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Schreiben und Emotionen

Begonnen von Biene, 18. März 2022, 21:32:30

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Biene

Wie geht es Euch, wenn ihr schreibt? Ich habe gerade das letzte Stück für die Fragerunde für meine Gräfin reingestellt und beim Schreiben wieder geheult wie ein Schlosshund. Geht es euch auch so? Lacht  und weint ihr mit euren Charakteren oder bin ich einfach nur schräg drauf?
Tu erst das Notwendige, dann das Mögliche, und plötzlich schaffst du das Unmögliche. (Franz von Assisi)

Malou

Nee bist nicht schräg drauf - oder wir sind es beide *g* hab schon Rotz und Wasser geheult, wenn Charaktere den Tod eines geliebten Menschens miterleben oder sich für immer verabschieden mussten. Brauchte zwar Musik dafür aber dann gingen die Schleusen auf. Intensive Szenen, wo es um Leid, Konflikte, Schmerz usw. geht haben mich auch schon so mitgenommen, dass ich aufhören musste zu schreiben. Andersrum grinse ich manchmal auch wie blöd beim Schreiben, wenn die Charaktere lustig drauf sind (und finde mich dann selber total witzig, weil ich das ja schreibe *hust*).

Ich schaffe es leider nicht so oft in diesen "Modus", emotional wirklich so tief drin zu sein, weil ich nach der Arbeit einfach k.o. bin. Wenn ich es aber schaffe, werden das meistens die besten Szenen.
»Anders als die Kultur, die die Unterschiede zwischen uns betont, die Menschen und Gruppen voneinander trennt, verbindet die Natur uns miteinander. In ihr sind alle Menschen gleich.« (Der Gesang des Eises, Bakic)

Zauberfrau

Hallo ihr zwei,

ich gehöre auch zu den Schrägen. Wenn mein Protagnoist als Siebenjähriger der Feuerbestattung seiner Mutter beiwohnen muss (sie ist bei der Geburt seiner Schwester verblutet), rinnen mir auch jedes Mal die Tränen über die Wangen, wenn ich die Szene lese. Musik brauche ich dafür nicht im Hintergrund.
Wie Malou kann ich mich aber auch an Scherzen meiner Figuren erfreuen. Der beste Freund des o.g. Protagonisten ist ein Spaßvogel, wie er im Buche steht. Im Folgeband - wenn die beiden erwachsen sind - mutiert er auch noch zum Partylöwen und sonnigem Frauenschwarm. In diesen Disziplinen tut sich mein Hauptheld natürlich schwer, genießt aber auch, im Schatten seines Freundes mitzuschwimmen. Wie schon im ersten Absatz angedeutet, hat das Schicksal für ihn kein Leben im eitlen Sonnenschein vorbestimmt. Wäre ja sonst auch langweilig. Aber mit seinem Freund fliege ich manchmal echte 7.Wolke-Flüge, wenn er mal wieder erfolgreich ein Mädel anbaggert oder sich Scherze ausdenkt. Schwierig wirds natürlich dann, wenn das Mädel die heimliche Liebe meines Helden ist.  :darth:

Meiner Meinung nach sind Emotionen beim Schreiben wichtig. Ohne Emotionen bleibt der Text kalt und erreicht damit auch die Zielgruppe nicht. Deswegen bin ich gar nicht traurig, wenn ich mit meinen Figuren mitgehen kann.  :jau:

Liebe Grüße von der
Zauberfrau

Maubel

Ganz bestimmt nicht. Ich fühle nicht jedes Buch unglaublich stark, aber manche haben es echt in sich. Bei Time to Remember habe ich beim Schreiben, beim Überarbeiten, beim Korrekturlesen und sogar noch beim Formatieren geheult. Aktuell übersetze ich es. Mal schauen, ob ich da auch wieder heule ;)

Biene

Na, da bin ich aber froh. Ich bin ja sonst auch bei diversen Dingen recht nah am Wasser gebaut.
Ich finde es schön, wenn ich mitweinen und mitlachen kann, oder wenn der Puls steigt, wenn meine Figur Angst hat. Ich stecke dann mittendrin.
Tu erst das Notwendige, dann das Mögliche, und plötzlich schaffst du das Unmögliche. (Franz von Assisi)

Wintersturm

Ich habe das Glück oder Pech, wie man es halt sieht, dass ich zwar die Emotionen deutlich genug abbekomme, mit den Charakteren mitliebe, mitfiebere, mitleide, mithasse und mittrauere, aber das üblicherweise unter Kontrolle und nicht in Tränen ausbreche. Natürlich fühle ich es mit und habe mich beim Schreiben oft genug schon richtig schlecht gefühlt oder die Tasten im Kampfrausch ein bisschen stärker betätigt (die Tastatur hält es aus ;D), aber heulen musste ich erst einmal beim Schreiben. Die Szene hat es aber auch in sich und wirkt bei jedem Leser so, umso stärker, umso mehr man von der gesamten Lebensgeschichte des POV´s weiß.
Zitat von: Zauberfrau am 19. März 2022, 11:22:43
Schwierig wirds natürlich dann, wenn das Mädel die heimliche Liebe meines Helden ist.  :darth:
Und das ist die einzige Art Szene, die dann wirklich trifft und wofür ich den Autor in dem Moment jedes Mal hasse. Alles andere zieht ein, wirkt und dann geht´s zur nächsten Szene, aber sowas bleibt hängen und versaut mir den ganzen Tag. Toll, jetzt hat das Hirn schon wieder ne ganze Hintergrundgeschichte zusammengebastelt, um so einer Szene den üblen Biss zu geben und ich merke schon den kleinen Schlag auf meine Laune. Na ja, die eine große Schwäche, die man so hat. Aber mit allen anderen Szenen komme ich wirklich gut zurecht und lasse mich davon nicht tiefer treffen. Sonst könnte ich viele auch gar nicht schreiben, aber damit habe ich mir ja schon einen berüchtigten Namen gemacht.

Zauberfrau

Zitat von: Wintersturm am 19. März 2022, 14:13:18
Ich habe das Glück oder Pech, wie man es halt sieht, dass ich zwar die Emotionen deutlich genug abbekomme, mit den Charakteren mitliebe, mitfiebere, mitleide, mithasse und mittrauere, aber das üblicherweise unter Kontrolle und nicht in Tränen ausbreche. Natürlich fühle ich es mit und habe mich beim Schreiben oft genug schon richtig schlecht gefühlt oder die Tasten im Kampfrausch ein bisschen stärker betätigt (die Tastatur hält es aus ;D), aber heulen musste ich erst einmal beim Schreiben. Die Szene hat es aber auch in sich und wirkt bei jedem Leser so, umso stärker, umso mehr man von der gesamten Lebensgeschichte des POV´s weiß.
Zitat von: Zauberfrau am 19. März 2022, 11:22:43
Schwierig wirds natürlich dann, wenn das Mädel die heimliche Liebe meines Helden ist.  :darth:
Und das ist die einzige Art Szene, die dann wirklich trifft und wofür ich den Autor in dem Moment jedes Mal hasse. Alles andere zieht ein, wirkt und dann geht´s zur nächsten Szene, aber sowas bleibt hängen und versaut mir den ganzen Tag. Toll, jetzt hat das Hirn schon wieder ne ganze Hintergrundgeschichte zusammengebastelt, um so einer Szene den üblen Biss zu geben und ich merke schon den kleinen Schlag auf meine Laune. Na ja, die eine große Schwäche, die man so hat. Aber mit allen anderen Szenen komme ich wirklich gut zurecht und lasse mich davon nicht tiefer treffen. Sonst könnte ich viele auch gar nicht schreiben, aber damit habe ich mir ja schon einen berüchtigten Namen gemacht.

Ah! Okay. Ich schreibe gerne mit Konflikten. Das Dahinplätschern ist nicht so mein Ding. Natürlich muss mein Protagonist kämpfen, um sein Mädel zu bekommen. Sei es mit Taten oder Worten - weniger mit dem Schwert. Er muss nach dem Licht streben und über sich hinauswachsen. Und mir ist natürlich klar, dass er die Dame am Ende in den Armen hält und nicht sein Freund.
Ich habe gerne Emontionen am Anschlag, um den Leser zu fesseln. Ihm dabei immer mal wieder kleine Erfolgshäppchen präsentieren, damit er nicht genervt das Buch zur Seite legt. Und trotzdem hängt darüber immer noch die Frage "kriegt er sie oder kriegt er sie nicht". Gut, in diesem Setting ist es eigentlich schon von Anfang an klar, weil mein Held sie in den Kreis seiner Freunde mitbringt. Aber sein Freund ist halt in Baggerlaune. Gegraben hat er auch schon (und sie hält noch Stand). Weiter bin ich noch nicht. Der Konflikt zwischen den beiden Kerlen ist aber schon da. Allerdings müssen sie in einer Untergrundbewegung eng zusammenarbeiten, auch wenn es Stress wegen eines Mädchens gibt (wieder ein Konflikt). Ich bin da noch offen und werde noch ausloten, wie weit ich gehen werde. Allerdings ruht das Projekt gerade, weil ich erst die Kindheit meines Helden komplett aufschreiben will (da bin ich gerade dran).

Wintersturm

Wenn der Baggerer der beste Freund des Protas ist, sollten die beiden es eigentlich hinbekommen, dass recht schnell zu klären. Dann macht der Baggerer halt nichts, ist immerhin für seinen besten Freund.

Emotionen am Anschlag sind aber oft gut. Ich mache es zwar gerne etwas anders, baue erst mit Geduld auf, ziehe Verstrickungen rein, und dann kommt es plötzlich wie der Blitz. Und mit mehreren Schauplätzen und Handlungssträngen geht es eben immer irgendwo ab. Dass es kracht, sieht man aber schon ganz von Anfang an und mit jedem Kapitel denkt man sich (oder soll es denken): 'Och nein!', einfach weil man schon ahnen kann, dass da was hässlich werden könnte und sich der POV des Kapitels gerade in die Prinzessin verliebt hat, obwohl die mächtigen Fraktionen in der Geschichte ganz andere Pläne haben und es niemanden wirklich schert, was der Junge gerne hätte. Als Leser dann recht offensichtlich, immerhin kennt man ja schon mehrere Sichtweisen und weiß, was die vorhaben, aber der Charakter weiß halt noch nichts davon. Ist bei 322k Wörtern (und ich bin mächtig stolz drauf!  8)) für den ersten Teil einer Reihe mit am Ende zweistelliger Anzahl aber auch was anderes als bei einer Trilogie, wo jeder Teil 100k hat. 

Andersleser

#8
@Biene
Also ich kenn das auch, ich bin beim Schreiben einfach voll dabei und ich "knall" da schon irgendwie mein Herz rein.
Aber es ist tatsächlich egal, ob es nun ein Buch, eine Kurzgeschichte oder einfach nur in einem RPG ist - selbst beim Rollenspiel habe ich schon geheult, als ich eine extrem emotionale Situation mit meinem Charakter geschrieben habe. Weil er einfach unendlich viel gefühlt hat und das war traurig und schön und hoffnungsvoll und einfach alles zu gleich. Glück und Trauer können aufeinander treffend echt was auslösen und sehr viel bewegen.

Ich denk mir gar nicht, dass es schräg ist, ich finde es gut so und eigentlich auch normal. Ich kenne eigentlich nur Leute, die da emotional so sehr drin stecken. Wenn man selbst beim Schreiben so viel fühlt und dich das beim Schreiben so stark bewegt, dass du z.B. weinen musst, dann wird man das meist auch beim Lesen eher merken finde ich. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Lesenden dabei die Emotionen mitfühlen, bzw. bei diesen emotional wirklich was ausgelöst wird, steigt da meiner Meinung nach schon (Klar, das kommt auf den Menschen drauf an und man kann auch was auslösen ohne dass man beim Schreiben weint) aber was ich sagen will: Wenn man selbst so viel fühlt kann es durchaus auch sein, dass man das auch tatsächlich so zum Ausdruck bringen kann und dass da eben was hinter steht. Mehr als nur Worte, falls das jetzt verständlich ist. Auch wenn es sicher immer welche gibt, die es trotzdem als kühl oder emotionslos lesen. Aber man hat an dieser Stelle immerhin alles gegeben, was möglich war - ob nun alle die Emotionen Wahrnehmen oder nicht.

Gut man weiß ja nie, was der Schreiberling in bestimmen Abschnitten gefühlt hat, aber es gibt welche beim Lesen, da hat man das Gefühl, dass es beim Schreiben wirklich auch gefühlt wurde, dass es eben nicht einfach "leere Beschreibungen" sind, sondern echte Emotionen. Ich denke es kann unterstützend wirken, wenn man so mitfühlt.

Das mit dem steigenden Puls kenn ich auch, hatte beim Schreiben schon eine Tachykardie, weil ich mich zu sehr reingesteigert habe, da musste ich echt erstmal pausieren :rofl:

Miezekatzemaus

Das ist sehr unterschiedlich, manchmal fließt ganz viel Emotion in den Text, manchmal auch nicht. Ich bringe mich so gut wie nie selbst zum Weinen, wenn ich schreibe oder das Geschriebene hinterher lese, selbst wenn es traurig ist, aber ich stelle fast immer fest, dass es mir nach dem Schreiben besser geht als vorher, ich glaube, das liegt daran, dass es eine Art Pause im Alltag darstellt und mich auch tatsächlich alles, was sonst noch so passiert, für eine Weile vergessen lässt. :)

Biene

@Andersleser Ich denke bzw. hoffe ja auch, wenn ich beim Schreiben schon so stark mitfühle, dass es dem Leser auch so geht. Das wäre dann toll.
Tu erst das Notwendige, dann das Mögliche, und plötzlich schaffst du das Unmögliche. (Franz von Assisi)