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Die "böse" Seite

Begonnen von Feuertraum, 01. Januar 1970, 01:00:00

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Grey

Zitat von: Lord Bane am 06. Januar 2008, 15:30:56
Dämonen sind für mich diejenigen, die der Schöpfung an sich feindlich gegenüberstehen. Nach Ansicht der Dämonen ist die kosmische Ordnung ein großer Fehler, weswegen man sie so schnell wie möglich rückgängig machen sollte. Der Demiurg (= der Uhrwerkgott) ist ein Ursupator, der dem Kosmos unrechtmäßig seinen Willen aufgezwungen hat.

Tja ... dafür musst du aber auf jeden Fall davon ausgehen, dass es eine Schöpfung gibt ...

Aber davon mal ganz abgesehen - was mich wirklich interessieren würde ist, ob die Dämonen bei dir zusammenarbeiten, also gewissermaßen ein soziales Bündnis bilden?

Zitat von: Lord Bane am 06. Januar 2008, 15:30:56
Der erstrebenswerte Zustand für die Dämonen ist Chaos und Entropie. Vernunft, Rationalität, Logik, all das sind Irrtümer, die es auszumerzen gilt. Tugenden sind dagegen Lust, Zügellosigkeit und Hemmungslosigkeit.

So haben die Dämonen in meinem Manuskript zwar einen Grund für ihr Handeln.

Damit drängst du sie aber schon irgendwie in menschliche Verhaltensmuster, oder? Klingt ein bisschen nach modernem Christentum ... ::)
Nebenbei bemerkt - Chaos und Entropie bezeichnet beides das Gleiche. ;) Und interessanterweise ist ja Entropie der einzige biochemische Ordnungszustand, in dem Leben möglich ist. Also sind wir vielleicht eigentlich alle dämonisch? ;)

Lord Bane

Zitat von: Grey am 07. Januar 2008, 08:35:09
Tja ... dafür musst du aber auf jeden Fall davon ausgehen, dass es eine Schöpfung gibt ...

Aber davon mal ganz abgesehen - was mich wirklich interessieren würde ist, ob die Dämonen bei dir zusammenarbeiten, also gewissermaßen ein soziales Bündnis bilden? Damit drängst du sie aber schon irgendwie in menschliche Verhaltensmuster, oder? Klingt ein bisschen nach modernem Christentum ... ::)


Es gab sogar mehrere Schöpfungen. Als die vorletzte Schöpfung im Lauf eines schrecklichen Krieges zerstört wurde herrschte lange Zeit das Chaos und die Dämonen. Später kam der Demiurg, der in der vorangegangenen Schöpfung nur ein kleiner Beamter in der Himmlischen Hierarchie war, und schuf den Kosmos neu. Die Dämonen, die alles beherrscht hatten, wurden an den Rand der Existenz gedrängt, sozusagen ins Exil, wo sie an ihrer Rückkehr arbeiten.

Die Dämonen arbeiten in dem Sinne zusammen, dass die Starken eine brutale Gewaltherrschaft über die Schwachen ausüben. Sie bilden keinen Staat, sondern eher eine Horde.

Modernes Christentum? Damit kenne ich mich nicht aus und eigentlich interessiere ich mich auch nicht dafür. Meine Ideen stammen aus einigen apokryphen Bibelstellen, die ich als Ideenvorlage und wohl auch als Steinbruch benutze. Ich verwende sogar ein paar biblische Dämonennamen, aber eben wirklich nur die Namen, nicht den Kontext.


Viele Grüße,
Lord Bane

Grey

Aha, na gut, also reden wir in deinem Fall eben doch über eine Art "Volk" oder eine menschenähliche Kultur mit übernatürlichem Flair, das du entworfen und dann "Dämonen" genannt hast ;)
Ist selbstverständlich vollkommen legitim, aber dann meinen wir zwei ziemlich verschiedene Dinge, wenn wir von Dämonen reden.

Zitat von: Lord Bane am 07. Januar 2008, 10:51:39
Die Dämonen arbeiten in dem Sinne zusammen, dass die Starken eine brutale Gewaltherrschaft über die Schwachen ausüben. Sie bilden keinen Staat, sondern eher eine Horde.


Und wie ist das mit der Machtverteilung innerhalb der Horde? Die Dämonen sind doch sicherlich nicht alle gleich stark? Wie kommt es, dass sie sich nicht gegenseitig auslöschen? Gibt es eine gewisse dämonische Loyalität zur eigenen Spezies oder haben sie einfach genug Platz, sich aus dem Weg zu gehen?

Lord Bane

Zitat von: Grey am 07. Januar 2008, 14:09:55
Und wie ist das mit der Machtverteilung innerhalb der Horde? Die Dämonen sind doch sicherlich nicht alle gleich stark? Wie kommt es, dass sie sich nicht gegenseitig auslöschen? Gibt es eine gewisse dämonische Loyalität zur eigenen Spezies oder haben sie einfach genug Platz, sich aus dem Weg zu gehen?

Sie haben ein gemeinsames Ziel, das sie halbwegs zusammenhält - den Sturz des Demiurgen. Natürlich gibt es immer wieder Rebellionen und Machtkämpfe, die werden dann eben ausgetragen. Die Unterlegenen werden meistens von den Siegern aufgefressen oder zu Tode gefoltert. Die Dämonenfürstin Belial beherrscht die Horde schon seit vielen kosmischen Zyklen, einfach weil sie grausamer, intelligenter und stärker ist als die anderen.


Sie ist übrigens diejenige, mit der mein Prota anbendelt. Ein hübsches Paar, wirklich...

Viele Grüße,
Lord Bane

Grey

Zitat von: Lord Bane am 07. Januar 2008, 16:37:05
Die Dämonenfürstin Belial beherrscht die Horde schon seit vielen kosmischen Zyklen, einfach weil sie grausamer, intelligenter und stärker ist als die anderen.
Sie ist übrigens diejenige, mit der mein Prota anbendelt. Ein hübsches Paar, wirklich...

Ah Belial ist also bei dir eine Frau ...
Nach allem, was ich aus anderen Threads über deinen Prota weiß, ist sie wohl genau die Richtige für ihn. Ich hoffe sie stopft ihm ordentlich das Maul ;D

Aber das wird jetzt arg OT ... *duck*
Zurück zum Thema ;)

SemSimkin

Hmm, hört sich nach einer peppigen Geschichte an, muss man sagen. Aber deine Dämonen sind dann eigentlich nur "aufgebohrte" Orks. Zumindest füllen Sie diese Standard-Rolle aus, sobald Sie eine Gesellschaft bilden und menschlich irgendwie nachvollziehbare Ziele verfolgen (auch wenn diese sicher sehr verzerrt sind).

Bei meinem Manuskript/Baustelle/Vorabversion setze ich eine bewusst anonyme Naturmacht als das Böse ein. Diese kann dann den Geist aller Völker über Generationen beeinflussen und so früher oder später mehr oder weniger "böse" Völker erschaffen, welche aber weiterhin gute Individuen hervorbringen können. Wie das genau funktioniert, soll aber nie vollkommen aufgeklärt werden, wie das wohl auch in der Realität nie der Fall sein wird.

Das meinte ich eben mit dem Baustein, der einfach als Kulisse stehen bleibt. 

Lord Bane

Zitat von: SemSimkin am 07. Januar 2008, 23:10:20
Hmm, hört sich nach einer peppigen Geschichte an, muss man sagen. Aber deine Dämonen sind dann eigentlich nur "aufgebohrte" Orks. Zumindest füllen Sie diese Standard-Rolle aus, sobald Sie eine Gesellschaft bilden und menschlich irgendwie nachvollziehbare Ziele verfolgen (auch wenn diese sicher sehr verzerrt sind).

Die Zerstörung der gegenwärtigen Realität an sich ist für dich ein nachvollziehbares Ziel  ???

Grey

Naja, versucht man die Dinge aus der Sicht der Dämonen zu sehen, schon. Ich wäre auch stinkig ;)

Aber das ist es ja, was ich meinte. Betrachtet man die Dinge aus ihrem Blickwinkel, steht ein größerer Sinn und Zweck hinter ihrem Handeln. Sie machen das nicht einfach nur, weil sie eben so sind, sondern weil sie etwas damit erreichen wollen. Und ab dem Punkt werden sie eben für mich zu einem nicht mehr schlicht bösen Wesen sondern eben zu einer ... sagen wir, sehr hoch entwickelten Tierart. Ähnlich wie der Mensch, nur vielleicht mit noch ein bisschen mehr Kraft.

SemSimkin

Genau. @Bane: Das darf man nun natürlich nicht 1:1 verstehen. Das Dämonentreiben wird von den (denke doch meistens menschlichen :D) Lesern als Gleichnis auf Enttäuschung, Hass, Wut, Minderwertigkeitskomplexe, Rache uvm. aufgefasst, die jeder dann (uU völlig unbewusst) auf seine Lebenssituation mehr oder weniger abbildet. 

Björn

Ich denke, daß "gute" Böse vor allem dann beim Leser ankommen, wenn sie glaubwürdig sind, d.h. wenn sie nicht einfach nur ein Klischee darstellen, sondern sozusagen eine Art Charisma haben. Ein Beispiel dafür, auch wenn nicht aus der Fantasy, ist vielleicht Hanibal Lecktor (nicht nur, weil A. Hopkins ihn so klasse spielt). Wichtig ist auch, daß die Bösen eine Geschichte haben, denn in der Tat wird niemand einfach nur so böse.

In einer meiner Geschichten ist eine der Bösen eine Frau, die vollkommen herzlos und unbarmherzig zu sein scheint - ihr Antrieb ist jedoch nur der Versuch, in einer völlig feindseligen Welt als einziger Mensch unter gezüchteten Monstren zu überleben, wobei sie in den Jahren immer mehr abstumpft...ähnliche Verhaltensmuster gibt es übrigens in der Realität mehr als genug.

Die Frage, wie man "gute" Böse zum Leben erweckt, bedarf also meiner Meinung nach immer auch einen Blick auf uns selbst.

felis

#100
Zitat von: Grey am 07. Januar 2008, 08:35:09
Nebenbei bemerkt - Chaos und Entropie bezeichnet beides das Gleiche. ;) Und interessanterweise ist ja Entropie der einzige biochemische Ordnungszustand, in dem Leben möglich ist. Also sind wir vielleicht eigentlich alle dämonisch? ;)
Sorry, aber naturwissenschaftlich sind dir da die Gäule durchgegangen.
Die Komplexität von Leben lässt sich nämlich auf der Basis der 3 Hauptsätze der Thermodynamik (der von der Entropie ist der 2. HS) eben nicht erklären.
Die Versöhnung zwischen Thermodynamik und den uns umgebenden Fakten hat eigentlich erst die Komplexitätstheorie geschaffen....
(Sorry für OT)

Grey

Öhm ... ja, schon klar ... ich kenn die 3 Hauptsätze wohl ... *kopfkratz* Und ich wollte ja auch nichts erklären, und schon gar keine naturwissenschaftliche Diskussion draus machen. :gähn: Aber es ist doch richtig, dass kein Leben möglich wäre, wenn alles im Gleichgewicht ist, oder?

SemSimkin

Hm, um die Sache mal wieder zu ihrem Anfang zurückzuführen: Ich denke es ist schwer das ganze auszudiskutieren, wenn sich wohl jeder verschiedene Stufen von "böse" vorstellt und da irgendwelche Etiketten draufklebt (was sich aber nicht vermeiden lässt).

Als comment zur Themeneröffnung: Inzwischen können wir es doch so auf den Punkt bringen, dass "normale" böse Charaktere entweder nur der Einfachheit halber so dargestellt werden und (meistens) die entsprechenden Motivationen wie Rache, Sadismus etc. verpasst bekommen oder sich durch ihre konkreten Taten als untragbar outen. In jedem Fall sehen Sie ihr Handeln als für sich gerechtfertigt an und wollen auch nur Erfolg bzw. Glück erreichen.  -  Dann gibt es da noch die "absolut" böse Seite, die gar nicht menschlich charakterisiert wird und (zugegeben sehr künstlich) einfach als Gegenspieler herhalten muss. Sobald für diese Figuren nachvollziehbare Motivationen reingeflickt werden, wandeln sie sich hin zur ersten Gruppe.   

Außerdem muss man ja als Leser nicht immer den Beurteilungen folgen. ... Hmm, was hab ich als Kind dem taffen Herzog Igzorn gewünscht, dass er den bornierten König Gregor und die weinerlichen Gummibären mal zum Teufel jagen kann  ;D ;D !

Nitewolf

Zitat von: Grey am 09. Januar 2008, 12:41:46
Aber es ist doch richtig, dass kein Leben möglich wäre, wenn alles im Gleichgewicht ist, oder?

Wie Heraklit so schön sagt: Der Krieg ist der Vater aller Dinge
Wobei er den Krieg nicht unbedingt wörtlich meint, sondern eben genau ausdrücken will, dass es ohne den Streit von Unterschieden nur Stillstand und Stagantion gäbe.

Um mal auf die ursprünglichen Frage nach der Motivation des Bösen einzugehen:
Der Böse muss ja nicht immer gleich der sadistische Folterknecht sein.
Ganz banale und alltägliche Dinge wie Egoismus, Stolz, Ehrgeiz können einen Charakter "böse" machen.
Es gibt da draußen genug Leute, die sich einfach rücksichtslos nehmen was sie wollen oder für ihre Karriere über Leichen gehen, weil ihnen die Auswirkungen auf andere einfach egal sind, oder die dir einfach gerne eins reinwürgen möchten, weil du ihnen mal dumm gekommen bist.
Wir nennen sowas heut nicht Böse, sondern Arschlöcher und wundern uns kopfschüttelnd, wie man so sein kann. Aber es sind doch erstaunlich viele Leute so und wenn man mal ein paar moderne gesellschftliche Konventionen wegnimmt, soziale Systeme einführt, wo die niederen Schichten eh nicht viel Wert sind, etc. wie das ja vor allem im Fantasy oft der Fall ist, und dem Verhalten solcher Leute damit freie Bahn gibt, hat man recht sehr alltägliche und sehr glaubwürdige Böse.

Obwohl... vielleicht sind die auch grade für einen modernen Leser nur schwer glaubwürdig zu machen, weil er das Verhalten aus dem Alltag kennt und es ihm dann in der Form präsentiert schnell überzogen vorkommt?

Lord Bane

Zitat von: Nitewolf am 11. Januar 2008, 13:43:56
Ganz banale und alltägliche Dinge wie Egoismus, Stolz, Ehrgeiz können einen Charakter "böse" machen.

Ich frage mich, ob jemand wegen solcher Charaktereigenschaften gleich Antagonist sein muss und auch, was scharfe Kategorisierungen in "gut" oder "böse" für den Lesegenuss bringen sollen. Sollte der Leser nicht selbst entscheiden dürfen, wen er sympathisch findet?

(Ich weiß, darf er nie, nirgends, in keinem Buch der Welt, weil Sympathien immer vom Autor gelenkt werden. Aber man kann das doch etwas subtiler tun, als die Welt einfach in "gut" und "böse" einzuteilen oder bestimmte Eigenschaften mit solchen Wertungen zu versehen).

Viele Grüße,
Lord Bane