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Das Aussehen unserer Helden

Begonnen von Coppelia, 10. Februar 2008, 07:55:26

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Erdbeere

Ich habe eine seltsame Angewohnheit, was das Aussehen meiner Figuren betrifft. Wenn ich sie kreiere, habe ich meistens keine genauen Vorstellungen davon, wie sie denn nun aussehen sollen, eher, was den Charakter ausmacht, ihre Macken und Vorlieben, ihre Vergangenheit.
Während des Schreibens kriege ich dann aber das Problem, dass ich "nur" damit nicht sehr weit komme, weil ich mich nicht richtig in die Figuren hineinversetzen kann. Mein Prota sollte schon wissen, wie er aussieht, denn auch vom Aussehen und Selbstbild leitet sich sein Verhalten ab. Und in einem solchen Fall wende ich mich immer Onkel Google zu. ;D

Aktuell als Beispiel nehme ich River aus Kleiner Tod. Kettenraucher, tätowiert, wird in der Schule als Freak bezeichnet, hat ein Talent fürs Zeichnen, hasst Essiggurken. Ich weiss nur, dass er athletisch ist und dunkle Haare hat, aber damit hat es sich. Setting USA - da kann er alles mögliche sein. Google hat mir heute Shiloh Fernandez ausgespuckt (Red Riding Hood) und ich wusste sofort, der Kerl passt wie die Faust aufs Auge. 8) Jetzt habe ich wenigstens eine Vorstellung, wie River ungefähr aussieht. Jedenfalls kann ich mit dem Bildmaterial arbeiten *hüstel*.

Letztens ist mir einmal mehr aufgefallen, dass ich zu schöne Protagonisten nicht mag bzw. nicht ernst nehmen kann. Visuell passiert ist mir das kürzlich, als ich die BBC-Neuverfilmung von Great Expectations gesehen habe - Pip ist ein Schönling ohne Ecken und Kanten, ein Babyface.
Meine Figuren sollen Ecken und Kanten haben und keine Schönheitspreise gewinnen. Natürlich sollen sie attraktiv sein, aber wie mika bereits so schön sagte, ist Attraktivität rein subjektiv und wird von jedem anders empfunden. In dem Sinne verweise ich zurück zu Onkel Google. ;D

Rigalad

Zitat von: Erdbeere am 09. April 2012, 21:13:41
Google hat mir heute Shiloh Fernandez ausgespuckt (Red Riding Hood) und ich wusste sofort, der Kerl passt wie die Faust aufs Auge. 8) Jetzt habe ich wenigstens eine Vorstellung, wie River ungefähr aussieht.

[OT]Oh, den habe ich im Moment auch als optische Vorlage für meinen männlichen Prota.  :vibes: [/OT]

Übrigens unterschreibe ich deinen Beitrag mal so. Ich habe, gerade am Anfang, keine genaue Vorstellung vom Aussehen. Aber bisher hatte ich immer das Glück, dass ich immer irgendwann über passende Realpersonen gestolpert bin, wo ich gedacht habe, dass das passt wie der Deckel auf seinen Topf.

Mika

Zitat von: Erdbeere am 09. April 2012, 21:13:41
Google hat mir heute Shiloh Fernandez ausgespuckt (Red Riding Hood) und ich wusste sofort, der Kerl passt wie die Faust aufs Auge. 8) Jetzt habe ich wenigstens eine Vorstellung, wie River ungefähr aussieht. Jedenfalls kann ich mit dem Bildmaterial arbeiten *hüstel*.
*prust* Seit ich Red Riding Hood am Freitag endlich gesehen habe ist von dem momentan ständig ein Bild in nem Tab offen. Wahrscheinlich wird er meine Inspiration für meinen schwarzen Prinzen in Bronze ;D
Aber ich finde es faszinierend zu sehen wie ähnlich da teilweise der Schreibergeschmack gelagert ist.

Normalerweise verwende ich für das Aussehen keine Schauspieler oder so, aber der hat es mir definitiv schwer angetan. Über reale Personen stolperte ich allerdings auch häufig. Ich versuche mir ihr Aussehen dann immer so gut ich kann zu merken um sie in meine Beschreibungen einfließen zu lassen. Manchmal reagieren die Menschen in den öffentlichen Verkehrsmitteln jedoch etwas seltsam, wenn ich sie ewig anstarre :versteck:
Irgendwie finde ich aber, dass die Figuren durch die Anlehnung an "wirkliche" Menschen irgendwie etwas echter werden und so picke ich mir manchmal eben von diesen und jenen Leuten Partien raus die mir gefallen und versuche sie zu verwenden, gesetzt dem Falle ich lasse die Beschreibung nicht gänzlich unter den Tisch fallen, was bei mir ja leider nicht zu selten ist.

Erdbeere

[OT] Den Kerl würde ich sofort einpacken und mitnehmen, wenn ich ihn auf der Strasse sehen würde. ;D Obwohl ich ja sonst eher auf blond stehe. :rofl: [/OT]

Aber ja, schon lustig, dass wir grad aktuell ähnliche Geschmäcker für unsere Protas haben. Woran das wohl liegt? :hmmm:

HauntingWitch

#94
Zitat von: Erdbeere am 09. April 2012, 21:13:41
Meine Figuren sollen Ecken und Kanten haben und keine Schönheitspreise gewinnen. Natürlich sollen sie attraktiv sein, aber wie mika bereits so schön sagte, ist Attraktivität rein subjektiv und wird von jedem anders empfunden. In dem Sinne verweise ich zurück zu Onkel Google. ;D

Wenn ich lese, mag ich Figuren mit Ecken und Kanten auch lieber. In meinen eigenen Geschichten versuche ich immer, sie aber trotzdem "schön" aussehen zu lassen. Ich getraue mich teilweise fast nicht, ihnen irgendwelche fiesen Unebenheiten (wie ein krummer Rücken oder ein ausgemergeltes Gesicht) anzudichten, andererseits würde gerade das sie natürlich auch interessanter machen. Ich versuche, den Mittelweg zu finden und gebe ihnen deshalb statt Extremen lieber kleine Narben, einen untrainierten Körper oder so. Dann können sie trotzdem hübsch sein. Letztlich läuft es glaube ich auf das Gleiche hinaus.  ;)

Zitat von: mika am 09. April 2012, 21:40:42
Über reale Personen stolperte ich allerdings auch häufig. Ich versuche mir ihr Aussehen dann immer so gut ich kann zu merken um sie in meine Beschreibungen einfließen zu lassen. Manchmal reagieren die Menschen in den öffentlichen Verkehrsmitteln jedoch etwas seltsam, wenn ich sie ewig anstarre :versteck:

Lustig wird das dann, wenn man dann noch völlig mir nichts dir nichts den Notizblock hervorkramt und offen zu notieren anfängt. Das habe ich einmal gemacht, der Typ war zuerst ein wenig verwirrt, dann hat er gelächelt. Er hat aber nichts gesagt und ich hatte dann natürlich auch keine Zeit, ein Gespräch anzufangen, ich musste ja schreiben. Da kenne ich nichts, es ist mir ziemlich gleich, wie die Leute mich anschauen. Ich sehe die ja sonst nie und muss ja auch nicht auf Konfrontation gehen, also gibt es auch kein Problem.

Tintenweberin

Seit unsere Geschichten einen Illustrator haben, der nur eine Etage über mir arbeitet, muss ich viel genauer über das Aussehen meiner Protagonisten nachdenken. Meistens ist es so, dass wir uns gemeinsam überlegen, mit welchen Schauspielern wir die Rollen besetzen würden und da wir gemeinsam über hundert Jahre alt sind, kennt kaum noch jemand unsere Vorbilder in ihrer juwenilen Form. Während ich schreibe, zeichnet mein Partner und wenn ich die Geschichten überarbeite, kann ich das eine oder andere "unverwechselbare Merkmal", das ich bei der ersten Schreibrunde noch gar nicht kannte, auch in den Text mit einbauen.

Eine OT-Bemerkung zu dieser Technik: Ich habe auch schon ganze Szenen umgeschrieben, weil mir die Illustrationen so gut gefallen haben, obwohl sie leider nicht ganz passend waren ...   :rofl:

Khalisa

Wie genau beschreibt ihr denn eigentlich eure Figuren?
Ich persönlich habe beim Schreiben zwar Bilder im Kopf aber habe schon festgestellt, dass jemand Andersbeim lesen einer Szene unter Umständen ein anderes Bild im Kopf hat.
Das geht mir beim Lesen vieler Bücher übrigens ähnlich. Wenn dort steht: Helle Haare, athletischer Körperbau etc. existiert zwar ein Grundgerüst aber wenn ich das zeichnen wollte, kommt unter Umständen etwas anderes heraus als wenn jemand Anders zeichnen würde. (Mal ganz abgesehen vom Zeichentalent ;))
Wenn ich in meinen Szenen Figuren beschreibe, erwähne ich in der Regel das, was entweder derjenige aus dessen Perspektive ich schreibe wahrnimmt - oder was ich gerade als Erzähler herüber bringen möchte. Das ist (zumindest bei mir) ziemlich Szenenabhängig. Der Leser muss sich dann aus den Infos ein Gesamtbild basteln.

Jetzt bin ich ja noch Schreibanfänger - macht ihr das ähnlich oder wollt ihr, dass der Leser bis ins Detail die selbe Vorstellung vom Aussehen der Figur hat wie ihr sie habt?
Geht das überhaupt? Oder gesteht ihr dem Leser da auch gewisse Freiheit zu?

metajinx

Bisher habe ich Personen auch immer aus der Sicht des jeweiligen Situationsträgers geschrieben. Dabei versuche ich auch immer nicht zuviele Informationen auf einmal reinzustopfen, damit es kein ewiglanger Monolog über wallendes Haar und alabasterfarbene Haut wird, sondern hangle mich an den Vorlieben und Interessen des Erzählers entlang. Eine einfache Magd sieht zum Beispiel zuerst ob jemand reich oder arm, gepflegt oder ungepflegt aussieht, und interessiert sich erst dann dafür wie sein Haar so ist, oder wie seine Augen aussehen - die sie bei einem Reichen vermutlich nicht mal zu Gesicht kriegt, weil sie vielleicht nicht wagt aufzusehen.
Ansonsten mache ich das schätze ich wie du - durch verteilte Informationen ein Gesamtbild schaffen, und dabei eine gewisse Toleranz für den Leser aufbringen, der sich trotzdem alles anders vorstellen wird :D
Ich such mir allerdings für die Charaktere immer aus meinem gigantischen Bilderarchiv Beispiele heraus, falls ich mal was nicht aufgeschrieben habe. Dann brauche ich nur das Bild anzusehen, und finde weitere Dinge zum Erwähnen.

Kisara

Ich hätte schon gerne, dass mein Leser meine Protas sieht wie Schauspieler und daher genau dieselbe Vorstellung von ihm/ihr hat wie ich.

Aber umsetzen lässt sich das leider nicht. Zum einen, weil Beschreibungen bis in letzte Detail sehr schnell langweilig werden und zum anderen, weil der Leser sie sich sowieso seltenst merkt. Daher beschränke ich mich meistens auf ein Detail, dass ich immer wieder einfließen lasse - sei das der lange Zopf meiner Protagonistin, den sie dann eben mal zusammenflechtet, mal löst und die Locken aufschüttelt. Oder seien es die pechschwarzen Augen meines Protas, die "Löcher in das brennen, was sie ansehen" oder eben weicher werden, wenn er mit Kindern spricht oder auch hart bleiben, wenn er einen Feind fixiert.

An sich ist es mir nicht mehr so wichtig, dass der Leser sieht, was ich sehe - ich beschriebe die Figur, ich wiederhole einiges ab und an in Nebensätzen. Wenn er also dann nicht sieht, was ich sehe, ist das radikal gesagt sein Problem. Wirklich wichtig wird es eh erst, wenn mein Geschreibsel jemals verfilmt würde, sonst fällt es nicht auf.

Ich bin da also komplett freimütig meinem Leser einzuräumen, dass er sich die Figuren durchaus anders vorstellen kann - denn ich bin selbst nicht anders. Ich habe auch Vorstellungen, die sich eigentlich weder mit der literarischen Vorlage noch der filmischen Umsetzung decken, aber was soll´s.  :vibes:

HauntingWitch

Zitat von: Khalisa am 25. April 2012, 15:24:15
Jetzt bin ich ja noch Schreibanfänger - macht ihr das ähnlich oder wollt ihr, dass der Leser bis ins Detail die selbe Vorstellung vom Aussehen der Figur hat wie ihr sie habt?
Geht das überhaupt?

Das passiert nicht. Grundsätzlich fände ich das natürlich schön - aber es passiert nicht. Es ist, wie du sagst, jeder hat ein anderes Bild und egal, wie genau die Beschreibung ist, das Bild bleibt von Person zu Person unterschiedlich. Ich verweise auf den Keyboardmenschen der Lieblingsband einer Freundin meinen Lieblingsprota aus meinem Beitrag etwas weiter oben in diesem Thread. In meinen Augen sieht mein Protagonist aus, wie er nun einmal aussieht, in ihren Augen nicht. Die Beschreibung war (damals als ich sie ihr das erste Mal geschickt habe) eine halbe Seite lang.

Das Erlebnis hat mich geprägt, mittlerweile versuche ich nicht mehr, jemandem ein Bild aufzudrängen. Ausserdem findet meine Freundin dieses ihrige Bild ja schön. Was sage ich, einen schöneren Mann gibt es für sie nicht. Ergo findet sie dadurch automatisch auch meinen Protagonisten schön und das ist für mich immer das Wichtigste. Dass der Leser der Figur etwas abgewinnen kann, sie vielleicht sogar optisch ansprechend findet. Da lasse ich lieber etwas mehr offen und jeder hat sein eigenes - schönes ;-) - Bild, als dass ich "ausgeprägte Wangenknochen" schreibe und dann kommt jemand und sagt: "Solche Gesichter mag ich aber nicht."

Es kommt bei mir aber auch stark auf den Charakter an. Manche wollen genauer beschrieben werden, andere sind weniger eitel. Da schaue ich, dass ich einen guten Weg finde, dem gerecht zu werden. Grundsätzlich merke ich aber: Wie genauer das Bild in meinem Kopf, desto detaillierter wird die Beschreibung. Trotz den oben genannten Faktoren, die ich einzurechnen versuche.

Zitat von: Kisara am 25. April 2012, 15:43:00
und zum anderen, weil der Leser sie sich sowieso seltenst merkt.

Dem würde ich widersprechen: Man baut ja sein inneres Bild auf der Beschreibung auf als Leser. Von daher finde ich irgendetwas an Beschreibung schon wichtig, und wenn es nur Anhaltspunkte sind. Aber wenn ich bei einem 400-Seiten Buch auf Seite 290 erfahre, dass der Protagonist etwas längere und nicht raspelkurze Haare hat, habe ich für den ganzen restlichen Roman ein ernsthaftes Vorstellungsproblem.

Naudiz

@Kisara: Nun ja, das sehe ich ein bisschen anders. Man nehme z.B. die Narnia-Reihe von C.S. Lewis - dort wird das Aussehen der Protagonisten im Prinzip mit keinem einzigen Wort erwähnt. Das fand ich als Leser schon störend, auch wenn ich mir so ein ganz eigenes Bild von den Pevensies machen konnte. Etwas Beschreibung muss also schon sein, und wenn es nur was Grundlegendes ist wie die von HauntingWitch erwähnte Haarlänge, die Augenfarbe oder der Körperbau. Die genaue Größe, Details zum Gesicht und und und sind mir im Prinzip auch schnuppe, da kann ich auch mal meine Imagination anstrengen.

Ich für meinen Teil fange beim Charakterentwurf immer zuerst mit der Persönlichkeit an. Früher war das anders, da kam erst das Aussehen, aber irgendwann hab ich gemerkt, dass sich das während des "Kennenlernens" im Prinzip von allein ergibt.
Als Beispiel dafür nehme ich jetzt mal meinen Zinnober aus dem letztjährigen NaNo: Er lebt quasi auf der Jagd, muss oft wegrennen. Höchst unwahrscheinlich also, dass er auch nur ein Gramm zu viel auf den Rippen hat; er wird sich so fit halten, wie es nur geht, und ziemlich athletisch gebaut sein. Dann wohnt er in der Wüste und ist Pilot; übermäßig lange Haare wären da unbequem. Als eher nordeuropäischer Typ hat er helle Haut, blaue Augen und helles Haar, und da für Letzteres eigentlich nur Blond in Frage kommt, habe ich mich auf ein Dunkelblond festgelegt, weil es in natura am häufigsten vorkommt. Und wie groß sind Männer hier bei uns in Deutschland? Im Durchschnitt so um die 1,75-1,80 m. Genau festgelegt habe ich mich da nicht.
Und damit hatte ich die wichtigsten Details zu seinem Aussehen im Prinzip schon zusammen. Mehr brauche ich persönlich als Autorin nicht, und auch für den Leser dürfte diese Menge an Details ausreichend sein, schließlich bleibt so genug Spielraum für die eigene Vorstellungskraft.
(Trotzdem ist bei den meisten, denen ich Zinnober vorgestellt habe, ein Owen Wilson-Verschnitt herausgekommen... Aber das ist eine andere Geschichte)

Zusammengefasst könnte man also über meine Vorgehensweise sagen, dass ich meine Protagonisten eher durch ihr Verhalten denn durch ihr Aussehen charakterisiere.

Ryadne

Oje, Beschreibungen, die sind so eine Sache bei mir. Normalerweise schreibe ich aus der Ich-Perspektive und dann lassen meine Protagonisten schon mal einen wertenden Kommentar zum Aussehen des Gegenübers ab. Aber meistens bezieht sich das dann auf einen bestimmten Aspekt - "er hatte die leuchtendsten Augen, die ich je gesehen hatte", "seine Haare wirkten verfilzt", "seine Haltung war gebeugt".
Richtig ins Schwärmen kommen sie aber nur, wenn sie dem Angehörigen eines Volks begegnen, das sich durch seine extreme Schönheit auszeichnet, zum Beispiel Vampire. Da wird es mir dann manchmal selbst zu blöd mit dem ewigen "sie war sogar noch schöner als die anderen" und dem Rumgezirpe, wer da was für tolle Augen hatte. Aber wenn ich mich in den Ich-Erzähler hineinversetze, und mir vorstelle, so einem Wesen zu begegnen, dann denke ich , dass das eine sehr beeindruckende Sache ist. Wenn einem jemand sehr Schönes auf der Straße begegnet, dann bemerkt man das ja schon und in der Fantasy kommt dann eben noch dieser Fremdheitsaspekt und so etwas Magisch-Übernatürliches hinzu, was noch einmal zu einer Verstärkung der Schönheitsempfindung führt. Das zu ignorieren, käme mir unrealistisch vor.

Wenn ich allerdings kein derartiges Volk habe und ich vor allem nicht aus der Ich-Perspektive schreibe, halte ich mich gar nicht groß mit der Beschreibung auf. Dann werden zwar meistens Haar- und Augenfarbe erwähnt, aber das war's dann auch. Ein bisschen sehe ich das auch als Schwäche bei mir an, denn bei mir tauchen zum Beispiel sehr viele Männer mit braunhaarigen, halblangen Haaren auf. In meinem Kopf unterscheiden sie sich alle voneinander, aber ich weiß nicht, ob ich es immer so gut hinbekomme, das anderen Leuten zu vermitteln. Eigentlich mag ich es auch, wenn Autoren sich mit einer Charakterbeschreibung viel Mühe geben, außer sie fixieren sich zu sehr auf die Kleidung. Wenn der Ich-Erzähler selbst nicht beschrieben wird, stört mich das beispielsweise schon, obwohl ich da selbst auch Probleme mit der Beschreibung habe. Wenn der Ich-Erzähler sich nicht demonstrativ vor dem Spiegel aufbaut, wo soll man eine schöne Beschreibung einbauen? Wenn sie bei mir kommt, dann mitunter erst ziemlich spät, wenn der Leser sich längst ein eigenes Bild gemacht hat.
Jedenfalls, in der Regel kommen dann eben ganz normale Leute raus, die vielleicht eine Auffälligkeit in Sachen Augengröße, Körperhaltung, Haarfarbe etc. besitzen, aber eben nicht als außergewöhnlich schön beschrieben werden. Zugegeben, in meinem Kopf haben die dann immer eher etwas Attraktives, aber ich sehe es dann nicht als erwähnenswert an. Von mir aus können sich die Leser diese Figur dann auch unattraktiver vorstellen.


Zitat von: Coppelia am 10. Februar 2008, 07:55:26
Wenn sie irgendwelche "Nachteile" im Aussehen haben, sind es häufig nur versteckte Vorteile, z. B. ein weiblich schönes Gesicht bei einem Mann oder zu volle Lippen bei einer Frau.

Das ist mir auch schon häufig aufgefallen. Manchmal tauchen zum Beispiel Figuren auf, die irgendeine Entstellung durch Narben haben. Aber früher oder später wird dann immer gesagt, dass die Narbe irgendwie auch sexy ist, was verruchtes hat,... Oder diese vor allem weiblichen Figuren, die total unscheinbar sind, sich dann aber zum schönen Schwan entwickeln. Bei Jugendromanen frage ich mich immer, ob das Lesern, die ein Problem mit ihrem Aussehen haben, eher Mut macht oder es eher albern auf sie wirkt. Wahrscheinlich von beidem etwas, ich kann mich gerade nicht an meine Reaktionen auf entsprechende Romane erinnern.

Wenn mal jemand wirklich Hässliches auftaucht, ist es meist ein Mann, der sich dann durch andere positive Attribute auszeichnet. Was mir fast noch nie untergekommen ist, ist eine hässliche Heldin. Da zeigt sich die Fantasy (und nicht nur die) noch arg ungleichberechtigt.
Ich muss aber auch zugeben, als ich "Aine" (und die Fortsetzung "Wanderer unter dunklen Himmeln") von Eva Eppers gelesen habe, den einzigen Roman, der mit einfällt, mit einer als gänzlich unattraktiv dargestellten Heldin, hat mich das irritiert. Wobei ich das nicht nur auf die äußerliche Beschreibung der Figur zurückführe; sie wurde zusätzlich auch noch als so grundunsympathisch dargestellt, ihre Handlungen waren auch nicht so toll, und dass sie dann eine Affäre mit dem Herrscher angefangen hat, erschien mir einfach unlogisch.

Churke

Einen "hübschen" Mann würde ich in einer Geschichte sofort als Schlaffi charakterisieren. Ein Vorurteil, gewiss, aber in dieser Form ist es eindeutig negativ. Ich habe auch Figuren, die sich maßlos darüber aufregen, dass sie von anderen als "hübsch" bezeichnet werden.


Adiga

Wenn ich in einem Buch lese und dort steht, die Heldin war attraktiv und schöner wie die anderen. Dann weiß ich ziemlich schnell so ein Buch ist wohl für andere Leute geschrieben, und ich sehe dann AutorInnen vor mir die sich gerne in Zeitschriften gefällige Gesichter von auf zurechtgestutzten Design-Menschen ansehen. Eine grausame Vorstellung.

Die Beschreibeung von Außerlichkeiten, welche nur auf den Selbstzeck des Beschreibens beruht, unterlasse ich tunlichst, weil solche Passagen nur furchtbar aufdringlich zu lesen sind, mich immer dazu verleiten ein Buch so schnell wie möglich wieder beiseite zu legen. Eine Ausnahme wäre, wenn der betreffende Charakter als aufdringlich erscheinen soll, dann könnte es sein, dass ich auch zu einem aufdringlicheren Beschreibungsstil wechsle.

Aber für die meisten meiner Charatäre bevorzuge ich ein unauffälliges Äußeres. Ihr Erscheinungsbild ist meist von geringen Interesse, sie sind weder ausgesprochen schön noch abstoßend hässlich, aber gleichzeitig hat natürlich jede meiner Figuren wenigstens eine Eigenheit, die sie von allen anderen Unterscheidet und meinem Kosmos unverwechslebar macht, manche hane auch Eigenheiten die ihr Äußeres betreffen, und diese werden natürlich erwähnt, sobald sie von einer anderen Figur erkannt und wahrgenommen werden.

Serafina

#104
Ich muss leider zugeben, dass ich als attraktiv beschriebene (Haupt-)Charaktere bevorzuge. Damit meine ich jetzt nicht, dass ich es mag, wenn sie überirdisch schön und überhaupt die bestaussehendsten Personen auf der Welt sind (das verleitet dann doch eher zu gequältem Augenrollen). Sie können gerne unauffällig oder unkonventionell oder einfach nur normal aussehen - nur könnte ich sie mir (egal ob in meinen eigenen Geschichten oder in den Büchern, die ich lese) nie als wirklich unattraktiv vorstellen. Egal wie sehr ich es möchte, ich komme von diesem Denken einfach nicht weg.  :-[

Was mir letztens noch aufgefallen ist: Ich fasse es oft fast schon als persönliche Beleidigung auf, wenn bei einer Liebesgeschichte der Mann viel besser aussieht als die Frau. Bin mir nicht sicher, woran das liegt... verletzte weibliche Eitelkeit? Die Tatsache, dass diese Kombination eher ungewöhnlich ist (meistens ist es doch entweder gleich und gleich gesellt sich gern, oder die Frau sieht besser aus)? Auf jeden Fall regt mich sowas seltsamerweise immer total auf...  :d'oh: