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Schreib-Bar, der Quasselthread für Tippjunkies

Begonnen von gbwolf, 07. April 2008, 09:22:21

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Coppelia

#16905
@ Witch
Ich bezog mich auf die von Snö genannte Literatur - die im Kulturteil der großen Zeitungen besprochen wird und Preise erhält. Diese Literatur spielt nun einmal größtenteils in der realen Welt. Über das Thema wurde ja in anderen Threads schon ausgiebig diskutiert, daher sehe ich hier jetzt keine Notwendigkeit.
Ich wollte nur darauf hinweisen, dass Texte mit Anspruch keine Texte sein müssen, die kulturell/literarisch als hochwertig akzeptiert werden. Damit das passiert, müssen meiner Ansicht nach auch das Thema und das Genre dem Mainstreamdenken entsprechen, was als hochwertig zu gelten hat (dass ich das gern anders hätte, versteht sich wohl von allein). ;)

Judith

Zitat von: HauntingWitch am 15. Juli 2014, 11:08:30
Wer bestimmt denn bitte, was "echte Literatur" ist? Wer sagt denn, das Fantasy keine "echte Literatur" ist? Das kann ich langsam nicht mehr hören, dieses Unterscheiden von Fantasy von angeblicher "hochstehender, richtiger" Literatur.
Darüber, was "echte" Literatur ist, kann man natürlich sowieso diskutieren, aber ich sehe hier nicht Fantasy auf der einen und "richtige" Literatur auf der anderen Seite. Es gibt zig Genres, die überhaupt nicht phantastisch sind und die ich dennoch nicht unter der literarischen Schiene einordnen würde und genauso kann ein Roman mit phantastischen Elementen auch unter "hohe Literatur" fallen.
Literatur hat für mich auch sehr viel mit der Form zu tun, mit der Sprache, oft auch mit Experimenten, einer Metaebene und mit einer gewissen ... hm ... Sperrigkeit und - wie Coppi schon sagte - einer eher unangenehmen Darstellung.

HauntingWitch

@Coppi: Hihi, dann meinen wir ja im Grunde das Gleiche. War wohl ein Verständnis-Problem.  :)

Coppelia

@ Witch
Ja, den Eindruck hatte ich auch. Den Pro-Fantasy-Argumenten kann ich nur zustimmen. Ich finde auch, dass man Probleme aus der realen Welt manchmal deutlicher in einem fiktiven Setting darstellen kann. Aber diese "Anspielungen", die ja eigentlich viel mehr sind als das, nämlich die Grundlage für die Handlung, werden von den Lesern gern übersehen. Konnte ich bei meinem letzten Roman deutlich merken. ;D

Lothen

Abgesehen davon, dass ich dir recht gebe, Coppi, was die Darstellung realer Probleme im Fantasy-Setting angeht - wieso muss "echte" (ich benutze das Wort noch mal ;) ) Literatur immer mit Problemen zu tun haben?

Eine Aufgabe der Literatur (und wenn auch vor allem der Belletristik) ist ja auch die Unterhaltung und man sollte ein Werk nicht herabwürdigen, weil es "nur" unterhält.

Christopher

Jeder Text muss erst mal unterhalten und Spaß machen, auch "echte" Literatur. Niemand tut sich ein Werk an, was grundsätzlich drei eingeschobene Nebensätze pro Satz und zwei dreifache Verneinungen pro Absatz beinhaltet um möglichst "hochtrabend" ein schwieriges Thema zu behandeln. Solche überaus schrecklichen Werke werden zwar gerne in der Schule behandelt, aber auch die wirklich guten und großen Dinge werden doch eher einfach gehalten.
Be brave, dont tryhard.

Coppelia

#16911
Ich sehe es nicht so, dass Literatur in erster Hinsicht unterhalten muss. Das mag das sein, was Leser bevorzugen und das, was sich am besten verkauft, und letzten Endes betrachte ich auch mein Geschreibsel als in erster Hinsicht unterhaltsam. Auch wirklich aufwühlende Texte (und sogar Sachtexte) haben häufig einen gewissen Unterhaltungswert. Aber ich halte es auch für notwendig, drastische Texte über schwerwiegende Probleme zu schreiben, um sie den Menschen ins Bewusstsein zu rücken. Literatur kann in den Menschen ein Bewusstsein für Probleme wecken. Es verlangt ja auch niemand, dass alles, was im Fernsehen läuft, nur Unterhaltung ist. Niemand würde verlangen, dass keine Dokumentationen über Tiertransporte, das Elend von Flüchtlingen oder die Nachteile des Kapitalismus mehr gesendet werden, nur weil das nicht in erster Linie unterhaltsam ist (auch diese Beiträge sind aber zum Teil unterhaltsam, und nicht umsonst verlangt Cicero ja von jeder Rede auch, sie müsse unterhalten).

Jeder will sich von seinen eigenen Problemen ablenken und Spaß haben, aber ich stehe nicht vollkommen dahinter, eine Industrie zu bedienen, die ausschließlich dieses Bedürfnis befriedigt.

Sprachlicher Anspruch ist noch mal eine völlig andere Sache. Man kann einen platten Inhalt unnötig kompliziert ausdrücken (und ich gehe mal davon aus, dass du das meinst, Christopher). Man kann aber auch gut verständliche, komplexe Sätze verwenden. Dass das zunehmend nicht mehr gemacht wird, kommt sicher dem Bedürfnis der Leser entgegen. Aber das Lesen sprachlich gelungener Texte erhöht die eigene Sprachkompetenz und ist darüber hinaus ein Genuss, daher finde ich es nicht wünschenswert, die Sprache möglichst einfach zu halten.

Judith

Kannst du ein Beispiel für so ein schreckliches Werk nennen? Abgesehen von expressionistischer Literatur, die ich auch im Studium nicht mochte, fällt mir da nicht wirklich etwas ein, worauf deine Beschreibung zutreffen würde. Und ein Werk, das einfach nur möglichst hochtrabend ist, würde ich sowieso in keinem Fall als "gut" und auch nicht als literarisch bezeichnen. Umgekehrt finde ich aber nicht, dass ein Text zwangsläufig unterhalten und Spaß machen muss. Es gibt Bücher, die nicht unterhaltsam sind, aber dennoch sehr faszinierend - und die sich durchaus Leser "antun".

Ich mochte übrigens den Großteil meiner Schullektüre.  ;)

EDIT: Coppi ist mir zuvorgekommen und hat das alles viel besser formuliert.

Lothen

Also ich möchte Christophers Aussage mit einem großen Ausrufezeichen unterschreiben!

Ich kenne nämlich solche "Literatur" und zwar von Leuten, die sich selbst für großartige Literaten halten und alles andere, was nicht so aussieht, wie Christopher das oben so schön beschrieben hat, für minderwertig halten. Und die beim Betalesen jeden zweiten Satz anfangen mit "Also ich würde ja" oder "ich mache das ja so..." und davon ausgehen, dass ihre Art und Weise in diesem Fall das Nonplusultra darstellt ::)

Bei den Tizis kenn ich das aber zum Glück nicht ;)

Tinnue

Coppi hat das schön formuliert (und überhaupt eine tolle Art zu formulieren :)).

Zitat
Ich kenne nämlich solche "Literatur" und zwar von Leuten, die sich selbst für großartige Literaten halten und alles andere, was nicht so aussieht, wie Christopher das oben so schön beschrieben hat, für minderwertig halten. Und die beim Betalesen jeden zweiten Satz anfangen mit "Also ich würde ja" oder "ich mache das ja so..." und davon ausgehen, dass ihre Art und Weise in diesem Fall das Nonplusultra darstellt ::)

Das betrifft jetzt für mich nicht unbedignt die Literatur direkt, sondern vielmehr die Art und Weise, wie diese selbsternannten "Literaten" sich, ihr Werk und andere betrachten. Was das angeht, muss ich dir zustimmen. Ich empfinde eine solche Art wirklich als unschön. Natürlich will und brauche ich konstruktive Kritik, natürlich sehe ich meine Werke anders als andere. Vielleicht sehen Autoren eines Genre Werke eines völlig anderen Genres mit anderen Augen bzw. in einem anderen Licht. Ich erinnere mich daran, dass ich wirklich lange gebraucht habe, um mich mit "Chick Lit" zu arrangieren. Naiverweise habe ich anfangs im Hinterkopf so etwas gehabt wie "Trivialliteratur", "nicht sonderlich anspruchsvoll". Aber nein, ich habe das Genre dann doch anders kennengelernt. Über den Begriff "trivial" kann man sich streiten, aber mittlerweile sehe ich, dass in solchen Romanen genauso viel Mühe, Arbeit und vor allem Handwerk steckt wie in jedem anderen Genre.

Gegenüber Coppi usw. ist meine Meinung wahrscheinlich nicht so schön formuliert und bezieht sich auch eher auf das Allgemeine der Diskussion, aber noch ganz knapp dazu. Für mich muss Liertatur vor allem anderen eines ganz Besonders: berühren. Sie muss mich irgendwie packen, meine Gedanken und meine Sinne, ganz besonders aber mein Herz ansprechen. Das mag jetzt leicht übertrieben klingen, aber irgendwo ist es doch so für mich. Sie kann unterhalten, muss aber nicht. Sie kann witzig sein, sie kann ernst sein, muss aber nicht. Ich mag unterhalsame Literatur ebenso wie die großen Brocken, die schwere Kost ... es muss einfach zu meiner Stimmung passen und: Ich will etwas daraus lernen, in welcher Form auch immer. Das können Situationen aus dem Leben sein, bestimmte Themen und Fragen, mti denen ich mich beschäftigte. Oder einfach nur das Schreibhandwerk.

Hanna

Hui. Hat das Thema "Was ist eigentlich echte Literatur" noch keinen eigenen Thread? Da habe ich ja fast ein schlechtes Gewissen, mit meinem kleinen Problem hier reinzuplatzen.  :-\
#notdeadyet

Tinnue

Problem? Platz ruhig! Worum gehts denn? :knuddel:

Janika

Hanna, pass auf: Ich habe gerade einen Drachenkralle-Prolog von 3.800 Wörtern so runtergetippt. Allerdings war das nicht unbedingt die geeignetste Szene, um mal wieder einen Schreibflash zu kriegen. Mir ist immer noch richtiggehend übel, bin ziemlich mitgenommen.

So, nun habe ich zuerst gegrätscht und du kannst bedenkenlos dein Problem auspacken!
Immer eine Handbreit Plot unter dem Federkiel haben.

Hanna

Ach, ich habe jetzt schon gefacebooked. Grob gesagt: ich hätte jetzt endlich wieder Zeit zum Schreiben, aber ich weiß nicht, was ich schreiben soll. Und außerdem gibt meine Leertaste den Geist auf.  :brüll:
#notdeadyet

Miezekatzemaus

#16919
@Hanna: Vielleicht solltest du dir - so denn du mit dem Laptop schreibst - eine anschließbare, hohe Tastatur kaufen? Meine hat nur etwas um die 15 Euro gekostet. Wenn du nicht mit dem Laptop schreibst, gilt wohl grundsätzlich: Neue Tastatur, denn ich glaube nicht, dass eine Reperatur sich lohnt. Wenn die eine Taste in ihrem Dienst versagt, dann tun das die anderen ein paar Wochen später auch.
Zu deinem anderen Problem: Das wird wieder! Lass dich inspirieren - wenn du Zeit zum Schreiben hättest, dann könntest du auch anderes machen. Geh raus, back was, mach irgendwas, bei dem du dir nützlich vorkommst, dann klappt das mit dem Schreiben auch bald wieder. Ich glaube daran!

@Literatur: Ich würde auch sagen, Literatur ist meist mit negativen Ereignissen verknüpft. Diese müssen ja nicht zwingend im Laufe des Buches/der Geschichte vorkommen, sondern können auch eine kleinere Rolle im Hintergrund spielen, solange sie sich durch den gesamten Erzählverlauf ziehen. Mein Deutschlehrer hat einmal gesagt: Literatur hat keine Moral. Und ich bin dafür, dass man dahinter den Satz anfügt: Denn Moral ist Literatur.
Ich glaube, dass Literatur nicht nur mit Handlung und Ablauf zu tun hat, sondern auch mit dem Stil und der Sprache, auch, wenn die Handlung überwiegen sollte. Wenn man mir jetzt die Aufgabe stellen würde, aus dem Stehgreif drei Bücher zu nennen, die für mich Literatur sind, würde ich sagen: Sophies Welt, Das Schicksal ist ein mieser Verräter und Krabat.
Fantasy und Literatur schließen sich ja nicht unbedingt aus, allerdings auch nicht zwingen ein. Ich denke, dass ein literarisches Fantasywerk schon eine große Leistung ist, weil in der Fantasy vieles ja abstrakt ist.

Ich versuche, Literatur zu schreiben, gerade bei meinem momentanen Projekt. Ich weine, wenn ich daran schreibe, weil mich dieses Projekt sehr berührt, und ich glaube, dass auch das ein Kennzeichen der Literatur sein kann: Dass das Werk berührt, dass es bewegt, dass es aufweckt, wie ja schon geschrieben wurde.
Mein Projekt ist allerdings zur Zeit keine Fantasy - nur für das Camp NaNo - aber ich mag es sehr. Auf Dauer muss ich sagen, dass ich es anstrengend finde, immer wieder an einem solchen Projekt zu arbeiten, denn es geht nicht nur auf den Kopf, an den Kopf und in den Kopf, sondern auch an den Körper und die Seele. Ich denke, Literatur berührt den gesamten Körper, innen wie außen. (Ich will nicht sagen, dass ich Literatur schreibe. Ich versuche es nur und hoffe, dass es gut wird.)
Zitat von: Hanna am 15. Juli 2014, 15:41:34
Hui. Hat das Thema "Was ist eigentlich echte Literatur" noch keinen eigenen Thread?
Vielleicht sollte es einen geben, wohl wahr. Was meint ihr?

Viele Grüße
Mieze