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Schreib-Bar, der Quasselthread für Tippjunkies

Begonnen von gbwolf, 07. April 2008, 09:22:21

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chaosqueen

Ich springe nur mal ganz kuz auf Witch an, ich muss mal langsam in die Hufe kommen heute ...

Ich bin lustigerweise vorrangig ein visueller Mensch. Ich lerne am besten, wenn ich Dinge sehen kann. Anfassen, be-greifen ist Nummer zwei. Hören erst das Dritte. Ich kann zum Beispiel keine Hörbücher hören, weil ich sofort abschweife. Es geht, wenn ich sie beim Arbeiten höre, aber auch dann hab ich riesige Lücken (dafür wird Murakamis Wind-up bird für immer mit der Herstellung von Kosmetik verbunden sein, auch wenn ich bis heute nicht weiß, wie er in den Brunnen gekommen ist. Und wie wieder raus. ;D).

Umgekehrt klappt es wunderbar: Ich lese ein Buch und in meinem Kopf spielt sich ein Film ab. Komplett. Die Figuren haben zwar keine Gesichter, aber die Umwelt ist umso detaillierter.

Ich glaube immer - von dem beeinflusst, was andere Schreiberlinge berichten -, dass ich einen Film im Kopf haben müsste, den ich dann quasi nacherzähle. Sprotte rennt mit der Kamera auf der Schulter ihren Protagonisten hinterher und fängt ein, was sie tun, auch andere erzählen immer wieder, wie das ist.

Wenn in meinem Kopf mal Dialoge stattfinden, dann sind es kurze Ausschnitte, aber leider keine ganzen Filme. Szenen halt.

Dafür habe ich aber schon immer über mich selber gedacht wie über eine Figur in einem Roman. In der dritten Person. Wenn ich mir eine Begegnung ausmale (sei es ein Vorstellungsgespräch, ein Date oder etwas völlig anderes), dann heißt es in meinem Kopf immer "sie tat das und das".

Für jemanden, der schon als Kind gesagt bekam, dass er deutlich über das normale Maß hinaus vernetzt denkt, bin ich oft erstaunlich festgefahren. "Geht nicht" ist mein Lieblingssatz, anstatt mal zu gucken, wie es von der anderen Seite aussieht - was beim Schreiben ja auch helfen würde. Wenn ich hier nicht weiterkomme, dann halt auf eine andere Art oder an anderer Stelle.

Sicher ist, dass das Schreiben mich nicht loslässt. Ich habe jahrelang nicht geschrieben, und es hat mir entsetzlich gefehlt. Ich glaube, mein "Problem" ist tatsächlich weniger das Schreiben an sich, als das Überarbeiten. Die Arbeit, aus einer Idee einen brauchbaren Text zu machen.

Da hat Thali mir gerade telefonisch den Kopf gewaschen und mich auf die Spur gebracht. Ich gehe dann mal was tun. *seufz* ;)

Thaliope

Zitat von: chaosqueen am 22. April 2014, 11:37:25


Da hat Thali mir gerade telefonisch den Kopf gewaschen und mich auf die Spur gebracht. Ich gehe dann mal was tun. *seufz* ;)

:knuddel: Aber mit Babyshampoo :)

chaosqueen


chaosqueen

Uffz.

Ich habe angefangen zu überarbeiten. Mit Dem Text-ÜV (den man nicht als ZÜV abkürzen darf ;D) von Herrn Eschbach. Un mit Papyrus (Demoversion), bei dem das Ding integriert ist.

Fazit 1: Endlich habe ich einen Anhaltspunkt, wonach ich überarbeiten kann. Und nein, ich übernehme nicht blind alles, was mir vorgeschlagen wird, aber ich sehe plötzlich Dinge, die mir sonst nie auffallen.

Fazit 2: Papyrus bedient man nicht mal eben aus dem Handgelenk. Das wird noch einiges an Arbeit kosten, bis ich mit dem Programm warm bin. Mal schauen, ob ich es dann auch kaufe.

Fazit 3: Mein Lieblingswort ist "und". ;D

Fazit 4: Wenn ich in dem Tempo weitermache (eine halbe Seite pro Stunde) dann werde ich bei 4 Stunden täglich und 5 Arbeitstagen pro Woche etwa ein halbes Jahr brauchen, bis mein Roman überarbeitet ist. *ächz*

Fazit 5: Es macht Spaß. Und ich erschaffe plötzlich Atmosphäre. Wenigstens ein bisschen. :)

Tinnue

ZitatFazit 5: Es macht Spaß. Und ich erschaffe plötzlich Atmosphäre. Wenigstens ein bisschen. :)

Das ist, wie ich finde, der wichtigste Punkt von allen.  ;D
Thali und Eschenbach sei dank, es freut mich, dass du wieder mehr Mut hast und an dich glaubst. Bei den allerallerallerwenigsten liegt es nämlich tatsächlich am Schreiben, aber das weißt du jetzt sicher auch (wieder). Ich werde, wenn es soweit ist, auch diese Text-ÜV nutzen. Ich finde sie sehr umfassend mit praktischen Beispielen.

Klecks

Es freut mich, dass es dir wieder besser geht, chaos! Weiterhin viel Erfolg. :knuddel:

HauntingWitch

Super, Chaos.  :jau:

Ich könnte mich gerade echt übergeben. Jemand hat es hier vor ein paar Tagen schon einmal angesprochen, dieses Gefühl, dass man selbst immer abblitzt, während zum Teil wirklich grottige Sachen gelobt, veröffentlicht und dann auch noch erfolgreich werden. Was stimmt nicht mit unserer Welt? Wenn ich nicht gerade erst gestern wieder einmal bestätigt bekommen hätte, dass auch andere meine Sachen gut finden, könnte ich mich fast fragen, ob ich wirklich noch schlechter bin als diese in meinen Augen grottigen Sachen. Oder ob diese ganz schlechten Sachen einfach gefragter sind als meine (hoffentlich guten), nein, offensichtlich ist das so. Danke für's Zuhören.

FeeamPC

Es stimmt alles mit unserer Welt, sonst wären wir nicht.
Aber die Welt ist nicht homogen, und das Glück entsprechend ungleich verteilt. Auch wenn es immer wieder heißt, Fähigkeiten wären entscheidend- der Faktor Glück kommt trotzdem massiv mit ins Spiel. In jedem noch so chaotischen System bilden sich Struckturen, Ecken, die plötzlich perfekt geordnet sind, und andere Ecken, die völlig ins Chaos abdriften, und es ist für das einzelne Teilchen (und den einzelnen Menschen) oft nur entscheidend, wo er zu einem bestimmten Zeitpunkt gesteckt hat.
Also nimm das als Mantra: Nicht Unvermögen ist Schuld, sondern das systemimmanente Chaos des Universums.

Sprotte

Ja, den Frustfaktor hatte ich auch schon ein paar Mal. Zur Zeit lese ich ein "Werk" von einem englischsprachigen Indie-Autoren, das hier übersetzt und wirklich wunderschön von einem kleineren Verlag rausgebracht wurde.  Tolles Cover, guter Druck, überdurchschnittlich gute Übersetzung. Aber das Ausgangsmaterial ... Aua! Deus ex machina im Dutzendangebot, ein sechster Sinn, der den Helden dauernd warnt. Vor einer Explosion zum Beispiel. Der Klappentext klang herrlich skurril, aber das Werk ...
Und das ärgert mich wirklich, weil der Roman schlecht ist, aber einem deutschen Nachwuchsautor den Platz wegnimmt.

Ich stecke bei Drakhall gerade mitten in einer sehr liebevollen Szene, und jetzt überlege ich, den Vater meiner Heldin um die Ecke zu bringen. Hmmm, das überlasse ich den Bösen, denke ich, obwohl der Schweinekerl es mehr als verdient hat.

HauntingWitch

@FeeamPC: Ja, schon, irgendwie weiss ich das ja auch. Aber manchmal zieht es mich trotzdem runter.

@Sprotte: Das ist so schade. Auch, dass manch ein Schund sich verkauft, einfach nur weil er besseres Marketing bekommen hat. Oder weil die Themen weniger speziell und deshalb vermeintlich verkaufstauglicher sind. :(

Coppelia

Ich verstehe das auch, Haunting Witch. Ist der Grund, warum ich das Schreiben vor einiger Zeit fast drangegeben hätte.
Aber ich finde es inzwischen wichtiger, dass man selbst Spaß hat. Wenn man beim Schreiben nur immer aufs Veröffentlichen schaut oder sich davon frusten lässt, dass die Chancen schlecht stehen und andere Leute etwas veröffentlichen und man selbst nicht, leidet man manchmal eher unter dem schönen Hobby, anstatt es zu genießen. Das Leben ist so oft schon unerfreulich genug, da möchte ich das Schreiben lieber nutzen, um es für mich schöner zu machen. :) Außerdem weiß man ja nie, ob sich die Lage für einen nicht plötzlich ändert. Wenn ja, umso besser, wenn nicht, hat man nur zu gewinnen, wenn man trotzdem mit Freude schreibt.
Ist natürlich leichter gesagt als getan, wenn man ehrgeizig ist.

Guddy

Sehe ich auch so!
Aber gut, ich bin auch nicht sonderlich ehrgeizig bzw. ich rechne mir keine Chancen aus. Ehrgeizig insofern, dass ich es für MICH gut haben will (notfalls stelle ich mir das Buch ins Regal) bin ich allerdings sehr. Der Roman soll in meinen Augen perfekt sein ;D

So oder so, man sollte weniger Sorge, als Freude bei der Sache haben :)

HauntingWitch

Nun ja, ich habe schon Freude am Schreiben, es ist nicht so, dass ich ausschliesslich auf Veröffentlichung aus bin. Primär schreibe ich, weil ich meine Charaktere und Welten mag und weil ich ohne nicht sein könnte. Aber wenn man dann all diese fertigen Dinge hat, wäre es halt schon schön, wenn die auch gelesen und anerkannt würden. Aber vielleicht habt ihr Recht und ich mache mir einfach zu viele Gedanken.

Etwas anderes: Ich überarbeite ja gerade meinen Erstling und es kommt mir vor, als wären meine Nebenfiguren alle viel cooler als der Hauptcharakter. Bei meinen anderen Sachen ist das aber nicht so. Ist mein Prota wirklich so eine Heulsuse?  :hmmm:

Klecks

Zitat von: Coppelia am 24. April 2014, 17:59:01Das Leben ist so oft schon unerfreulich genug, da möchte ich das Schreiben lieber nutzen, um es für mich schöner zu machen. :)

Ach, das hast du echt schön gesagt!  :wolke:

Ich merke, dass mich solche düsteren Gedanken rund um das Thema Veröffentlichen herum sofort runterziehen. Ob es nun die Tatsache ist, dass jemand etwas Gutes veröffentlichen konnte, oder etwas Schlechtes, spielt bei mir auch eine Rolle. Es ist deprimierend, wenn man selber so viel Zeit investiert und sich Mühe gibt, aber einfach keinen Platz für den eigenen Roman findet, aber so viele schlechte Romane trotzdem veröffentlicht werden. Schlecht ist natürlich immer relativ und Geschmackssache, aber wenn ein Buch voller Fehler und Ungereimtheiten ist und die Charaktere austauschbar oder unglaubwürdig sind, kann ich es einfach nicht lesen. Deshalb versuche ich, nicht allzu viel darüber nachzudenken - wenn ich mich unter Druck setze, klappt es mit dem Schreiben nicht gerade besser.  ;D

HauntingWitch

Wenn ich etwas selber gut finde oder jemanden mag, macht es mir weniger aus. Klar, ich denke auch dann: Ach, ich will doch auch... Aber ich kann es der Person gönnen. Wenn ich aber etwas nicht gut finde, ist das wie ein Stich ins Herz.