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Sexualität in YA Fantasy

Begonnen von Caspar, 11. Februar 2021, 15:19:05

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Caspar

Hallo ihr Lieben,

zunächst mal: Ich bin neu hier im Forum und bin auch das erste Mal in einem Forum überhaupt und das ist mein erster Beitrag. Wenn es schon einen Thread zu den Thema gibt, oder ich ihn an der falsche Stelle eröffnet habe, dann tut es mir leid. Ich hab einfach noch keine Übersicht hier.

Dass beiseite liegt mir das Thema Sexualität und deren Spielweisen und Beschreibungsarten am Herzen im Genre YA-Fantasy, denn daran arbeite ich gerade.

Die Jugendlichen in meinem Roman sind zwischen 14 und 16 und erleben gemeinsam einen langen warmen Sommer und insgesamt spannt sich die Geschichte über acht Monate. Sie rennen auch nicht von einer Actionszene in die nächste und sind nicht in einem Krieg oder so, sie haben also prinzipiell in der Handlung auch immer wieder Zeit und Muse sich miteinander zu beschäftigen und mit den Gefühlen, die sie für einander haben.

Und jetzt wird es schwierig: Ich bin mir unsicher, wie ich in den inneren Dialogen in den Betrachtungen anderer Charaktere mit diesem Thema umgehen soll. Ich möchte nicht zu zahnlos sein aber auch nicht unnötig graphisch.
Und ich meine hier explizit nicht Darstellungen von Sex ob allein oder mit Partner, sondern eben einfach die Darstellung der Weltwahrnehmung von Jugendlichen.
Was sind so eure Erfahrungen im Umgang mit der Sexualität von Heranwachsenden in euren Geschichten?



Mondfräulein

Ich habe vor vielen, vielen Jahren mal einen Thread zum Thema eröffnet, vielleicht hilft dir der weiter: https://forum.tintenzirkel.de/index.php?topic=15363.0

Allerdings unter dem Disclaimer, dass der Thread sechs Jahre alt ist, keine Ahnung, ob ich das alles so noch unterschreiben würde.

Maja

Zitat von: Caspar am 11. Februar 2021, 15:19:05
Wenn es schon einen Thread zu den Thema gibt, oder ich ihn an der falsche Stelle eröffnet habe, dann tut es mir leid. Ich hab einfach noch keine Übersicht hier.
Wenn du unsicher bist, ob ein Thema zu einem bestimmten Board passt, dann hilft es, dir bei den oben angepinnten Threads die Boardregeln durchzulesen. Nicht jedes Board hat sein eigenes Regelwerk, aber "Autoren helfen Autoren" hat eins, wo klar erklärt wird, dass dieses Board für konkrete Plotprobleme ist - wenn du also an einer Stelle partout nicht weiterkommst, ist "AhA" dein Freund, wo dir geholfen wird.

Wenn du aber eine allgemeine Frage hast oder wissen möchtest, wie andere Autoren an eine offene Fragestellung rangehen, dann bist du im Workshop richtig, und da schiebe ich das jetzt hin.

Im Zweifelsfall, und wenn du keine Boardregeln findest: Schau dir andere Threads im entsprechenden Board an, ob dein Thema dahinpasst. 
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Caspar

Okay Danke euch beiden :)

Ich werd mich dann jetzt mal durch den alten Thread durcharbeiten :)

Maja

Sex und Sexualität sind für mich zwei verschiedene Dinge, deswegen habe ich die Threads auch nicht zusammengeführt. In dem von Mondfräulein verlinkten Thread geht es mehr um die Frage, wie man im Jugendbuch sexuelle Handlungen beschreiben kann, nicht um Sexualität an sich - das ist eine Frage von Identität, nicht Erotik, deswegen lasse ich den Thread hier stehen.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Caspar

Ja, der Thread von Mondfräulein geht tatsächlich in eine andere Richtung.
Es geht mir eher um die... Alltäglichen Gedanken, das Mindset mit dem meine Charaktere herumlaufen.

Wie geht man mit der Wahrnehmung von Figuren um die prinzipiell auch die sexuelle Präferenz einer Figur aus der Sichtweise man erzählt widerspiegeln.
Wie sind eure Jugendlichen so drauf?

Wie verhext sind ihre Gedanken? Was ist zuviel? Was ist zu wenig?


Alana

Also ... jedem, der mal in die Psyche eines Teenagers schauen möchte, und dessen Gedanken bezüglich Sex erkunden, empfehle ich "Call me by your Name" zu lesen. Hier habe ich die Darstellung als extrem authentisch empfunden und mich auch selbst extrem wiederentdeckt. Selbstverständlich gibt es viele Abstufungen von Sexualität und man sollte das unbedingt berücksichtigen. Daher beleuchtet das natürlich nur einen Teil der möglichen Gedankenwelt.
Alhambrana

Aylis

Also um das mit der Fantasy zu verbinden, müsste man das glaube ich an die bestimmte Fantasy Welt anpassen. Generell sind Jugendliche ja auch sehr unterschiedlich und ich hab jetzt auch keinen passenden Roman/Geschichte o.ä. wo ich über meine Erfahrungen berichten kann. Aber es ist ja schon ein Thema für viele. Also ich war vor ein paar Jahren ja noch in der Pubertät. :rofl:
Und da hab ich wirklich bei jedem Menschen erstmal überlegt: Finde ich den sexuell attraktiv?
Das kann in einer Fantasy Welt ja genauso sein, wenn es wichtig ist, um deine Charaktere lebendig zu halten. Aber wenn es jetzt eine sehr prüde Fantasy Welt ist, dann müssten die Gedanken und Gefühle daran auch angepasst sein.
Sprich: Wenn Sexualität eher verpöhnt ist, dann schämt sich ein Charakter vielleicht eher für die Gedanken. Oder denkt die ganze Zeit: Wenn ich mit dem:der jetzt schlafe, dann muss ich den:die auch heiraten. Oder ähnliches.
Wenn Sexualität allgemein kein groß verpöhntes Thema ist, dann ist es vielleicht auch nicht so relevant, das zu beschreiben in den Gedanken. Oder macht es deinen Charakter dann greifbarer, wenn du die Gedankenwelt darstelltst?

Ich glaube, ich würde es 1. an dein Worldbuilding anpassen und 2. überlegen, ob es einen Wert für die Leserschaft hätte, diese Gedanken zu zeigen.
Ist es vielleicht für die Beziehungsebene wichtig?
Ich glaube, das unterscheidet sich in Fantasy Romanen nicht groß von jedem anderen Werk mit Liebesbeziehungen.
Wo genau sollen wir einbrechen? - In die namenlose Festung.

Pintana

Wichtig finde ich auch, dass rein körperlich in der Pubertät Jungs durch die Hormone ja viel intensiver mit dem Thema umgehen, als Mädchen. Zumindest pauschal betrachtet. Und auch da hängt die einzelne Einstellung stark davon ab, wie "weit" die Jugendlichen schon sind. Bei mir damals (ich wollte grade "vor zehn Jahren" schreiben, aber es sind wohl doch eher fünfzehn  :rofl:) war auch bei den Mädels alles dabei, die einen, die rot wurden, wenn das Thema nur aufkam, die anderen, die auf dem Schulhof auch mal sehr öffentlich Kondome aus der Handtasche geholt und mit der Anweisung "den machst du jetzt klar" weiter gereicht haben  :rofl: Die Jungs ... hm da ist die Bandbreite ähnlich, je nachdem ob der Heranwachsende eher an Muttis Rockzipfel hängt oder vielleicht schon eher einschlägige Medienkonsumiert, soll s alles geben. Außerdem kommt da eben durch die Hormon-Sache noch das ein oder andere Problem dazu, wie das Eigenleben bestimmter Körperteile etc. Da ist die Auseinandersetzung mit Sexualität ja kaum zu vermeiden.

Ähnlich wie Alana würde ich mich also mit altersgerechter Literatur befassen und schauen, wie das da gelöst wurde. Oder eben Filme/Serien mit der passenden Altersklasse. Da gibt s ja genug. Serien fallen mir spontan die Netflix Produktionen "Big Mouth" und "Sex Education" ein, die sind allerdings sehr ... ausführlich mit den körperlichen Aspekten der Pubertät befasst, im Romanbereich sind die meisten Jugendbücher auf mehr oder weniger intensive Art Thematisch eben auch auf Sexualität ausgerichtet. Das entdecken dieser gehört eben zum Erwachsen werden dazu und deshalb gibt s in den meisten Werken mit der passenden Zielgruppe sicher ordentlich Material.

Mondfräulein

Zu Sexualität bzw. sexueller Orientierung aber auch allgemein muss man sagen, dass sich hier sehr viel sehr rasant verändert. Ich finde mich noch nicht besonders alt, aber wie in meiner eigenen Jugend mit Queerness und solchen Themen umgegangen wurde, unterscheidet sich sehr stark davon, wie jetzt unter Jugendlichen mit diesen Themen umgegangen wird. Mit 27 kann ich mich also nicht einmal auf meine eigenen Erfahrungen beziehen, weil sich innerhalb dieser Zeit so viel verändert hat. Das wird mir jedes mal bewusst, wenn ich Bekannte beobachte, die das jetzt gerade durchmachen. Das muss einem bewusst sein.

Alana

#10
@Pintana

ZitatWichtig finde ich auch, dass rein körperlich in der Pubertät Jungs durch die Hormone ja viel intensiver mit dem Thema umgehen, als Mädchen. Zumindest pauschal betrachtet.

Dann bin ich entweder eine totale Ausnahme oder, was ich eher glaube, das ist ein Vorurteil. Ich wäre daher mit solchen pauschalen Aussagen sehr vorsichtig. Ich glaube, es hilft Mädchen auch nicht, besonders Mädchen wie mir, wenn man solche Dinge reproduziert, weil es in Richtung "Mädchen sind sittsamer" und "sexuelles Verlangen ist bei Mädchen nicht normal" geht. Ich würde mir wünschen, dass wir eben gerade von solchen pauschalen Aussagen wegkommen. Zumal ich mittlerweile denke, dass individuelle sexuelle Vorlieben eine viel größere Rolle spielen als das Geschlecht.

@Mondfräulein Ich bin in einer Zeit Teenie gewesen, in denen man Leuten noch sagen musste, dass Selbstbefriedigung okay ist.  ;D Ich betrachte die aktuelle rasante Entwicklung mit sehr viel Freude und bin ganz happy, wenn ich sehe, wie selbstverständlich Teenies heute mit Themen umgehen, die vor ein paar Jahren noch tabuisiert waren. Auch wenn natürlich noch ein weiter Weg zu gehen ist, haben wir schon viel erreicht.
Alhambrana

Felix Fabulus

Viel lässt sich über die Vorgeschichte deiner Jugendlichen klären: Wie wurden sie erzogen? Waren ihre Eltern streng religiös oder Hippies? Ist Nacktheit ein Tabu? Sprach man öffentlich darüber? Dann: Besuchten sie eine Schule, in denen sie mit gewissen Rollenbildern oder mit Sexualkunde in Kontakt kamen? Und wie sieht es mit ihren Freunden aus? Mit welchem Mindset laufen die herum? Worüber haben sie sich schon unterhalten, bevor die Geschichte beginnt?
Wortwebereien aus der Geschichtenmühle, gespeist vom Ideensee, der Fantasie und dem Bächlein Irrsinn.

Guddy

#12
Zitat von: Pintana am 12. Februar 2021, 12:19:23
Wichtig finde ich auch, dass rein körperlich in der Pubertät Jungs durch die Hormone ja viel intensiver mit dem Thema umgehen, als Mädchen. Zumindest pauschal betrachtet.

Ist das so? Hast du wissenschaftlich fundierte Quellen?
Das halte ich persönlich nämlich in erster Linie für ein gesellschaftliches Konstrukt. Also das, was Alana sagt.

Meine Hormone waren mit 10 schon gut dabei und meine Pubertät war alles andere als nicht-intensiv.

Soly

Zitat von: Pintana am 12. Februar 2021, 12:19:23
Wichtig finde ich auch, dass rein körperlich in der Pubertät Jungs durch die Hormone ja viel intensiver mit dem Thema umgehen, als Mädchen.

Ähm.... nein? Vielleicht theoretisch, weil Testosteron grundsätzlich eher mit aggressivem Verhalten in Zusammenhang steht, aber selbst dessen bin ich mir nicht mal sicher - könnte auch eine längst überholte Annahme sein.

Meine persönliche Erfahrung widerspricht jedenfalls - ähnlich wie bei @Alana und @Guddy - dieser Behauptung recht deutlich. Ich bin (biologisch und damit hormonell) männlich und habe meine Pubertät sowie meine Beschäftigung mit dem Thema Sex sehr, sehr unintensiv erlebt.
Veränderungen stehen vor der Tür. Lassen Sie sie zu.

Evanesca Feuerblut

#14
Sind die Jugendlichen überhaupt allo oder auf dem asexuellen und/oder aromantischen Spektrum? Denn wenn ich an meine Jugendzeit zurückdenke, in der ich sehr verwirrt war von dem ganzen Hormongewirbel in meiner Peergroup und dann mich daran erinnere, kaum YA gelesen zu haben, weil das Ganze dort oft nahtlos weiterging und ich mich nicht repräsentiert fühlte, wäre das eventuell auch ein wichtiger Aspekt.
Gerade wenn eine größere Gruppe in der Geschichte beschrieben wird, ist es unplausibel, wenn nicht mindestens eine Person dabei ist, für die es merkwürdig ist, dass sich alles nur ums Knutschen, Petting und Co. dreht. Für mich hat es sich, so krass das klingt, ein wenig angefühlt, als wäre mein Freundeskreis verstorben. Auf einmal ging es für alle nur um ein einziges Thema, fast unmöglich, über anderes zu reden.
Wenn du eine sexpositive Jugendgeschichte schreiben willst, dann gehört zu Sexpositivität eben auch, Jugendliche zu akzeptieren, die damit (noch) nichts anfangen können.

Anbei ein Link mit Erklärung: https://queer-lexikon.net/uebersichtsseiten/a_sexualitaet/

@Pintana Habe ich zumindest in meiner Schulzeit nicht erlebt und ich war vor allem als das Hormonchaos in meiner Peergroup losging, eher mit Jungen befreundet, weil ich mit der Fixierung auf ein einziges Thema so wenig anfangen konnte und zumindest die Jungs auch noch über Serien und Pokémonkarten geredet haben statt nur übers Knutschen. (Auch hier: Meine private Erfahrung. Nicht verallgemeindernd "alle waren so"). Aber allein darum gibt es da keine All-Aussagen.