Schreib-Bar, der Quasselthread für Tippjunkies

[HauntingWitch]

Ich finde das vorbildlich, Witch. Vielleicht mache ich mir auch viel zu wenig Gedanken um solche Dinge - trotz glatzköpfiger Figuren.
Mein Prota aus "Flügel aus Asche" sollte eine Glatze haben, aber Agentur und Verlag waren dagegen. Deswegen habe ich ihn dann doch mit Haaren ausgestattet. Tja, lila Haut ist kein Ding, aber Figuren mit Glatze? Wer will über die lesen? Schlimme Zumutung, sowas.

Echt jetzt? Das verstehe ich nicht. Wir Autoren wollen uns gegen gesellschaftliche Konventionen und allgemein gängige Schönheitsideale wehren, in dem wir solchen Figuren ebenfalls Raum geben und dann kommen die Verlage und verbieten es uns. Allgemein gängigen Idealvorstellungen muss entsprochen werden. Aber hinterher beklagen sich die Leser und die Presse, dass die (zumindest Fantasy-)Autoren heutzutage nicht mehr aus den gängigen Klischees ausbrechen und in den Büchern alle Frauen zu schön und alle Männer zu muskulös und sowieso alle Figuren zu perfekt sind. Warum sehen die Verlage den Widerspruch nicht?

Naja, egal. Es ist jedenfalls noch anspruchsvoll, was man da alles wissen muss... Da gibt es seitenweise Tipps in Männer-Magazinen, nur über dieses Thema. Zum Glück weiss ich das jetzt, sonst hätte ich später möglicherweise noch falsche bzw. nicht authentische Infos drin.

[Coppelia]

Du kannst gern deine Infos mit mir teilen - schließlich hat mein Lukial auch eine Glatze, wenn auch in einem antiken Setting.

Na ja, von "verbieten" kann keine Rede sein. Nennen wir es besser eine Empfehlung; es kam. Ich kann letzten Endes auch gar nicht mehr sagen, von wem genau sie kam. Und es ist auch noch ein Unterschied, ob eine Figur Haar hat oder ob sie einer gängigen Idealvorstellung entspricht. Viele Leute (und Figuren) mit Haar entsprechen keiner Idealvorstellung. Schön fand ich es aber trotzdem nicht. Damals wollte ich aber unbedingt verkaufen, und so wichtig war mir dieser Punkt auch nicht. Bei Lukial wäre es mir wichtiger. Der entspricht auch vom Gewicht her nicht dem Ideal, und ich schätze, das macht ihn als Hauptfigur unverkäuflich.

Ich glaube übrigens nicht, dass sich allzu viele Leute über schöne Figuren beklagen. Scheint mir eher der gewünschte Standard zu sein. Wenn bei mir hässliche Figuren vorkamen, haben sich die Leser die manchmal "schöngeredet", wie ich beobachten konnte. Vor allem bei den DSA-Romanen. Für viele Leser ist es wahrscheinlich leichter, sich mit Leuten zu identifizieren, die Idealen entsprechen; sie reflektieren über diese Ideale nicht selbst.

In gewisser Hinsicht ist es aber nachvollziehbar: Von lila Haut ist niemand "bedroht", aber Glatze, das kommt vor.

Ach so, und der Vollständigkeit halber: Natürlich kann ein Mensch auch mit Glatze toll aussehen! In meinem Fall kam wahrscheinlch das Aussehen des Protas so unattraktiv rüber, dass mir deshalb empfohlen wurde, es zu ändern.

[HauntingWitch]

Du kannst gern deine Infos mit mir teilen - schließlich hat mein Lukial auch eine Glatze, wenn auch in einem antiken Setting.

Ich habe jetzt meine ganzen Recherche-Links zuhause, aber ich schicke dir in dem Fall eine PM. 

Oh, da habe ich mich wohl etwas zu allgemein ausgedrückt. Auf die Idealvorstellungen bin ich gekommen, weil ich den Eindruck habe, dass ein Mann mit Glatze in den Augen vieler eben nicht attraktiv erscheint. Mir scheint, für viele macht eine Glatze automatisch unattraktiv, was natürlich Quatsch ist. Dass es auch sehr attraktive Männer mit Glatze gibt, ist für mich gar keine Frage. Aber ich habe den Eindruck, bei vielen Frauen ist es eine. Deshalb denke ich, dass ein glatzköpfiger Prota vermutlich nicht der mehrheitlichen Vorstellung von attraktiv entspricht. Aber ich kann mich natürlich irren. Wäre schön, wenn tausende von Leserinnen ihn attraktiv finden. Aber dafür brauche ich erstmal tausend Leserinnen und dafür erstmal einen Verlag. 

[Coppelia]

Ja, das wäre einen Ausflug in den Thread "das Aussehen unserer Figuren" oder so ähnlich wert.

Bei mir ist eine strubbelige junge Frau vorstellig geworden, die behauptet, Malkars uneheliche Tochter zu sein. Leider offenbart ein Blick auf die Zeitleiste, dass das zwar theoretisch möglich wäre, aber mir doch irgendwie unwahrscheinlich vorkommt - die junge Dame wäre wirklich noch sehr jung, noch nicht mal volljährig, und Malkar hätte sie ebenfalls sehr jung gezeugt.
Aber sie fordert mit Nachdruck meine Aufmerksamkeit.

Danke für die Glatzen-Infos, Witch! Da sind einige Details dran, auf die ich zumindest bei "Mord in Laidon" mehr achten muss.

Übrigens gibt es auch einige Schauspieler mit Glatzen, die sogar Millionen Fans haben!

[Sprotte]

Mein Cajan ist ebenfalls Glatzenträger und kam bislang bei allen Beta- und Testleserinnen sehr gut an. Gerade wegen der Glatze. 

[Rhiannon]

Du vergisst Teiro, Sprotte!

Glatzenträger finde ich ja noch relativ normal, nicht unbedingt attraktiv, ich persönlich stehe einfach auf langes Haar, aber ich würde nie denken: "Ih, so einen Chara mag ich aber nicht!"
Was würden denn die Herrschaften in deinem Verlag zu meiner Merel sagen, Coppi? Die gute Frau läuft als Frau mit Glatze herum... Gut, etwa die Hälfte davon stammt daher, dass sie in ihrer Jugend starke Verbrennungen am Kopf erlitten hat und da einfach keine Haare mehr wachsen und sie dann eben konsequent war und den Rest auch abrasiert hat, aber dennoch, sie ist weder in irgendeiner Form attraktiv, noch unversehrt...

[Sprotte]

Ich habe Teiro nicht vergessen, aber Cajan hat bereits mehr Leserinnen erreicht, von denen allesamt leises Schmachten kam, in so fern ist er für mich ausagekräftiger. 

Ich finde beschädigte Figuren (innerlich als auch äußerlich) interessanter.

[HauntingWitch]

@Coppelia: Gern geschehen. 

Glatzenträger finde ich ja noch relativ normal, nicht unbedingt attraktiv, ich persönlich stehe einfach auf langes Haar, aber ich würde nie denken: "Ih, so einen Chara mag ich aber nicht!"

Ich liebe lange Haare (also bei Männern und auch sonst)! Sofern es schöne Haare sind natürlich. Aber es gibt auch Glatzenträger, die unheimlich attraktiv sind, daher...

[Klecks]

Mir fällt gerade auf, dass ich noch nie einen Prota mit Glatze hatte! Woran das wohl liegt? Unattraktiv finde ich Glatzen nicht, obwohl mir Männer mit schlichter Kurzhaarfrisur lieber sind. 

[Coppelia]

@ Rhiannon
Wie gesagt, wer es letzten Endes empfohlen hat, weiß ich nicht mehr, daher würde ich den Verlag da gern rausgehalten haben. Das Problem besteht auch sicher unabhängig von meinen Erfahrungen.
Und da bin ich leider wirklich der Ansicht: Hässliche Figuren haben in Hinblick auf die Verkäuflichkeit ein schwieriges Leben, wenn ihre Besonderheit sie nicht in irgendeiner Weise eher cool als hässlich aussehen lässt. Je mehr ein Leser die Befürchtung hat, er selbst könnte von dem "Problem" der Figur betroffen sein, desto weniger gern wird er den Text wahrscheinlich lesen, und desto weniger gut ist er vermutlich verkäuflich.
Ich könnte mir auch vorstellen, dass ein umgekehrtes Problem besteht: Wenn sich ein Leser der Hauptfigur für "überlegen" hält, kann er auch nicht gut mit ihr sympathisieren. Die Hauptfigur muss irgendwelche Eigenschaften haben, damit der Leser gern in ihre Rolle schlüpft.

Ich persönlich bin inzwischen bei ganz normal aussehenden Figuren angelangt. Und genieße es, wenn ich mal richtig hässliche habe. Die schlimmsten Wunden bleiben ja ohnehin in der Seele zurück.

Gut finde ich die Fixierung auf attraktive Figuren überhaupt nicht. Wenn man sich aber z. B. ansieht, dass fast alle SchauspielerInnen in irgendeiner Weise attraktiv sind, wird aber auch klar, dass das Problem nicht nur auf Bücher beschränkt ist.

Ich glaube, ich mag Glatzen irgendwie.

[Judith]

Hm, ich finde, dass das aber auch auf die Perspektive drauf ankommt. Menschen, die man selbst mag/liebt, wird man nicht hässlich finden - zumindest geht es mir so. Durchschnittlich ja, aber nicht hässlich.
Daher wird man z.B. auch selten einen hässlichen Love Interest haben, wenn er/sie im Roman durch die Augen der/des Geliebten betrachtet wird.

[Rhiannon]

Merel ist weder Prota, noch LI, aber ich finde, vor allem in Büchern, in denen es kriegerische Auseinandersetzungen gibt, muss es auch kriegsversehrte Figuren geben, alles andere wäre reichlich unlogisch. Und Merel habe ich deshalb zum Beispiel bewusst komplett entstellt.
Dass natürlich auch eine entstellte Figur für den LI nicht abstoßend ist, ist keine Frage, aber ich finde es insgesamt schade, wie sowohl in Büchern, als auch in Filmen auf die Schönheit gestarrt wird, selbst wenn sie in der jeweiligen Umgebung vielleicht eigentlich gar keine Bedeutung hat.

[Issun]

Oje, so viele Beiträge seit meinem letzten Besuch. Ich glaube, ich komme diese Nacht nicht mehr ins Bett... 

Vorab: Ich bin froh, dass ich nicht die einzige Wahnsinnige bin, die Google nach allen möglichen optischen Details durchforstet.

Dummerweise sind die meisten gerade außer Landes.

Klingt nach der idealen Zeit für Aufsteiger und Unruhestifter! 

Welche Bauchform haben denn deine Figuren?

Mein Magiermeister ist in der hinsicht führend mit einem ziemlich stattlichen Bauch. Aber solche Bäuche sind leicht zu finden. Wirklich schwierig war es, einen passenden Bauch für meinen Prota aufzutreiben, denn der sollte nur leicht gewölbt sein, eher ein Resultat des Alters als des Appetits. Nach einer Ewigkeit bin ich doch fündig geworden. Lukials Bauch würde mich jetzt aber auch interessieren. Ich kenne ja nur die Beschreibung aus Kadevis' Sicht. 

Die Chara-Bögen ganz neu machen und nur Aussehen und verknüpfte Personen übernehmen hilft nicht?

Das Problem ist, dass zu vieles noch übereinstimmt. Ich verfasse zwar einen neuen Bogen, habe aber den alten daneben geöffnet, um nachzulesen und alle Info, die unpassend ist, gleich zu streichen, damit ich sie nicht versehentlich doch wieder einfließen lasse.

Die Geschichte mit der Glatze, die ganze Ablehnung, die Charaktere mit suboptimalem Aussehen erfahren, finde ich einfach nur traurig. Meine Meinung dazu ist schon im "Aussehen unserer Figuren"-Thread festgehalten. Ich glaube auch, dass Figuren, die innerlich zerrüttet sind, keinen leichten Stand haben, ähnlich wie die, die optisch nicht entsprechen (wobei ich gerade Glatzen überhaupt nicht als Kriterium für gutes oder schlechtes Aussehen empfinde). Mir kommt vor, dass nur eine Minderheit über Protagonisten und andere Figuren lesen will, die nicht eindeutig gut oder böse sind. Am schlimmsten finde ich es persönlich, wenn der Charakter einer Figur dann mit dem Aussehen gekoppelt wird, sodass Böse stets hässlich sind.

[Klecks]

Dass die "Bösen" immer "hässlich" sind, ist für mich ein absolutes No Go. Ich liebe es, das Klischee herumzudrehen und den "Bösen" verführerisch "schön" zu machen - wobei ich Schönheit in meinen Büchern auch nicht überbewerte und Schönheit auch nicht häufig vorkommt. Meine Figuren sind, wenn sie nicht "hässlich" sind, dann meistens charismatisch und auf eine ihnen ganz eigene Art anziehend. Oder ich lasse sie aus einem anderen Grund aus der Menge herausstechen und erwähne Worte wie "hässlich" und "schön", die ich eigentlich als ziemlich subjektiv und daher auch oberflächlich empfinde - und deshalb meide - überhaupt nicht. 

[Coppelia]

Was die gutaussehenden Bösen betrifft: Genau das hatte ich im letzten Roman, und da hat mir auch ein Kritiker geschrieben, es sei total klischeehaft. Auch das zu starre Gut-und-Böse-Schema wurde angeprangert (in gewisser Hinsicht wohl auch zu recht). Im nächsten Roman ist mein Antagonist furchtbar entstellt, mal sehen, was dann für Kritik kommt. Recht machen kann man es ohnehin niemandem, und originell kann man heutzutage eigentlich auch nicht mehr sein.

@ Issun
Teilst du den Anblick des Bauches deines Protas denn auch mit uns, falls das rechtlich möglich sein sollte?

Vielleicht sollte ich das Googeln nach Lukials Bauch auch mal anfangen. Ich stell ihn mir schon recht dick vor, vom Umfang, aber dabei auch groß und breitschultrig - so halt, dass er ziemlich furchteinflößend sein kann, wenn er mit seinem mächtigen Organ loslegt.
Jeskars Bauch wäre auch mal interessant.

In irgendeinem Schreibratgeber hab ich mal gelesen, dass an Frauen die Haare, an Männern die Stimme als besonders attraktiv empfunden werden. Wenn man eine Frau unattraktiv darstellen will, soll sie hässliche Haare haben, ein Mann eine hässliche Stimme. Ziemlich klischeehaft, aber ich könnte mir schon vorstellen, dass das die Wirkung auf den Leser nicht verfehlt. Allerdings könnte ich mir auch denken, dass ein Mann mit fettigen Haaren beim weiblichen Publikum auch nicht gut wegkommt.
Vielleicht kann die Sympathie der weiblichen Leser zurückgewonnen werden, wenn wir die Stimmen unserer männlichen Hauptfiguren als sehr schön beschreiben? Bei Lukial zumindest hab ich da gute Karten. Aber generell finde ich, dass bei der Stimme dasselbe gilt wie beim Aussehen: Es ist halt, wie es ist. Zu mir "kommen" die Figuren so, wie sie sind. Ich könnte niemandem - jedenfalls nicht bei meinen Kessler Leuten - eine Stimme geben, die für mich nicht zu ihm passt. Ich könnte höchstens beschreiben, dass diejenige Person die die Stimme hört, sie schön findet - Geschmäcker sind ja unterschiedlich.