sind. Eins meiner Projekte spielt nur im Zeitraum von ein paar Tagen, da ergibt sich das Problem nicht, aber ansonsten nutzen meine Protagonisten jede Gelegenheit um sich zu waschen. Zu autentisch-mittelalterlich muss das Ganze dann doch nicht sein.

Joscha

Über dieses Problem habe ich bisher noch gar nicht nachgedacht. Da ich sowieso immer größere Zeitabstände zwischen den einzelnen Szenen habe, kann sich der Leser selbst vorstellen, ob meine Protagonisten jetzt in der Zwischenzeit baden oder nicht. Ich erwähne es zwar nicht, aber es ist schließlich für die Handlung auch nicht wichtig.
Man könnte also sagen, die Sauberkeit meiner Protagonisten hängt vom Hygienebewusstsein der leser ab. ;D