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Schreib-Bar, der Quasselthread für Tippjunkies

Begonnen von gbwolf, 07. April 2008, 09:22:21

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Sunflower

@Issun, die anderen haben das meiste schon gesagt und ich denke, jeder hat Zweifel. Immer wieder. Wenn wir nicht an uns zweifeln würden, würden wir aufhören, immer besser sein zu wollen, immer an unserem Stil zu feilen, unsere Plots kritisch zu betrachten ... Kurz, ohne Zweifel würden wir bzw. die allermeisten furchtbar schlecht schreiben. Zweifel sind brutal und grausam und ja, manchmal sitze ich vor meinem PC und frage mich, ob sich das überhaupt "lohnt" - quasi mein ganzes bisheriges Leben aufs Schreiben ausgerichtet zu haben, mein Leben weiterhin aufs Schreiben zu konzentrieren. Ich bin ja gerade in dieser Zwischenphase von Schule und Studium und habe mich jetzt für Wissenschaftsjournalismus entschieden, weil ich immer nur schreiben wollte. Aber da kamen auch Zweifel - will ich das wirklich, Ernst machen, will ich wirklich mein Leben dem Schreiben widmen? Bin ich überhaupt gut genug dafür? Kann ich es jemals werden? Oder sollte ich besser alles hinwerfen und endlich was "Vernünftiges" mit meinem Leben anfangen?

Und solche Momente kommen immer wieder. Besonders tolle Bücher deprimieren mich dann zusätzlich, weil ich glaube, dass ich so etwas niemals schaffen werde. Aber andererseits: Auch ein Neil Gaiman war mal ein Schreibanfänger. Auch ein Zafón hat mal begonnen, seine Geschichten auf Papier zu bannen. Irgendwie sind diese absolut großartigen Autoren auch mal mit nichts als einer Idee aufgestanden und haben zu schreiben begonnen. Ich will jetzt nicht sagen, dass wir alle Gaimans und Zafóns werden können, wenn wir nur genug üben. Aber jeder fängt mal an. Auch große Meister fallen nicht vom Himmel.

Was ich mir für diese Zweifel-Momente, die schon mal gern in Zweifel-Tage und Zweifel-Wochen ausarten, vorbereitet habe (nach meiner ersten Wettbewerbs-"Absage" bzw. nicht-genommen-werden): Eine Art Brief an mich selbst mit einem gehörigen Tritt in den Hintern und der Frage, ob ich mir ein Leben ohne Schreiben je vorstellen könnte. Die Antwort ist nein. Niemals. Ich schreibe, seit ich denken kann und ich werde es immer tun. Dann habe ich noch ein paar Glücksmomente aufgezählt - wie, als ein Kollege in der Redaktion während meines Praktikums sagte, ich hätte ein außerordentliches Sprachgefühl. Veröffentlicht habe ich noch nichts, deshalb kann ich auch nicht mit gedruckten Büchern kuscheln. Aber bestimmt hat auch zu dir schon jemand gesagt, dass er toll findet, was du machst. Schreib das auf. Erinnere dich daran.
Meistens nehme ich mir an so einem Depri-Tag frei vom Schreiben, futtere Schokolade und schaue Serien (lesen ist auch nicht so gut, vor allem keine tollen Bücher...) und schließe dann damit ab. Bis zum nächsten Zweifel.
"Why make anything if you don't believe it could be great?"
- Gabrielle Zevin: Tomorrow, and tomorrow, and tomorrow

gbwolf

Bei Schnipseln und anderen Dingen darf man auch die Gruppendynamiken nicht vergessen. Man beachtet eher ein Zitat von jemandem, den man länger kennt oder mit dem man sich bereits ausgetauscht hat, der im Forum sehr präsent ist. Das ist bei so vielen Mitgliedern ja ganz natürlich. Man kauft in der Buchhandlung auch eher ein Buch, wenn man schon irgendetwas über den Autor gehört hat. Und natürlich kommt es darauf an, ob das Zitat einen emotional anspricht, ob man ein kleines bisschen Fangirl-Herz daran hängen kann oder sich völlig neu einfinden muss.

Zitat von: Coppelia am 14. Juli 2014, 11:29:00Ich schreibe zu abgehoben, zu wenig Mainstream.
Dann ist sicherlich Geduld das, was du am meisten brauchst. Geduld, irgendwann zum richtigen Zeitpunkt auf dem richtigen Schreibtisch zu liegen oder als Selbstverleger genau den Nerv der Zeit zu treffen. Die meisten Fantasywerke/literarischen Werke, die man nicht direkt zur Unterhaltung zählt, sind ja über einen sehr langen Zeitraum entstanden und haben dann noch eine Ewigkeit gebraucht, bis sie verlegt und beachtet wurden. Nehmen wir Scott R. Bakker, der für sein erstes Buch 15 Jahre gebraucht hat.
Und natürlich spielt der Verlag eine Rolle. Wie viel Fantasy und SF wird vom eigentlichen Fandom gar nicht wahrgenommen, weil es mit einem ganz anderen oder komplett ohne Label bei KiWi, Edition Nautilus, Hanser, Blumenbar, etc. erschien? Das ist eine ganz eigene Welt, die die meisten von uns gar nicht kennen und in die man sicherlich spezielle Kontakte braucht. Vielleicht ist das deine Welt? Vielleicht ist es eine Selbstveröffentlichung? Vielleicht wird es erst der fünfte, sechste, siebte Roman bei Knaur sein, der deine Art zu schreiben ins Bewusstsein der Vielleser spült? Vielleicht passiert es auch nie. Man kann das nicht voraussagen.

HauntingWitch

Zitat von: Coppelia am 14. Juli 2014, 11:29:00
Wenn dann beispielsweise alle anderen Zitate im Gute-Textstellen-Thread gelobt werden und meins ignoriert wird, kommt der Zweifel wieder hoch - obwohl ich natürlich weiß, dass es nicht repräsentativ ist. Oder doch? Irgendwie zeigt es ja schon, dass die anderen den Nerv der übrigen Forenmitglieder treffen, ich aber nicht. Wie soll das, frage ich mich dann, erst bei den Lesern sein?
Ja, so ist das bei mir.

Das darf man nicht überbewerten, finde ich. Ich selber gehöre zu denen, die fast nie etwas zu so einem Schnipsel sagen, obwohl ganz viele darunter sind, die ich gut finde. Aber meistens weiss ich einfach nichts dazu zu sagen. Und dann nur zu sagen: "Super, gefällt mir" erscheint mir ein wenig sinnlos und wirkt wie einfach so dahergesagt. Wenn ich aber z.B. einen Prota super sexy oder sonst etwas Spezielles daran finde, scheint es mir sinnvoller, das auch anzumerken. Das heisst nicht, dass man schlecht ist. :knuddel:

Mir fällt es auch immer schwerer, bei einem Buch zu benennen, was ich alles gut finde, als über das Schlechte zu meckern. Kennt ihr das? Über ein schlechtes Buch kann man einen mehrseitigen Verriss schreiben. Aber was sagt man über ein gutes Buch? Es war ja schliesslich alles gut.  ;D

Coppelia

@ Leann
Danke! :knuddel: Ja, das spielt bei mir sicher eine Rolle: Ich vergesse gute Rückmeldungen schnell und erinnere mich sehr lange an schlechte, und wenn ich ignoriert werde, setzt mir das dann auch zu. Gerade wenn ich selbst total stolz auf etwas bin, was dann aber offenbar niemanden interessiert. ;)
Vielleicht kam es auch etwas arrogant rüber, dass ich meinte, ich weiß, dass ich gut bin. Das soll keineswegs heißen, dass ich mich für die Tollste halte oder finde, dass meine Geschichten perfekt oder auch nur richtig gut sind. Aber bei mir ist inzwischen jahrzehntelange Erfahrung dahinter, ich habe Arbeit ohne Ende investiert und auch schon viele Rückmeldungen bekommen - von Profis - dass ich gut bin. Daher gehe ich nicht mehr davon aus, dass ich so schlecht bin, dass ich das Schreiben endlich aufgeben müsste, um meine Umwelt nicht länger zu quälen. Irgendwann ist diese Erkenntnis sogar bis zu meinem an sich von Selbstzweifeln gebeutelten Ego vorgedrungen.
Umso frustiger ist halt das Gefühl, dass ich die meisten Leser irgendwie nicht erreiche. Nachvollziehen kann ich es auch nicht so recht, weil ich meine eigenen Stories ja interessant finde. ;) Ich frage mich dann, ob es sich überhaupt lohnt, sich so anzustrengen. Aber das Wichtigste ist für mich inzwischen, dass ich selbst Spaß am Schreiben habe. Daher ist es auch wichtiger, dass mir endlich wieder was einfällt, als dass ich es verkaufe.
Positive Rückmeldungen zu sammeln, ist auf jeden Fall eine gute Idee!

Meine eigene Einstellung zu meinen Geschichten ist ja größtenteils gut. Ich bin zufrieden damit, mit ein wenig Anspruch und ungewöhnlichen Figuren und Settings zu schreiben, und ich freue mich, wenn ich mit meinen geliebten Figuren zu tun habe. Aber ich denke oft, dass es leichter wäre, wenn ich anders ticken würde und von Natur aus keine Vorliebe für abgelegene Themen hätte, sondern für solche, die bei der großen Menge von Lesern gut ankommen. Wie beispielsweise romantische Liebesgeschichten mit gutaussehenden Protagonisten, mit denen eine leichte Identifizierung möglich ist. (Sprachliche Gestaltung halte ich übrigens für eher unwichtig, was Originalität und Tiefsinn betrifft, auch wenn ich mich selbst gern damit beschäftige.)
Leider bin ich in der Hinsicht ziemlich unflexibel.

@ Nadine
Danke, so nette Worte! :knuddel: Geduld, genau. Ist nicht meine Stärke. ::) Aber es ist gut, sich daran zu erinnern, dass Geduld viel bewirken kann. Zur Unterhaltung würde ich meine Stories allerdings trotzdem definitiv zählen.

@ Witch
Ja, du hast auf jeden Fall recht.

Und um mal wieder was zum Thema beizutragen: Eeeeeendlich steht die Abgabeversion des Lektorats! :vibes:

Sternsaphir

#16894
Ich finde es wichtig, dass jeder seinen eigenen Stil beibehält.

Am Wochenende habe ich auch mal wieder starke Selbstzweifel gehabt. Ich bin ein Mensch, der viele Dinge kann, aber keines davon so richtig gut.
Ich bekomme zwar auch viel Lob und Bewunderung, aber mein Können reicht trotzdem nicht aus, um irgendwo Erfolg zu haben. Das deprimiert sehr. Ein langjähriger Freund von mir sagte dann am Wochende, dass ich meinen Stil beibehalten soll, weil er authentisch ist und nicht verfälscht oder angepasst klingt.
Ich glaube, dass ist auch so ein Konfliktthema bei mir. Ich möchte einerseits eine große Leserschaft ansprechen, aber dafür muss ich anscheinend meine Art zu schreiben ändern, andere Themen wählen, ich weiß es nicht genau. Jedenfalls fühlt es sich "anders" an, als wenn ich nur für die Schublade schreibe. Kann aber auch sein, dass ich es jetzt überbewerte, denn natürlich muss man sich ja auch ein bißchen an die Leserschaft anpassen, denn sie erwartet ja auch etwas Klischee.

Dennoch kann ich nicht schreiben, wenn ich nicht mit Herz und Seele dahinterstecke. Für kurze Geschichten geht das vielleicht, aber wenn keine Liebe in das Werk fließt, wird es so nüchtern wie eine Börsenmeldung.
Manchmal erwacht auch die Liebe von allein.
Ich wollte z.B. über ein bestimmtes Thema schreiben, fand aber irgendwie nicht den Plot dazu. Ich fing einfach an und irgendwann machte es "Klick" und ich war mittendrin an diesem Schauplatz.

Auch ich frage mich immer wieder, ob dieses viele Schreiben überhaupt Sinn macht. Aber seien wir mal ehrlich: Wer ist nicht vor Stolz geplatzt, als er das Ende unter seinem ersten Werk setzten konnte. Als ich mein erstes Manuskript ausgedruckt in Händen hielt, war ich unglaublich stolz.
Andere Menschen sammeln Briefmarken oder bauen monatelang an Modelleisenbahnen herum. Davon mal abgesehen, dass ich dafür zwar Verständnis aber niemals Interesse aufbringen könnte, kann man beim Schreiben noch viel mehr Leute beglücken, wenn man ihnen die Bücher zu lesen gibt, ob nun über den Verkauf oder einfach privat an Freunde.

Schreiben bedeutet für mich, ein Stück Phantasie einfangen und sichtbar machen. Immerhin sitzt sie bis dahin nur im Kopf und spukt herum und wird eines Tages wieder verschwinden, wenn wir nicht mehr sind. Aber mit dem Schreiben bleibt sie erhalten.
Ich finde, dass ist ein ganz wichtiger Aspekt.

Wenn mich dann mal wieder Zweifel ereilen, sage ich mir, dass zig Autoren vor mir auch schon gezweifelt haben und es zig Autoren nach mir auch noch tun werden. Ich glaube, Zweifeln gehört auch ein bißchen dazu, damit man kritisch bleibt und sich stets verbessern kann.
Ich würde das Schreiben dennoch nie aufgeben, da würden mir meine vielen Protas und Antas ja die Hölle heiß machen.  ;)

Also lasst euch alle mal  :gruppenknuddel: und bleibt fleissig dabei!!

HauntingWitch

@Coppelia: Hast du schon einmal überlegt, ob du vielleicht "zu gut" bist? Ich weiss, man denkt so etwas nicht, man fühlt sich sonst eingebildet. ;) Aber es ist doch so, dass viele Menschen nun einmal nicht so hohe Ansprüche an Unterhaltung haben und deshalb sehr komplexe oder spezielle Sachen eher abgelehnt werden. Natürlich gibt es immer Ausnahmen wie z.B. GoT, aber lassen wir die jetzt mal aussen vor. Vielleicht sind deine Sachen einfach zu anspruchsvoll für die meisten Leute. Ja ich weiss, ich sage jetzt wieder, dass "die Masse" tendenziell dumm bzw. einfach ist und ich stehe zu dieser Meinung.

Ich sage das jetzt auch nicht von ungefähr, denn ich hatte letztens eine interessante Unterhaltung mit meiner Mutter über die Band U2 (ja, ich weiss, mein aktuelles Lieblingsbeispiel), was ja nun wirklich massentaugliche Musik ist (da haben wir sie, die Ausnahmen). Jedenfalls sagte ich zu meiner Mutter: "Ich finde sie super, zwischendurch brauche ich einfach wieder einfachere Musik." Sagt meine Mutter, völlig empört: "Das ist keine einfache Musik." Ich habe mir auf die Lippen gebissen, um nicht zu sagen, "Doch, aber du hast auch ein einfaches Gemüt..." Ich meinte mit einfach nicht schlecht, sondern tatsächlich "einfach", im Sinne von weniger komplex, weniger hart und weniger anstrengend zu verarbeiten als das, was ich sonst so höre. Im Kopf meiner Mutter allerdings ist das überaus anspruchsvolle Musik, weil sie sonst nur weniger anspruchsvolle Sachen hört. In dem Moment hatte ich wirklich das gemeine Gefühl, meine Mutter sei dumm. Aber meine Mutter ist nicht dumm, sie hat nur nicht denselben (musikalischen) Horizont wie ich (wie das klingt). Für mich gerade genug komplexe Musik ist für sie zu viel.  ;)

Vermutlich ticken die meisten Leute eher wie meine Mutter, als wie ich. Das ist eine Tendenz, ein Muster und es ist mit jeder Form der Unterhaltung dasselbe. Vielleicht bist du wirklich einfach zu anspruchsvoll, weil anspruchsvoller als das, was die Leute als Unterhaltung wünschen - und halt nun einmal nicht die Ausnahme, die aus irgendwelchen Gründen trotzdem alle gut finden, sondern die mit der kleinen, eingeschworenen Fangemeinde.  ;) :knuddel: Oh, das ist jetzt länger geworden, als gedacht.

Zitat von: Sternsaphir am 14. Juli 2014, 14:07:34
Ich glaube, dass ist auch so ein Konfliktthema bei mir. Ich möchte einerseits eine große Leserschaft ansprechen, aber dafür muss ich anscheinend meine Art zu schreiben ändern, andere Themen wählen, ich weiß es nicht genau. Jedenfalls fühlt es sich "anders" an, als wenn ich nur für die Schublade schreibe. Kann aber auch sein, dass ich es jetzt überbewerte, denn natürlich muss man sich ja auch ein bißchen an die Leserschaft anpassen, denn sie erwartet ja auch etwas Klischee.

Das stimmt zwar alles, aber wenn du dich verbiegst, um den Wünschen der Leserschaft zu entsprechen, ist das genauso kontraproduktiv. Denn das merkt man dem Text an oder wie du sagst, es kommt dann nicht mehr rüber und wirkt flach. Dadurch hat man erst recht keinen Erfolg bzw. falls man Fans hat, würden sie einem womöglich noch davonlaufen deswegen. Also: Mach, was dein Herz dir sagt, schreib, was in deinem Herzen ist und schreib es so, wie es herauskommt. Alles andere schadet nur, besonders deiner Seele.  :knuddel:

Christopher

Zitat von: HauntingWitch am 14. Juli 2014, 16:34:49
Ja ich weiss, ich sage jetzt wieder, dass "die Masse" tendenziell dumm bzw. einfach ist und ich stehe zu dieser Meinung.

Stimmt doch. Es ist sogar noch schlimmer:
Der Durchschnitt ist schon dumm, aber das bedeutet gleichzeitig auch, dass die Hälfte der Menschen noch dümmer als der Durchschnitt ist. Erschreckend, oder? ;D
Be brave, dont tryhard.

Coppelia

#16897
Ich neige von Natur aus dazu, sehr mainstreamige und einfache Dinge nicht zu mögen, weil sie mich langweilen, aber da tickt einfach jeder anders. Ich habe schon als kleines Kind gern die Ilias (in Übersetzung) und die Metamorphosen gelesen anstatt Ponyhof-Romane. Das ist einfach so, und durch meine Arbeit wird diese Neigung noch ausgeprägter. Aber ich mag es so. Ich finde aber nicht, dass es in irgendeiner Form "besser" ist, es ist einfach, wie es ist.
Ich schätze, bei dem, was ich schreibe, ist es ähnlich. Also, Witch: Ja, in gewisser Weise habe ich das schon gedacht. Ich glaube auch, dass die meisten Leute da einfach anders sind als ich.
Es ist ja auch nicht so, dass meine Romane wahnsinnig kompliziert und schwer verständlich wären, sie sind bloß häufig so, dass sie den Lesern abverlangen, sich in eine andere Welt hineinzudenken, die ihrer eigenen nicht ähnlich ist. Ist halt auch eine Art von Anspruch.

Ich denke auch, dass eine kleine Gruppe von Lesern meine Sachen mag, ich kenne ja auch welche. Aber natürlich möchte ich schon irgendwie die große Ausnahme sein. ;D Nun ja, wem geht das nicht so. Es ist einfach schwer zu akzeptieren, dass ich von der Grundveranlagung nicht so bin, dass ich massentaugliche Literatur produzieren könnte (Andererseits, man soll ja nie nie sagen, wie ich immer sage. :P ). Mein Sturkopf ist daran natürlich auch nicht ganz unschuldig. Natürlich könnte ich mainstreamtaugliche Liebesromane schreiben. Ich möchte aber nicht. Und das ärgert mich oft an mir.

@ Sunflower
Ich finde übrigens, dass berufliches und schriftstellerisches Schreiben zwei sehr unterschiedliche Dinge sind, die unterschiedliche Gefühle wecken und zu denen man eine sehr unterschiedliche Einstellung haben kann (das gilt natürlich nicht für hauptberufliche Schriftsteller).

Sunflower

Coppelia, da hast du Recht. Unterschiedlich sind diese Schreibweisen sehr - aber irgendwie habe ich mich in beides verliebt. Beim Journalismus mag ich, dass mein Bedürfnis, immer mehr Neues zu lernen, gestillt wird. Ich darf Leute nerven Interviews führen, mich in den Tiefen des Internets verlieren, Bücher wälzen, meine ganze Neugier ausleben. Zumindest beim Wissenschaftsjournalismus. Das ist das, was mir so gut gefällt. In meinem Praktikum durfte ich ja auch Artikel schreiben. Und das journalistische Schreiben ist sehr interessant - in gewisser Weise ähnelt es nämlich dem "kreativen". Infodump (und das klingt jetzt vielleicht erst komisch) bringt in Zeitungsartikeln nämlich auch nichts - man muss die richtige Balance zwischen Infos und Text finden. Wiederholungen müssen auch vermieden werden und was ich besonders interessant fand: Man hat ja eine bestimmte Zeilenanzahl zur Verfügung. Die muss gefüllt werden. Ob man den Text dafür kürzen oder verlängern muss, ist unterschiedlich, aber immer eine Art "Sprachspielerei". Worte so lang hin und her schieben, Sätze ändern, Füllwörter streichen oder einsetzen ... Man achtet noch viel mehr auf jedes Wort als beim kreativen Schreiben.
Natürlich sind journalistisches und kreatives Schreiben zwei Paar Stiefel, aber die beiden Disziplinen sind auch verbunden. Und dass ich vielleicht irgendwann die Möglichkeit habe, beides (beruflich) zu machen, macht mir Angst, mich aber auch sehr, sehr glücklich.
"Why make anything if you don't believe it could be great?"
- Gabrielle Zevin: Tomorrow, and tomorrow, and tomorrow

Snöblumma

Zitat von: Christopher am 14. Juli 2014, 16:46:09
Stimmt doch. Es ist sogar noch schlimmer:
Der Durchschnitt ist schon dumm, aber das bedeutet gleichzeitig auch, dass die Hälfte der Menschen noch dümmer als der Durchschnitt ist. Erschreckend, oder? ;D

:rofl: Oder auch: Das Geheimnis ist ja nicht, keine Fehler zu machen - sondern nur, weniger als alle anderen.  :P

@Coppi
Diese grundlegende Art der Unzufriedenheit ist aber etwas, womit man sich irgendwie abfinden muss, denke ich. Du schreibst eben weit ab vom Mainstream. Ich finde so etwas immer bewundernswert, auch wenn ich es für mich nie, nie machen wollen würde. Ich bin bekennender Mainstream-gefällig-simpel-Schreiber. Ich mag meine "einfachen" Geschichten in gefälliger Sprache, die sich runterlesen und die eine klitzekleine Botschaft versteckt haben, falls man denn eine suchen will. Wenn nicht, ist es einfach nette Unterhaltung. Mehr will ich einfach nicht. Für mich würde es sich falsch anfühlen, "echte" Literatur zu schreiben, die weg vom Mainstream ist. Ich glaube, das ist einfach eine Grundveranlagung, vielleicht auch eine Grundentscheidung, aber das eine ist nun doch nicht anders als das andere. Alles, womit man sich abfinden muss, ist: Mit Mainstream bekommst du nie eine Rezi in der FAZ und nie einen Literaturpreis. Mit Nicht-Mainstream kommst du nie in die Bestsellerlisten. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel ;).

Und der Rest... ich für meinen Teil habe aufgehört, Rezis zu lesen oder auf Verkaufsränge zu schielen. Das liegt alles nicht in meiner Macht. Solange ich Spaß am Schreiben habe, geht für mich die Rechnung auf. Wenn ich mal keinen Spaß mehr haben werde, lasse ich es... :omn:

Issun

@HauntingWitch: Dass das Tempo für die Stimmung wichtig ist, habe ich schon festgestellt, aber ich fürchte, ich achte nicht immer ausreichend darauf. Besser funktioniert das, wenn ich die Geschichten laut lese. Dann bleibe ich an den holprigsten Stellen hängen und merke, wo das Kürzen Sinn macht.

@Sunflower: Wenn man Gelegenheit bekommt, das Hobby zum Beruf zu machen, ist das natürlich besonders schön. Mit meinem Studium habe ich auch zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Es hängt nämlich einerseits mein Herz am Studium selbst, andererseits weiß ich, dass es fürs Schreiben förderlich ist. Ich beziehe eine Menge Ideen für meine Story aus dem, was ich lerne.  :)

Zitat von: Coppelia am 14. Juli 2014, 11:29:00
Issun, mir machst du eine Freude. :)

Das wiederum freut mich (sehr!).  :vibes:

Außerdem erfreuen mich deine wunderbaren Geschichten. Das meiste ist hier schon gesagt worden: Dass der Textstellen-Thread nicht überbewertet werden darf, weil dort wirklich gute Passagen untergehen. Dass es leider lange dauern kann, bis Werke von einem breiten Publikum anerkannt werden. Dass Mainstream nicht unbedingt das Gelbe vom Ei ist. Ich habe den Eindruck, Mainstream ist tendenziell kurzlebig, während Außergewöhnliches eher in Erinnerung bleibt. Es waren eigentlich meist die Andersdenker, die ihre Mitmenschen besonders fasziniert haben. Authentizität beim Schreiben kann wahrscheinlich gar nicht überbewertet werden. Darum rate ich dir dringend, nicht von deinem Weg abzuweichen. Sämtliche Geschichten, die ich bisher von dir gelesen habe, habe ich als herzerwärmend und als etwas ganz Besonderes empfunden.

Den Geschmack der "Masse" halte ich für keine Richtschnur. Jeder sollte lesen und schreiben, was ihm gefällt, aber das Umorientieren ist wohl in keinem Fall eine gute Idee, egal ob man mit dem Strom schwimmt oder nicht. 

HauntingWitch

Zitat von: Issun am 14. Juli 2014, 22:16:24
Ich habe den Eindruck, Mainstream ist tendenziell kurzlebig, während Außergewöhnliches eher in Erinnerung bleibt. Es waren eigentlich meist die Andersdenker, die ihre Mitmenschen besonders fasziniert haben. Authentizität beim Schreiben kann wahrscheinlich gar nicht überbewertet werden. 

Das sage ich auch immer. :) Die grössten Erfinder waren ja auch Träumer, die eine Idee hatten und alles ausprobiert haben, um diese zu verwirklichen, egal, was andere sagten. Es gäbe einige unserer heutigen Alltagsgegenstände nicht, wenn es nicht solche Leute gegeben hätte.

@Sunflower: Das ist doch schön. Wenn du beides geniessen kannst, tu es.

Zitat von: Snöblumma am 14. Juli 2014, 21:56:42
:rofl: Oder auch: Das Geheimnis ist ja nicht, keine Fehler zu machen - sondern nur, weniger als alle anderen.  :P

Der ist gut.  :rofl:

Sunflower

Ja gut, ob ich beides schaffe, steht in den Sternen :rofl: Ist ja nicht so, als läge hier ein Verlagsvertrag herum ;D
"Why make anything if you don't believe it could be great?"
- Gabrielle Zevin: Tomorrow, and tomorrow, and tomorrow

Coppelia

@ Sunflower
Genau das ist doch optimal, weil du dann immer, wenn es mit dem einen Schreiben nicht klappt, auf das andere Schreiben ausweichen kannst! :D

@ Issun
:knuddel:
Das gilt aber auch für dich!

@ Snö
Dass Nicht-Mainstream im Literaturbetrieb irgendwie einen besseren Ruf hat, glaube ich nicht (nenn mich einen Pessimisten). Die Titel, die als besonders toll und anspruchsvoll gelten, sind irgendwie doch wieder Mainstream, weil sie sich auf reale Probleme unserer Welt beziehen, die im Trend liegen (und deswegen auch nicht zu Unrecht gelobt werden). Das ist jedenfalls mein Eindruck. Der Unterschied zur Unterhaltung ist meiner Ansicht nach eher, dass sie von Dingen sprechen, die unangenehm sind, und mit denen man sich keinen schönen Abend machen wollen würde.

"Echte Literatur" schreibe ich nicht - ich bewege mich sehr weit weg von den angesprochenen Romanen, auch wenn ich schon gewisse Botschaften vermitteln will, auch in Bezug auf reale Probleme unserer Welt. Aber da es Fantasy ist und ich die Leser nicht vergraulen will ...

Bei George Martin glaube ich, dass er nicht wegen der Komplexität seiner Werke so berühmt geworden ist, obwohl manche Leser ihn wahrscheinlich auch deshalb schätzen. Ich glaube, es liegt an seinem großen Talent, tolle Figurenperspektive zu schreiben, und zu einem sehr großen Teil auch an den expliziten Sex- und Gewaltszenen. Wenn ich könnte, würde ich mir daran ein Beispiel nehmen. ::)

Auf jeden Fall danke ich euch für die netten Worte und kann sie nur zurückgeben - Authentizität ist wichtig, ja.

HauntingWitch

Zitat von: Coppelia am 15. Juli 2014, 08:44:18
Der Unterschied zur Unterhaltung ist meiner Ansicht nach eher, dass sie von Dingen sprechen, die unangenehm sind, und mit denen man sich keinen schönen Abend machen wollen würde.

"Echte Literatur" schreibe ich nicht - ich bewege mich sehr weit weg von den angesprochenen Romanen, auch wenn ich schon gewisse Botschaften vermitteln will, auch in Bezug auf reale Probleme unserer Welt. Aber da es Fantasy ist und ich die Leser nicht vergraulen will ...

Wer bestimmt denn bitte, was "echte Literatur" ist? Wer sagt denn, das Fantasy keine "echte Literatur" ist? Das kann ich langsam nicht mehr hören, dieses Unterscheiden von Fantasy von angeblicher "hochstehender, richtiger" Literatur. Wir alle hier wissen, dass Fantasy sich genauso mit zutiefst menschlichen Themen auseinandersetzt, wenn nicht gar noch mehr. Ich bin sogar der Meinung, dass man durch den fantastischen Aspekt umso tiefer in die menschliche Seele eindringen kann, einfach weil man extremere Situationen erzeugen kann als sie in Realität existieren (wie das z.B. bei gutem Horror gemacht wird). Man kann die Abgründe der Seele noch mehr erforschen, die Thematik noch mehr ausreizen. Das ist meiner Meinung nach genauso wertvoll, wie der klassische, realistische Roman.

Klar, letzterer enthält vielleicht realistische Gesellschaftskritik wie man sie in einer Fantasy-Welt halt nicht hat, eben weil diese andere Welt nicht mit unserer vergleichbar ist. Aber dafür gibt es in der anderen Welt die Möglichkeit, dass ein treuer Begleiter sich nach 1'000 Jahren Freundschaft dem Tod aussetzt (ich denke an Vampire). Die Gefühle, des zurückgebliebenen Gefährten, sind beinahe unvorstellbar und doch ermöglicht der Autor ebendieses Szenarios es uns und sich selbst, es sich vorzustellen. Wie es sein könnte. Ich finde nicht, dass das eine "besser" oder "echter" oder "hochstehender" ist als das andere. Es sind einfach zwei verschiedene Arten, die Seele und ihre Umgebung zu erforschen. Darum geht es meiner Meinung nach in der Literatur.

Warum sollte man also frustriert sein, weil man nicht in ein Ideal eines angesehen Kritikers der Neuen Zürcher Zeitung (ich glaube, ein deutsches Äquivalent wäre etwa die Frankfurter Allgemeine oder so) hinein passt? Nein. Ich bin stolz auf meine Fantasy.  ;D

Ich mag übrigens Fantasy, die thematisch in die Realität hineinspielt und bei der es gewisse Parallelen gibt. Dieses "aber Fantasy ist unrealistisch!"-Argument kann ich auch nicht mehr hören. ;)