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Soll und muss ein Autor in seinem Genre lesen?

Begonnen von Moni, 05. September 2008, 14:10:11

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Moni

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Zitat von: Taroleas am 04. September 2008, 17:39:58
und damit hatte er auch Recht, denn ich habe mein Leben lang noch kein Fantasybuch gelesen, außer Eragon und Drachen kommen bei mir nicht vor!
Weder Harry Potter, noch Hohlbein, von Herr der Ringe ganz zu schweigen.

Ganz ehrlich, das würde ich jetzt eher als Manko denn als Vorteil sehen. Denn wenn du keine andere Fantasy gelesen hast, fehlt dir selber der Überblick darüber, was es alles bereits gibt. Man sollte sein Genre kennen und dazu gehört 100% lesen.
Deutsch ist die Sprache von Goethe, von Schiller...
und im weitesten Sinne auch von Dieter Bohlen[/i]
Stefan Quoos, WDR2-Moderator

»Gegenüber der Fähigkeit, die Arbeit eines einzigen Tages sinnvoll zu ordnen,
ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.«[/i]
Johann Wol

steffen_bs

#1
Naja, der Überblick fehlt mir nicht, denke ich mal, denn ich schaue schon in Buchhandlungen in den Fantasyabteilungen auf die Klappentexte und schaue, was für mich interessant sein könnte und auch, was es schon gibt.
Aber das ist es ja irgendwie. Mich hat bis jetzt noch GAR nichts gereizt und deshalb habe ich mir als Ziel gesetzt, einen Fantasyroman zu schreiben, der auch Menschen gefällt, die nichts mit klassischer Fantasy anfangen können.

Kleines Beispiel:
Habe mich vor kurzem tatsächlich durchgerungen, mir "Das magische Zeichen" von Stan Nicholls zu kaufen. Und nach ca. 80 Seiten habe ich das Buch weggelegt, weil es mir einfach viiiiiel zu langweilig ist.
Solche Bücher sind dann wirklich nur Fantasyfans vorbehalten, was nicht heißen soll, dass ich in der Fantasy fehl am Platze bin. Ich finde es großartig, mir die Welt auszudenken und meine Charas entstehen und sich entwickeln zu lassen...

Churke

#2
Nebenbei bemerkt finde ich's auch irgendwie putzig, dass das ausgerechnet der Piper-Verlag geschrieben hat.  :engel:

Solatar

#3
Hmpf... :gähn:
ich teile Monis Ansicht. Lesen, lesen und nochmals lesen.
Ich wüsste gar nicht wie das ansonsten gehen sollte, weil es durchaus bestimmte genretypische Regeln gibt, die man als Autor schon beachten sollte. Wie funktioniert das, wenn man nie ein Fantasy Buch gelesen hat? Natürlich kann man wild mixen und sich was Neues ausdenken, Fantasy ist prädestiniert für sowas.

Was mich ja schon wundert, dass dich so GAR nichts an anderen Fantasywerken gereizt hat. Es gibt m.E. schon das ein oder andere wirklich spannende und lesenswerte Werk (auch unter den Neuerscheinungen und nicht nur unter den Klassikern). Ich bin am Moment an "Schattenfall" von R. Scott Bakker und das lässt sich sprachlich und inhaltlich schon mal verdammt gut an.

Die Absage von Piper ist interessant... ;) Jedenfalls beschäftigen sich bei Piper originär gar nicht so viele Lektoren mit Fantasy. Das Exposé muss schon richtig Furore gemacht haben, wenn es durch den halben Verlag gegeben wurde.


Artemis

#4
Zitat von: Solatar am 05. September 2008, 17:29:39
ich teile Monis Ansicht. Lesen, lesen und nochmals lesen.
Ich wüsste gar nicht wie das ansonsten gehen sollte, weil es durchaus bestimmte genretypische Regeln gibt, die man als Autor schon beachten sollte. Wie funktioniert das, wenn man nie ein Fantasy Buch gelesen hat? Natürlich kann man wild mixen und sich was Neues ausdenken, Fantasy ist prädestiniert für sowas.

Dito.

Aber bei dem Lesen geht es ja nicht nur um die Regeln, sondern auch um das allgemeine sprachliche Handwerk der Fantasy-Autoren. In Fantasybüchern herrscht oftmals ein komplett anderer Stil, eine andere Ausdrucksweise der Figuren als in historischen Romanen zum Beispiel. Lesen bedeutet Ideen sammeln und seinen Stil verbessern - als würde man an einem Strand entlanggehen und Muscheln suchen. Man kann zuhause einen Korb voll Muscheln haben, aber es gibt immer eine, die man noch nicht hat, die die Sammlung ein Stück weit vervollständigt. Ich schreibe und lese Fantasy seit Jahren, und trotzdem liebe ich es, den Stil anderer Autoren zu analysieren und tolle Ausdrücke oder stilistische Kunstgriffe zu übernehmen, um sie dann selbst zu verarbeiten. Wenn man immer seinem Ding treu bleibt, lernt man nichts dazu.

Betrachte das jetzige Schreiben einfach als Ausbildung. Man will lernen, um besser zu werden - also muss man von den Erfahrenen abgucken und nachmachen, ehe man eine eigene Technik entwickelt. So was kann Jahre dauern, aber das Ergebnis ist manchmal wahnsinn O.o  Wenn ich meine Bücher betrachte, die ich vor 4, 5 Jahren geschrieben habe, dann liegen Welten zwischen den damaligen und den heutigen Texten.


Zitat von: Taroleas am 05. September 2008, 16:19:48
Kleines Beispiel:
Habe mich vor kurzem tatsächlich durchgerungen, mir "Das magische Zeichen" von Stan Nicholls zu kaufen. Und nach ca. 80 Seiten habe ich das Buch weggelegt, weil es mir einfach viiiiiel zu langweilig ist.

Greif nicht nur nach Mainstream-Fantasy. Eragon, Harry Potter, Die Elfen ... das sind Bücher für die breite Masse. So was mag fast jeder, und die meisten dieser Bücher sind nicht sonderlich anspruchsvoll. Praktisch geschnitten Brot fürs Volk.

Zitat
Solche Bücher sind dann wirklich nur Fantasyfans vorbehalten, was nicht heißen soll, dass ich in der Fantasy fehl am Platze bin.

Du sagst es ja selber - Fantasy-Fans. Es gibt immer Bücherratten, die alles verschlingen, was neu auf den Markt kommt. Hauptsache, es ist neuer Lesestoff. Willst du für dieses Publikum schreiben, musst du dich nach ihrem Geschmack richten. Tust du das nicht, verschwindest du schnell vom Markt - ein Schicksal, das viele wirklich gute Bücher trifft (und die es meistens nicht verdient haben  :-\ )

Wer sich auf dem Markt auskennt, macht einen weiten Bogen um die Bücher, die in den Buchläden immer hübsch plaziert auf Tischen rumliegen, und wirft stattdessen mal ein Auge ins Regal. Denn genau DA stehen die wirklich guten Bücher.
Es ist nicht die Schuld der Fans, die immer nach den einundselben Büchern greifen - man bekommt sie ja praktisch aufs Auge gedrückt, wenn sie dermaßen angepriesen werden.

Aber deshalb solltest du die Fantasy-Bücher nicht alle über einen Kamm scheren, wenn du dich nur von den angeblichen Bestsellern blenden lässt. Hast du mal Bücher im zweistelligen Bereich gelesen, können wir die Diskussion gerne fortführen  ;)

Und überhaupt: Wie willst du wissen, dass du gut bist, dass du den Geschmack des Marktes triffst, wenn du dich auf dem Markt gar nicht auskennst? Nimms mir nicht übel, aber die Annahme, dass alle Verlage und Autoren auf genau DEIN Buch warten, ist absoluter Nonsense. Vergleich dich erst mit anderen Autoren, ehe du dir anmaßt, dich über sie schwingen zu wollen. Denn so ziehst du ihre Erfahrung und langjährige Arbeit gewaltig in den Dreck, und das finde ich unter "Kollegen" nicht fair.

Tenryu

#5
Ich denke, es kommt sehr darauf an, was man will. Wenn man den Markt bedienen will, muß man sich umschauen und das lesen, was gerade veröffentlich wird. Aber die wahre Kunst hebt sich immer ab, schlägt eine andere Richtung ein und beschreitet neue Pfade. Wenn man Geschichten schreiben will, braucht man nicht unbedingt zu kennen, was andere vorher geschrieben haben. Vielleicht schreibt man ganz unbewußt das, was der Konvention entspricht. Vielleicht aber schafft man gerade so etwas neues, weil man unbeeinflußt ist.

Ich muß gestehen, daß es mir ähnlich geht. Ich habe kaum Fantasy-Romane gelesen. Vielleicht ein Dutzend insgesamt. Davon haben mir knapp die Hälfte gefallen. Aber dennoch schreibe ich gerne solche Geschichten. Ich denke, daß ich wahrscheinlich genau jene Geschichten schreibe, die ich selber gerne lesen würde, ohne darüber nachzudenken, ob das anderen Leuten auch gefallen könnte.
Vielleicht ist das nicht der beste Weg, um ein erfolgreicher Schriftsteller zu werden. Aber wenn ich schon meine Zeit damit verbringe, Bücher zu schreiben, dann sollen sie wenigstens mir gefallen.

Silvia

#6
Hm, um anders zu schreiben als der Rest, sollte man doch aber wenigstens wissen, was und wie der Rest so schreibt.  ;)

Tenryu

#7
Ich will ja nicht unbedingt etwas anderes schreiben, sondern etwas eigenes. Wenn es sich von dem üblichen unterscheidet, ist es gut, wenn nicht, auch gut.  :omn:

Daß man als Autor viel lesen soll, befürworte ich natürlich. Aber man kann auch in anderen Genres oder vor allem bei Klassikern viel lernen. Gerade was den sprachlichen Ausdruck abetrifft.

Julia

#8
Zitat von: Tenryu am 05. September 2008, 20:27:25
Aber die wahre Kunst hebt sich immer ab, schlägt eine andere Richtung ein und beschreitet neue Pfade. Wenn man Geschichten schreiben will, braucht man nicht unbedingt zu kennen, was andere vorher geschrieben haben.

Tut mir leid, Tenryu, hier muss ich Dir widersprechen.
"Kunst" kommt tatsächlich von "können", und wenn man sich die wirklich großen Künstler der vergangenen Jahrhunderte ansieht, stellt man fest, dass sie alle erst ihr Handwerk gelernt haben, bevor sie ihren eigenen Stil prägten: Mozart musste erst wissen, wie ein Orchester "funktioniert", und was eine Motette von einem Requiem unterscheidet. Picasso hat in seiner ersten Zeit noch ganz "klassisch" gemalt (und das konnte er richtig gut!) bevor seinen eigenen, unverwechselbaren Stil entwickelte. Und auch ein Karajan musste sich erst von unten hocharbeiten. Man kann nicht automatisch dirigieren, nur weil man vielleicht ein Meister auf der Blockflöte ist.

Bei den Büchern ist es ähnlich, wenn auch schwieriger nachzuvollziehen. Mein Vorschag deshalb: Kauf Dir spaßeshalber mal einen beliebigen Roman aus einem der DKZ-Verlage. Dort tummeln nämlich vorwiegend Autoren (okay, nicht nur, aber sehr viele), die sich selbst eben auch als herausragende, aber mißverstandene Künstler sehen. Lies das Buch. Und dann entscheide selbst, ob sich Dein Eindruck (als Leser) mit dem Eindruck des Autors(als hervorragender Künstler) bei seinem Werk deckt ...


Lomax

#9
Zitat von: Tenryu am 05. September 2008, 20:27:25Vielleicht schreibt man ganz unbewußt das, was der Konvention entspricht. Vielleicht aber schafft man gerade so etwas neues, weil man unbeeinflußt ist.
Das wäre in etwa so, als könne ein Erfinder im technischen Bereich unbeeinflusster konstruieren und hätte größere Chancen, die wirklich bahnbrechende Entdeckung in der Technik zu machen, wenn er von der technischen Entwicklung seit dem Faustkeil nichts mehr mitbekommen hätte :) Auch die literaturgeschichtliche Entwicklung vollzieht sich, indem eins aufs andere aufbaut und auf diese Weise nicht nur etwas Neues entsteht, sondern etwas Entwickelteres oder zumindest etwas Gleichwertiges.
  Ohne Kenntnis des Umfeldes wird man entweder nichts Neues schaffen - oder nichts Neues, was irgendwie sinnvoll wäre. Denn kein Mensch allein kann die Entwicklung von Generationen nur aus seinem Genie nachvollziehen und übertreffen; man muss stets auf den Schultern seiner Vorgänger stehen. Wer das literarische Umfeld nicht kennt, ist nicht unbeeinflusst, sondern blind.
  Es gibt ja dieses Gleichnis von den "unendlich vielen Affen mit Schreibmaschinen", die irgendwann auch jedes Werk der Weltliteratur zuwege bringen. Das Argument, dass man auch durch dieses "blinde" Schreiben auch gute Literatur hervorbringen kann, hat in etwa den Erkenntniswert der summarischen Betrachtung dieses Gleichnisses. Nimmt man den Faktor "unendlich" aus dem Gleichnis heraus, hat man nur noch eine begrenzte Zahl von Affen die eine begrenzte Zeit vor den Schreibmaschinen sitzen - und vermutlich immer noch viel neuen, noch nie dagewesenen Text produzieren, aber nicht mehr so viel Literatur.
  Solange man also als Autor allein und für begrenzte Zeit an einer einzigen Schreibmaschine sitzt, sollte man nicht blind tippen.

Hm, wenn man Schreiben allerdings nur als Hobby und "Selbstverwirklichung" betreiben möchte, kann einem natürlich sowieso alles andere egal sein. Aber spätestens, wenn man sich an Verlage wendet, kann man das Argument nicht mehr vorbringen :)

felis

#10
@Lomax, ich stimme dir 100%ig zu.
Ohne wirklich solide handwerkliche Kenntnisse ist Kunst nicht Kunst sondern Wulst.  ;) Und solide handwerkliche Kenntnisse muss man sich halt aneignen. Außerdem sollte man sich in dem Bereich auskennen, den man beackern möchte.
Mein Beruf z. B. (ich bin Ingenieurin im Bereich Planung) ist ausgesprochen kreativ. Aber ohne wirklich solide Grundkenntnisse der Materie ist jede Planung einfach nur Müll (sagt eine, die sich häufig mit dem Schrott abplagt, den Jungingenieure und Jungarchitekten frisch von der Uni so fabrizieren) ;-)

Für das Schreiben gilt das m. E. genau so. Erst wenn ich die Techniken kenne, die es gibt, kann ich sie sinnvoll einsetzen.
Und kennen lernen kann ich die relevanten Schreibtechniken eben durch lesen.

Ich persönlich bin ohnehin Vielleserin - auch im Bereich Fantasy. (Vielleicht weniger im Bereich Sword and Sorcery: 2 Bände Moorcock haben gereicht ,um mir zu sagen, dass mir dieses Untergenre weher eniger liegt)

LG
felis

Kerimaya

#11
Da kann ich mich meinen Vorrednern nur anschliessen - man muss die Regeln kennen, um sie zu brechen. Einen "ganz neuen" Fantasyroman schreiben zu wollen, ohne überhaupt je Fantasy gelesen zu haben, ist hoffnungslos. Man muss kennen, was man schreiben will.

gbwolf

#12
 :wache!:
Wir haben jetzt zwei Möglichkeiten: Weiter über Verlagsabsagen und Gründe dafür diskutieren oder ich teile diesen Thread und lasse den Teil "Muss ein Autor sein eigenes Genre auch lesen" als eigenen Thread laufen, solltet ihr dieses Thema weiter diskutieren wollen.

@Taroleas: Ich weiß jetzt nicht, ob das deine erste Absage ist, aber allgemein Frage ich mich, ob jede (begründete/ärgerliche) Absage für einen Roman einen eigenen Thread wert ist, wenn kein allgemeines Interesse besteht. Für "Das musste ich mal loswerden" haben wir die Schreibbar und einige weitere Quasselthreads mehr.

Tenryu

#13
Ich finde beide Themen interessant und fortsetzungswürdig. Von daher würde sich vielleicht eine Aufteilung doch anbieten.

steffen_bs

#14
@Die Wölfin:
Nein, ist nicht die erste Absage und bei Klett-Cotta soll ich es ja nach Überarbeitung sogar noch mal einreichen, aber diese hat mich besonders geärgert, auch über mich selbst habe ich mich sehr geärgert. Sorry, wollte jetzt hier keine Welle machen.

@Tenryu:
Ich muss Dir absolut recht geben. Ich lese halt nicht unbedingt Phantasy, na und? Trotzdem kann ich mir doch in meinen Gedanken eine eigene Welt erschaffen und die Geschehnisse niederschreiben.

Und dass ich mich über andere Autoren "schwingen" würde, ist eine Unterstellung aus den tiefsten Tiefen der unteren Schublade. Weder bin ich mir sicher, dass mein Buch besser ist, als jeder 08/15 - Fantasyroman, noch ist es mein Ziel, "Autorenkollegen" in den Dreck zu ziehen.
Also tut mir leid, aber für solche Aussagen fehlt mir jegliches Verständnis.
Ganz im Gegenteil habe ich vor jedem Autor höchsten Respekt, weil ich weiß, wie schwierig es ist, zu schreiben, Ideen zu entwickeln, sie vernünftig niederzubringen, etc., pp....

Ich halte ebenfalls beide Themen für sehr interessant, also von mir aus auch teilen. ;)